TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/28 C7 300705-1/2008

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Veröffentlicht am 28.07.2008
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Spruch

C7 300.705-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde des T.Y., geb. 00.00.1982, StA.

China, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.03.2006, AZ: 03 30.984-BAW, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung von T.Y. vom 05.04.2006 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.03.2006, Zahl 03 30.984-BAW, wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 26.08.2002 den ersten Asylantrag. Er wurde am 24.03.2003 sowie am 26.03.2003 niederschriftlich vor der Bundespolizeidirektion W. einvernommen und brachte kurz zusammengefasst vor, dass er sich seit etwa 7 Monaten in Österreich aufhalte und einen Asylantrag gestellt habe. Er wolle in Österreich bleiben, um zu arbeiten. Derzeit bestreite er seinen Lebensunterhalt durch Bettelei und Gelegenheitsarbeiten. Weiters gab er an, dass er in seiner Heimat weder strafrechtlich noch politisch verfolgt werde.

 

Bei seiner am 16.04.2003 vor dem Bundesasylamt durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme gab er bezüglich seiner Fluchtgründe zusammengefasst an, dass er im Jahr 1999 der Falun-Gong-Bewegung beigetreten sei und daher befürchte, von den chinesischen Behörden verfolgt zu werden. Bisher sei er jedoch niemals aufgrund seiner Falun-Gong-Mitgliedschaft verfolgt oder misshandelt worden.

 

Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.04.2003, Zl. 02 23.501-BAW, gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchteil I) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach China gemäß § 8 AsylG zulässig ist (Spruchteil II). Das Vorbringen des Asylwerbers wurde vom Bundesasylamt als unglaubwürdig gewertet.

 

Dieser Bescheid des Bundesasylamtes erwuchs mangels Einbringung einer Berufung am 09.05.2003 in Rechtskraft.

 

2. Am 10.10.2003 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen zweiten Asylantrag.

 

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 16.01.2006 gab der Beschwerdeführer an, dass er noch immer die gleichen Fluchtgründe habe und dass sein Vorbringen bei seinem ersten Asylantrag der Wahrheit entsprochen habe. Er befürchtete außerdem Probleme, weil er Geld für seine Ausreise geborgt habe, welches er nicht zurückzahlen könne.

 

Mit Bescheid vom 14.03.2006, 03 30.984 - BAW, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz vom 10.10.2003 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Der Bescheid wurde am 23.03.2006 dem Beschwerdeführervertreter durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt.

 

Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht am 05.04.2006 Berufung - nunmehr als Beschwerde bezeichnet.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). "Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.05.1995, Zl. 93/08/0207). Sache des vorliegenden Berufungsverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtssprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung nicht neu geltend gemacht werden (s. z.B. VwSlg. 5642A, VwGH 28.11.1968, 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, Zl. 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, Zl. 92/12/0127; 23.11.1993, Zl. 91/04/0205; 26.04.1994, Zl. 93/08/0212; 30.01.1995, Zl. 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, Zl. 83/07/0274; 21.02.1991, Zl. 90/09/0162; 10.06.1991, Zl. 89/10/0078; 04.08.1992, Zl. 88/12/0169; 18.03.1994, Zl. 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, Zl. 1202/58; 03.12.1990, Zl. 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH vom 24.02.2000, Zl. 99/20/0173-6).

 

2.1. Soweit der der Beschwerdeführer im zweiten Asylverfahren anführte, dass er seit seiner ersten Asylantragstellung Österreich nicht verlassen habe und immer noch die gleichen Fluchtgründe habe, bezieht sich dieses Vorbringen auf Umstände, die der Beschwerdeführer bereits in seinem ersten Asylverfahren vorgebracht hat, die bereits Gegenstand dieses ersten Asylverfahrens waren und zu einer negativen rechtskräftigen Entscheidung geführt haben. Die Aufrechterhaltung derselben Verfolgungsbehauptung und die Bezugnahme darauf stellen sich nicht als wesentlich geänderter Sachverhalt, sondern als Bekräftigung (bzw. als Behauptung des "Fortbestehens und Weiterwirkens", VwGH 20.3.2003, 99/20/0480) eines Sachverhalts dar, über den bereits rechtskräftig abgesprochen wurde.

 

Was die Ausführungen in der Beschwerde, dass die aktuelle Situation der Verfolgung von Falun Gong-Mitgliedern nicht mit der Situation der Verfolgung im Jahr 2003 gleichgesetzt werden kann und somit keine Identität der Rechtslage gegeben ist, anbelangt, ist zunächst festzuhalten, dass die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers im rechtskräftigen ersten Asylverfahren als unglaubhaft gewertet wurden. Außerdem hat sich die allgemeine Lage in China, auch hinsichtlich Falun Gong, nicht entscheidungswesentlich geändert - wie sich der Asylgerichtshof durch ständige Beachtung der Quellenlage zu China, wie beispielsweise des Jahresberichts zur Religionsfreiheit 2007 und des Jahresberichts zur Menschenrechtslage 2007 des US Department of State, versichert hat - und kann diesem Einwand damit nicht gefolgt werden.

 

2.2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wegen Schulden, welche für die Ausreise entstanden sind, umgebracht zu werden, bezieht sich auf Umstände, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben und die der Beschwerdeführer im ersten Asylverfahren geltend hätte machen können.

 

Selbst wenn man dieses Vorbringen als neues Sachverhaltselement ansehen würde, wäre diesem ein "glaubhafter Kern" abzusprechen. So hat der Beschwerdeführer im ersten Asylverfahren zu keinem Zeitpunkt erwähnt, in China Geld für die Reise ausgeborgt zu haben; vielmehr hätte er gar nichts bezahlt, sondern habe der Schlepper das Visum und das Ticket bezahlt. Sofern er mit dieser Behauptung auf die Schulden beim Schlepper hinweisen wollte, so ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer im ersten Asylverfahren eine Bedrohungslage durch den Schlepper wegen des ausstehenden Geldbetrages für die Reise noch ausdrücklich verneint hat. Dass sich diesbezüglich in der Zwischenzeit Hinweise auf eine geänderte Sachlage ergeben hätten, hat der Beschwerdeführer im zweiten Verfahren nicht hinreichend substantiiert vorgebracht und enthält auch die Beschwerde keine näheren Ausführungen.

 

Darüber hinaus ist dieses Vorbringen des Beschwerdeführers schon grundsätzlich nicht geeignet einen Asylanspruch zu begründen und lässt auch nicht für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zu, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Asylantrags gebildet haben, in Frage kommt.

 

3. Mit diesen Ausführungen ist klargestellt, dass in der persönlichen Sphäre des Beschwerdeführers keine Umstände eingetreten sind, welche geeignet wären, einen zulässigen neuerlichen Asylantrag zu begründen, sind doch diesem Vorbringen keine neuen asylrelevanten Sachverhaltsänderungen zu entnehmen, die eine andere Beurteilung zuließen.

 

Da auch keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom Bundesasylamt von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen wären, vorliegen und sich auch die Rechtslage in der Zwischenzeit nicht entscheidungswesentlich geändert hat, ist das Bundesasylamt im Ergebnis daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Behandlung des zweiten Asylantrages das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht.

 

Sohin war insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 c AsylG 2005 war in diesem Fall durch Einzelrichtererkenntnis zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, mangelnde Asylrelevanz, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
20.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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