TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/28 S12 400546-1/2008

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Veröffentlicht am 28.07.2008
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Spruch

S12 400.546-1/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde des O. A., geb. 1992, StA. Somalia, gesetzlich vertreten durch Dr. Zach, in 2514 Traiskirchen, Otto Glöckel-Straße 24, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.06.2008, FZ. 08 04.074 EAST-Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Somalia und Angehöriger der Volksgruppe der Madhiban, hat sein Heimatland ohne Reisedokumente verlassen, ist am 07.05.2008 illegal mit dem Zug in das österreichische Bundesgebiet eingereist und stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Bei der Erstbefragung am 08.05.2008 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Somalisch gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe sein Heimatland illegal mit dem LKW nach Äthiopien verlassen. Nach einem etwa fünftägigen Aufenthalt sei er schlepperunterstützt in den Sudan und von dort mit einem Geländewagen nach Libyen gereist. Er habe einen Somalier kennen gelernt, welcher für ihn die Weiterreise mit einem Boot organisiert habe. Nach circa 14 Tagen habe er Libyen mit einem Fischerboot Richtung Italien verlassen. Am 23.02.2008 sei er auf See von der italienischen Küstenwache aufgegriffen worden und nach Siracus gebracht worden, wo er vier Tage aufhältig gewesen sei. Man habe ihm die Fingerabdrücke abgenommen, ihn nach seinem Fluchtweg und seinen Fluchtgründen befragt. Er habe in Italien nicht um Asyl ansuchen wollen, weil seine Tante und sein Onkel in Österreich leben würden. Von Siracus aus sei er von den italienischen Behörden nach Sizilien überstellt worden. Er sei angewiesen worden, sich selbst zu versorgen. In Palermo habe er sich circa zwei Monate aufgehalten. Er habe auf der Straße geschlafen. Essen habe er von einer dort ansässigen Kirche erhalten. Er habe einen somalischen Mann gebeten, ihm eine Zugfahrtkarte nach Österreich zu besorgen. Am 00.05.2008 sei er in Wien angekommen. Er habe sein Heimatland verlassen, weil eine islamistische Gruppierung, die gegen die somalische Regierung und deren Verbündete kämpfe, ihn gezwungen habe, als Selbstmordattentäter zu kämpfen. Der Beschwerdeführer legte einen Schreiben vor, aus welchem ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer von den italienischen Behörden zu seinem Fluchtweg und seinen Fluchtgründen einvernommen wurde, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und von der Caritas finanziell unterstützt wurde. Überdies geht aus dem Schreiben hervor, dass der Beschwerdeführer eine Privatadresse als Zustelladresse angeben hatte.

 

Eine Eurodac-Anfrage vom selben Tag ergab, dass der Beschwerdeführer am 29.02.2008 in Italien einen Asylantrag gestellt hatte.

 

Am 05.09.2008 richtete das Bundesasylamt ein Wiederaufnahmeersuchen an die zuständige italienische Behörde.

 

Am 05.06.2008 wurde dem Beschwerdeführer, gesetzlich vertreten durch Dr. Zach gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5, 68 Abs. 1 AVG, §29 Abs.3 Z 4 AsylG), da Dublin Konsultationen mit Italien seit 05.09.2008 geführt werden (vgl. AS 53f).

 

Am 03.06.2008 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit des gesetzlichen Vertreters sowie eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Somalisch niederschriftlich einvernommen und gab dabei im Wesentlichen an, dass er körperlich und geistig in der Lage sei, die Einvernahme durchzuführen. Seine bisherigen Angaben würden der Wahrheit entsprechen und er habe diesen nichts mehr hinzuzufügen. Seine Onkel und seine Tante würden seit fünf bzw. zwei Jahren in Österreich leben. Er würde jeden Samstag bei seinem Onkel übernachten. Vor seiner Ausreise habe er alle paar Monate mit seinen in Österreich lebenden Verwandten telefonischen Kontakt gehabt. Er lebe in Österreich nicht mit jemandem in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Auf Vorhalt des Bundesasylamtes, dass beabsichtigt sei, seine Ausweisung aus Österreich nach Italien zu veranlassen, gab er an, er sei nicht damit einverstanden, dass er nach Italien ausgewiesen werde. Er habe in Italien betteln müssen. Ab und zu habe er ein Frühstück von der Caritas erhalten. Sonst habe er keine Hilfe erhalten. Von der Polizei sei er fünf oder sechs Tage festgehalten und danach nach Sizilien überstellt worden. Befragt sei er nicht geworden. Er sei überdies vier Mal von der Polizei festgenommen worden. Man habe ihn gefragt, warum er nicht das Land verlasse und habe ihn geschlagen. Zu den ihm vorgehaltenen Länderfeststellungen bezüglich der Versorgung von Asylwerbern, insbesondere in Hinblick auf Minderjährige, gab der Beschwerdeführer er, dass diese nicht der Wahrheit entsprechen würden. Er habe in Italien ein ganz anderes Bild erlebt.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 07.05.2008 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutzes gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c iVm Art. 20 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Italien zuständig sei. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig sei.

 

Mit Schreiben vom 25.06.2008 erklärte sich Italien (verspätet) gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrag zuständig ist (in der Folge: Dublin II-VO) für die Wiederaufnahme des Asylwerbers für zuständig.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, der Bescheid der Erstbehörde leide an einer mangelhaften unvollständigen Tatsachenfeststellung. Das Bundesasylamt hätte klären müssen, wann und ob der Minderjährige tatsächlich in Italien die im Asylverfahren vorgesehenen Bonifaktionen erhalten habe. Überdies sei die Qualifikation des minderjährigen, der wie ein Erwachsener befragt worden sei, als generell unglaubwürdig, verfehlt.

 

Am 23.07.2008 langte beim Asylgerichtshof ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Baden ein, wonach beabsichtigt werde, dem Onkel des Beschwerdeführers, A. A., der seit fünf Jahre in Österreich aufhältig sei und dessen Flüchtlingseigenschaft im Jänner 2005 festgestellt worden sei, die Obsorge des minderjährigen Beschwerdeführers, welcher derzeit in der Betreuungsstelle Ost wohnhaft sei, zu übertragen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger aus Somalia und Angehöriger der Volksgruppe der Madhiban, hat sein Heimatland ohne Reisedokumente verlassen und stellte am 29.02.2008 in Italien einen Asylantrag. Der Beschwerdeführer reiste am 00.05.2008 illegal mit dem Zug in das österreichische Bundesgebiet und stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer das Hoheitsgebiet der Europäischen Union zwischen dem 29.02.2008 (Antragstellung in Italien) und dem 07.05.2008 (Antragstellung in Österreich) verlassen hat.

 

Der Onkel und die Tante des Beschwerdeführers leben in Österreich.

 

Italien hat sich mit Schreiben vom 25.06.2008 (verspätet) gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-VO für die Wiederaufnahme des Asylwerbers für zuständig erklärt.

 

1.2. Die in § 28 Abs. 2 AsylG festgelegte zwanzigtätige Frist zur Erlassung eines zurückweisenden Bescheides nach § 5 AsylG gilt nicht, weil dem Beschwerdeführer das Führen von Konsultationen gemäß der Dublin II-VO fristgerecht mitgeteilt wurde, weshalb kein Übergang der Zuständigkeit an Österreich wegen Fristüberschreitung eingetreten ist.

 

2. Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Die oben angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt, insbesondere aus den Angaben des Beschwerdeführers bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.05.2008 sowie aus der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vom 03.06.2008 sowie aus der Zuständigkeitserklärung Italiens vom 25.06.2008

 

3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

3.1. Gemäß §§ 73 Abs. 1 und 75 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge AsylG) iVm § 1 AsylG ist das oben angeführte Gesetz auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 01.01.2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Verfahren das AsylG 2005 anzuwenden war.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde tritt.

 

3.2. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin II-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

Die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates nach der Dublin II-VO ist als negative Prozessvoraussetzung hinsichtlich des Asylverfahrens in Österreich konstruiert. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist somit die Frage der Zurückweisung des Asylantrages wegen Zuständigkeit eines anderen Staates.

 

Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, von jenem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Dublin II-VO) als zuständiger Staat bestimmt wird. Kapitel III enthält in den Artikeln 6 bis 13 Dublin II-VO die Zuständigkeitskriterien, die nach Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO "in der in diesem Kapitel genannten Reihenfolge" Anwendung finden.

 

3.3.1. Das Zuständigkeitskriterium des Art. 6 Dublin II-VO sieht in seinem ersten Satz vor, dass wenn es sich bei dem Asylwerber um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt, der Mitgliedsstaat für die Prüfung des Antrages zuständig ist, in dem sich ein Angehöriger seiner Familie rechtmäßig aufhält. Gemäß Art. 2 lit. i Dublin II-VO bezeichnet der Begriff "Familienangehörige" die folgenden im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten anwesenden Mitglieder der Familie des Antragstellers, sofern die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat:

 

i) den Ehegatten des Asylwerbers oder der nicht verheiratete Partner des Asylwerbers, der mit diesem eine dauerhafte Beziehung führt, sofern gemäß den Rechtsvorschriften oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedsstaats nichtverheiratete Paare nach dessen Ausländerrecht ähnlich behandelt werden wie verheiratete Paare;

 

ii) die minderjährigen Kinder von in Ziffer i) genannten Paaren oder des Antragstellers, sofern diese ledig und unterhaltsberechtigt sind, gleichgültig, ob es sich nach dem einzelstaatlichen Recht um eheliche oder außerehelich geborene oder adoptierte Kinder handelt;

 

iii) bei unverheirateten minderjährigen Antragstellern oder Flüchtlingen den Vater, die Mutter oder den Vormund.

 

Ein Onkel oder eine Tante sind nach Art. 2 lit. i Dublin II-VO keine "Familienangehörigen" im Sinne der Dublin II-VO, weshalb Art. 6 1. Satz Dublin II-VO im gegenständlichen Fall nicht zum Tragen kommt. Andere Familienmitglieder hat der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben keine in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union.

 

Das Zuständigkeitskriterium des Art 6 Dublin II-VO sieht in seinem zweiten Satz vor, dass für den Fall, dass kein Familienangehöriger anwesend ist, jener Mitgliedstaat zuständig ist, in dem der Minderjährige seinen Asylantrag gestellt hat. Da der Beschwerdeführer zweifelsfrei einen Asylantrag in Italien gestellt hat und Italien mit Schreiben vom 25.06.2008 (nachträglich) ausdrücklich seine Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers bekundet hat, ist gemäß Art. 6 2. Satz Dublin II-VO Italien zur Prüfung des Asylantrages zuständig.

 

3.3.2. Gemäß Art.16 (1) e Dublin II-VO ist der Mitgliedstaat, der nach der vorliegenden Verordnung zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist, gehalten, einen Antragsteller, dessen Antrag er abgelehnt hat und der sich unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates aufhält, nach Maßgabe des Artikels 20 wieder aufzunehmen.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist. Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ist der Antrag zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach seiner Einbringung entscheidet, dass er zurückzuweisen ist, es sei denn, es werden Konsultationen gemäß der Dublin II-VO oder einem entsprechenden Vertrag geführt. Dass solche Verhandlungen geführt werden, ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen.

 

3.4. Im gegenständlichen Fall ist das Bundesasylamt ausgehend davon, dass der mj. Beschwerdeführer bereits in Italien einen Asylantrag gestellt hat und, dass Italien einer Übernahme des Beschwerdeführers auf Grundlage des Art. 16 (1) e Dublin II-VO am 02.07.2008 ausdrücklich zugestimmt hat, zu Recht von einer Zuständigkeit Italiens zur Prüfung des Asylantrages ausgegangen.

 

3.5. Zu prüfen bleibt daher, ob Österreich im gegenständlichen Fall verpflichtet wäre, im Hinblick auf Art. 3 EMRK oder Art. 8 EMRK von seinem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen.

 

3.5.1. Der Verfassungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 08.03.2001, G 117/00 u.a. VfSlg 16.122, aus, dass § 5 AsylG nicht isoliert zu sehen sei; das im Dubliner Übereinkommen festgelegte Selbsteintrittsrecht Österreichs verpflichte - als Teil der österreichischen Rechtsordnung - die Asylbehörde unter bestimmten Voraussetzungen zur Sachentscheidung in der Asylsache und damit mittelbar dazu, keine Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des § 5 vorzunehmen. Eine strikte, zu einer Grundrechtswidrigkeit führende Auslegung (und somit Handhabung) des § 5 Abs. 1 AsylG sei durch die Heranziehung des Selbsteintrittsrechtes zu vermeiden. Dieser Rechtsansicht schloss sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 23.01.2003, Zl. 2000/01/0498, an.

 

Hatte der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 15.10.2005, G 237/03 u.a. ausgesprochen, dass jene zum Dubliner Übereinkommen angestellten Überlegungen auch für das Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin-VO zutreffen, ergänzte er in seinem Erkenntnis vom 17.06.2005, B 336/05-11, dies dahingehend, dass die Mitgliedstaaten nicht nachzuprüfen haben, ob ein bestimmter Mitgliedstaat generell sicher sei, da die entsprechende Vergewisserung durch den Rat erfolgt sei; eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung eines Asylwerbers in einen anderen Mitgliedstaat im Einzelfall sei jedoch gemeinschaftsrechtlich zulässig. Sollte diese Überprüfung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers etwa durch eine Kettenabschiebung bedroht sind, sei aus verfassungsrechtlichen Gründen das Eintrittsrecht zwingend auszuüben.

 

In seinem Erkenntnis vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582 (dem ein - die Zuständigkeit Italiens nach dem Dubliner Übereinkommen betreffender - Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates zugrunde lag) sowie in dem (bereits die Dublin-VO betreffenden) Erkenntnis vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095-9, führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass in Verfahren wie dem gegenständlichen eine Gefahrenprognose zu treffen ist, ob ein - über die bloße Möglichkeit hinausgehendes - ausreichend substantiiertes "real risk" besteht, dass ein aufgrund der Dublin-VO in den zuständigen Mitgliedstaat ausgewiesener Asylwerber trotz Berechtigung seines Schutzbegehrens, also auch im Falle der Glaubhaftmachung des von ihm behaupteten Bedrohungsbildes, im Zielstaat der Gefahr einer - direkten oder indirekten - Abschiebung in den Herkunftsstaat ausgesetzt ist, wobei insbesondere zu prüfen sei, ob der Zielstaat rechtliche Sonderpositionen vertritt, nach denen auch bei der Zugrundelegung der Behauptungen des Asylwerbers eine Schutzverweigerung zu erwarten wäre. Weiters wird ausgesprochen, dass geringe Asylanerkennungsquoten im Zielstaat für sich allein genommen keine ausreichende Grundlage dafür sind, um vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.

 

3.5.2. Im gegenständlichen Fall kann nun nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer ausreichend substantiiert und glaubhaft dargelegt hätte, dass ihm durch eine Rückverbringung nach Italien die - über eine bloße Möglichkeit hinausgehende - Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde.

 

Während des gesamten Verfahrens hat der Beschwerdeführer keine substantiierten Gründe vorgebracht, die gegen seine Rücküberstellung nach Italien sprechen würden. Er brachte lediglich vor, dass er in Italien obdachlos gewesen sei und betteln habe müssen. Frühstück habe er nur von einer ansässigen Kirche erhalten. Die diesbezüglichen Angaben stehen allerdings in gravierendem Widerspruch zu dem vom Beschwerdeführer selbst im Rahmen der Erstbefragung vorgelegten "Schriftstück", aus welchem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer in Italien von der Caritas finanziell unterstützt worden sei. Im weiteren Verfahren verstrickte sich der Beschwerdeführer in weitere Widersprüche. So gab er im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesasylamt an, er sei in Italien nie zu seinem Fluchtweg oder seinen Fluchtgründen befragt worden, während er noch bei der Erstbefragung angeführt hatte, er sei einvernommen worden. Ferner brachte der Beschwerdeführer erst im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt vor, er sei von der Polizei vier Mal festgenommen worden. Man habe ihn gefragt, warum er das Land nicht verlasse und habe ihn geschlagen. Selbst wenn man davon ausginge, dass es tatsächlich Übergriffe gegen den Beschwerdeführer gegeben habe, ist aus dem nicht weiter konkretisierten Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ableitbar, dass davon auszugehen wäre, dass dem Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Italien - über die bloße Möglichkeit hinausgehend - tatsächlich ein "real risk" einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde (vgl. nochmals zum Maßstab des "real risk" die Nachweise in VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582).

 

Vertragliche oder sonstige Zuständigkeitsregelungen können zur Prüfung von Asylanträgen die Mitgliedstaaten nicht von den aus Art. 3 EMRK resultierenden Verpflichtungen entbinden (siehe die Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom 07.03.2000, Zl. 43844/98, T. I. gegen das Vereinigte Königreich, siehe nunmehr auch die ausdrückliche diesbezügliche Bestimmung in § 5 Abs. 3 AsylG 2005). Selbst unter Zugrundelegung der zitierten Entscheidung des EGMR und der darauf aufbauenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg. 16.122 und VfGH 23.01.2003, 2000/01/0498 und VwGH 31.05.2005, 2005/20/0095) gelangt der Asylgerichtshof jedoch zum Ergebnis, dass im vorliegenden Fall kein "real risk" einer "ungeprüften" Abschiebung in den Herkunftsstaat oder einer sonstigen gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung besteht. Wie im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt, ergibt sich im Übrigen kein Hinweis darauf, dass es in Italien regelmäßig zu einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK kommt. Demnach fehlt jeder Anhaltspunkt, dass eine Überstellung nach Italien eine den Bestimmungen der EMRK widersprechende Behandlung zur Folge haben könnte. Es ist vielmehr gemäß § 5 Abs. 3 AsylG 2005 davon auszugehen, dass der nunmehrige Beschwerdeführer in Italien Schutz vor Verfolgung findet, zumal er kein keine besonderen, für das Gegenteil sprechenden Gründe glaubhaft gemacht hat.

 

Eine grundsätzliche bzw. systematische Verletzung dieser Pflicht durch Italien ist aus der Länderdokumentation aktuell nicht entnehmbar. Hierfür bestehen gegenwärtig allerdings nicht die geringsten Anzeichen. Dass für den Beschwerdeführer die reale Gefahr besteht, in seinem konkreten Fall keine Basisversorgung in Italien zu erhalten, wenn er diese tatsächlich beanspruchen würde, ist für den Asylgerichtshof im Rahmen einer gesamthaften Abwägung auch nicht ersichtlich. Insbesondere in Hinblick auf die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sowie die im angefochtenen Bescheid dargelegten Ausführungen zur Versorgungssituation von Flüchtlingen in Italien, bestehen für den Asylgerichtshof keine Zweifel an einer Art. 3 EMRK-Konformität der Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien.

 

Der Asylgerichtshof kam daher nicht zu dem Schluss, dass dem Beschwerdeführer in Italien die reale Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde.

 

Soweit aus der Beschwerde herauszulesen ist, dass der Beschwerdeführer in Italien möglicherweise kein Asyl erhalten werde und nach Somalia abgeschoben werden könnte, ist ihm entgegenzuhalten, dass es nicht Aufgabe der österreichischen Asylbehörden sein kann, "hypothetische Überlegungen über den möglichen Ausgang" eines von einem anderen Staat zu führenden Asylverfahren anzustellen (vgl. u. a. VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095).

 

Im Zusammenhang mit dem italienischen Asylverfahren ist lediglich der Vollständigkeit halber noch anzuführen, dass von Seiten Italiens keine systemwidrigen Verletzungen der Verpflichtungen aus der Dublin II-VO bekannt sind. Auch geringe Asylanerkennungsquoten im Zielstaat sind für sich genommen keine ausreichende Grundlage dafür, dass die österreichischen Asylbehörden vom Selbsteintrittsrecht Gebrach machen müssten (vgl. u. a. VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095).

 

Aus der Rechtsprechung des EGMR lässt sich ein systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Italien keinesfalls erkennen und gelten im Übrigen die Mitgliedstaaten der EU als sichere Staaten für Drittstaatsangehörige. Zudem war festzustellen, dass ein im besonderen Maße substantiiertes Vorbringen bzw. das Vorliegen besonderer von dem Beschwerdeführer bescheinigter außergewöhnlicher Unstände, die die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, im Verfahren nicht hervorgekommen sind.

 

Anzumerken ist im Übrigen, dass der Asylgerichtshof keine grundsätzlichen Mängel des erstinstanzlichen von den italienischen Behörden geführten Asylverfahrens bekannt sind. Nach den am 25.02.2005 in Kraft getretenen Regelungen des Gesetzes Nr. 189 vom 20.07.2002 (Abänderung der Bestimmungen auf dem Gebiet der Einwanderungen und des Asylrechts) entscheiden in Italien so genannte Gebietskommissionen, von welchen insgesamt sieben eingerichtet wurden, über die Asylanträge, wobei auch auf die Folgen einer Rückführung in das Heimatland im Lichte der aus internationalen Konventionen fließenden Verpflichtungen, insbesondere aus Art. 3 EMRK, Beacht zu nehmen ist. Gegen die Entscheidungen dieser Gebietskommissionen ist ein Rekurs beim örtlich zuständigen Gericht zulässig (Art. 30 Abs. 1, 4. Abschnitt des zitierten Gesetzes). Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, dass diese Bestimmungen von den italienischen Behörden nicht eingehalten würden.

 

Es fehlen demnach konkrete Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer von den italienischen Behörden im Zuge einer so genannten "Kettenabschiebung" nach Italien oder in ein Drittland rückgeschoben würde. Ebenso wenig finden sich Anhaltspunkte für die reale Gefahr einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung.

 

Der Beschwerdeführer behauptete in seiner Beschwerdeschrift, der erstinstanzliche Bescheid sei mangelhaft, weil angesichts seiner Minderjährigkeit die Qualifikation als generell unglaubwürdig verfehlt sei und die Tatsachenfeststellungen des Bundesasylamtes unvollständig seien. In diesem Zusammenhang ist zunächst anzuführen, dass gemäß § 19 Abs. 5 AsylG minderjährige Asylwerber nur in Gegenwart eines gesetzlichen Vertreters einvernommen werden dürfen. Dieser Verpflichtung ist das Bundesasylamt zweifelsfrei nachgekommen und wurde dem gesetzlichen Vertreter im Rahmen der Einvernahme die Möglichkeit gegeben Fragen und Anträge zu stellen. Bezüglich der Qualifikation des Beschwerdeführers als generell unglaubwürdig ist der Beschwerdeführer den beweiswürdigenden diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes nicht unsubstantiiert entgegengetreten. Ebenso ist das Bundesasylamt seiner Verpflichtung, die materielle Wahrheit zu ermitteln, nachgekommen und sind nach Ansicht des Asylgerichts die Tatsachenfeststellungen vollständig. Die Erstbehörde hat ausreichend Feststellungen zum italienischen Asylwesen und der Versorgungen in Italien, insbesondere in Bezug auf Minderjährige, getroffen. Überdies hat sie sich auf eine aktuelle Botschaftsanfrage bezogen, aus welcher eindeutig hervorgeht, dass in Italien eine unmenschliche Behandlung auszuschließen sei. Unterkünfte und Verpflegung würden seitens der italienischen Behörden zur Verfügung gestellt. Um Jugendliche und Minderjährige kümmere man sich besonders. Auch diesbezüglich wurde in der Beschwerdeschrift nicht substantiiert entgegengetreten.

 

3.5.3. Ferner ist eine Überprüfung gemäß Art. 8 EMRK dahingehend vorzunehmen, ob der Beschwerdeführer über im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK relevante Verbindungen in Österreich verfügt.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Der EGMR bzw. die EKMR verlangen zum Vorliegen des Art. 8 EMRK das Erfordernis eines "effektiven Familienlebens", das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushaltes, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder eines speziell engen, tatsächlich gelebten Bandes zu äußern hat (vgl. das Urteil Marckx [Ziffer 45] sowie Beschwerde Nr. 1240/86, V. Vereinigtes Königreich, DR 55, Seite 234; hierzu ausführlich: Kelin, "Die Bedeutung der EMRK für Asylsuchende und Flüchtlinge: Materialien und Hinweise", Mai 1997, Seite 46).

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse gemeinsame Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (vgl. EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; siehe auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (vgl. EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311), und zwischen Onkel und Tante und Neffen bzw. Nichten (vgl. EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1989, 761; Rosenmayer ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (vgl. EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

In Österreich leben der Onkel und die Tante des Beschwerdeführers. Diesbezüglich ist zunächst anzuführen, dass die Beziehung zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen von der oben zitierten Judikatur des EGMR nicht umfasst wird. Ungeachtet dessen liegt jedenfalls die geforderte Beziehungsintensität - wie das Leben in einem gemeinsamen Haushalt oder eine finanzielle Abhängigkeit - im gegenständlichen Fall nicht vor. Da der Onkel des Beschwerdeführers bereits seit fünf Jahren, seine Tante seit zwei Jahren in Österreich leben, während der Beschwerdeführer selbst er seit circa zwei Monaten im österreichischen Bundesgebiet aufhältig ist und nicht im gemeinsamen Haushalt mit seinem Onkel bzw. seiner Tante lebt (aus der Aktlage ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer in der Betreuungsstelle Ost untergebracht ist - siehe GVS), kann bereits aus diesem Grund keinesfalls von der vom EGMR geforderten Beziehungsintensität gesprochen werden. Der Vollständigkeit halber ist überdies darauf hinzuweisen, dass auch vor Verlassen Somalias keine enge Beziehung zwischen seinem Onkel und dem Beschwerdeführer bestanden haben kann. Hierzu gab der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt vor, er habe lediglich alle paar Monate mit seinem Onkel telefonischen Kontakt gehabt.

 

Weitere familiäre Beziehungen zu einem österreichischen Staatsbürger oder einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich bestehen nicht, weshalb der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Italien in seinem durch Art. 8 EMRK verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nicht verletzt werden würde.

 

3.5.4. Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass kein Anlass für einen Selbsteintritt Österreichs gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO aufgrund einer drohenden Verletzung von Art. 3, 8 EMRK besteht.

 

3.5.5. Festzuhalten ist auch, dass die in § 28 Abs. 2 AsylG normierte 20-tägige Frist im gegenständlichen Fall eingehalten worden ist.

 

3.5.6. Hinsichtlich Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides ist noch auszuführen, dass keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung im Sinne des § 10 Abs. 2 AsylG ersichtlich sind, da weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht aktenkundig ist noch der Beschwerdeführer in Österreich über Angehörige im Sinne des Art. 8 EMRK verfügt. Darüber hinaus sind auch keine Gründe für einen Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ersichtlich. Was schließlich den seitens des Bundesasylamtes in dem Bescheidspruch aufgenommenen Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Berufungswerbers nach Italien anbelangt, so ist darauf hinzuweisen, dass die getroffene Ausweisung, da diese mit einer Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG verbunden ist, gemäß § 10 Abs. 4 erster Satz AsylG schon von Gesetzes wegen als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat gilt.

 

3.5.7. Die Beschwerde erwies sich somit als nicht berechtigt und war daher spruchgemäß abzuweisen.

 

3.5.8. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG abgesehen werden.

Schlagworte
Ausweisung, Familienbegriff, real risk, Rechtsschutzstandard, Sicherheitslage
Zuletzt aktualisiert am
20.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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