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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §248;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde der M H in S, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer, Dr. Widukind W. Nordmeyer und Dr. Thomas Kitzberger, Rechtsanwälte in Wels, Pollheimerstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 9. Oktober 2000, Zl RV 1153/1-10/2000, betreffend Haftung für Abgabenschuldigkeiten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war Gesellschafterin einer OEG, welche mit Beschluss vom 8. Jänner 1998 aufgelöst worden war. Mit Bescheid vom 21. September 1999 zog das Finanzamt die Beschwerdeführerin gem § 12 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten (Umsatzsteuer einschließlich Nebenansprüche) der OEG heran.
In einer dagegen erhobenen Berufung wandte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ein, sie sei in der Zeit zwischen 1. Juli 1996 und 28. August 1997 an der OEG beteiligt gewesen und habe in dieser Zeit die gewerberechtliche Geschäftsführung innegehabt. Für die handelsrechtlichen Belange sei der zweite Gesellschafter der OEG zuständig gewesen. Der Gewinnanteil der Beschwerdeführerin habe ausschließlich Provisionen der von ihr abgeschlossenen Aufträge umfasst. Die Beschwerdeführerin sei weder am Firmenkonto zeichnungsberechtigt, noch für die Rechnungslegung verantwortlich gewesen. Bei einer Hausdurchsuchung seien beim zweiten Gesellschafter Privatkonten gefunden worden, auf welchen Eingänge gebucht gewesen seien. Dies habe letztlich zu einer Nachverrechnung an Umsatzsteuer geführt. Die Beschwerdeführerin habe davon erstmals im April 1999 durch eine Zahlungsaufforderung des Finanzamtes erfahren. Die nachverrechneten Beträge fielen ausschließlich in den Verantwortungsbereich des zweiten Gesellschafters, da der Beschwerdeführerin weder mangelnde Sorgfalt noch mangelnde Kontrolle vorgeworfen werden könne.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung mit Ausnahme geringfügiger Beträge unter Hinweis darauf, dass die Gesellschafter einer OEG den Gläubigern der Gesellschaft als Gesamtschuldner persönlich, unbeschränkt und unmittelbar hafteten, ab. Eine dem im Innenverhältnis entgegen stehende Vereinbarung, wie sie auch im Beschwerdefall im Gesellschaftsvertrag getroffen worden sei, sei Dritten gegenüber unwirksam. Soweit in der Berufung Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung gegenüber der OEG erhoben worden seien, sei dem entgegenzuhalten, dass im Berufungsverfahren gegen den Haftungsbescheid derartige Einwendungen nicht mit Erfolg geltend gemacht werden könnten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes rügt die Beschwerde, die belangte Behörde hätte sich im angefochtenen Bescheid auch mit dem - wie richtig erkannt worden sei - Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Unrichtigkeit der Abgabenfestsetzung auseinander setzen müssen, weil sich die Berufung inhaltlich auch gegen diese gerichtet habe. Selbst wenn bei "strenger Auslegung" davon ausgegangen werde, dass diesbezüglich die Inhaltserfordernisse des § 250 Abs 1 BAO nicht vorgelegen seien, hätte jedenfalls mit Mängelbehebungsauftrag vorgegangen werden müssen. Da eine "meritorische Berufungserledigung" vor Behebung inhaltlicher Mängel rechtswidrig sei, werde auch Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf: Es trifft zu, dass der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung gemäß § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen kann. Es trifft auch zu, dass es hiezu keines gesonderten Schriftsatzes bedarf. Wird aber neben einer Berufung gegen den Haftungsbescheid eine - allenfalls auch mangelhafte - Berufung gegen den Abgabenanspruch erhoben, so ist zunächst über die Berufung gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt (vgl das hg Erkenntnis vom 21. Oktober 1999, 97/15/0088). Die gesonderte Berufungsbefugnis hinsichtlich des Bescheides über den Abgabenanspruch ändert auch nichts daran, dass die in einer solchen Berufung erhobenen Einwendungen gegen den Abgabenanspruch allein im diesbezüglichen Berufungsverfahren, nicht aber im Berufungsverfahren gegen die Heranziehung zur Haftung relevant sind (vgl das hg Erkenntnis vom 23. Mai 1990, 89/13/0250). Es war daher nicht rechtwidrig, wenn die belangte Behörde allenfalls als solche gegen den Abgabenanspruch zu erkennende Einwendungen der Berufung (gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch) im angefochtenen Bescheid, welcher ausschließlich über die Berufung gegen den Haftungsbescheid abspricht, nicht berücksichtigt hat.
Im Hinblick auf diesen ausschließlichen Abspruch kann auch von einer rechtswidrigen "meritorischen Berufungserledigung" in Bezug auf die behaupteterweise erhobene Berufung gegen den Abgabenanspruch keine Rede sein.
Ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zeigt die Beschwerdeführerin mit dem unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften erstatteten Vorbringen auf, ihr Anwalt habe trotz eines diesbezüglichen Antrages keine "Möglichkeit" gehabt, Akteneinsicht zu nehmen, weil die belangte Behörde "ohne weitere Verständigung oder Anhörung" den angefochtenen Bescheid erlassen habe.
Die Beschwerdeführerin behauptet weder, dass der Antrag auf Akteneinsicht abgelehnt worden wäre noch, dass zwischen dem Zeitpunkt des diesbezüglichen Antrages (18. Jänner 2000) und dem Zeitpunkt der Berufungsentscheidung (9. Oktober 2000) nicht genügend Zeit gewesen wäre, Akteneinsicht zu nehmen. Eine gesonderte Einladung, eine "Verständigung" oder "Anhörung", wie sie von der Beschwerdeführerin nach dem Beschwerdevorbringen vermisst wird, sehen die Verfahrensvorschriften nicht vor. Es steht der Partei vielmehr frei, ihr Recht auf Akteneinsicht allein durch Vorsprache bei der Behörde, allenfalls nach mündlicher Terminabsprache, auszuüben. Der Vorwurf einer durch die belangte Behörde verursachten mangelnden "Möglichkeit" zur Akteneinsicht ist daher ebenso verfehlt wie die Behauptung einer diesbezüglich gebotenen "Anhörung zur Wahrung des rechtlichen Gehörs".
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 29. März 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000140200.X00Im RIS seit
17.07.2001