S12 400.518-1/2008/4E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde des T. M., geb. 1981, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.06.2008, FZ. 08 00.555-BAT, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1 Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der Volksgruppe der Tschetschenen, reiste am 14.01.2008 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung am 14.01.2008 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Tschetschenisch gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe Ende September 2006 gemeinsam mit seiner Ehegattin G. mit einem Zug nach Moskau verlassen. Danach seien sie mit einem Zug nach Brest und von dort mit einem Zug nach T. gefahren. Nach der Ankunft in T. seien sie mit einem Taxi in das Flüchtlingslager D. gefahren, wo sie einen Asylantrag gestellt hätten, einvernommen und ihnen die Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Nach zwei Tagen Aufenthalt in diesem Lager seien sie in das Lager L. verlegt worden. Dort hätten sie sich circa zwei Monate aufgehalten. Danach hätte er gemeinsam mit seiner Ehegattin und der in Polen geborenen Tochter eine Privatwohnung bezogen. Da sie allerdings nach Österreich ausreisen wollen hätten, hätten sie versucht, über die Slowakei nach Österreich zu gelangen. Sie seien von den polnischen Behörden an der polnisch-slowakischen Grenze aufgegriffen und in das Lager C. gebracht worden. Dieses Lager sei sehr weit von der nächsten Stadt entfernt gewesen, weshalb es keine Möglichkeit gegeben hätte, einkaufen zu gehen. Die medizinische Versorgung sei sehr schlecht gewesen. Nachdem sie in das Lager L. zurückkehren hätten dürfen, hätten sie keine finanzielle Unterstützung erhalten, weil er den Versuch unternommen habe, Polen zu verlassen. Da sie beschlossen hätten, Polen zu verlassen, seien sie mit einem Bus nach Warschau und von dort mit einem Taxi nach Österreich gefahren. Sein Heimatland habe er verlassen, weil ihm von den russischen Behörden vorgeworfen worden sei, einen Menschen ermordet zu haben. Er sei von den russischen Behörden festgenommen und geschlagen worden.
Eine Eurodac-Abfrage vom selben Tag ergab, dass der Beschwerdeführer am 30.09.2006 in Lublin (Polen) einen Asylantrag gestellt hatte.
Am 15.01.2008 richtete das Bundesasylamt ein Wiederaufnahmeersuchen an die zuständige polnische Behörde.
Am 17.01.2008 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5, 68 Abs. 1 AVG, §29 Abs.3 Z 4 AsylG), da Dublin Konsultationen mit Polen seit dem 15.01.2008 geführt werden (vgl. AS 61f).
Bei der ärztlichen Untersuchung am 31.01.2008 durch Dr. D., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer an einer dissoziativen Störung bzw. Konversionsstörung mit paranoider Symptomatik leide und eine weitere Abklärung durch einen Facharzt für Neurologie, gegebenenfalls mit medikamentöser Einstellung bzw. Therapie erforderlich sei. Die Störung würde den Beschwerdeführer hindern, seine Interessen im Verfahren wahrzunehmen. Im Falle einer Überstellung nach Polen bestehe die reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer aufgrund dieser psychischen Störung in einen lebensbedrohlichen Zustand gerate oder sich die Krankheit in lebensbedrohlichem Ausmaß verschlechtere.
Mit Schreiben vom 19.02.2008 ersuchte das Bundesasylamt das Bezirksgericht B. gemäß § 11 AVG für den Beschwerdeführer einen Sachwalter zu bestellen. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes B. vom 09.05.2008 wurde das Verfahren mit der Begründung eingestellt, dass der Beschwerdeführer seine Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst besorgen könne. Ein weiteres Gutachten wurde seitens des Bezirksgerichtes B. nicht eingeholt (AS 115).
Der Beschwerdeführer wurde am 13.06.2008 zu seinem Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Traiskirchen, niederschriftlich einvernommen und brachte auf Vorhalt des Bundesasylamtes, dass beabsichtigt sei, seine Ausweisung aus Österreich nach Polen zu veranlassen, vor, er habe sich in Polen ein Auto gekauft und sei mit diesem ohne Führerschein gefahren. Er habe einen Verkehrsunfall mit einem Polen gehabt. Er habe mit seinem Beifahrer, einem Bekannten, die Plätze getauscht, weil er keinen Führerschein gehabt habe. Der Pole habe den Tausch gesehen. Einige Zeit später, er sei gerade Billard spielen gewesen, seien die Polen, die am Verkehrsunfall beteiligt gewesen seien, gekommen, und es habe eine Schlägerei gegeben. Es sei ihm gelungen wegzulaufen. Diese Polen seien allerdings ins Lager L. gekommen und hätten ihn bedroht. Er habe aufgrund der Bedrohung nicht mehr das Lager verlassen können, daher habe er Polen verlassen. In Polen habe er die Stellung eines anerkannten Flüchtlings und habe eine Pobyt-Karte. Er könne allerdings nicht mehr nach Polen zurückkehren, weil er einerseits immer noch Probleme wegen des Verkehrsunfalls haben würde und er in Polen eingesperrt werden würde. Er habe bereits einige Haftbestätigungen. Als seine Ehegattin schwanger gewesen sei, sei sie nicht untersucht worden. Mit Erhalt der Pobyt-Karte hätten sie keinen Zugang zur medizinischen Versorgung im Lager mehr gehabt. Es gebe ein eigenes Sozialamt für Besitzer einer Pobyt-Karte. Um eine Überweisung zu einem Arzt zu bekommen, würde man eine Meldebestätigung brauchen, die er nicht gehabt habe.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 10 Abs. 1 iVm Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen. Demzufolge sei die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Ferner wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide und sich in Österreich in Therapie befinde. Das Bundesasylamt habe die Angaben des Beschwerdeführers unberücksichtigt gelassen. Der Verweis auf den Beschluss des Bezirksgerichtes B. betreffend der Abstandnahme von der Bestellung eines Sachwalters könne keinesfalls als der Diagnose von Dr. D. gleichwertig angesehen werden. In Polen sei er lediglich durch das Medikament Tramal, ein Opiumderivat, "ruhig gestellt worden". Aufgrund seiner psychischen Erkrankung sei es für den Beschwerdeführer schwer, in Polen einer dauerhaften legalen Beschäftigung nachzugehen. Überdies seien in Polen keine ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten vorhanden und wäre die erforderliche medizinische Versorgung nicht gewährleistet. Durch die Vollziehung der Ausweisung und die Überstellung nach Polen bestünden daher jedenfalls ein ernsthaftes Risiko einer massiven Verschlechterung und damit ein "real risk", dass der Beschwerdeführer in seinen durch Art. 3 EMRK gewährleisten Grundrechten verletzt werde.
Aus einem Aktenvermerk vom 08.07.2008 geht hervor, dass ein Schreiben vom 12.06.2008 von Psychotherapeuten E. K. erst nach Bescheiderlassung der zuständigen Referentin zur Kenntnis gelangt ist, da sich diese im Urlaub befand. Aus diesem Schreiben des Psychotherapeuten E. K. geht her, dass der Beschwerdeführer an einer Mehrfachtraumatisierung mit Diagnose "schweres post-traumatisches Stress-Syndrom (PTSS)" leide. Es sei daher eine reizarme Umgebung zu empfehlen, weshalb eine Verlegung angeregt werde.
Mit Schreiben der Diakonie Flüchtlingsdienst vom 18.07.2008 wurde eine weiterer psychotherapeutischer Kurzbericht über den psychischen Status des Beschwerdeführers, erstellt von Psychotherapeut E. K. vorgelegt, worin im Falle des Beschwerdeführers eine schwere post-traumatische Belastungsstörung zu Folge serieller Traumatisierung, insbesondere durch sexualisierte Gewalt, chronifiziert hinsichtlich länger zurückliegender Ereignisse, diagnostiziert wurde. Ferner wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer während der Gespräche eine Empfindlichkeit hinsichtlich Retraumatisierung wie auch latente Suizidalität deutlich gemacht hat. Aus diesem Grund wäre dieser für den Fall der Ignoranz seiner besonderen Schutz- und Schonungsbedürftigkeit einem erhöhten Risiko der weiteren, anhaltenden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes und Verschlechterung seiner latenten Suizidalität ausgesetzt.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt des Beschwerdeführers.
2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz mit einer Ausweisung zu verbinden. Diese gilt gemäß § 10 Abs. 4 AsylG stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den bezeichneten Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen. Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würden und diese nicht von Dauer sind, ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Die Dublin II-VO sieht in den Art. 6 bis 14 des Kapitels III Zuständigkeitskriterien vor, die gemäß Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO in der im Kapitel III genannten Reihenfolge Anwendung finden. Gemäß Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt, von jenem (einzigen) Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Dublin II-VO festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Gemäß dem Zuständigkeitskriterium des Art. 13 Dublin II-VO ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig, wenn sich anhand der Kriterien dieser Verordnung nicht bestimmen lässt, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags obliegt.
In den Art. 5 ff Dublin-VO werden die Kriterien aufgezählt, nach denen der zuständige Mitgliedstaat bestimmt wird.
Gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ist der Antrag zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach seiner Einbringung entscheidet, dass er zurückzuweisen ist, es sei denn, es werden Konsultationen gemäß der Dublin II-VO oder einem entsprechenden Vertrag geführt. Dass solche Verhandlungen geführt werden, ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen.
§ 41 Abs. 3 AsylG lautet: "In einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung ist § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamts im Zulassungsverfahren statt zu geben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch statt zu geben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."
2.2. Im vorliegenden Fall wurde die gutachterliche Stellungnahme von Dr. D., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, im angefochtenen Bescheid überhaupt nicht gewürdigt. Aus der Stellungnahme geht eindeutig hervor, dass eine weitere Abklärung durch einen Facharzt für Neurologie, gegebenenfalls mit medikamentöser Einstellung bzw. Therapie, erforderlich ist und der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Polen aufgrund seiner psychischen Störung in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten oder sich die Krankheit in lebensbedrohlichem Ausmaß verschlechtern könnte. Auf die diesbezüglichen Ausführung wurde im Bescheid nicht eingegangen, sondern beruft sich das Bundesasylamt auf die Entscheidung des Bezirksgerichtes B., wonach die Bestellung eines Sachwalters für den Beschwerdeführers nicht notwendig sei, und leitet hieraus ab, dass trotz der gutachterlichen Stellungnahme von Dr. D. in Hinblick auf die Entscheidung des Bezirksgerichtes B. davon ausgegangen werden kann, dass im Falle des Beschwerdeführers kein Abschiebungshindernis und somit kein Grund für einen zwingenden Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO vorliege. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass aus der Entscheidung des Bezirksgerichtes B. keinesfalls die Frage der Überstellungsfähigkeit des Beschwerdeführers ableitbar ist. Das Bezirksgericht hat in seinem Beschluss lediglich festgestellt, dass der Beschwerdeführer alle seine Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst erledigen kann. Der Beschluss des Bezirksgerichtes betrifft daher die Handlungsfähigkeit des Beschwerdeführers, ohne auf seine Überstellungsfähigkeit einzugehen. Hinzukommt, dass das Bezirkgericht seine Entscheidung nicht auf ein neuerliches psychiatrisches Gutachten stützt, weshalb die Bezugnahme des Bundesasylamtes auf diese Entscheidung zur Relativierung der gutachterlichen Stellungnahme keinesfalls geeignet ist.
Überdies hat es das Bundesasylamt unterlassen, sich mit dem vor Bescheiderlassung eingelangten psychotherapeutischen Kurzbericht von Psychotherapeut E. K. vom 12.06.2008, der dem Beschwerdeführer eine schwere post-traumatische Belastungsstörung bescheinigt, im Bescheid auseinander zu setzen.
Käme die erstinstanzliche Behörde zu dem Schluss, dass ein Selbsteintritt Österreichs gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zur Hintanstellung der Verletzung der Rechte aus Art. 3 EMRK nicht erforderlich sei, ist überdies zu klären, ob dem Beschwerdeführer angesichts seines psychischen Zustandes ein Durchführungsaufschub zu gewähren ist. Der in § 10 Abs. 3 AsylG in Bezug auf die mit der zurückweisenden Entscheidung zu verbindende Ausweisung vorgesehene Durchführungsaufschub stellt auf das Vorliegen von Gründen ab, die in der Person des Asylwerbers liegen und dazu führen, dass die Durchführung der Ausweisung in den Schutzbereich von Art. 3 EMRK eingreift. Den Materialien zufolge kommen als Gründe "etwa eine fortgeschrittene Schwangerschaft, Spitalsaufenthalt oder vorübergehender sehr schlechter Gesundheitszustand in Frage" (Erläuterungen zur RV 952 Blg RNR 22.GP, 23). Feststellungen zum derzeitigen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sind daher auch notwendig, um die Transport- bzw. Überstellungsfähigkeit des Beschwerdeführers daraufhin prüfen zu können, ob ein Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG geboten ist.
2.3. Der Sachverhalt, welcher dem Asylgerichtshof nunmehr vorliegt, ist daher "so mangelhaft", dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unerlässlich ist (vgl. zu den erforderlichen Ermittlungsergebnissen Punkt 2.2). Der Gesetzgeber hat für das Verfahren über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide sehr kurze Fristen (§ 41 Abs. 2, § 37 Abs. 3 AsylG) vorgesehen, andererseits aber die Beschwerdeinstanz dazu verpflichtet, bei einem "mangelhaften Sachverhalt" der Beschwerde stattzugeben, ohne § 66 Abs. 2 AVG anzuwenden (§ 41 Abs. 3 AsylG). Das Ermessen, das § 66 Abs. 3 AVG der Beschwerdeinstanz einräumt, allenfalls selbst zu verhandeln und zu entscheiden, besteht somit in einem solchen Verfahren nicht. Aus den Materialien (Erläut. zur RV, 952 BlgNR 22. GP, 66) geht hervor, dass "im Falle von Erhebungsmängel die Entscheidung zu beheben, das Verfahren zuzulassen und an das Bundesasylamt zur Durchführung eines materiellen Verfahrens zurückzuweisen" ist. Diese Zulassung stehe einer späteren Zurückweisung nicht entgegen. Daraus und aus den erwähnten kurzen Entscheidungsfristen ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Beschwerdeinstanz im Verfahren über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide von einer Ermittlungstätigkeit möglichst entlasten wollte. Die Formulierung des § 41 Abs. 3 AsylG ("wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint"), schließt somit nicht aus, dass eine Stattgabe ganz allgemein in Frage kommt, wenn der Beschwerdebehörde - auf Grund erforderlicher zusätzlicher Erhebungen - eine unverzügliche Erledigung der Beschwerde unmöglich ist.
2.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.