TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/28 A1 307137-1/2008

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Veröffentlicht am 28.07.2008
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Spruch

A1 307.137-1/2008/3E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner als Vorsitzenden und den Richter Dr. Christian Filzwieser als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Ines Csucker über die Beschwerde der I. I. J., geb. 2006, StA. von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.10.2006, GZ. 06 08.442-BAE, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs.1 Z1, 10 Abs.1 Z2 AsylG 2005 idF BGBL I Nr. 4/2008 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe :

 

Die gesetzliche Vertreterin stellte für die beschwerdeführende Partei am 14.8.2006 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz im Rahmen eines Familienverfahrens.

 

Die gesetzliche Vertreterin brachte am 21.8.2006 folgendes vor :

 

"Im Falle einer Rückkehr nach Nigeria besteht für I. I. J. eine ernsthafte Bedrohung Opfer weiblicher Genitalverstümmelung zu werden."

 

Das Bundesasylamt traf zur Person der beschwerdeführenden Partei folgende Feststellung:

 

Die beschwerdeführende Partei sei in Österreich geboren worden, gehöre zur Kernfamilie der Mutter und ihrer minderjährigen Schwester (Aktenzahlen: 05 05.065-BAE, 05 05.066-BAE). Es könne nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführende Partei in Nigeria einer begründeten Furcht vor asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und im Falle der Rückkehr ausgesetzt wäre.

 

Im gegenständlichen Verfahren wurde keine eigenständige Beschwerde erhoben, da aber die Mutter, Frau O. B., in ihrem eigenen Verfahren Beschwerde erhob, gilt damit gemäß § 36 Abs. 3 AsylG auch der gegenständliche erstinstanzliche Bescheid als angefochten.

 

Über diese Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Die Ausführungen in der Stellungnahme vom 21.9.2006 sind vor dem Hintergrund der nochmals überprüften Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid aber auch vor dem Hintergrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin in ihrem eigenen Verfahren und in jenem der Schwester, O. O., Zahl 268.487 nicht stichhaltig:

 

In der Stellungnahme wird das Problem der Genitalverstümmelung lediglich ganz allgemein angesprochen, ohne auf die persönliche Situation der Familie der Beschwerdeführerin einzugehen:

 

Die gesetzliche Vertreterin und ihre Kinder stammen aus dem Bundesstaat Edo und stellte das Bundesasylamt im erstinstanzlichen Bescheid (Seite 51) ausdrücklich fest, dass unter anderem in diesem Bundesstaat ein Verbot der Genitalverstümmelung erlassen und diese Praxis unter Strafe gestellt wurde. Ausdrücklich wird unter Anführung der unbedenklichen Berichte British Danish Fact finding Mission, Report Nigeria, 01. 2005 und UK Home Office, Country Report Nigeria, Oktober 2005 angeführt, dass in Bundesstaaten, wo die Genitalverstümmelung bereits gesetzlich verboten ist, Frauen die Möglichkeit haben, Anzeige bei der Nigerian Police Force (NPF) oder der National Human Rights Commission (NHRC) zu erstatten. Dass oftmals keine Anzeige erstattet wird, ist nicht so sehr dem Umstand mangelnden gesetzlichen Schutz zuzuschreiben bzw. liegt nicht am Fehlen der faktischen Möglichkeit sich an staatliche Stellen zu wenden, sondern ist - wie das Bundesasylamt offensichtlich in Übereinstimmung mit der Stellungnahme festhält, in der Tradition begründet - Die Gründe für die Beschneidung sind vielfältig - vor allem Tradition und sozialer Druck spielen dabei eine große Rolle (Beschwerdeschrift S3).

 

Für die Frage des Vorliegens der Flüchtlingseigenschaft, bzw. des Vorliegens stichhaltiger Gründe einer Gefährdung im Sinne des Art. 3 EMRK ist aber entscheidend, welche Konsequenzen sich an die Weigerung, sich beschneiden zu lassen, geknüpft werden.

 

Die Stellungnahme führt selbst aus, dass lediglich eine soziale Ausgrenzung und Stigmatisierung erfolgt. "Zu den Ausführungen kann gesagt werden, dass nie beschnittene Mädchen/Frauen sozial ausgegrenzt und stigmatisiert werden"(Beschwerdeschrift S3), wobei diesbezüglich anzuführen ist, dass eine derartige Ausgrenzung und Stigmatisierung im Falle der Familie der beschwerdeführenden Partei, nicht befürchtet wurde:

 

Die Mutter, Frau O. B., die gesetzliche Vertreterin hat in ihrem eigenen Verfahren nicht nur keine entsprechende Befürchtung vorgebracht, sie hat ausdrücklich bei ihrer niederschriftlichen Befragung am 14.10.2003 auf die Frage "Hätte Ihnen in Nigeria eine Beschneidung gedroht?", mit "Nein" geantwortet und bei dieser Frage auch noch, wie die Anmerkung im Protokoll unzweifelhaft zum Ausdruck bringt, gelacht und gefragt, warum man an sie überhaupt solche Fragen stelle. Auch im Verfahren der Schwester der beschwerdeführenden Partei, O. O., GZ 268.487-0/2008 wurde eine derartige Gefahr nicht einmal behauptet.

 

Dass "die Chancen auf dem Heiratsmarkt für nichtbeschnittene Mädchen gleich Null sei"(Beschwerdeschrift S3) ist ohne Asylrelevanz. Die weitere Ausführung in diesem Zusammenhang "...was fatal ist, in einem Land, in dem eine Frau ökonomisch vom Mann abhängig" wird jedoch in der Stellungnahme weder ganz allgemein näher dargelegt, noch irgendein Bezug zur Person der Beschwerdeführerin hergestellt, sodass auch diesbezüglich von den schlüssigen - und in der Beschwerdefrist nicht in Kritik gezogenen -Sachverhaltsfeststellungen im erstinstanzlichen Bescheid zur Möglichkeit einer neuerlichen Niederlassung in Nigeria auszugehen ist. Das Bundesasylamt baute dabei auf aktuellem Länderdokumentationsmaterial auf und weisen die Feststellungen keine Widersprüche auf.

 

Die wirtschaftliche Situation in Nigeria selbst wird außer mit dieser schon soeben angeführten Randbemerkung nicht kritisiert.

 

Darüber hinaus ist ins Kalkül zu ziehen, dass die gesetzliche Vertreterin der Beschwerdeführerin über ein intaktes soziales Netz verfügt, wie sie selbst im Rahmen ihres erstinstanzlichen Verfahrens angab:

 

"F: Haben Sie Geschwister oder Verwandte in Nigeria?

 

A: Meine beiden Schwestern leben in Nigeria.

 

F: Haben Sie zurzeit Kontakt zu Ihren beiden Schwestern in Nigeria?

 

A: Ja. (Anmerkung: AW lächelt.)

 

F: Haben Sie mit Ihren beiden Schwestern in Nigeria zusammengelebt?

 

A: Ja.

 

F: Wovon haben Sie in Nigeria gelebt?

 

A: Der Bruder meines Vaters hat für mich gesorgt.

 

Das ohnehin nur allgemein gehaltene Beschwerdevorbringen entbehrt daher jeglicher Grundlage.

 

Offensichtlich aber, da keine eigenständige Beschwerde erhoben bzw. im Beschwerdeverfahren ein entsprechendes Vorbringen, erstattet wurde, wird diese im Rahmen einer erstinstanzlichen Stellungnahme erhobene Behauptung ohnehin nicht mehr aufrecht erhalten.

 

Das Bundesasylamt ist also zutreffend davon ausgegangen, dass weder eine Verfolgungssituation noch eine Gefährdungssituation irgendwelcher Natur vorliegt.

 

Spruchpunkt I und II stoßen daher auf keinerlei Bedenken seitens des Asylgerichtshofes.

 

Auch in Bezug auf den Ausweisungsausspruch war im Ergebnis mit dem Bundesasylamt zu gehen, wobei an dieser Stelle nochmals festzuhalten ist, dass die Ausweisung gemeinsam mit der Mutter und der Schwester O.O., geb. 00.00.2005, StA. von Nigeria, GZ. 268.487-0/2008 erfolgt, diesbezüglich also kein Eingriff ins Privat- und Familienleben vorliegt und im Verhältnis zum Großvater niemals zu irgendeinem Zeitpunkt irgendein Naheverhältnis welcher Natur auch immer festzustellen war.

 

In diesem Sinne war also spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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