TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/28 D3 250808-0/2008

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Veröffentlicht am 28.07.2008
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Spruch

D3 250.808-1/2008/6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Clemens Kuzminski als Einzelrichter über die Beschwerde der K. M., geb. 1950, StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.06.2004, FZ. 03 35.845-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.05.2008 zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und der K. M. gemäß § 7 AsylG 1997 i. d.F. BGBl. 126/2002 der Status der des Asylberechtigten zuerkannt.

 

Gemäß § 12 leg. cit. wird festgestellt, dass K. M. damit Kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Die Berufungswerberin, eine iranische Staatsangehörige, gelangte am 18.11.2003 gemeinsam mit ihrem Gatten G. G. zu der bereits in Österreich befindlichen Tochter G. A. und stellte am 19.11.2003 einen Asylantrag.

 

Am 06.04.2004 wurde er vom Bundesasyamt, Außenstelle Wien, wie folgt einvernommen:

 

Ich heiße K. M., geb. 1950, und bin Staatsbürgerin des Iran. Ich gehöre der armenischen Volksgruppe an und bin armenisch christlich. Ich spreche die Sprachen Armenisch und Farsi. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder. Meine Eltern sind verstorben. Ich habe einen Halbbruder, der im Iran lebt und eine Halbschwester (K. F., ca. 75 Jahre), die in den USA lebt. Ich habe einen Sohn, der in den USA lebt und eine Tochter, die in Norwegen lebt. Mein Ehemann und eine weitere Tochter leben hier in Wien. Ich war Krankenpflegerin und habe diese Tätigkeit bis meiner Ausreise durchgeführt.

 

Ich besaß einen iranischen Reisepass, welcher mir vom Passamt in Teheran problemlos ausgestellt wurde. Diesen Pass hat mir der Schlepper abgenommen. Ich kann heute meine Geburtsurkunde, meinen Taufschein und die Heiratsurkunde vorlegen.

 

Frage: Wann haben Sie Ihren Heimatort verlassen und auf welchem Weg gelangten Sie nach Österreich?

 

Antwort: Ich habe Teheran verlassen und bin mit der Fluglinie Iran Air nach Frankfurt geflogen. Dort hielt ich mich für 10 Tage auf. Dann bin ich weiter mit einem Schlepper mit einem PKW nach Wien gefahren, wo ich am 00.11.2003 ankam. Die Reise erfolgte legal und wurde mir von einem Schlepper organisiert, dem wir pro Person 5 Mio. Toman (ca. 5000 Euro) bezahlt haben. Die gesamte Reise legte ich mit meinem Ehemann zurück.

 

Frage: Waren Sie vor Ihrer letzten Ausreise schon einmal außerhalb Ihres Heimatlandes aufhältig?

 

Antwort: Ja, vor ca. 3 Jahren war ich für 3 Monate in Österreich bei meiner Tochter, die schwanger war.

 

Frage: Haben Sie bereits in einem anderen Land um Asyl angesucht?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie sich politisch betätigt? Waren Sie Mitglied einer Organisation?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Hatten Sie Probleme mit der Polizei, dem Militär oder sonstigen Behörden im Iran?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Waren Sie jemals in Haft?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Werden Sie von den Behörden in Ihrer Heimat gesucht?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen und bringen in Österreich einen Asylantrag ein? Nennen Sie die Fluchtgründe!

 

Antwort: Ich habe mein Heimatland verlassen, weil ich und mein Ehemann im Iran niemanden mehr gehabt haben und mein Mann krank ist. Wir wurden von der Sicherheitsbehörde belästigt. Zuletzt war es in den Monaten S. und M. 1382 (2003), wo die Behörde unser Haus wieder durchsuchte und meinen Mann mitgenommen hat. Sie haben ihn am Abend desselben Tages wieder freigelassen, weil es ihm sehr schlecht ging. Sie haben uns vorgeworfen, dass wir politisch tätig seien und mit den Volksmudjahedin sympathisieren. Es waren immer wieder dieselben drei Beamten, die uns aufsuchten und belästigten. Einer von diesen Männern war früher ein Kollege meiner Tochter und hatte sie damals immer zur Heirat gedrängt. Meine Tochter war aber damals bereits verheiratet und hat es abgelehnt. So haben die Probleme meiner Tochter angefangen. Auch mein Sohn hatte dadurch Probleme. Nach der Ausreise meines Sohnes haben wir Probleme mit der Behörde bekommen. Mein Mann hat in den letzten Jahren unter Depressionen gelitten und wurde mehrmals medizinisch behandelt. Unser Haus wurde mehrmals von Beamten durchsucht. Viele unserer Probleme weiß mein Mann gar nicht mehr. Ich wurde mehrmals von den Beamten beschimpft. Beim letzten Verhör meines Mannes wurde ihm vorgeworfen, dass er politisch aktiv sei. Deswegen haben wir beschlossen, das Land mit Hilfe eines Schleppers zu verlassen.

 

Frage: Wann war das letzte Verhör Ihres Ehemannes?

 

Antwort: 2003.

 

Frage: Möchten Sie noch etwas zur Begründung Ihres Asylantrages angeben?

 

Antwort: Nein, ich habe alles angegeben. Das ist mein Fluchtgrund.

 

Frage: Wurden Sie aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt? (Begriffe werden der AW erläutert.)

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr nach Iran?

 

Antwort: Man würde meinen Mann und mir politische Aktivität und die Flucht aus dem Iran vorwerfen. Dieser Mann, der uns bereits Probleme machte, ist Mitglied der Sicherheitsbehörde und wird uns solange es ihm möglich ist, Probleme machen.

 

Frage: Benötigen Sie Bundesbetreuung?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Was wäre passiert, wenn Sie in eine andere Stadt im Iran verzogen wären?

 

Antwort: Wir würden wo anders im Iran niemanden kennen und hätten uns dort kein Leben aufbauen können. Der Mann, der uns Probleme machte, würde uns bis in die Hölle verfolgen. Ich hätte auch in U. keine Möglichkeit gehabt, um zu arbeiten, weil ich dort niemanden kenne.

 

Frage: Wie hätte man Sie finden können? Es gibt kein Meldegesetz und 70 Millionen Einwohner im Iran!

 

Antwort: Als ich für 3 Monate in Österreich bei meiner Tochter war, war mein Mann bei seiner Schwester in einem anderen Bezirk. Man hat ihn auch dort gefunden, indem man angab, dass man mit ihm was zu besprechen hätte. Die Nachbarn haben erzählt, wo er sich aufhält.

 

Frage: Woher hatten Sie 10.000 Euro für den Schlepper?

 

Antwort: Wir haben alles, was wir besaßen verkauft und unsere Ersparnisse genommen, um den Schlepper zu bezahlen.

 

Vorhalt: Warum machen Sie Vorfälle geltend, die Ihr Mann mit keinem Wort erwähnte. Weder erwähnte Ihr Ehegatte, dass ihm vorgehalten worden wäre, er würde mit den Volksmujaheddin sympathisieren, noch hat Ihr Gatte angegeben, dass man ihn auch in einem anderen Bezirk gefunden hätte.

 

Antwort: Hätten Sie ihn gefragt, hätte er wohl geantwortet. Er ist geistig verwirrt und kann sich nicht an alles erinnern.

 

Frage: Gab es irgendwelche Probleme, als Sie nach Österreich reisten, um Ihre Tochter zu besuchen?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Gab es irgendwelche Probleme als Sie von Österreich wieder in den Iran zurückreisten?

 

Antwort: Nein, ich habe ja nichts angestellt.

 

Frage: Möchten Sie noch weitere Angaben zur Begründung Ihres Asylantrages machen?

 

Antwort: Nein, ich habe alles angegeben.

 

Die Berufungswerberin legte ihre iranische Eheurkunde, sowie eine beglaubigte Übersetzung in englischer Sprache vor.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.06.2004, ZI 35.845-BAW, wurde unter Spruchteil I. der Asylantrag vom 19.11.2003 gemäß § 7 AsylG abgewiesen und unter Spruchteil II. die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Asylwerberin in den Iran gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ausgesprochen und unter Spruchteil III. die Asylwerberin gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

 

In der Begründung des Bescheides wurde zunächst die oben bereits voll inhaltlich angegebene Einvernahme dargestellt und anschließend Feststellungen zur Situation der armenischen Christen im Iran getroffen. Zur Frage der Sippenhaftung wurde eine solche verneint. Es wurde jedoch festgestellt, dass immer wieder Familienmitglieder unangenehm befragt würden und diese Fälle konkret beurteilt werden müssten. Beweiswürdigend wurde in der Folge ausgeführt, dass die Angaben der Antragstellerin der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt würden.

 

Zu Spruchteil I. wurde nach Darlegung der Bezug habenden Rechtslage und Judikatur insbesondere ausgeführt, dass die von der Antragstellerin geschilderten bzw. von dieser befürchteten Maßnahmen ausschließlich jene sein würden, um den Aufenthaltsort ihrer Kinder in Erfahrung zu bringen. Diese stellten jedoch keine Verfolgung aus einem der im Asylgesetz genannten Gründe dar. Auch habe die Antragsstellerin nur über Vorfälle ihren Ehegatten betreffend berichtet und sie dazu zu bemerken, dass die staatlichen Stellen den Angaben des Gatten nicht politisch tätig zu sein, geglaubt hätten, was sich aus dessen Freilassung am gleichen Tag ergebe. Andererseits hätten die gegen die Antragstellerin ergriffenen Maßnahmen noch nicht jenes Maß an Intensität erreicht, das von einer Sippenhaftung gesprochen werden könne und lasse sich aus den diesbezüglichen Ausführungen der Österreichischen Botschaft in Teheran eindeutig entnehmen, dass im Iran eine Sippenhaftung nicht (mehr) praktiziert werde. Von wohlbegründete Furcht vor Verfolgung könne erst dann gesprochen werden, wenn die Zustände im Heimatland des Asylwerbers aus objektiver Sicht der Gestalt seien, dass ein weiterer Verbleib des Flüchtlings unerträglich geworden sei. Die von der Berufungswerberin bzw. die im Bericht der Österreichischen Botschaft erwähnten Schwierigkeiten erfüllten jedoch dieses Kriterium nicht und lasse auch der problemlose Aufenthalt der Antragsstellerin in Österreich erkennen, dass weder die Antragstellerin noch ihr Gatte von den iranischen Behörden gesucht würden, sodass der Asylantrag abzuweisen gewesen sei.

 

Zu Spruchteil II. wurde ebenfalls die Bezug habende Rechtslage und Judikatur dargestellt und in der Folge ausgeführt, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation im Sinne des § 57 Abs. 2 FrG bereits unter Spruchteil I. geprüft und verneint worden sei und dass die von der Antragstellerin vorgebrachten Befürchtungen für sie zwar persönlich unangenehm sein könnten, das Ausmaß einer Erniedrigung im Sinne des Art. 3 EMRK jedoch nicht erreichten. Auch aus der allgemeinen Lage im Heimatland der Antragstellerin ergebe sich eine solche Gefährdung nicht. Auch der Umstand, dass eine iranische Staatsbürgerin in einem anderen Land Asyl beantragt habe, stelle keine strafbare Handlung dar und könne man bei illegalem Grenzübertritt allenfalls mit einer Verwaltungsstrafe rechnen und schlechtestenfalls in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung. Darüber hinausgehende staatliche Repressalien wären jedoch nicht zu befürchten.

 

Zu Spruchteil III. wurde ebenfalls zunächst die bezughabende Rechtslage und Judikatur angeführt und anschließend festgehalten, dass kein Familienbezug (Kernfamilie) zu einem dauernd aufenthaltsberichtigten Fremden in Österreich vorliege und dass die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im vorliegenden Fall die individuellen Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich überwiegen würden, sodass eine Ausweisung als gerechtfertigt angesehen werden könne.

 

Gegen diesen Bescheid erhob die Asylwerberin Berufung. In dieser wurde zunächst (textbausteinartig) eine Verletzung der Manuduktionspflicht und der amtswegigen Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhaltes behauptet. Weiters wurde vorgebracht, dass das Bundesasylamt derzeit auf Grund einer völkerrechtlichen Verpflichtung christlichen Iranern nach § 9 AsylG Asyl gewähre. Auch ein (textbausteinartiges) Vorbringen zur Rechtswidrigkeit des Inhaltes und zur direkten und mittelbaren Verfolgung sowie zum Refoulement wurde erstattet.

 

Der Unabhängige Bundesasylsenat, beraumte eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung für den 27.05.2008 an, welche mit jener des Gatten der Antragsstellerin verbunden wurde. Es erschien kein Vertreter des Bundesasylamtes. Die Berufungswerber bevollmächtigten Herrn M. M. B. als Obmannstellvertreter der Bewegung Mitmensch mit ihrer Vertretung im Berufungsverfahren. Der Berufungswerbervertreter legte Flüchtlingsanerkennungsbescheide der UNO in Indien hinsichtlich des Sohnes der Berufungswerber, der Tochter H. sowie des Schwiegersohnes vor und brachte dazu vor, dass die Flüchtlingsanerkennung durch die UNO in Indien in Zusammenhang mit jenen Gründen stehe, weswegen auch der Berufungswerber geflüchtet sei.

 

Die Berufungswerberin führte über Befragen durch den Verhandlungsleiter Folgendes aus:

 

VL: Welcher Volksgruppe und Religion gehören Sie an?

 

BW2: Ich bin Armenierin und Christin der armenischen apostolischen Kirche.

 

VL: Wo sind Sie geboren?

 

BW2: In Teheran.

 

VL: Wo haben Sie im Laufe Ihres Lebens gelebt? Geben Sie das bitte möglichst genau an.

 

BW2: Immer in Teheran.

 

VL: Welche schulische oder sonstige Ausbildung haben Sie erhalten?

 

BW2: Ich habe 6 Jahre die Grundschule besucht, dann keine weitere Schulausbildung.

 

VL: Waren Sie im Iran selbst berufstätig?

 

BW2: Ich war Hausfrau. Zum Schluss habe ich schon gearbeitet, als Hauspflegerin.

 

VL: Haben Sie sich im Iran politisch betätigt?

 

BW2: Nein.

 

VL: Waren Sie irgendwann einmal Mitglied einer politischen Partei?

 

BW2: Nein.

 

VL: Wurden Sie im Iran wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und Religion diskriminiert?

 

BW2: Ja, natürlich.

 

VL: Können Sie das näher ausführen?

 

BW2: Z.B. bei den Problemen meines Sohnes.

 

VL: Können Sie über die Probleme Ihres Sohnes Näheres ausführen?

 

BW2: Mein Sohn hatte Probleme mit den Revolutionswächtern und zwar mit jenen in Teheran. Mein Mann wurde auch immer wieder dort hin gebracht.

 

VL: Worin hatten die Probleme Ihres Sohnes die Ursache?

 

BW2: Eines Tages holte er seine Schwester und seinen Schwager ab. Dieser Mann der Probleme mit meinen Kindern hatte, war Sicherheitsbeamter. Dieser Mann hat meine Tochter bedroht. Er wollte sie heiraten. Er hat ihr versprochen, sie glücklich zu machen. Er war eigentlich Angehöriger der Etelaat. Meine Tochter arbeitet bei einer verstaatlichten Firma. Dieser Etelaat-Beamte arbeitet auch dort. In verstaatlichten Unternehmen gibt es immer einen Etelaat. Er hat meine Tochter ständig belästigt und sie zur Heirat aufgefordert. Meine Tochter hat immer abgelehnt. Meine Tochter sagte immer, ich bin Christin und bin verheiratet und ich werde meinen Mann und meine Religion nicht verraten.

 

Über Befragen des BWV:

 

BWV: Wollte dieser Mann Ihre Tochter wirklich heiraten oder wollte er nur eine sexuelle Beziehung?

 

BW2: Da weiß ich nicht, ich habe sie auch nie genau gefragt. Ich weiß, dass meine Tochter unter Druck war und dass sie das sehr betroffen gemacht hat. Anfangs hat sie ihrem Mann nicht davon erzählt, sie hat sehr darunter gelitten.

 

Vorhalt: Nach einem GA des Deutschen Orient Institutes interessieren sich fundamentalistische Moslems nicht für verheiratete christliche Frauen, dies wird vor allem mit dem hohen Wert der Jungfräulichkeit der Frau begründet.

 

BW2: Dieser Mann hat sich in meine Tochter verliebt und hat sie nicht in Ruhe gelassen. Sie wissen ja, im Iran werden christliche Frauen dazu gezwungen zum Islam überzutreten, indem sie einen Moslem heiraten.

 

VL: Was hatte Ihr Sohn mit diesen Probleme Ihrer Tochter zu tun?

 

BW2: An diesem Tag gab es eine Auseinandersetzung zwischen meiner Tochter und dem Mann, meine Tochter hat ihn wieder abgelehnt. Er hat meine Tochter bedroht und gesagt, dass er sie selbst und ihre Familie derart belästigen wird, bis sie freiwillig zu ihm kommt. Mein Sohn und mein Schwiegersohn wollten meine Tochter von der Arbeit abholen, damit sie gemeinsam zu jemand auf Besuch gehen. Der Beamte hat meinen Sohn gestoßen. Es kam zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Der Beamte war in Begleitung von zwei weiteren Männern, sie waren zu dritt, meine Kinder waren zu zweit, meine Tochter war nicht in die Handgreiflichkeiten involviert. Am Abend haben wir vom Komitee einen Anruf erhalten, dass wir unsere Kinder dort abholen sollten. Das war eigentlich die Monkerat-Stelle. Mein Mann und ich gingen dort hin. Ich durfte nicht hinein, da keine Beamtinnen dort waren, um mich zu durchsuchen. Ich habe 20 bis 30 Minuten dort gewartet, bis mein Mann mit den Kindern zurückkehrt. Mein Sohn hatte eine Bandage über sein Auge und sein Hemd war blutverschmiert. Ich fragte was passiert ist. Wir gingen zuerst nach Hause und danach ins Krankenhaus, um seine Verletzungen zu behandeln. Er wurde oberhalb des Auges genäht und er hat einen Zahn verloren. Das war für mich als Mutter sehr hart.

 

VL: Was haben Ihr Sohn, Ihre Tochter und Schwiegersohn nach dem Vorfall gemacht?

 

BW2: 15 Tage später erhielten wir einen Brief vom Gericht, es war eine Ladung für zwei Monate später. Angeblich dürfte mein Sohn bei den Handgreiflichkeiten den Beamten im Gesicht verletzt haben. Der Beamte, der meine Tochter belästigte, trug eine Bandage im Gesicht.

Meine Kinder sagten: Wir haben keine Chance bei Gericht, weil wir es mit Beamten zu tun haben, wir würden hingerichtet werden. Sie meinten, dass sie als Christen keine Chance den Etelaat-Beamten hätten, deshalb mussten sie ins Ausland flüchten. Sie kennen ja die Lage im Iran.

 

VL: Hatten Sie selbst nach der Flucht Ihrer Kinder ins Ausland Probleme mit Behrödenorganen?

 

BW2: Nachdem die Kinder ins Ausland gingen, haben wir eine Zeit lang nichts von ihnen gehört. Wir wussten nicht einmal, ob sie noch am Leben sind. Es kam der Tag der Gerichtsverhandlung, unsere Kinder waren ja nicht da, am darauf folgenden Tag kamen sie zu uns nach Hause, es waren die gleichen 3 Männer, sie kamen ins Haus und durchsuchten das Haus. Sie haben meinen Mann hin und her gestoßen und uns beleidigt und beschimpft. Ich sagte ihnen, dass ich nicht einmal weiß, ob meine Kinder noch am Leben sind. Meinen Mann wurden Handschellen angelegt und er wurde mitgenommen. Er wurde bis am Nachmittag dort angehalten, als er zurück kam ging es ihm sehr schlecht, er musste ins Krankenhaus. Danach konnte er nicht mehr in die Arbeit gehen, er litt an Depressionen. Später erfuhren wir, dass unsere Kinder gut in Indien angekommen sind. Meine Kinder habe nicht direkt mit uns Kontakt aufgenommen, da sie Angst hatten, dass unsere Telefone abgehört werden, sie haben mit unserem Nachbarn telefoniert. Zu dieser Nachbarin habe ich eine sehr gute Beziehung, sie ist fast eine Schwester für mich.

 

VL: Wann war der Vorfall, wo Beamte des Etelaat das erste Mal zu Ihnen in die Wohnung gekommen sind?

 

BW2: Das muss im Jahr 1377 (=1998/99) gewesen sein. Aber so genau weiß ich das nicht mehr.

 

VL: Wurde Ihr Mann dann noch weitere Male angehalten und nach dem Aufenthaltsort seiner Kinder befragt?

 

BW2: Ja, ein paar Monate später immer wieder. Immer wieder wurden ihm Handschellen angelegt und von zu Hause mitgenommen. Er wurde geschlagen, beschimpft und beleidigt, er hat sehr darunter gelitten, er war ja schon ein alter Mann.

 

VL: Wann wurde er vor der Ausreise das letzte Mal angehalten und befragt?

 

BW2: So ein oder zwei Monate bevor wir das Land verlasen, ich weiß es nicht mehr genau, es ging mir damals so schlecht. Er wurde in der Früh von zu Hause mit Schlägen mitgenommen. Bis am Abend wurde er angehalten. Es ist ihm dort so schlecht gegangen, dass die Beamten anscheinend Angst bekommen haben und ihn wieder freigelassen haben.

 

VL: Wurde Ihr Mann auch bedroht?

 

BW2: Ja, beim letzen Mal schon wieder. Wir haben alle diese Beleidigungen und Bedrohungen ausgehalten, aber zum Schluss wurde uns vorgeworfen, mit einem Brief als Beweisstück, dass wir mit einer Partei gegen die Regierung arbeiten würden. Man sagte meinem Mann das sei das letzte Mal, dass er mitgenommen wird, er wird sterben.

Als er das letzte Mal nach Hause kam, sagte er mir: Ich kann das nicht mehr aushalten, das war schon das letzte Mal. Ich werde im Iran nicht am Leben bleiben, bringe mich hier heraus.

 

VL: Eine Zusammenarbeit mit welcher Partei wurde Ihnen vorgeworfen?

 

BW2: Wir waren mit keiner Partei zusammen. Wie heißt diese Partei? Vielleicht Tudeh oder Mujaheddin. Es ist ja unmöglich, dass ein Armenier Mujaheddin-Angehöriger ist. Die Beamten sagen zu meinem Mann, dass sie ihn töten werden und dass sie unseren Sohn vor seinen Augen töten werden.

 

VL: Wurden Sie selbst auch verhaftet, geschlagen oder bedroht?

 

BW2: Ich bin Christin, ich will nicht lügen, ich wurde nicht körperlich angerührt. Beschimpft und beleidigt wurde ich schon. Ich wurde ordinär beschimpft, und man hat sogar meine Eltern beleidigt.

 

VL: Wann und wie sind Sie ausgereist?

 

BW2: Das weiß nicht mehr so genau. Es war ungefähr im Monat Sharivar, Mehr, Aban (September bis November), es war eher im Monat Mehr oder Aban.

 

VL: Sind Sie legal unter Verwendung Ihres unveränderten Reisepasses ausgereist?

 

BW2: Ja.

 

VL: Haben Sie trotzdem einen Schlepper gehabt?

 

BW2: Ja.

 

VL: Wozu brauchten Sie einen Schlepper, wo Sie mit Ihrem eigenen und unverfälschten Reisepass ausgereist sind?

 

BW2: Wie hätten wir sonst das Land verlassen sollen? Wir hätten in Visum gebraucht, wir mussten die Flucht ergreifen, wir hatten nicht genug Zeit ein Visum zu beantragen.

 

VL: Haben Sie noch Familienangehörige im Iran?

 

BW2: Ja, mein Bruder, es geht ihm nicht gut, er leidet an Krebs.

 

VL: Haben Sie noch Kontakt mit Ihren Familienangehörigen?

 

BW2: Wenig. Es ist teuer zu telefonieren.

 

VL: Haben Sie von Ihren Familienangehörigen, irgendetwas Ihre Person betreffend gehört?

 

BW2: Ja. Nachdem wir das Land verlassen haben, wurde unser Nachbar zwei Jahre lang belästigt.

 

VL: Wo leben Ihre Kinder jetzt?

 

BW2: Mein Sohn in Amerika, meine Tochter in Norwegen und eine Tochter hier in Österreich.

 

VL: Wissen Sie noch wie lange Ihre Tochter schon in Österreich lebt?

 

BW2: 12 oder 13 Jahre.

 

VL: Wissen Sie welchen Aufenthaltstitel Ihre Tochter hat?

 

BW2: Ich weiß es nicht. Sie hat einen Pass, aber ich weiß nicht welchen.

 

VL: Leiden Sie unter aktuellen gesundheitlichen Problemen?

 

BW2: Ja, ich bin nervlich angeschlagen. Meinem Mann geht es sehr schlecht. Manchmal habe ich das Gefühl er stirbt.

 

VL: Leben Sie mit Ihrer Tochter in einem Haushalt?

 

BW2: Nein. Das geht nicht.

 

VL: Sind Sie auf die Hilfe Ihrer Tochter angewiesen oder umgekehrt?

 

BW2: Wir werden von der Caritas unterstützt. Es wird uns hier geholfen.

 

VL: Wie oft sehen Sie im Durchschnitt Ihre Tochter?

 

BW2: Ja, nachdem einmal wöchentlich oder einmal in zwei Wochen, sie besucht uns regelmäßig, je nachdem wie es ihrem Vater geht.

 

VL: Was würde mit Ihnen geschehen, wenn Sie in den Iran zurückkehren würden?

 

BW2: Es ist ganz klar, sie würden uns sogar in der Hölle finden und töten. Wir können nicht in den Iran zurückkehren, sie würden uns töten.

 

VL: Gibt es noch etwas was Ihnen für die Begründung Ihres Asylantrages wichtig erscheint und Sie noch nicht gesagt haben?

 

BW2: Nein. Ich bin gerne bereit ihre Fragen zu beantworten, aber ich denke sehr ungern an die Sache zurück.

 

BW2 zeigt sich große Teile der Einvernahme emotional stark berührt.

 

Über Befragen des BWV:

 

BWV: Ist Ihnen bekannt, ob Ihre Tochter, Ihr Schwiegersohn, oder Ihr Sohn in Norwegen bzw. den USA exilpolitisch tätig sind?

 

BW2: Bei meinem Sohn weiß ich 100%ig, dass er nicht politisch tätig ist, bei meiner Tochter kann es schon sein. Ich habe Dinge gehört, aber ich weiß es nicht sicher.

 

BWV: Können Sie sich erklären, warum die Behörden 4 Jahre nach der Ausreise noch Interesse an Ihren Kinder haben. Ihr Mann hat einen Brief Ihres Sohnes erwähnt.

 

BW2: Es ist möglich, dass meine Tochter im Ausland exilpolitisch tätig ist, ich habe so etwas gehört. Es kann sein, dass sei im Iran so verletzt war, dass sei jetzt im Ausland etwas gegen die Regierung unternehmen will. Bei meinem Sohn weiß ich es nicht, ich kann es mir auch nicht vorstellen.

 

Anschließend wurde der Gatte der Berufungswerberin befragt, sowie die Tochter der Berufungswerberin A. G. als Zeugin wie folgt:

 

VL: Wie lange sind Sie schon in Österreich?

 

Z: Seit 1996, fast 12 bis 13 Jahren.

 

VL: Aus welchen Gründen sind Sie damals aus dem Iran ausgereist.

 

Z: Ich hatte damals ein Problem, deswegen habe ich das Land verlassen.

 

VL: Hatte dieses Problem irgendwelche Auswirkungen auf Ihre Eltern?

 

Z: Nicht direkt.

 

VL: Haben Sie sich im Iran politisch betätigt?

 

Z: Nein.

 

VL: Haben Sie in Österreich einen Asylantrag gestellt?

 

Z: Ja.

 

VL: Wie ist das Asylverfahren ausgegangen?

 

Z: Ich habe Asyl bekommen.

 

VL: Haben Sie in der Zwischenzeit geheiratet?

 

Z: Ich bin mit meinem Mann hier her gekommen. Ich habe schon im Iran geheiratet. Wir haben zwei gemeinsame Kinder K. E., 1998 geb. und K. E., 2001 geb.

 

VL: Seit wann sind Sie österreichische Staatsbürgerin?

 

Z: Wenn ich mich nicht irre 2004.

 

VL: Ist es richtig, dass Ihre Eltern nicht bei Ihnen wohnen?

 

BW: Das ist richtig.

 

VL: Wie oft sehen Sie Ihre Eltern?

 

Z: Ein mal in der Woche oder einmal in zwei Wochen.

 

VL: Ist Ihr Vater oder Mutter auf Ihre Hilfe angewiesen?

 

Z: Nein, ich bin nicht berufstätig, und nicht in der Lage meine Eltern zu unterstützen.

 

VL: Betätigen Sie oder Ihr Mann sich irgendwie exilpolitisch?

 

Z: Nein.

 

Über Befragen durch den BWV:

 

BWV: Wissen Sie etwas über die Fluchtgründe Ihrer Eltern?

 

Z: Soweit ich weiß besteht ein Zusammenhang mit den Schwierigkeiten meines Bruders und Schwester. Dann hatte mein Vater schwerwiegende Probleme, er wurde belästigt. Es waren Vorwürfe und Bedrohungen, er litt sehr darunter und wurde krank. Das letzte Mal, als er von den Beamten mitgenommen wurde, wurde ihm vorgeworfen, sich politisch gegen die Regierung zu betätigen. Er wurde mit dem Tod bedroht. Aus dem Grund sahen sich meine Eltern gezwungen das Land zu verlassen.

 

BWV: Haben Sie Ihre Schwester in Norwegen besucht. Ist Ihnen irgendetwas darüber bekannt, dass sich Ihre Schwester in Norwegen exilpolitisch betätigt?

 

Z: Sie hat uns besucht und ich habe sie auch besucht. Ich habe Dinge gehört und habe schon das Gefühl, dass sie exilpolitisch was unternimmt, so genau weiß ich es nicht.

 

BWV: Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Schwester Ihre exilpolitisch Tätigkeit vor Ihnen verheimlicht.

 

Z: Es ist möglich, so ein Gefühl habe ich.

 

Am Schluss der Verhandlung hielt der Verhandlungsleiter gemäß § 45 Abs. 3 AVG den Parteien des Verfahrens folgende Dokumente vor und räumte eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von drei Wochen ein.

 

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 18.03.2008

 

GA des Deutschen Orientinstitutes für den UBAS vom 27.01.2003

 

Themenpapier der schweizerischen Flüchtlingshilfe, Christen und Christinnen im Iran, vom 18.10.2005

 

Anfragebeantwortung von ACCORD für das BAA vom 21.02.2007 zur Lage der armenischen Christen.

 

Feststellungen des BAA zur Lage der Armenier im Iran vom 18.04.2007

 

Feststellungen des BAA zum Iran, Justiz, Sicherheitsbehörden und Menschenrechte vom 30.08.2007

 

Von der Möglichkeit zu Abgabe einer Stellungnahme machte nur die Berufungswerberin Gebrauch. Der von Herrn B. erwähnte Fall sei nur bedingt auf den gegenständlichen Fall übertragbar. Im gegenständlichen Fall gehe es nämlich nicht darum, dass der genannte Sicherheitsbeamte die Tochter der Berufungswerber habe heiraten wollen, er habe die junge Frau viel mehr zu einer sexuellen Beziehung gedrängt, der sie nicht zustimmen habe wollen. Auf Grund der orientalischen Mentalität habe man seitens der Familie, um die Ehre der Familie zu schützen, stets davon gesprochen, dass er sie zur Heirat habe zwingen wollen. Es sei jedoch im vorliegenden Fall nur ein persönliches Interesse eines einfachen Sicherheitsbeamten vorgelegen, der keinerlei höhere islamische Werte für sich in Anspruch genommen habe, weder die Jungfräulichkeit noch die Konvertierung eines Ungläubigen zum Islam. Wenn auch in der Familie nicht offen darüber gesprochen werde, so wüssten die Mutter und die Tochter um die politischen Aktivitäten ihrer Tochter bzw. Schwester gegen die iranische Regierung, die sie jedoch geheim halten. Der Grund dafür sei, dass die Familie über einen langen Zeitraum, in aggressiver Weise von iranischen Sicherheitsbeamten malträtiert worden sei. Es werde ersucht, diese Umstände bei der Asylgewährung mit einzubeziehen.

 

Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Richter wie folgt festgestellt und erwogen:

 

Zur Person der Berufungswerberin wird Folgendes festgestellt:

 

Die Berufungswerberin wurde 1950 in Teheran geboren. Sie ist iranische Staatsangehörige, gehört der armenischen Volksgruppe und der armenisch apostolischen Kirche an. Nach sechs Jahren Grundschule erhielt sie keine weitere Ausbildung. Sie war Hausfrau, arbeitete später jedoch auch als Hauspflegerin. Sie war im Iran nicht politisch tätig und wurde auch auf Grund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit/Religion nicht diskriminiert. Ihre Tochter H., die damals schon verheiratet war und als Beamtin arbeitete, wurde von einem Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes zum Eingehen einer "Ehe" gedrängt, wobei anscheinend nur eine sexuelle Beziehung gemeint war. Als diese ablehnte, kam es schließlich zu Handgreiflichkeiten an denen auch der Sohn der Berufungswerberin H. beteiligt war und wurden daraufhin der Sohn und die Tochter zur Monkerat gebracht. Der Gatte der Berufungswerberin wurde wegen der Suche nach seinen Kindern des Öfteren verhaftet und nach dem Verbleib der Tochter und des Sohnes befragt, wobei er auch misshandelt und bedroht und ihm eine Zusammenarbeit mit den Volks-Mujaheddin unterstellt wurde, obwohl der Berufungswerber damals schon Pensionist war. Zu Übergriffen gegenüber der Berufungswerberin kam es (noch) nicht, doch war diese Beleidigungen ausgesetzt. Sie flohen daraufhin gemeinsam mit dem Schwiegersohn nach Indien, wo sie als Flüchtlinge anerkannt wurden. Der Sohn und die Tochter wurden daraufhin gerichtlich gesucht. Der Berufungswerber verließ gemeinsam mit seiner Ehefrau K. M., mit ihren echten Reisepässen, aber ohne Visa und mit Schlepperhilfe auf dem Luftwege Teheran und gelangte über Deutschland nach Österreich. Die Tochter H. befindet sich derzeit in Norwegen und ist anscheinend exilpolitisch tätig. Die Tochter A., die schon vor zwölf bis dreizehn Jahren gemeinsam mit ihrem Mann aus dem Iran geflüchtet ist, ist in der Zwischenzeit österreichische Staatsbürgerin, der Sohn H. lebt in den USA.

 

Zur Lage der Armenier im Iran wird Folgendes festgestellt:

 

Vor der islamischen Revolution von 1979 schätzte man die Zahl der Armenierinnen im Iran auf etwa 300.000 Personen. Mittlerweile spricht man, auf Grund der Abwanderung unmittelbar nach der Revolution, noch von 150.000 bis 200.000 Personen.

 

Hauptsiedlungsgebiete der Armenier sind insbesondere die Vorstädte Teherans, wo über 40.000 armenische Christinnen leben. Auch in Isfahan sowie in der Nähe von Tabriz finden sich armenische Gemeinden. In diesen Städten befinden sich die drei im Iran existierenden armenisch-apostolischen Erzdiözesen. Vereinzelte Ansammlungen von armenischen Christen gibt es historisch bedingt auch in anderen iranischen Städten und in der Gegend zwischen Arak und Hamadan.

 

90 Prozent der Christen im Iran gehören zur armenisch-orthodoxen Kirche (auch armenisch-apostolische oder gregorianische Kirche genannt). Ihre Geschichte lässt sich bis ins 4. Jahrhundert u.Z. zurückverfolgen. Ferner existieren kleinere Abspaltungen wie die armenisch-katholische Kirche mit etwa 2000 bis 3000 Mitgliedern, welche die päpstliche Suprematie anerkennen, und die armenisch-evangelische Kirche, die im 19. Jahrhundert auf Grund von Missionierungsaktivitäten amerikanischer Christen entstand.

 

Über die Zahl der Mitglieder bestehen heute keine aktuellen Angaben. Sie ist unter anderem Anlaufstelle für die Englisch sprechende Auslandsgemeinde im Iran, da sie enge Bande zur internationalen evangelisch-protestantischen Kirchengemeinde unterhält. Dadurch zählt sie nicht zu den alten iranischen Traditionskirchen. Abgesehen von der auf ausländische Gläubige ausgerichteten armenisch-evangelischen Kirche, haben alle armenischen Kirchengemeinden bis auf wenige Ausnahmen (Eheschließungen, sehr seltene Übertritte aus anderen traditionellen Kirchen) ausschließlich Armenierinnen als Angehörige und nehmen kein Bekehrungen, respektive Missionierungen vor.

 

(SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe/Swiss Refugee Council: Christen und Christinnen im Iran, 18. Oktober 2005)

 

Die Armenisch-Gregorianische Kirche, die Armenisch-Katholische Kirchen, die Römisch-Katholische Kirche und die Assyrische Kirche ("die Heilige Apostolische Assyrische Kirche des Ostens") nehmen niemals Konvertiten auf.

 

(UK Home Office, Operational Guidance Note Iran, Immigration and Nationality Directorate Issued 27 February 2007)

 

Die Rechte und die Lage religiöser Minderheiten im Iran unter besonderer Berücksichtigung der Armenier

 

Die Regierung scheint tolerant gegenüber Gruppen wie den armenischen Christen, weil sie ihre Messen in Armenisch abhalten und daher nicht missionieren.

 

(UK Home Office, Operational Guidance Note Iran, Immigration and Nationality Directorate Issud 27 February 2007)

 

In Gesetz und Praxis dürfen religiöse Minderheiten nicht in ein repräsentatives Organ gewählt warden oder eine höhere Position in Regierung oder Militär einnehmen. Eine Ausnahme stellt die Reservierung von fünf Sitzen in der Majlls (von insgesamt 270 Sitzen) für religiöse Minderheiten dar. Drei dieser Sitze sind für Mitglieder des christlichen Glaubens reserviert; 2 Sitze für die armenischen Christen des Landes und ein Sitz für die Assyrer und Chaldäer.

 

Die Mitglieder religiöser Minderheiten dürfen wählen. Alle religiösen Minderheiten - inklusive sunnitische Moslems - waren davon ausgeschlossen zum Präsidenten gewählt zu werden.

 

In kleinem Ausmaß wurden Schikanen gegen armenische Christen berichtet - inklusive die Platzierung von schiitischen Aschura-Stätten nahe der Kirche und Schulen.

 

(USDOS - US Department of State: International Religious Freedom Report - Iran, 15. September 2006)

 

Die traditionell in Iran vertretenen armenischen Christen und Zoroastrier (rund 1 % der Bevölkerung) sind in die Gesellschaft integriert und keinen auf die Gruppe gerichteten staatlichen Repressionen ausgesetzt.

 

(AA - Auswärtiges Amt Berlin, Iran. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik (Stand; August 2006), VS - Nur für den Dienstgebrauch, 21. September 2006)

 

Berichte über systematische Verfolgungen von armenischen Christinnen im Iran wegen ihres Glaubens sind nicht bekannt. Die Armenierinnen sind hingegen, wie alle anderen nichtmuslimischen Gemeinschaften gesetzlichen Diskriminierungen unterworfen und haben deshalb mit Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche, insbesondere in der Verwaltung, zu kämpfen. Sollten sie eine Anstellung in der Verwaltung erhalten, ist die Entlöhnung zumeist tiefer als bei muslimischen Iranerinnen. Vielfach haben armenische Christinnen deshalb eine selbständige Tätigkeit im Dienstleistungsbereich ergriffen. Eine weitere Klage armenischer Christinnen, die auch eigene Schulen betreiben, betrifft den Umstand, dass ihre Schulen oft von muslimischen Rektoren, welche von den iranischen Behörden eingesetzt werden, geleitet werden. Über Einflüsse auf die Lehrpläne gibt es hingegen keine Bericht.

 

Die Armenier leben auch im gesellschaftlichen Leben von der moslemischen Mehrheit des Iran getrennt. Die Armenier sind keiner auf ihre Gruppe gerichteten staatlichen Repressionen ausgesetzt.

 

Weiters wird verfahrensbezogen Folgendes festgestellt:

 

Der Iran ist kein Rechtsstaat. Das bedeutet, es besteht eine sehr große Rechtsunsicherheit und eine große Abhängigkeit von der Willkür der Behörden. Es gibt eine hohe Dunkelziffer an behördlichen Menschenrechtsverletzungen.

 

Beweis wurde erhoben durch Einvernahme der Asylwerberin durch das Bundesasylamt am 06.04.2004, sowie durch Befragung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung des UBAS vom 27.05.2008, im Zuge derer auch die Tochter der Berufungswerber A. G. als Zeugin einvernommen wurde, sowie durch Vorhalt der oben näher bezeichneten länderkundlichen Dokumente und durch Vorlage von Dokumenten durch die Berufungswerberin, insbesondere ihre Eheurkunde und von Flüchtlingsanerkennungsbescheiden der Familienangehörigen der Berufungswerber durch UNHCR.

 

Die Beweise werden wie folgt gewürdigt:

 

Die ergänzenden länderkundlichen Feststellungen sind insbesondere einer Zusammenstellung des Bundesasylamtes (Staatendokumentation) zu den Armeniern im Iran entnommen, welche auf aktuellen internationalen Quellen, die in diesen Feststellungen auch genannt wurden, beruhen. Zu den im Zuge des Parteiengehörs übermittelten Dokumenten wurde von Seiten des Bundesasylamtes keine Stellungnahme abgegeben, die Berufungswerberseite bezog sich in ihrer Stellungnahme auf ein Gutachten des deutschen Orientinstitutes (Autor Uwe Brocks), das jedoch für die obigen ergänzenden Sachverhaltsfeststellungen nicht herangezogen wurde und auf das in der Folge unter dem Punkt "rechtliche Beurteilung" noch einzugehen sein wird.

 

Die Aussagen der Berufungswerberin werden wie folgt gewürdigt:

 

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtssprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit der Behauptungen, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH vom 26.11.2003, ZI 2003/20/0389). Die Angaben der Berufungswerberin zwischen erster und zweiter Instanz sind weitgehend konsistent. Die Angaben der Berufungswerberin erscheinen durchaus glaubwürdig und sind auch eine relative Übereinstimmung zu den Aussagen des Gatten und teilweise auch der als Zeugin vernommenen Tochter A. feststellbar. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch der Umstand, dass bereits das Bundesasylamt von einer (weitgehenden) Glaubwürdigkeit der Aussagen der Berufungswerberin ausgegangen ist. Die Darstellungen der Berufungswerberin, insbesondere hinsichtlich der - auch von Misshandlungen begleiteten - Verhören von Familienangehörigen bei der Suche nach abwesenden bzw. geflüchteten Personen entspricht durchaus den Länderberichten (auch jenen, die vom Bundesasylamt herangezogen wurden), mag es auch nicht zu einer förmlichen Sippenhaftung gekommen sein. Auch die Aussagen der unter Wahrheitspflicht als Zeugin vernommenen Tochter A. erscheinen durchaus glaubwürdig und konnte sie gewisse Hinweise auf eine exilpolitische Tätigkeit ihrer Schwester liefern. Die Berufungsbehörde geht daher - wie schon das Bundesasylamt - von den Aussagen des Berufungswerbers aus.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 75 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Gemäß § 75 Abs 7 Z 1 AsylG 2005 sind Verfahren, welche am 01.07.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig und einem Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenats zugeteilt waren, welches als Richter des Asylgerichtshofes ernannt wurde, von diesem als Einzelrichter weiterzuführen, soweit eine mündliche Verhandlung bereits stattgefunden hat.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt.

 

Da gegenständlicher Asylantrag am 18.11.2003 gestellt wurde, war er nach der Rechtslage des AsylG 1997 idF 126/2002 unter Beachtung der Übergangsbestimmungen, woraus sich die gegenständliche Zuständigkeit ergibt, zu beurteilen.

 

Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling i.S.d. AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung."

 

Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende bzw. pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht, (zB VwGH vom 19.12.1995, 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998, 98/01/0262).

 

Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht es für die Annahme einer asylrechtlich relevanten Verfolgung aus, wenn dem Verfolgten eine staatsfeindliche politische Gesinnung zumindest unterstellt wird (so schon VwGH vom 11.09.1996, Zl 95/20/0217, VwGH vom 19.09.1996, ZI 95/19/0077, VwGH vom 18.07.2002, ZI 2000/20/0108, VwGH vom 26.11.2004, ZI 2002/20/0335 uvm.).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung ausgeführt, dass als Fluchtgründe unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes nur solche Maßnahmen in Betracht kommen, die einen weiteren Verbleib im Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich erscheinen lassen (VwGH vom 16.09.1992, 92/01/0544, VwGH vom 07.10.2003, 92/01/1015, 93/01/0929, u.a.).

 

Zunächst wird vorausgeschickt, dass sich weder aus den vom Bundesasylamt verwendeten noch aus den im Zuge des Berufungsverfahrens eingeführten länderspezifischen Informationen Anhaltspunkte für eine asylrelevante Verfolgung von Angehörigen der armenischen Volksgruppe und der armenisch-apostolischen Kirche im Iran ergeben (insoferne besteht Übereinstimmung mit dem Bundesasylamt).

 

Auch ist es zutreffend, dass sich die Berufungswerberin selbst in keiner Weise politisch betätigt hat. Der Tochter und dem Sohn der Berufungswerberin wurde jedoch eine solche offenbar unterstellt, mag die Ursache der seinerzeit zur Ausreise der Tochter H. und des Sohnes H. führenden Umstände ursprünglich rein privaten Charakters sein, so wurde dem Gatten der Berufungswerberin offenbar ebenfalls eine regimefeindliche politische Gesinnung unterstellt, was sich auch darin manifestiert, dass diese übereinstimmend behaupteten, dass ihm eine Zusammenarbeit mit den Volks-Mujaheddin vorgeworfen wurde (mag dies auch auf Grund seiner armenischen Abstammung auf den ersten Blick nicht sehr nahe liegend erscheinen). Es ist jedoch möglich, dass die iranischen Sicherheitskräfte die Volks-Mujaheddin einfach nur nur als Synonym für "Regimegegner" verwendeten.

 

Wenn in einem Gutachten des international renommierten länderkundlichen Sachverständigen für die Nahoststaaten U. W. davon die Rede ist, dass sich einflussreiche muslemische Männer nicht für verheiratete christliche Frauen interessierten, so mag dieser Fall - wie in der im Zuge des Parteiengehörs erstatteten Stellungnahme des Berufungswerbervertreters ausgeführt wird - nicht ganz auf das vorliegende Verfahren übertragbar sein. Im vorliegenden Fall zum Unterschied zu dem Fall, den der genannte Autor untersucht hat, geht es nicht um eine Ehe und den Bonus "der Konvertierung einer Christin zum Islam", sondern anscheinend nur um ein rein sexuelles Interesse eines untergeordneten (aber anscheinend doch nicht einflusslosen) Nachrichtendienstmitarbeiters.

 

Schließlich haben sich doch gewisse Hinweise für eine exilpolitische Tätigkeit der geflüchteten Tochter der Berufungswerberin H. in Norwegen verdichtet und würde dies eine plausible Erklärung dafür darstellen, dass der Gatte der Berufungswerberin auch noch Jahre nach der Ausreise seiner Tochter und seines Schwiegersohnes von den iranischen Sicherheitsbehörden beharrlich verfolgt wurde.

 

Die der Berufungswerberin drohende Verfolgung steht im Zusammenhang mit der Verfolgung ihres Ehemannes wegen (unterstellter) politischer Gesinnung, sowie der früheren Verfolgung ihrer Kinder und stellt über die soziale Gruppe der Familie auch für die Berufungswerberin eine Verbindung zu den in der GFK taxativ aufgezählten Verfolgungsgründen her. Auch wenn es (noch) zu keinen körperlichen Übergriffen gegenüber der Berufungswerberin gekommen ist, ist aufgrund der Länderfeststellungen und dem Vorgehen der iranischen Behörden gegen ihren Gatten mit durchaus maßgeblicher Wahrscheinlichkeit möglich, dass die Berufungswerberin bei einem weiteren Verbleib Eingriffen von hoher Intensität in ihre zu schützende Sphäre (Leben, Gesundheit, Freiheit) ausgesetzt wäre, was im Sinne der Asylentscheidung als Prognoseentscheidung im vorliegenden Fall zu berücksichtigen war.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Berufungsinstanz im Falle der Berufungswerberin, wie auch im Falle des Gatten, dem mit Erkenntnis vom 25.07.2008, D3 250.807-1/2008/6E, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde, - unter Anwendung des Grundsatzes in dubio pro fugitivo - doch letztlich vom Vorliegen aller Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl als gegeben ansieht und daher der Berufung Folge gegeben wurde.

Schlagworte
Eingriff in sexuelle Selbstbestimmung, exilpolitische Aktivität, Familienverfahren, gesundheitliche Beeinträchtigung, politische Gesinnung, Rechtsschutzstandard
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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