TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/28 E7 241235-0/2008

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Veröffentlicht am 28.07.2008
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Spruch

GZ: E7 241.235-0/2008-10E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. NIKOLAS BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde des Z. B., geb. 1979, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.08.2003, 02 33.882 BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.04.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7 und 8 AsylG 1997 idF BGBl. 126/2002 als unbegründet abgewiesen.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch: BF) stellte, nach erfolgter legaler Einreise in das Bundesgebiet am 18.11.2002 via den Flughafen Wien-Schwechat, am 25.11.2002 an der Außenstelle Innsbruck des Bundesasylamtes einen Asylantrag gemäß § 3 AsylG.

 

Als Identitätsnachweis legte er im Zuge dessen einen türkischen Reisepass, ausgestellt 2001 von der zuständigen Behörde in Istanbul, in welchem sich neben dem Einreisestempel mit o. g. Datum ein Visum der ÖB Ankara, gültig von 00.00. bis 00.00.2002, befand, einen türkischen Personalausweis, ausgestellt 2001 von der zuständigen Behörde, sowie einen türkischen Führerschein, ausgestellt 1999 vom Verkehrsamt in Z., Provinz Sivas, vor.

 

2. Am 13.08.2003 fand an der Außenstelle Innsbruck des Bundesasylamtes eine niederschriftliche Einvernahme des BF statt.

 

Er brachte im Zuge dessen auf Befragen in türkischer Sprache vor, er sei in Z., Türkei, geboren, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, Moslem, und ledig. Sein Vater Z. G. sei 1987 verstorben, seine Mutter Z. würde ebenso wie die Geschwister in der Türkei leben. Sein Bruder lebe in England.

 

Der BF selbst wohne dzt. bei seinem Bruder, Österreich. Zuletzt vor der Ausreise aus der Türkei am 18.11.2002 habe er in Istanbul, gewohnt.

 

Im Ort P. habe er zwischen 1986 und 1991 die Grundschule besucht. Seinen Militärdienst habe er zwischen 1998 und 2000 als einfacher Soldat absolviert.

 

Auf weiteres Befragen gab er an, er sei legal von Istanbul aus auf dem Luftweg nach Österreich eingereist, dies ohne Probleme bei der Personenkontrolle anlässlich der Ausreise und unter Verwendung der o. g. Dokumente. Seinen Reisepass habe er selbst beim Passamt in Istanbul erhalten, das Einreisevisum habe ihm allerdings ein Schlepper besorgt.

 

Auf Befragen, warum er den Herkunftsstaat verlassen habe, verwies der BW eingangs auf einen Vorfall 1995, als er Zeuge eines Anschlags auf ein Cafe in Istanbul wurde, beim welchem auch Freunde von ihm getötet wurden. Seit dieser Zeit habe er Angst gehabt und sich in seiner Heimat nicht mehr wohl gefühlt.

 

Darüber hinaus sei er 2002 bei einer Personenkontrolle in seinem Wohnviertel in Istanbul von einem Polizisten zusammengeschlagen worden. Des Weiteren sei er später (ohne Datumsangabe) in eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen kurdischen und türkischen Jugendlichen geraten und dabei am Oberarm verletzt worden. Beide Vorfälle habe er aber nicht zur Anzeige gebracht. Danach habe er seine Ausreise vorbereitet.

 

Im Übrigen habe es keine weiteren Vorfälle oder Probleme mehr gegeben.

 

Auf Befragen gab der BF weiter an, er sei weder vorbestraft noch einem Verfahren unterworfen worden. Er sei auch weder politisch aktiv noch Mitglied einer Partei gewesen. Wegen seiner kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit habe er nur Probleme mit seinen Arbeitgebern gehabt. Bei einer Rückkehr befürchte er ähnliche Probleme zu haben wie zuvor.

 

3. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Asylantrag unter Hinweis auf § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in die Türkei gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II).

 

Begründend wurden - im Gefolge der Wiedergabe der erstinstanzlichen Einvernahme sowie von länderkundlichen Feststellungen - von der erstinstanzlichen Behörde die Angaben des BF zu seiner Identität, Nationalität und Volksgruppenzugehörigkeit der Entscheidung zugrunde gelegt. Diese wurden als nachvollziehbar und glaubwürdig erachtet.

 

Mit seinem übrigen Vorbringen zu seinen Ausreisegründen, nämlich seiner kurzfristigen polizeilichen Anhaltung, habe er eine mögliche staatliche Verfolgung nicht glaubhaft machen können, zumal er sich danach weiterhin an seinem bisherigen Wohnsitz aufgehalten habe und so ein behördlicher Zugriff auf ihn für den Fall eines fortgesetzten behördlichen Interesse an ihm leicht möglich gewesen wäre. Auch sei seinen Angaben nach nie ein Verfahren gegen ihn geführt oder eine Strafe verhängt worden. Zuletzt sei ihm auch die legale Ausreise aus der Türkei unter Verwendung seines Reisepasses und angesichts strenger Personenkontrollen möglich gewesen. Im Lichte dessen sowie der aktenkundigen Visadaten sei vielmehr offenkundig, dass der BF seinen Asylantrag nur zur Vermeidung einer Außerlandesschaffung nach Ablauf seines Visums gestellt habe.

 

Darüber hinaus stellte die einmalige Misshandlung des BF eine bloße isolierte Einzelhandlung eines staatlichen Organs und damit eine strafbare Handlung dar, aus der eine systematische staatliche Verfolgung des BF im gesamten Staatsgebiet weder abzuleiten sei noch vom BF selbst vorgebracht wurde.

 

Eine sogen. Gruppenverfolgung von Kurden sei in der Türkei im Lichte der länderkundlichen Feststellungen der belangten Behörde sowie der aktuellen Judikatur ebenso nicht gegeben.

 

In der Gesamtsicht dessen sei daher nicht glaubhaft, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung drohe und sei daher der Asylantrag abzuweisen.

 

Im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in die Türkei stellte die Behörde fest, dass in der Türkei keine allgemeine Gefahrenlage vorherrsche, durch die praktisch jeder der Gefahr iSd § 57 FrG ausgesetzt wäre. Es lägen daher keine Gründe für die Annahme vor, dass der BF im Falle der Abschiebung einer solchen Gefahr unterworfen wäre. Die Abschiebung sei daher gem. § 8 AsylG zulässig.

 

Der erstinstanzliche Bescheid wurde dem BF mittels Hinterlegung beim Postamt zugestellt, wobei die Abholfrist und damit auch die Frist zur Berufungserhebung am 20.08.2003 zu laufen begannen.

 

4. Gegen diesen Bescheid richtete sich die fristgerecht mit 01.09.2003 per Telefax gegen beide Spruchpunkte erhobene Berufung des BF, mit der die erstinstanzliche Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit gerügt und die Abänderung des bekämpften Bescheides im Sinne der Asylgewährung, in eventu der Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung beantragt wurde.

 

Im Weiteren wiederholte der BF über diese Anfechtungserklärung hinaus lediglich in handschriftlicher Form sinngemäß seine erstinstanzlichen Ausführungen.

 

5. Das gg. Verfahren wurde mit 25.01.2006 wegen längerfristiger Erkrankung des vormals zuständigen Mitglieds des Unabhängigen Bundesasylsenats als Berufungsbehörde dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Richter des Asylgerichtshofs zugeteilt. 6. Am 12.03.2008 langte bei der Berufungsbehörde eine Vollmachtserklärung des BF zugunsten der CARITAS Flüchtlings- und Migrantenhilfe Feldkirch sowie eine Berufungsergänzung derselben ein.

 

Hinsichtlich seines bisherigen Vorbringens wurde in dieser darauf verwiesen, dass der BF als in der Türkei "vorverfolgt" anzusehen sei und bei einer Rückkehr angesichts dessen, dass er bereits vor der Ausreise in das Visier der Sicherheitskräfte geraten war, dem Risiko ausgesetzt sei in türkischem Polizeigewahrsam Opfer von Misshandlung und Folter zu werden, ohne dass allerdings für diese Behauptung, im Gewahrsam der türkischen Polizei komme es aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu Folter und Misshandlung, entsprechende Belege vorgelegt wurden. Für eine Asylgewährung reiche zudem im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur aus, dass "ihm eine staatsfeindliche politische Gesinnung zumindest unterstellt werde und die Aussicht auf ein faires Verfahren zur Entkräftung dieser Unterstellung nicht gegeben sei".

 

Im Weiteren folgten Informationen zur bisherigen familiären und sozialen Integration des BW in Österreich, wobei im Besonderen darauf verwiesen wurde, dass der BF in der Türkei außer seiner "alten kranken Mutter" über keine näheren Verwandten mehr verfüge, letztere werde daher dzt. von Mitgliedern ihrer eigenen Herkunftsfamilie betreut. Alle weiteren näheren Angehörigen des BF würden nunmehr in Österreich wohnen. Darüber hinaus stehe der BF in Lebensgemeinschaft mit einer österr. Staatsbürgerin. Beigelegt wurden als weitere Beweismittel Kopien der Reisepässe des Z. M. (vgl. oben, Bruder des BF) sowie der Z. H. (Schwägerin des BF), einer Z. S. (geb. 1990), eines Z. C. (geb. 1970), eines Z. C. (geb. 1990), einer Z. D. (geb. 1982), eines Z. A. (geb. 1950) sowie einer Z. S. (geb. 1950), offenbar in Österreich lebende Verwandte des BF.

 

7. Am 09.04.2008 wurde eine mündliche Verhandlung in der Sache des BF durchgeführt. Die belangte Behörde war entschuldigt nicht erschienen. Anwesend waren eine Vertreterin der CARITAS sowie als Vertrauensperson die Lebensgefährtin des BW.

 

Zum bisher behaupteten Sachverhalt führte der BF auf Befragen ergänzend aus, dass er im Dorf P., Provinz Sivas geboren wurde. Nach dem Ende der Schulausbildung sei er alleine zu einer Cousine nach Istanbul gezogen, seine Mutter sei später nachgezogen und hätte er dann mit ihr ab 1991 in einer Baracke in der Ortschaft G. Istanbul gewohnt. Sein Vater sei bereits 1989 verstorben. Sein älterer Bruder sei kurz danach nach Österreich gekommen. Die Mutter des BF sei dzt. auf Einladung des Bruders des BF für 3 Monate in Österreich, sie kehre dann wieder nach Istanbul an ihren sonstigen Wohnsitz nach Istanbul zurück. Dies sei auch die letzte Wohnadresse des BF vor der Ausreise gewesen, die erstinstanzlich angegebene sei die Adresse seines Bruders E. gewesen, der sich in England aufhalte, ebenso wie seine Schwester M.. Die Brüder K. und R. leben in Istanbul mit ihren Familien, ebenso wie die übrigen Geschwister ausgenommen jene, die in Österreich und England leben. Mit den Geschwistern ausgenommen den Bruder M. habe er keinen Kontakt mehr seit der Ausreise gehabt. Er habe zwar keinen Streit mit diesen gehabt, sie hätten sich aber nie um ihn gekümmert, weshalb er sie "aus seinen Gedanken gestrichen habe". Auf Befragen gab der BF an, dass er im Falle der Rückkehr in die Türkei bei seiner Mutter wohnen könnte, diese werde auch von den Brüdern des BF unterstützt. Sie sei zwar krank bzw. alt, welche Krankheit sie habe, könne er aber nicht angeben, dzt. gehe es ihr an sich gut. Seine österr. Lebensgefährtin sei berufstätig, auch er selbst sei dzt. legal beschäftigt.

 

Auf den entsprechenden Vorhalt seines erstinstanzlichen Vorbringens und der daraus folgenden Schlussfolgerung, dass er bis zur Ausreise offenbar keiner zielgerichteten individuellen staatlichen Verfolgung unterlegen war, sowie der Feststellung, dass eine solche auch alleine wegen seiner kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit aktuell nicht zu gewärtigen sei, stimmte der BF ausdrücklich zu. Auf die Frage, welche Hindernisse einer dzt. Rückkehr entgegenstünden, verwies der BF auf die allgemeine Situation in der Türkei und die "Unterdrückung von Kurden durch die türkische Polizei" sowie "Verhaftungen und Vorfälle in den Städten und in den Kurdengebieten", die in den Medien zu verfolgen seien.

 

Auf Vorhalt, dass dem bisherigen Verfahrensgang ein konkreter Grund für ein besonderes Interesse der türkischen Behörden an ihm bei einer Rückkehr nicht zu entnehmen sei, erwiderte der BF, er befürchte bei seiner Einreise befragt und dabei von der Polizei geschlagen zu werden. Auf Vorhalt, dass es den der Berufungsbehörde vorliegenden länderkundlichen Informationen nach zwar bei der Einreise zu Routinekontrollen abgeschobener Personen komme, sich aus dem persönlichen Profil des BF sowie dem bisherigen Verfahrensergebnis aber ein besonderes behördliches Interesse bzw. gravierende Probleme für den BF nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, verwies der BF auf den Fall eines ihm persönlich bekannten Asylwerbers, der vor einigen Jahren aus Belgien zurückgekehrt sei und bei der Befragung durch türkische Polizeibeamte geschlagen worden sei, wie ihm dieser telefonisch erzählt habe. Nach 2 Tagen im Polizeigewahrsam sei er freigelassen worden und nach Hause in die Provinz Sivas gereist. Dessen genaue Ausreisegründe seien ihm aber nicht bekannt.

 

Auf Befragen gab der BF auch an, er sei zwar Sympathisant der PKK, an politischen Veranstaltungen habe er sich aber nie beteiligt.

 

Er sei generell in schlechter psychischer Verfassung bzw. leide er an Schlafproblemen, Stresssymptomen wie Zähneknirschen und an gesteigerter Aggressivität seit den Vorfällen 1995 sowie seit dem Militärdienst.

 

Die Vertreterin des BF legte zuletzt ein "Gutachten der Länderanalyse der Schweizer. Flüchtlingshilfe" v. 23.02.2006 zur Frage der "Rückkehr eines ehemaligen PKK-Aktivisten, der aufgrund der politischen Tätigkeiten, Unterstützung und vermuteten Mitgliedschaft bei der PKK angeklagt, verurteilt und inhaftiert wurde", sowie einen "Hintergrundbericht des Deutschlandfunk" v. 29.02.2008 zu Thema "Türkei und ihre Militäroperationen im Nordirak" vor, welche als Beweismittel zum Akt genommen wurden. Letzterem sei zu entnehmen, dass vor dem Hintergrund der aktuellen Kämpfe zwischen türkischen Militärs und der PKK auch in der Westtürkei eine allgemeine anti-kurdische Stimmung in der Bevölkerung festzustellen sei.

 

Als aktuelle länderkundliche Informationsquelle von Amts wegen dem gg. Verfahren zugrunde gelegt und zum Akt genommen sowie wie oben dargelegt mit dem BW erörtert wurde von der erkennenden Behörde:

 

Dt. Auswärtiges Amt, Bericht zur aktuellen Lage in der Türkei vom 25.10.2007.

 

8. Einer Anzeige des LGK f. Vorarlberg 2004 zufolge wurde der BF bei einer illegalen Beschäftigung als Kellner in einem Gasthaus betreten. Mit Telefax vom 14.01.2008 wurde der Berufungsbehörde mitgeteilt, dass dem BF eine Beschäftigungsbewilligung als Abwascher von 2007 bis 2008 erteilt wurde.

 

II. Der zur Entscheidung berufene Richter des Asylgerichtshofs hat erwogen:

 

1. Folgender Sachverhalt wird festgestellt und der gg. Entscheidung zugrunde gelegt:

 

1.1. Zur Person des Berufungswerbers:

 

Die persönlichen Angaben des BF zu seiner Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und regionalen Herkunft, zu seinen familiären Verhältnissen im Herkunftsstaat sowie in Österreich sowie zu seinen übrigen verwandtschaftlichen Verhältnissen werden in der von ihm erstinstanzlich sowie insbesondere in der Berufungsverhandlung dargelegten und oben wiedergegebenen Form der gg. Entscheidung zugrunde gelegt.

 

1.2. Zu den vom BF vorgebrachten Ausreisegründen wird festgestellt:

 

1.2.1. Aus jenem erstinstanzlichen Vorbringen des BF zu seinen Ausreisegründen, welches seine zufällige Anwesenheit bei einem Anschlag auf ein Cafe in Istanbul im Jahr 1995 umfasste, ließ sich - unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Aussagen - mangels eines zeitlichen und sachlichen Konnexes zu etwaigen Verfolgungsszenarien vor der Ausreise sowie für den Fall der Rückkehr kein individuelles Bedrohungsszenario den BF betreffend ableiten.

 

Das weitere Vorbringen seiner einmaligen Misshandlung in minderschwerem Ausmaß durch einen Polizisten bei einer zufälligen Personenkontrolle sowie seiner zufälligen Involvierung in eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen kurdischen und türkischen Jugendlichen in seinem Wohnviertel in Istanbul im Jahr 2002 war zwar an sich als glaubwürdig anzusehen, jedoch war auch daraus mangels eines sachlichen Konnexes zu etwaigen Verfolgungshandlungen staatlicher Behörden vor der Ausreise sowie für den Fall der Rückkehr kein individuelles Bedrohungsszenario den BF betreffend abzuleiten.

 

1.2.2. Im Hinblick auf die bloße kurdische Volksgruppenzugehörigkeit des BF war angesichts der allgemeinen Lage der Kurden in der Türkei in Verbindung mit der Tatsache, dass auch im Herkunftsstaat des BF ein großer kurdischer Bevölkerungsanteil einschließlich mehrerer Verwandter des BF lebt, die offenkundig keiner systematischen Verfolgung ausgesetzt sind, eine asylrelevante Gefährdung des BF nicht feststellbar.

 

1.2.3. Im Lichte dieser Feststellungen war insgesamt eine begründete Furcht des BF vor Verfolgung aus den von ihm behaupteten oder aus anderweitigen Gründen im Falle einer Rückkehr in die Türkei nicht feststellbar.

 

1.3. Der BF kann sich im Falle der Rückkehr auf seine bereits vor der Ausreise sowie auch im Aufnahmeland gezeigte Selbsterhaltungsfähigkeit stützen. Darüber hinaus verfügen die verschiedenen Angehörigen des BF, nämlich seine Mutter und seine Geschwister, in seiner Heimat über offenbar hinreichende Existenzmöglichkeiten. Ihm steht, sofern erforderlich, eine zumutbare Unterkunft auch bei seinen Angehörigen zur Verfügung. Allenfalls kann er bei anfänglichen materiellen Schwierigkeiten nach der Rückkehr auf die Unterstützung seiner Verwandten sowie seiner österr. Lebensgefährtin zurückgreifen. Er hat demnach, soweit es die notwendige Existenzgrundlage für sich angeht, in diesem Fall - auch vor dem Hintergrund der allgemeinen Lage in der Türkei - in materieller Hinsicht keine aussichtlose Lage zu gewärtigen. Seine gesundheitliche Verfassung ist lediglich von minderschweren psychischen Problemen beeinträchtigt, die aktuell auch keiner ärztlichen Behandlung unterliegen (vgl. oben).

 

1.4. Zur Lage in der Türkei:

 

Im Hinblick auf die aktuelle Situation in der Türkei wird auf die aktuellen Feststellungen im oben angeführten länderkundlichen Bericht verwiesen. Im Hinblick auf das Vorbringen des BF ist dahin gehend von Bedeutung, dass es bei einem dzt. Anteil der Kurden von etwa einem Fünftel an der Gesamtbevölkerung der Türkei, d.h. etwa 14 Mio. Kurden, der sich auf die gesamte Türkei verteilt und zum größten Teil in die türkische Gesellschaft integriert ist, zu keinen systematischen und weit verbreiteten Repressionen gegen Staatsbürger kurdischer Herkunft kommt.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Als Beweismittel wurden herangezogen:

 

Das erstinstanzliche Verfahrensergebnis

 

Die persönlichen Angaben des BF vor der Berufungsbehörde

 

Die oben angeführten länderkundlichen Feststellungen anhand der oben angeführten Informationsquellen bzw. Beweismittel

 

2.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich nach Maßgabe folgender Erwägungen:

 

2.1.1. Die Feststellungen zur Situation in der Türkei bzw. in der früheren Heimat des BF stützen sich auf die Feststellungen der Erstbehörde zum Zeitraum bis 2002 und die länderkundlichen Feststellungen des Asylgerichtshofs selbst die aktuelle Lage in der Türkei betreffend. Angesichts der Seriosität dieser Quellen und der Plausibilität dieser Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Der von der Vertreterin des BF in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Hintergrundbericht des Deutschlandfunks vermochte diese Lageeinschätzung mangels hinreichend substantiierter gegenteiliger Informationen in diesem nicht zu widerlegen.

 

2.1.2. Die Feststellungen zur Identität, ethnischen und regionalen Herkunft des BF ergeben sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, ebenso die Feststellungen zu den genaueren Lebensumständen des BF vor der Ausreise und denen seiner Angehörigen und Verwandten damals wie heute.

 

2.1.3. Die Feststellungen unter 1.2. zu den vom BF behaupteten Ausreisegründen gründen sich auf das entsprechende Vorbringen des BF über die gesamte Verfahrensdauer hinweg.

 

Der Asylgerichtshof schloss sich im Lichte dessen den Erwägungen der erstinstanzlichen Behörde an, dass der BF mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft machen konnte, dass er vor dem Hintergrund der behaupteten und ihn zufällig betreffenden Ereignisse einem konkreten behördlichen Interesse an ihm bis zur Ausreise und somit einer zielgerichteten staatlichen Verfolgung unterlegen war. Derlei hat der BF auch weder erstinstanzlich in den Raum gestellt noch hat er diesbezüglich auf Befragen in der Berufungsverhandlung anderslautende Angaben gemacht. Vielmehr hat er im Rahmen dessen dargelegt, dass er bis zur Ausreise - über die erwähnte einmalige, hinsichtlich etwaiger weiterer Verfahrensschritte für ihn auch folgenlos gebliebene Personenkontrolle hinaus - grundsätzlich unbehelligt von behördlichen Aktivitäten an seinem ständigen Wohnsitz in Istanbul lebte, sich in normaler Weise am sozialen Leben, aber nie an politischen Aktivitäten oder Parteien beteiligte und schließlich unter dem Eindruck der früheren persönlichen Erlebnisse und angesichts der allgemeinen Lage die Türkei auf der Suche nach einer neuen Lebensperspektive verließ. Hierzu fügte sich die anstandslose Ausreise des BF unter Verwendung seiner Personaldokumente sowie durch die Personenkontrolle am Flughafen in Istanbul.

 

Aus diesem Sachverhalt war letztlich kein asylrelevantes aktuelles Bedrohungsszenario zum Zeitpunkt der Ausreise sowie folgerichtig auch für den Fall der dzt. Rückkehr den BF betreffend abzuleiten. Insofern ging auch das ergänzende Berufungsvorbringen der CARITAS in ihrem Schriftsatz (vgl. oben) ins Leere, da sich die darin vertretene Ansicht, der BF sei als "vorverfolgt" anzusehen und im Lichte dessen einem besonderen Risiko ausgesetzt bei der Rückkehr im Polizeigewahrsam gefoltert zu werden, schon in Ermangelung einer festzustellenden "Vorverfolgung" des BF vor der Ausreise als nicht haltbar erwies, dies noch unabhängig davon ob es aktuell im Polizeigewahrsam tatsächlich mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu asylrelevanten Übergriffen kommen könnte.

 

Auch aus der bloßen Sympathie des BF mit den Anliegen der PKK war in Ermangelung irgendeines öffentlichkeitswirksamen oder sonst behördlich bekannten Agierens des BF in diesem Sinne im Herkunftsstaat oder im Aufnahmeland ein relevantes Bedrohungsszenario nicht zu gewinnen. Das von der Vertreterin des BF diesbezüglich vorgelegte Gutachten der Schweizer. Flüchtlingshilfe, welches auf einen anderen Sachverhalt abstellte, ging sohin schon aus diesem Grund inhaltlich ins Leere.

 

2.1.4. Die Feststellungen oben zum Fehlen einer aktuellen Rückkehrgefährdung in Form einer eventuell nicht hinreichenden Lebensgrundlage oder wegen etwaiger schwerwiegender gesundheitlicher Probleme stützen sich auf das eindeutige Ermittlungsergebnis in Form der persönlichen Darstellung des BF.

 

III. Rechtlich folgt:

 

1. Gemäß § 75 (1) AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG idF BGBl I Nr. 101/2003 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Der Berufungswerber hat seinen Asylantrag am 02.10.2002 gestellt. Das gegenständliche Verfahren ist somit nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 (AsylG) zu führen.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005, diesem hinzugefügt durch Art. 2 Z. 54 Asylgerichtshofgesetz AsylGHG 2008, sind am 1.Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Gem. § 75 Abs. 7 Z. 1 haben Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofs ermannt wurden, alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in den bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen. Im gg. Fall war daher vor dem Hintergrund des oben dargestellten Verfahrensverlaufs der unten zeichnende Richter des Asylgerichtshofs als Einzelrichter zur Fortsetzung des vor dem 1. Juli 2008 begonnenen Verfahrens und zur Entscheidung über die gg. Anträge des BF berufen.

 

2. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

3. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zu Grunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011; VwGH 21.09.2000, 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).

 

Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, und ist ihm dort die Inanspruchnahme inländischen Schutzes auch zumutbar, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.3.1999, 98/01/0352; 15.3.2001, 99/20/0134; 15.3.2001, 99/20/0036). Das einer "inländischen Fluchtalternative" innewohnende Zumutbarkeitskalkül setzt voraus, dass der Asylwerber im in Frage kommenden Gebiet nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

 

3.1. Vor dem Hintergrund der oben getroffenen Feststellungen zur aktuellen Situation in der Türkei war den BF betreffend angesichts der zu seinem Vorbringen getroffenen Feststellungen (vgl. oben) aus den folgenden Gründen keine aktuelle begründete Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat feststellbar:

 

Dem BF gelang es aus den oben dargelegten Gründen nicht glaubhaft darzulegen, dass er vor der Ausreise einer asylrelevanten Verfolgung in der Türkei unterlegen war noch dass er einer solchen bei einer Rückkehr in die Türkei unterliegen würde, weshalb eine Subsumierung des Vorbringens unter die Verfolgungstatbestände der GFK nicht möglich war. Auch eine eventuell aus anderen Gründen bestehende aktuelle Verfolgungsgefahr war aus Sicht der Behörde im Lichte der aktuellen länderkundlichen Feststellungen nicht feststellbar.

 

Das Beschwerdebegehren war daher hinsichtlich Spruchpunkt I abzuweisen.

 

4. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach wäre die Verweisung des § 8 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des § 50 FPG zu beziehen.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, die Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde, oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative.

 

Da sich die Regelungsinhalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre, lässt sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen.

 

Zur Auslegung des § 57 FrG ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Berufungswerber betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

4.1. Eine mögliche Gefährdung des BF iSd des § 50 Abs. 2 FrG im Herkunftsstaat ist vor dem Hintergrund der Feststellungen oben zur Frage der Asylrelevanz des Vorbringens jedenfalls zu verneinen.

 

Ausgehend vom Vorbringen des BF sowie auch von der Lageeinschätzung des Asylgerichtshofs auf der Grundlage der eingesehenen Berichte sind darüber hinaus derart exzeptionelle Umstände, die eine Rückführung im Hinblick auf innerhalb oder außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen könnten, im Falle des BF ebenfalls nicht ersichtlich (vgl. zu Art. 3 EMRK z.B. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).

 

Hinzu kommt, dass vor dem Hintergrund der vom BF selbst dargestellten Lebensverhältnisse seiner Verwandten in der Türkei sowie der eigenen früheren Lebensumstände und Fähigkeiten auch nicht ersichtlich ist, dass er bei einer Rückführung in den Herkunftsstaat in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (wie etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden oder ausweglosen Situation ausgesetzt wäre. Auch seine dzt. gesundheitliche Situation stellt angesichts aktueller nur minderschwerer psychischer Probleme (vgl. oben) kein Rückkehrhindernis iSd Art. 3 EMRK dar. Auf die entsprechende Judikatur hierzu wird verwiesen, welche ein ungleich höheres Gesundheitsrisiko als ursächlich für eine solche Gefährdung verlangt.

 

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Annahme des Bundesasylamtes, es lägen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 57 FrG (respektive § 50 FPG) vor, als mit dem Gesetz in Einklang stehend, und geht auch der Asylgerichtshof in der Folge von der Zulässigkeit der Abschiebung des BF in die Türkei gem. § 8 AsylG aus.

 

5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
familiäre Situation, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, Sicherheitslage, soziale Verhältnisse
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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