TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/29 B12 240338-0/2008

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Veröffentlicht am 29.07.2008
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Spruch

240.338/0/27E-I/03/03

 

ERKENNTNIS

 

SPRUCH

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Rohrböck als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn B.A., geb. 00.00.1977, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.07.2003, Zl. 03 19.907-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.03.2008 zu Recht erkannt:

 

I. Der Beschwerde des Herrn B.A. gegen Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.07.2003, Zl. 03 19.907-BAI, wird stattgegeben und Herrn B.A. gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt.

 

II. Gem. § 12 AsylG wird festgestellt, dass Herrn B.A. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensgang:

 

Am 3. Juli 2003 brachte der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt einen Antrag auf Gewährung von Asyl ein. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 21. Juli 2003 gab der Beschwerdeführer Folgendes an:

 

"(...)

 

Frage: Wann haben Sie Ihre Heimat verlassen?

 

Antwort: Vor ca. 4 Monaten, im März 2003, habe ich Kabul in Richtung Teheran/Iran verlassen.

 

Frage: Welche Dokumente hatten Sie bei sich, als Sie Ihr Heimatland verlassen haben?

 

Antwort: Ich reiste ohne irgendwelche Dokumente. Ich besitze lediglich eine Geburtsurkunde, die sich derzeit bei meinem Vater in Kabul befindet. Andere Identitätsdokumente habe ich nie besessen.

 

Frage: Sind Sie legal aus dem Heimatland ausgereist oder illegal unter Umgehung der Personen- und Grenzkontrollen?

 

Antwort: Ich reiste illegal nach Österreich über die grüne Grenze.

 

Frage: Nennen Sie Ihre Reiseroute nach Österreich.

 

Antwort: Ich war drei Tage bis Teheran unterwegs und hielt mich dort vier Tage auf. Dort suchte ich einen Schlepper und wurde von diesem in fünf Tagen nach Istanbul gebracht. In Istanbul blieb ich acht Tage. Von Istanbul reiste ich mit einem Schlepper nach Bulgarien. Kurz vor der bulgarischen Grenze stieg ich aus dem LKW und ging über die grüne Grenze. In Bulgarien wurde ich von der Polizei vier Tage festgenommen, da ich keine Papiere bei mir hatte. Danach kam ich in ein Flüchtlingsheim und blieb dort noch ca. 36 Tage. Im Flüchtlingsheim wurde ich dann vom gleichen Schlepper wieder aufgesucht und er brachte uns nach Österreich. Ich kam ca. am 19.06.2003 nach Österreich. Über welche Länder wir gereist sind, kann ich nicht sagen. Wir reisten zu dritt.

 

Vorhalt: Es ist weder glaubhaft noch nachvollziehbar, dass Sie keine Angaben über Ihren Reiseweg machen können und ist offensichtlich, dass Sie versuchen hier Ihren Reiseweg zu verschleiern. Sie werden an dieser Stelle an die Wahrheits- und Mitwirkungspflicht in Ihrem Asylverfahren aufmerksam gemacht.

 

Antwort: Ich bin ja illegal gereist. Ich habe keine Grenzen wahrgenommen. Woher soll ich wissen über welche Länder ich gekommen bin.

 

Frage: Möchten Sie zum Fluchtweg noch etwas angeben, was Ihnen wichtig ist?

 

Antwort: Nein, ich habe alles gesagt.

 

Angaben zum Fluchtgrund:

 

Frage: Haben Sie in Österreich oder in einem anderen Land bereits einmal einen Asylantrag gestellt?

 

Antwort: In Bulgarien, da ich dort festgenommen wurde. Nach der Einreise nach Österreich wurde ich auch dort festgenommen. Ich musste auch dort einen Asylantrag stellen, sonst wäre ich wieder abgeschoben worden.

 

Frage: Warum haben Sie unter einem anderen Namen einen Asylantrag gestellt und verwendeten auch sonst einen anderen Namen?

 

Antwort: Das habe ich nicht. Ich habe bei der Asylantragstellung in Österreich A. gesagt. Die Afghanen die ich in Wien kennen lernte, sagten mir, dass ich einen anderen Namen sagen soll um nicht zurück geschoben zu werden.

 

Frage: Herr B., das ist bereits Ihr zweiter Asylantrag. Sie haben bereits einen Asylantrag beim Bundesasylamt in Eisenstadt gestellt. Wollen Sie den in Eisenstadt gestellten Asylantrag zurückziehen?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Warum haben Sie Ihren Asylantrag in Österreich nicht wahrgenommen, sondern sind weiter in die Schweiz gereist?

 

Antwort: Ich war in Wien. Ich lernte dort afghanische Leute kennen. Diese sagten mir, dass es in Österreich sehr schwer sei Asyl zu bekommen. Diese Leute kauften mir eine Fahrkarte und ich reiste in die Schweiz.

 

Frage: Wo haben Sie sich seit Ihrer letzten Asylantragstellung bis heute aufgehalten?

 

Antwort: Ich stellte am 19.06.2003 einen Asylantrag und hielt mich acht Tage lang in Pingau in einem Flüchtlingslager auf. Dann fuhr ich nach Wien, hielt mich dort sechs Tage in einer Moschee auf, und reiste anschließend weiter in die Schweiz. Beim Grenzübertritt am 01.07.2003 wurde ich in der Schweiz festgenommen und bin seitdem in Feldkirch in Haft.

 

Frage: Aus welchen Gründen haben Sie Ihr Heimatland verlassen?

 

Antwort: Mein Vater heiratete nach dem Tod meiner Mutter im Jahre 1995 eine Frau, die drei Söhne hatte. Niemand wusste von dieser Hochzeit. Die Söhne von dieser Frau waren als sie davon erfuhren nicht damit einverstanden. Es sei eine Schande für ihre Familie. Auf Grund dessen brachten die Söhne ein Jahr später ihre Mutter um. Zur gleichen Zeit, im Jahre 1996, kamen die Söhne dieser Frau auch zu uns (meinem Vater und mir) und wollten auch meinen Vater umbringen. An das genaue Datum kann ich mich nicht mehr erinnern. Die Söhne kamen zu meinem Vater ins Haus und drohten ihm mit dem Umbringen. Die Söhne sind Gegner der Taliban. Als die Taliban an die Macht kamen waren die Söhne selber auf der Flucht. Jetzt, da die Taliban nicht mehr an der Macht sind, kehrten zwei Söhne der verstorbenen Frau meines Vater wieder zurück, kamen in das Haus meines Vaters und fingen an mit ihm zu streiten und ihn zu schlagen. Ich und ein Nachbar gingen dazwischen und vertrieben die Männer. Da der Nachbar auch bewaffnet war, trauten sie sich nicht zu schießen. Außerdem waren zu viele Menschen da und deshalb haben sie meinen Vater vermutlich nicht erschossen. Die zwei Männer gingen, sagten aber, dass sie wieder kommen und uns umbringen werden. Das war ca. einen Monat vor meiner Ausreise, ca. Mitte Februar 2003. Mein Vater und ich gingen zu meiner Schwester. Mein Vater blieb bei meiner Schwester, da er krank ist, und sagte zu mir, dass es besser für mich sei, wenn ich mein Land verlassen würde.

 

Frage: Haben Sie - außer dem bisher vorgebrachten Sachverhalt - weitere Gründe Ihrer Flucht vorzubringen?

 

Antwort: Nein. Das war der einzige Grund.

 

Frage: Welchen Familienstand hatte die Frau zum Zeitpunkt der Eheschließung mit Ihrem Vater?

 

Antwort: Sie war verwitwet. Wie lange weiß ich nicht.

 

Frage: Aus welchem Grunde hätten die Söhne Ihre Mutter umbringen sollen, wenn eine verwitwete Frau sich wieder verheiratet?

 

Antwort: Jede Familie denkt diesbezüglich anders. Die Söhne haben die Verehelichung mit meinem Vater als eine Schande empfunden. Mein Vater und diese Frau haben nur nach dem islamischen Recht geheiratet und nicht standesamtlich.

 

Frage: Warum sollte eine Heirat einer verwitweten Frau mit einem verwitweten Mann eine Schande sein, zumal es keine offizielle Verehelichung ist?

 

Antwort: Das kann ich nicht beantworten. Jede Familie denkt anders. Warum die Söhne dieser Frau ein Problem damit hatten, kann ich nicht sagen.

 

Frage: War das für Sie auch ein Problem?

 

Antwort: Nein. Diese Frau hat ja meinen Vater verpflegt.

 

Frage: Warum sollten die Männer ihren Stiefvater umbringen wollen?

 

Antwort: Weil mein Vater ihre Mutter heimlich heiratete.

 

Frage: Wie und wann haben Sie und die Söhne der Frau von der Verehelichung erfahren?

 

Antwort: Mein Vater war in der Nacht oft nicht zu Hause und kam erst in der Früh wieder. Eines Tages habe ich ihn zusammen mit dieser Frau auf der Straße gesehen und habe ihn daraufhin zur Rede gestellt. Er sagte mir, dass er diese Frau schon länger kenne, ein Verhältnis mit ihr habe und sie auch geheiratet habe. Das war vor ca. 8 Jahren kurz nach ihrer Heirat. Er hatte zusammen mit dieser Frau eine eigene Wohnung, wo sie sich trafen. Wie die Söhne der Frau von dieser Sache erfahren haben, weiß ich nicht.

 

Frage: Wie wurde die Frau umgebracht?

 

Antwort: Das weiß ich nicht. Die Söhne haben ihre Mutter mitgenommen und wir erhielten nur die Nachricht, dass sie tot sei.

 

Frage: Wie kommen Sie darauf, dass die Söhne Ihre Mutter umgebracht haben?

 

Antwort: Als die Söhne zu meinem Vater nach Hause gekommen sind und sich mit meinem Vater geschlagen haben, haben sie gesagt, dass sie ihre Mutter umgebracht haben und mein Vater daran schuld sei. Aus diesem Grunde würden sie auch ihn umbringen.

 

Frage: Haben Sie diesen Vorfall der Polizei gemeldet?

 

Antwort: Nein. Das hätte nichts gebracht, da alle drei Söhne bei der Polizei arbeiten.

 

Frage: Kennen sie die Männer?

 

Antwort: Ja, es sind die Söhne der verstorbenen Frau meines Vaters. A., M. und D.. Den Familiennamen kenne ich nicht. Ich habe die Männer nur dieses eine Mal gesehen. Mein Vater und ich gingen danach sofort zu meiner Schwester.

 

Frage: Woher wissen Sie dann, dass diese Männer bei der Polizei arbeiten?

 

Antwort: Das hat mein Vater mir gesagt.

 

Frage: Warum glauben Sie, dass diese Drohung auch Ihnen gegolten hat?

 

Antwort: Weil sie ganz genau wissen, dass wenn sie meinen Vater töten, dass ich mich rächen würde.

 

Frage: Wurden Sie selber auch mit dem Umbringen bedroht?

 

Antwort: Sie sagten, wir lassen dich auch nicht am Leben.

 

Frage: Wurden Sie von diesen Männern auch verfolgt?

 

Antwort: Ich wurde nur bedroht. Ob mich die Männer noch einmal bei uns zu Hause waren, kann ich nicht sagen.

 

Frage: Wie oft wurden Sie von diesen Männern bedroht?

 

Antwort: Nur dieses eine Mal.

 

Frage: Kamen die zwei Männer in Uniform zu Ihrem Vater?

 

Antwort: Nein, aber sie waren mit einer Kalaschnikow bewaffnet.

 

Frage: Wo hielten Sie sich von Mitte Februar bis zu Ihrer Ausreise im März 2003 auf?

 

Antwort: Ich wohnte bei meiner Schwester in Kabul.

 

Frage: Wovon haben Sie in dieser Zeit, als Sie bei Ihrer Schwester wohnten, gelebt?

 

Antwort: Meine Schwester sorgte für mich. Ich habe vorher bei ausländischen Firmen als Hilfsarbeiter gearbeitet.

 

Frage: Wurden Sie bei Ihrer Schwester auch von den Männern bedroht?

 

Antwort: Nein. Die Männer wussten nicht wo mein Vater und ich uns aufhalten.

 

Frage: Warum blieben Sie dann nicht bei Ihrer Schwester, wenn Sie dort in Sicherheit waren?

 

Antwort: Ich habe mich nur kurze Zeit bei meiner Schwester aufgehalten. Ich kann mich nicht mein ganzes Leben bei meiner Schwester verstecken. Ich muss ja auch mal aus dem Haus gehen und mir eine Arbeit suchen.

 

Frage: Sind Sie in Ihrem Heimatland vorbestraft?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wurden Sie in Ihrer Heimat jemals festgenommen oder verhaftet?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie in Ihrem Heimatland strafbare Handlungen begangen?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Sind oder waren Sie jemals Mitglied einer politischen Partei?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Waren Sie - außerhalb einer politischen Partei - in Ihrem Heimatland jemals politisch aktiv tätig?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Hatten Sie in Ihrem Heimatland jemals Probleme mit der Polizei, einem Gericht oder einer anderen staatlichen Behörde?

 

Antwort: Ich hatte weder mit der Polizei, einem Gericht noch mit einer anderen staatlichen Behörde Probleme.

 

Frage: Wurden Sie in Ihrem Heimatland von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Religion, Ihrer Volksgruppe oder Rasse verfolgt?

 

Antwort: Nein, ich wurde deswegen noch nie von staatlicher Seite verfolgt.

 

Frage: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite wegen Ihrer politischen Gesinnung oder der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe jemals verfolgt?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Was konkret befürchten Sie für den Fall Ihrer Rückkehr in Ihr Heimatland?

 

Antwort: Ich habe Angst, dass ich von diesen Männern getötet werde.

 

Frage: Unter welchen Umständen könnten Sie sich eine Rückkehr in Ihre Heimat vorstellen?

 

Antwort: Eine Rückkehr kann ich mir unter keinen Umständen vorstellen. Wenn diese drei Männer tot wären, dann könnte ich mir eine Rückkehr vorstellen.

 

Frage: Hätten Sie Probleme mit der Polizei oder anderen Behörden im Falle Ihrer Rückkehr?

 

Antwort: Nein. Ich hätte nur Probleme mit diesen Männern.

 

Frage: Die Befragung wird hiermit beendet. Wollen Sie sonst noch etwas vorbringen, was Ihnen von Bedeutung erscheint?

 

Antwort: Nein, ich habe alles gesagt.

 

(...)"

 

Mit Bescheid vom 22. Juli 2003, Zl. 03 19.907-BAI, hat das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 03.07.2003 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen und ihm den Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I), seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 8 AsylG für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt II) und zudem B.A. für den Fall des Eintritts der Rechtskraft der Spruchpunkte I und II gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 3 AsylG eine auf drei Monate befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III). Diesen Bescheid hat das Bundesasylamt wie folgt begründet:

 

"Aus Ihrem Vorbringen, der Einsichtnahme in die Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 01.07.2003, Zl. BHFK-III-1300.24-2003/0063, der Einsichtnahme in die Anzeige des Gendarmerieposten Feldkirch vom 01.07.2003, GZ A2/2849/03-Am und den amtswegigen Ermittlungen gelangt die Behörde nach unten angeführter

Beweiswürdigung zu folgenden Feststellungen:

 

Allgemeine Feststellung zu dem Islamischen Staat Afghanistan:

 

Der Islamische Staat Afghanistan ist unterteilt in 30 Provinzen mit verschiedenen Stämmen und Religionen. Die Bevölkerung setzt sich aus Pashtunen, Tadjiken, Hazara, Usbeken, Aimaken und Turkmenen zusammen. 99% der Bevölkerung sind Moslem, davon sind ca. 88% sunnitischen Glaubens. Die Amtssprache ist Pashtu, Dari war inoffiziell verboten. Die Analphabetenquote liegt bei 90%, wobei Afghanistans Bildungsstand rückläufig ist.

 

Am 24.12.1979 marschierten sowjetische Truppen in Afghanistan ein. Erst nach 10 Jahren wurde der Krieg gegen die russische Besatzungsmacht beendet, jedoch befindet sich Afghanistan seither in einem Bürgerkrieg. Seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes und der Machtübernahme durch die Mujaheddin am 16.04.1992 ist Afghanistan eine Islamische Republik.

 

Der Krieg in Afghanistan hat mit den Terroranschlägen in den USA am 11.09.2001, für die Osama bin Laden verantwortlich gemacht wird, eine Wende erfahren. Am 07.10.2001 begannen die USA mit Militärschläge gegen die Taliban und die Terrororganisation Al Kaida in Afghanistan vorzugehen.

 

Fünf Wochen nach Beginn der amerikanischen Luftangriffe trat die große Wende im Machtgefüge Afghanistans ein. Die Nordallianz konnte in einer groß angelegten Offensive am 09.11.2001 die strategisch wichtige Stadt Mazar-i Sharif erobern. Nur wenige Tage danach fiel die 5jährige Taliban-Herrschaft in Kabul. In Herat wurde das Taliban-Regime durch einen Volksaufstand vertrieben. Mittlerweile kontrolliert die Nordallianz angeblich 90% des Landes. Kandahar, die letzte Hochburg der Taliban, wurde am 07.12.2001 von der Nordallianz eingenommen und somit wurde das Taliban-Regime gestürzt.

 

Übergangsregierung:

 

Bei der am 27.11.2001 einberufenen Afghanistan-Konferenz in Petersburg/Bonn unter der Führung von UNO-Sonderbeauftragten für Afghanistan, Lakhdar Brahimi, waren vier afghanische Delegationen mit der Bildung einer multi-ethnischen Übergangsregierung betraut. Am 05.12.2001 stand die neue Übergangsregierung fest. Diese setzt sich aus 11 Pashtunen, 8 Tadjiken, 5 Hazaras, 3 Usbeken und 1-2 Personen anderer, noch unbekannter Gruppen, zusammen. Insbesondere wurde auf die Einbeziehung von Frauen Bedacht genommen. Auf der Abschlusspressekonferenz unter der Teilnahme des UN-Sonderbeauftragten für Afghanistan, Lakdhar Brahimi und Bundesaußenminister Joschka Fischer wurde das in der Nacht auf den 05.12. unterzeichnete "Agreement on provisional arrangements in Afghanistan pending the re-establishment of permanent government institutions" präsentiert, als Vorsitzender der Übergangsregierung wurde der 46jährige südafghanische Pashtunen-Führer Hamid KARZAI bestätigt.

 

In diesem Abkommen wurden ua. folgende Punkte festgelegt:

 

Allgemeine Bestimmungen

 

Die Übergangsregierung wird offiziell am 22.12.2001 die Macht in Afghanistan übernehmen.

 

Die Übergangsregierung soll eine Übergangsverwaltung einrichten, die aus einem Vorsitzenden, einer unabhängigen Kommission für die Einberufung der Loya Jirga und einem Obersten Gerichtshof, sowie auch anderen Gerichten besteht. Die Zusammensetzung, Funktionen und Verfahren der Übergangsverwaltung und der unabhängigen Kommission werden ebenfalls in diesem Abkommen festgesetzt.

 

Mit der Machtübertragung soll die Übergangsregierung die afghanische Souveränität mit unmittelbarer Wirkung sichern. In der Übergangszeit wird die Übergangsregierung Afghanistan in den äußeren Angelegenheiten vertreten und den Sitz bei den Vereinigten Nationen einnehmen. Ebenso wird die Übergangsregierung internationalen Institutionen und Konferenzen beiwohnen.

 

Die Loya Jirga soll innerhalb 6 Monate nach Bildung der Übergangsregierung einberufen und vom Exilkönig Zahir Shah eröffnet werden. Die Loya Jirga soll über eine Interimsregierung und eine Interimsverwaltung entscheiden, die Afghanistan bis zur Wahl einer repräsentativen Regierung führt. Die Regierungswahl ist innerhalb von zwei Jahren nach Einberufung der Loya Jirga abzuhalten.

 

Sobald die Interimsregierung durch die Loya Jirga etabliert worden ist, löst sich die jetzt beschlossene Übergangsregierung auf.

 

Eine konstitutionelle Loya Jirga soll innerhalb 18 Monate nach Etablierung der Interimsregierung versammelt werden, um eine Verfassung für Afghanistan zu beschließen. Zur Unterstützung der konstitutionellen Loya Jirga wird die Interimsverwaltung innerhalb von zwei Monaten nach Entstehung mit Hilfe der Vereinigten Nationen eine Verfassungskommission gründen.

 

Gesetzesrahmen und Gerichtssystem

 

Der folgende Gesetzesrahmen bezieht sich auf die Zeit bis zur Annahme der neuen Verfassung. Die Verfassung von 1964 ist gültig, sofern die Bestimmungen nicht inkonsistent mit diesem Abkommen sind. Ausgenommen von der Verfassung von 1964 sind die Bestimmungen bezüglich der Monarchie und der Exekutiv- und Legislativkörperschaften, sowie Gesetze und Vorschriften, die nicht mit diesem Abkommen oder mit internationalen gesetzlichen Verpflichtungen, denen sich Afghanistan angeschlossen hat, konform gehen. Weiters sind auch jene Bestimmungen der Verfassung von 1964 ausgenommen, in denen der Übergangsregierung die Macht erteilt wird, Gesetze und Vorschriften zu widerrufen oder zu berichtigen.

 

Die Gerichtsbarkeit in Afghanistan ist unabhängig und unterliegt dem Obersten Gericht und auch den Gerichten, die von der Interimsverwaltung eingerichtet werden. Die Interimsverwaltung wird mit Hilfe der Vereinigten Nationen eine Gerichtskommission einrichten, die ein innerstaatliches Gerichtssystem in Übereinstimmung mit islamischen Prinzipien, internationalen Standards, der Rechtsstaatlichkeit und den afghanischen gesetzlichen Tradition etablieren.

 

Übergangsverwaltung

 

Die Übergangsverwaltung wird aus einem Vorsitzenden, fünf Vizevorsitzenden und 24 anderen Mitgliedern bestehen. Jedes Mitglied außer dem Vorsitzenden, kann eine Abteilung der Übergangsverwaltung führen.

 

Die Teilnehmer der Afghanistan-Konferenz laden König Zahir Shah ein, den Vorsitz der Übergangsverwaltung zu führen. Dieser zieht es vor, dass ein für die Teilnehmer akzeptabler Kandidat zum Vorsitzenden gewählt wird.

 

Der Vorsitzende, die Vizevorsitzende und andere Mitglieder der Übergangsverwaltung wurden von den Teilnehmern der Afghanistan-Konferenz gewählt. Die Auswahl fand aufgrund der beruflichen Kompetenz und der persönlichen Integrität mit Rücksicht auf die ethnische, geographische und religiöse Zusammensetzung Afghanistans und der Bedeutung der Teilnahme von Frauen, statt.

 

Kein Mitglied der Übergangsverwaltung darf gleichzeitig der Unabhängigen Kommission für die Versammlung der Loya Jirga angehören.

 

Hamid Karzai legte am 22.12.2001 im Innenministerium in Kabul vor dem amtierenden Vorsitzenden des Obersten Gerichts den Amtseid ab. Nach seiner Vereidigung nahm Karzai seinerseits den Kabinettsmitgliedern den Amtseid ab und skizzierte einen 13-Punkte-Plan seiner Regierung. Darin versprach er laut Korrespondentenberichten, die islamischen Regeln zu achten, aber auch bürgerliche Freiheiten wie das Recht auf freie Meinungsäußerung und Glaubensfreiheit. Er versprach, für die Rechte der afghanischen Frauen einzutreten. Ebenso nannte er Sicherheit und Frieden, den Aufbau einer nationalen Armee und einer fähigen Beamtenschaft und die Reformierung des Bildungswesen als Prioritäten.

 

Bereits einen Tag nach der Angelobung kam die neue afghanische Regierung unter Interimspremier Karzai am Sonntag im Präsidentenpalast der Hauptstadt Kabul zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Wichtigster Tagesordnungspunkt: Die innere Sicherheit. Als eine der ersten konkreten Taten überlegt das Kabinett, eine Sonderkommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen einzusetzen. Taliban-Kommandanten, denen Grausamkeiten nachgewiesen werden können, sollen vor Gericht

 

Die Übergangsregierung wird von der internationalen Staatengemeinschaft als rechtmäßige Vertretung anerkannt und den Sitz des Landes in der UNO und anderen Internationalen Organisationen einnehmen.

 

Vom 11.06.2002 bis zum 19.06.2002 tagte die Große Ratsversammlung "Loya Jirga" mit rund 1600 Delegierten. Hamid Karzai wurde mit einer Stimmenmehrheit von ca. 80 Prozent als neues Staatsoberhaupt Afghanistans gewählt. Seit dem 23.06.2002 steht die neue Zusammensetzung der Interimsregierung fest, die Afghanistan in den nächsten 18 Monate zu frei Wahlen führen soll. Bei der Verteilung der Ministerposten wurden die ethnischen Gruppierungen berücksichtigt, um den tonangebenden Tadjiken eine Gegengewicht zu setzen. Die Ministerien werden aus Kostengründen von 30 auf etwa 20 reduziert werden. Dazu werden aber neun beratende Kommissionen geschaffen, je eine für Verteidigung, zur Überwachung der (zahlreichen) Geheimdienste, für die Wirtschaft, die Verwaltung, den Aufbau des Justizorgane, die Zölle, für ausländische Hilfe, ausländische Investitionen und für Radio und Fernsehen

 

Bis dato wurde der politische "Fahrplan", welcher im Bonner Abkommen festgelegt ist, eingehalten.

 

Sicherheitslage

 

Mit dem Auftrag Sicherungs- und Schutzaufgaben zu übernehmen, wurde in Kabul die International Security Assistance Ford (ISAF), stationiert. Die Vorhut der internationalen Schutztruppe für Afghanistan ist bereits am 03.01.2002 in Kabul eingetroffen. Dem ISAF-Erkundungsteam gehören Militärvertreter aus Frankreich, Deutschland, Griechenland, Spanien, Italien, den Niederlanden, Dänemark, Österreich, Schweden, Norwegen, Finnland und Rumänien an. Am 24.05.2002 hat der UN-Sicherheitsrat einstimmig das Mandat für die internationale Schutztruppe in Afghanistan um sechs Monate verlängert. Zugleich lehnte der Sicherheitsrat eine Verstärkung der 4650 Mann zählenden Truppe sowie eine Ausdehnung ihres Einsatzgebietes über die Hauptstadt Kabul hinaus ab. Am 20.06.2002 übernahm der türkische General Hilmi Akin Zorlu für sechs Monate das Kommando über die internationale Schutztruppe.

 

Wirtschaftliche Lage:

 

Die derzeitige Situation in Afghanistan ist geprägt durch den nunmehr über 20jährigen Krieg, einer verheerenden Dürre im Sommer 2000 und eines schlechten Winters. Durch diese Faktoren stellt sich die Sicherheit der Bevölkerung, die Nahrungsmittelversorgung und die humanitäre Lage besonders in den Kriegsgebieten katastrophal dar. Dies hat einen gewaltigen Flüchtlingsstrom in die angrenzenden Staaten zur Folge, wodurch sich im Besonderen die Situation der afghanischen Flüchtlinge in Pakistan drastisch verschlechtert hat. Die Situation hat sich durch die Militärschläge der USA massiv verschärft.

 

Trotz widriger Umstände sind bereits viele Flüchtlinge wieder in Ihre Heimat zurückgekehrt. Zehntausende von vertriebenen Hazara haben sich in ihre Heimatprovinz Bamian in Zentralafghanistan begeben, um ihre von den Taliban zerstörten Wohnhäuser wiederaufzubauen. Der UNHCR leitet seit März 2002 ein Rückführ-Programm, das größte aller Zeiten. Bereits am 16.06.2002 ist der einmillionste Flüchtling wieder nach Afghanistan zurückgekehrt.

 

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat die Sanktionen gegen die afghanische Zentralbank aufgehoben und wurden somit die zur Taliban-Zeit blockierten Konten mit einem Guthaben von 221 Mio. Dollar freigegeben. Bei der im Januar 2002 stattgefunden Geberkonferenz in Tokio wurden Hilfszahlungen von über 5 Mio. Euro für den Wiederaufbau des schwer kriegszerstörten Landes zugesagt. Die EU ist bereits mit verschiedenen Programmen für die Unterstützung der öffentlichen Verwaltung, für die Wiederinstandstellung städtischer Infrastrukturen, für die Wiederankurbelung der Landwirtschaft und für die Minenräumung präsent.

 

Allgemeine Menschenrechtssituation im Islamischen Staat Afghanistans:

 

Als ein Mitglied der Vereinten Nationen ist Afghanistan erst im Begriff, die Menschenrechte entsprechend aufzubauen. Afghanistan hat ein Abkommen für zivile und politische Rechte, einen internationalen Vertrag für Wirtschaft, soziale und kulturelle Rechte, eine Konvention gegen Folter, eine Konvention für Rechte der Kinder und 1946 die Konvention für Privilegien und Immunität der Vereinten Nationen, ratifiziert.

 

Bei der kampflosen Einnahme der Stadt Mazar-i Sharif am 09.11.2001 wurde sofort eine Amnestie ausgerufen und die Taliban-Edikte aufgehoben. Frauen können wieder eine Arbeit nachgehen und Mädchen dürfen wieder die Schule besuchen. Am 14.11.2001 ist der von den Taliban entmachtete afghanische Präsident Burhanuddin Rabbani in seine Heimat zurückgekehrt. Als erste offizielle Amtshandlung hat Rabbani "zum Einhalt der Einheit des Staates" eine Generalamnestie verkündet. Die Amnestie gilt für die Angehörigen aller Völker und Nationalitäten des Landes, ausgenommen davon sind allerdings Kriegsverbrecher. Auch durch den Regierungschef von Afghanistan, Karzai Hamid, wurde eine Amnestie für die Taliban in Kandahar, die am 07.12.2001 kapitulierten, erlassen, mit der Bedingung, sich nicht politisch zu betätigen.

 

Langsam kehrt in Afghanistan wieder ein normales Alltagsleben ein. Frauen müssen nicht mehr die Burka tragen, Schulen wurden eröffnet, die afghanische Fluglinie hat wieder Ihren Betrieb aufgenommen. Auch finden Theatervorstellungen statt, Musik ist erlaubt und auch der Fernseher sowie Satellitenschüssel haben wieder Einzug in Afghanistan gefunden.

 

(Quellenangabe: Bericht Dr. Mostafa Danesch v. 05.04.1997; Stellungnahme von AI Zl. ASA11-97.007 v. 09.12.1997; Workshop

Afghanistan im Bundesamt v. 03.05.2001: Beitrag v. Dr. Michael

Pohly: Afghanistans Weg in die Katastrophe; Fischer Weltalmanach 2002; Aktuelle Lage in Afghanistan: Zusammenfassung v. Presseartikel, abgelegt in Länderdokumentation BAA)

 

Die Volksgruppe der Tajiken in Afghanistan:

 

Der Begriff Tadschik wird in mehrfacher Weise verwendet. Er bezieht sich auf einen Teil der afghanischen Bevölkerung, der eine westiranische Sprache, die in mehrere Dialektvarianten in Afghanistan verbreitet ist und dem Persischen des Iran ähnlich ist. Hauptwohngebiete der Tadschiken sind die Provinzen Kabul, Parvan, Baglan, Takhar, Badakhshan und Kapisa. Weitere Gruppen leben im ganzen Land verstreut. Insgesamt haben die Tadschiken einen hohen Anteil an der Stadtbevölkerung. Zur Eigenidentifikation verweisen die Tadschiken meist auf ihr Herkunftsgebiet und bezeichnen sich zBsp. als Andarbi.

 

Gleichzeitig wird der Begriff Tadschik im afghanischen Konnex häufig auch als Sammelbegriff für Nicht-Pashtunen verwendet. In Kabul wird ein persisch sprechender, nichtpashtunischer Sunnit ohne tribale Bindungen als Tajike bezeichnet. Im Panjshir-Tal und Badakhshan bezeichnet man die lokale ländliche Bevölkerung als Tajik. Auch Sprecher anderer iranischer Sprachen sowie Ismailiten, also Nicht-Sunniten werden darin eingeschlossen. Die meisten Tajiken gliedern sich in kleinere lokale Verwandtschaftsgruppen. Sie identifizieren sich aber vorwiegend lokal mit ihren Dörfern und Tälern und nicht mit großen ethnischen Einheiten. Bei Tajiken im Hazarajat dagegen wird die Konfession zum entscheidenden Kriterium. In Herat mit seiner vornehmlich nichttribalen persisch sprechenden Bevölkerung bestimmen eher Berufsstände und der Konfessionsunterschied zwischen Sunna und Schia die soziale Identität. Der Ausdruck "Tajik" ist zwar nicht unbekannt, wird aber selten benutzt. Man bezeichnet sich eher als "Herati". Südlich von Herat in Shindand dagegen, der Heimat des tajikischen Mujahedin-Führers Ismail Khan, bezeichnen sich persisch sprechende sunnitische Bauern als Tajiken, um sich von ebenfalls persisch sprechenden sunnitischen Nomaden und zugleich von schiitischen Bauern, den Farsiwan, zu unterscheiden. In Ost-Afghanistan in Kunar, Paktia und Paktika siedeln auch Pashtu sprechende Tajiken, die sich von Pashtunen nur noch dadurch unterscheiden, dass sie sich keinem der anerkannten pashtunischen Stämme zuordnen und kaum Land besitzen.

 

Nur selten glauben Tajiken in Afghanistan, dass alle Tajiken eine gemeinsame Geschichte oder gar Abstammung haben.

 

Mitte November 2001 wurden die Taliban aus dem Großteil Afghanistans vertrieben und herrschen nur mehr in vereinzelten Enklaven im Süden des Landes. Nach dem Sturz des Taliban-Regimes, das seit 1994 in Afghanistan die wohl extremste Form des Islams eingeführt hat, nahm somit die Schreckensherrschaft ein Ende. Bei der am 27.11.2001 einberufenen Afghanistan-Konferenz in Petersburg/Bonn unter der Führung von UNO-Sonderbeauftragten für Afghanistan Lakhdar Brahimi waren vier afghanische Delegationen mit der Bildung einer multi-ethnischen Übergangsregierung betraut. Am 05.12.2001 stand die neue Übergangsregierung fest. Diese setzt sich aus 11 Pashtunen, 8 Tadjiken, 5 Hazaras, 3 Usbeken und 1-2 Personen anderer, noch unbekannter Gruppen zusammen. Insbesondere wurde auf die Einbeziehung von Frauen Bedacht genommen.

 

(Quellenangabe: Workshop Afghanistan im Bundesamt v. 03.05.2001:

Beitrag Bernt Glatzer: Ethnizität im Afghanistankonflikt, aktuelle Presseberichte)

 

Weiters wird festgestellt:

 

Ihre Identität steht nicht fest.

 

Sie sprechen die Sprache Farsi.

 

Sie sind höchstwahrscheinlich am 19.06.2003 nach Österreich eingereist. Fest steht, dass Sie illegal auf österreichisches Bundesgebiet gelangt sind.

 

Fest steht, dass Sie am 19.06.2003 beim Bundesasylamt Außenstelle Eisenstadt unter dem Namen B.R., geb. 1983, Asylantrag gestellt haben.

 

Fest steht, dass dieses Asylverfahren am 02.07.2003 gemäß § 30 AsylG 1997 eingestellt werden musste.

 

Fest steht, dass Sie am 01.07.2003 illegal in die Schweiz gereist sind und von der schweizer Grenzpolizei nach Österreich zurückgewiesen wurden.

 

Fest steht, dass Sie sich vorerst gegenüber den Beamten des Gendarmerieposten Feldkirch und der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch als A.G., geb. am 00.00.1977, ausgegeben haben.

 

Fest steht, dass Sie sich bei Ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch schließlich als B.A., geb. am 00.00.1983 ausgegeben haben.

 

Fest steht, dass Sie unter diesem Namen am 03.07.2003 beim Bundesasylamt Außenstelle Innsbruck erneut Asylantrag gestellt haben.

 

Fest steht, dass Sie im Zuge Ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt Außenstelle Innsbruck Ihren in Eisenstadt gestellten Asylantrag zurückgezogen haben.

 

Als Ausreisegrund haben Sie vorgebracht, dass Ihr Vater nach dem Tod Ihrer Mutter eine verwitwete Frau geheiratet hätte. Sie, Ihre Geschwister und die Kinder Ihrer Stiefmutter hätten vorerst davon nichts gewusst. Als die Kinder Ihrer Stiefmutter davon erfahren hätten, hätten diese ihre eigene Mutter - Ihre Stiefmutter - getötet, weil sie deren Wiederheirat als Schande empfunden hätten. Sie und Ihren Vater hätten sie mit dem Umbringen bedroht.

 

Ihre Angaben und sonstigen Beweismittel wurden nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung wie folgt gewürdigt:

 

Die Formulierung im § 7 AsylG "wenn glaubhaft ist" bringt zum Ausdruck, dass im Asylverfahren nicht der "volle Beweis" gefordert ist, sondern, dass die "Glaubhaftmachung" genügt.

 

Ein Vorbringen wird dann glaubhaft sein, wenn es vier Grundanforderungen erfüllt:

 

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

 

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

 

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, dh. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist ua. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

 

4. der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

 

Hinsichtlich Ihrer Person sind Sie mangels Vorlage eines Personaldokumentes zum Nachweis Ihrer Identität nicht glaubwürdig. Zudem haben Sie sich bei Ihrer Asylantragstellung als B.R., geb. 1983, gegenüber den Beamten des Gendarmerieposten Feldkirch und der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch als A.G., geb. am 00.00.1977 und letztlich als B.A., geb. am 00.00.1983, ausgegeben.

 

Hinsichtlich Ihrer Nationalität wird Ihnen aufgrund Ihrer Sprache, Ihres Aussehens und Ihrer Kenntnisse über Afghanistan dahingehend Glauben geschenkt, dass Sie aus Afghanistan stammen.

 

Wenngleich die Ausführungen zum Fluchtweg nicht asylrelevant sind, so vermögen Sie doch ein Indiz für die Gesamtbewertung der Glaubwürdigkeit einer Person darzustellen. Nicht glaubhaft sind die von Ihnen in diesem Zusammenhang getätigten Aussagen, faktisch keine Wahrnehmungen hinsichtlich der Reise von Ihrer Heimat nach Österreich gemacht zu haben. Ob des Faktums, dass es eine notorische Tatsache ist, dass Reisende - bei Flüchtenden tritt zudem das Element des Argwohns, d.h. besondere Beobachtung der Umgebung hinzu - Wahrnehmungen über Ihre Reisebewegung machen, ist davon auszugehen, dass Sie - aus welchen Gründen immer - danach getrachtet haben, Ihren Reiseweg bewusst zu verschleiern.

 

Ihre Angaben zum Ausreisegrund waren - wie nachstehend ausgeführt - nicht nachvollziehbar und daher auch nicht glaubwürdig.

 

Für die erkennende Behörde war nicht nachvollziehbar, warum Ihre Stiefgeschwister die Heirat ihrer Mutter mit Ihrem Vater als Schande empfinden sollten, weil nach islamischen Glauben nichts gegen eine Wiederheirat von verwitweten Personen spricht. Auch Sie selbst konnten keinerlei konkrete Gründe dafür nennen, warum Ihre Stiefgeschwister die Heirat als Schande empfinden sollten. Sie konnten lediglich die Behauptung in den Raum stellen, dass jede Familie anders denken würde. Eine plausible Erklärung oder Begründung, warum die Söhne dieser Frau ein Problem mit der Heirat hatten, konnten Sie nicht abgeben.

 

Im Asylverfahren ist es nicht ausreichend, dass der Asylwerber Behauptungen aufstellt, sondern muss er diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß konkret und nachvollziehbar sein. Keinesfalls kann die bloße Behauptung von Tatsachen als ausreichend angesehen werden. Würde es bereits genügen, wenn das Vorbringen von Tatsachen abstrakt ausreichend wäre, so könnte von Beweiswürdigung im eigentlichen Sinn wohl kaum gesprochen werden. Durch Ihre bloßen Behauptungen, konnten Sie den von Ihnen dargelegten Sachverhalt nicht glaubhaft machen.

 

Ihren Angaben musste daher die Glaubwürdigkeit versagt werden und es kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht haben.

 

Auf Grund dieser Fakten und der Tatsache, dass Sie schon bei der Stellung Ihres Asylantrages versucht haben, Ihre wahre Identität zu verschleiern indem Sie bei der Bekanntgabe Ihrer persönlichen Daten unrichtige Angaben gemacht haben, lässt dies für die Behörde den denklogischen Schluss zu, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass Ihr Vorbringen den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Vielmehr hatte die Behörde den Eindruck, dass Ihre Angaben lediglich der Asylerlangung dienen sollten. Ihrem gesamten Vorbringen musste somit die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden, zumal Sie weder persönlich noch Ihr Vorbringen glaubhaft waren.

 

Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist von folgender Gesetzeslage auszugehen:

 

Zu I:

 

Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass Ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Unter der Wortfolge "Verfolgung droht" sind im Sinne des Verweises auf Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention Ereignisse zu subsumieren, aus denen sich ein Mensch aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Wesentliche Voraussetzung für die Asylgewährung ist daher die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Diese liegt dann vor, wenn eine mit Vernunft begabte Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verfolgungsgefahr ist also bei einem Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates beziehungsweise die Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss darüber hinaus ihre Ursache in den im Gesetz genannten Gründen haben und muss Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes beziehungsweise des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet, das heißt sie muss dem Heimatstaat beziehungsweise dem Staat des vorherigen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss auch aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Vergangene Verfolgungshandlungen genügen nicht, stellen jedoch regelmäßig im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, die dem Wesen nach eine Prognose verlangt.

 

Sie vermochten im gesamten Verlauf des Verfahrens mit Ihrem Vorbringen eine konkrete Verfolgung oder drohende Verfolgung aus Gründen, wie in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählt, ebenso wenig glaubhaft zu machen wie wohlbegründete Furcht im Sinne der Grundaussage dieser internationalen Norm.

 

Der von Ihnen vorgebrachte Sachverhalt war in seiner Gesamtheit - unter Miteinbeziehung Ihrer persönlichen Unglaubwürdigkeit - als nicht glaubhaft zu beurteilen, womit ein asylrelevanter Sachverhalt als Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 7 Asylgesetz 1997 nicht festgestellt werden konnte.

 

Nur für den hypothetischen Fall der Annahme, dass Ihr Vorbringen vor dem Bundesasylamt den Tatsachen entsprechen würde, wäre dazu folgendes zu befinden gewesen:

 

Das Asylrecht schützt Personen, gegen die mit staatlichen Maßnahmen von erheblicher Intensität in Verfolgungsabsicht vorgegangen wird. In diesem Sinne gilt als Verfolgung zielgerichtetes Handeln des Heimatstaates, das sich direkt gegen den einzelnen wendet und in dessen Leib, Leben, Freiheit oder psychische Integrität eingreift. Derartige Maßnahmen haben Sie jedoch im gesamten Verwaltungsverfahren mit keinem Wort dargetan.

 

Die gegen Sie gesetzten oder von Ihnen befürchteten Maßnahmen sind nicht geeignet, eine Asylgewährung zu bewirken, ist für eine solche doch Voraussetzung, dass die Verfolgung aus einem der in der Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Gründen, nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der politischen Gesinnung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe erfolgt. Der von Ihnen vorgebrachte Sachverhalt steht mit keinem dieser Konventionsgründe im Zusammenhang. Der von Ihnen befürchtete "Verfolgung" durch die Söhne Ihrer Stiefmutter kommt kein asylrechtlich relevanter Charakter zu, weil die Ursache dieser Verfolgung bzw. Bedrohung in keinem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen liegt, was Sie ja auch selbst bestätigt haben.

 

Letztlich kann bei Vorliegen einer nicht auf den Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention beruhenden Verfolgung dahingestellt bleiben, ob die dem Asylwerber drohende Verfolgung vom Staat geduldet würde (vgl. Erk. des VwGH vom 11.10.2000, Zl. 2000/01/0172).

 

Das Bundesasylamt gelangt nach eingehender rechtlicher Würdigung zur Ansicht, dass es nicht glaubhaft ist, dass Ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung droht und ist Ihr Asylantrag aus diesem Grund abzuweisen.

 

Zu II:

 

Gemäß § 8 AsylG hat die Behörde, im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

§ 8 AsylG 1997 verweist auf § 57 Fremdengesetz (FrG), BGBl I 1997/75, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie Gefahr liefen, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

 

Überdies ist nach § 57 Abs 2 FrG die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 1955/55, in der Fassung des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 1974/78).

 

Der Prüfungsrahmen des § 57 Abs 1 FrG wird durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 57 Abs 2 FrG wurde bereits unter Spruchpunkt I geprüft und verneint.

 

Das Bundesasylamt hat somit zu klären, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass Sie Gefahr liefen, in Afghanistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).

 

Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art 3 MRK zu gelangen.

 

Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 57 Abs 1 FrG ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.6.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 5.4.1995, 93/18/0289).

 

Wenngleich in Ihrem Fall eine asylrelevante Verfolgung nicht vorliegt, so bleibt für die Behörde doch zu befinden, dass sich Afghanistan in einer schwierigen Umwälzungsphase befindet, wirtschaftlich darnieder liegt und daher eine Prüfung unter Zugrundelegung des Zumutbarkeitskalküls geboten ist. Für die Bewertung, ob die Lebensgrundlage nicht mehr gegeben ist, setzt das hierfür aus der Lehre und Judikatur entwickelte "Zumutbarkeitskalkül" voraus, dass der Asylwerber im in Frage kommenden Gebiet in eine ausweglose Lage gerät. Sowohl Ihre Ausführungen, wie auch die Berücksichtigung individueller, Sie betreffender Faktoren (Alter, Bildungsgrad, Berufsausübung, Volksgruppe, Anknüpfungspunkte etc.) und die derzeitige Lage in Afghanistan lassen die Behörde zum Befinden kommen, dass in Ihrem Falle die Kriterien für eine ausweglose Lage derzeit (noch) vorliegen, Ihnen somit objektiv gesehen, die Lebensgrundlage in Ihrem Herkunfts- und Heimatstaat entzogen ist.

 

Auf Basis dessen gelangt die Behörde zur Ansicht, dass Gründe für die Annahme bestehen, dass Sie im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Gefahr liefen, in Afghanistan insoweit einer unmenschlichen Behandlung unterworfen zu werden, als Ihnen derzeit die Lebensgrundlage entzogen wäre, womit festzustellen war, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nicht zulässig ist.

 

Zu III:

 

Ihr Asylantrag gemäß § 3 AsylG wurde aus anderen als den Asylausschlussgründen (vgl. § 13 AsylG) abgewiesen (siehe Spruchpunkt I). In Spruchpunkt II wurde gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Ihrer Person in den Herkunftsstaat unzulässig ist.

 

Bei der rechtlichen Beurteilung des oben festgestellten Sachverhalts ist von folgender Gesetzeslage auszugehen:

 

Gemäß § 15 Abs 1 AsylG ist Fremden, deren Asylantrag aus anderen Gründen als den Asylausschlussgründen (§ 13) rechtskräftig abgewiesen wurde, und die sich ohne rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet befinden, mit Bescheid eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, wenn gemäß § 8 festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist.

 

Gemäß § 15 Abs 2 AsylG hat das Bundesasylamt, würden die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt mit der Abweisung des Antrages verlieren, die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dieser Abweisung zu verbinden; fällt die Berechtigung zum Aufenthalt später weg, so kann sie dann erteilt werden. Verlieren die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt erst mit der Bestätigung der Abweisung, so hat der unabhängige Bundesasylsenat die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dem Berufungsbescheid zu verbinden. Die Verlängerung solcher befristeter Aufenthaltsberechtigungen sowie deren Widerruf obliegt jedoch dem Bundesasylamt. Gemäß § 15 Abs 3 AsylG ist die befristete Aufenthaltsberechtigung für höchstens ein Jahr und nach der zweiten Verlängerung für jeweils höchstens drei Jahre zu bewilligen.

 

Wie nunmehr durch die Judikatur des VfGH (G 138/00 vom 15.6.2001) und die Rechtspraxis des UBAS (227.659/3-I/02/02 vom 24.6.2002) hinreichend klargelegt wurde, ist es Aufgabe des Bundesasylamtes unter "Bedachtnahme auf die Zielsetzung der Regelung" die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dem Bescheid gemäß § 8 AsylG verbinden, also diese gleichzeitig zu erteilen auch wenn ihre Wirkung von Gesetzes wegen erst mit der Rechtskraft der zur Beendigung des Aufenthaltsrechtes führenden Entscheidung eintritt.

 

Die Zielsetzung der Regelung des § 15 AsylG ist, dem Fremden, der aus den in § 8 leg. cit. genannten Gründen nicht in der Lage ist, in sein Herkunftsland zurückzukehren und dessen Asylantrag aus anderen als den Asylausschlussgründen rechtskräftig abgewiesen wurde, eine befriste Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, "um den plötzlichen Verlust der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung abzuwenden" (vgl. VfGH vom 15.6.2001, G 138/00).

 

Da das Non-Refoulement-Verfahren gemäß § 8 AsylG ergeben hat, dass Ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in Ihren Herkunftsstaat unzulässig ist, war Ihnen nach der Judikatur des VfGH und der Rechtspraxis des UBAS eine bedingte Aufenthaltsberechtigung befristet auf drei Monate zu erteilen. Die Festlegung der Frist von drei Monaten ist von folgenden Überlegungen getragen: Mit der befristeten Aufenthaltsberechtigung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass zum Entscheidungszeitpunkt eine Rückkehr in den Herkunftsstaat unmöglich ist. Für die Bestimmung der Länge der Frist ist daher eine Prognose über die wahrscheinliche Dauer dieses Zustandes anzustellen. Die zitierte Judikatur bringt es mit sich, dass neben der allgemein schwierigen Bewertung der landesspezifisches Situation noch weitere, nicht mit hinreichender Sicherheit prognostizierbare Umstände, wie z.B. die Frage der Berufungseinbringung oder die Frage der Verfahrensdauer des Berufungsverfahrens, hinzukommen. Durch die Gewährung einer dreimonatigen Aufenthaltsberechtigung ab Rechtskraft der Entscheidung nach § 7 und § 8 AsylG ist jedenfalls sichergestellt, dass hinreichend Zeit für die Setzung der geboten erscheinenden Maßnahmen durch den Asylwerber besteht und somit dem Ziel des § 15 - wie es vom VfGH ausformuliert wurde - Rechnung getragen wurde.

 

Die judiziellen Vorgaben an das Bundesasylamt bezüglich des Zeitpunktes der Erteilung einer befristen Aufenthaltsberechtigung (UBAS vom 24.6.2002, 227.659/3-I/02/02: mit dem Bescheid nach § 8 verbinden) bewirken, dass die "Nebenbestimmung" d

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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