TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/29 E3 400286-1/2008

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Veröffentlicht am 29.07.2008
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Spruch

E3 400.286-1/2008-9E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. HERZOG-LIEBMINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des K.U., geb. 00.00.1988, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.06.2008, FZ. 08 02.342-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und SACHVERHALT

 

I.1. Der Beschwerdeführer (im folgenden kurz BF), ein Staatsangehöriger aus der Türkei und Zugehöriger der kurdischen Volksgruppe, stellte erstmals - nach illegaler Einreise - am 12.12.2005 einen Asylantrag. Zusammengefasst brachte der BF vor, dass er Musiker gewesen sei und versucht hätte der Dehap zu helfen. Auch seien Angehörige von ihm bei der Dehap und wäre er deshalb einer Verfolgung ausgesetzt gewesen. Weiters gab er an, dass er Angst habe zum Militärdienst einberufen zu werden und diesen ableisten zu müssen. Das Bundesasylamt wies nach mehreren Einvernahmen den Asylantrag mit Bescheid vom 12.01.2007, Zahl: 05 21.724-BAG, ab und stellte unter einem fest, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei zulässig sei. Gleichzeitig wurde der Antragsteller aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen. Zusammengefasst begründete die Erstbehörde ihre Entscheidung damit, dass aufgrund der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Antragstellers, nicht von einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund auszugehen sei und tätigte Ausführungen zur mangelnden Asylrelevanz in Bezug auf Wehrdienstverweigerung. Dieser Bescheid wurde dem BF - nach mehrmaligem Versuch der Zustellung und in weiterer Folge mangels Kenntnis über den gegenwärtigen Aufenthaltsort - nicht persönlich zugestellt, sondern mit Datum 29.01.2007 durch Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Absatz 2 ZustellG zugestellt und erwuchs dieser mit Datum 13.02.2007 in Rechtskraft.

 

I.2. Am 10.03.2008 stellte der BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Der BF wurde in weiterer Folge niederschriftlich einvernommen und brachte er vor, dass sich seine Fluchtgründe seit der ersten Asylantragstellung im Dezember 2005 nicht geändert hätten und dieselben seien. Er sei im Feber 2007 in die Türkei zurückgekehrt und habe versucht dort Fuß zu fassen. Er habe Angst Militärdienst zu leisten und habe auch eine Einberufung zur Musterung erhalten. Im Falle einer Rückkehr würde er sogleich von einem Militärgericht verurteilt und eingesperrt werden, da er Kurde sei. Zur Bestätigung seines Vorbringens brachte er ein Schreiben der Rekrutierungsstelle C. vom 00. November 2007 in Vorlage, aus welchem sich ergibt, dass er nicht zur Musterung erschienen sei und deshalb als musterungsflüchtig gelte.

 

I.3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.06.2008, FZ. 08 02.342-EAST Ost, wurde der dem Verfahren zugrunde liegende Asylantrag des Beschwerdeführers vom 10.03.2008 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG die Ausweisung der beschwerdeführenden Partei aus dem Bundesgebiet in Türkei verfügt. Die Erstbehörde tätigte umfangreiche Ausführungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers, sowie eine schlüssige Beweiswürdigung und richtige rechtliche Folgerungen. Unter ausführlicher und schlüssiger Begründung stellte die Erstbehörde fest, dass die Begründung des neuerlichen Asylantrages des Antragstellers nicht ausreiche, einen neuen, gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen. Auch wurden schlüssige Ausführungen hinsichtlich der Zulässigkeit der Ausweisung in die Türkei und dem Fehlen eines Eingriffes in Art. 8 EMRK getroffen.

 

I.4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht "Berufung" (nunmehr: Beschwerde) erhoben.

 

I.5. Die gegenständliche Beschwerde samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt langte am 14.07.2008 beim Asylgerichtshof ein.

 

1.6. Hinsichtlich des Verfahrensherganges und Parteienvorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

Gemäß dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, wurde der Asylgerichtshof - bei gleichzeitigem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes über den unabhängigen Bundesasylsenat - eingerichtet und treten die dort getroffenen Änderungen des Asylgesetzes mit 01.07.2008 in Kraft; folglich ist das AsylG 2005 ab diesem Zeitpunkt in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden.

 

1. Zuständigkeit der erkennenden Einzelrichterin

 

Gem. § 61 Absatz 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Absatz 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 22 Absatz 1 ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses.

 

2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Behörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 61 AsylG 2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.

 

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008AsylG) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz nach dem 01.01.2006 gestellt, weshalb das AsylG 2005 idgF zur Anwendung gelangt.

 

3. Rechtliche Würdigung:

 

3.1. Gemäß 75 Abs. 4 AsylG begründen ab - oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

3.2. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266).

 

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.05.1995, Zl. 93/08/0207). Sache des vorliegenden Berufungsverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtssprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung nicht neu geltend gemacht werden (s. z.B. VwSlg. 5642A, VwGH 28.11.1968, 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, Zl. 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, Zl. 92/12/0127; 23.11.1993, Zl. 91/04/0205; 26.04.1994, Zl. 93/08/0212; 30.01.1995, Zl. 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, Zl. 83/07/0274; 21.02.1991, Zl. 90/09/0162; 10.06.1991, Zl. 89/10/0078; 04.08.1992, Zl. 88/12/0169; 18.03.1994, Zl. 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, Zl. 1202/58; 03.12.1990, Zl. 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH vom 24.02.2000, Zl. 99/20/0173-6).

 

3.2.1. Zunächst ist auszuführen, dass das Bundesasylamt hinsichtlich beider Spruchpunkte in der Begründung des Bescheides vom 13.06.2008, FZ. 08 02.342-EAST Ost, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesasylamt hat mit dem BF eine Einvernahme und eine Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs (bei welcher auch der Rechtsberater anwesend war) durchgeführt (hinzu kommt die Befragung anlässlich der Antragstellung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes), und darauf aufbauend richtige Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich daher der Beweiswürdigung, sowie den auch hinsichtlich der rechtlichen Subsumtion nicht zu beanstandenden Ausführungen des Bundesasylamtes, einschließlich der länderkundlichen Feststellungen zur Türkei im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278; VwGH 25.03.1999, Zl. 98/20/559, VwGH 30.11.2000, Zl. 2000/20/0356. )

 

3.2.2. Der BF stützt seinen nunmehrigen Antrag auf internationalen Schutz auf Ereignisse, die bereits vor seiner ersten Antragstellung vorgefallen sein sollen.

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Verfolgungsbehauptungen des BF im rechtskräftigen ersten Asylverfahren - mit näherer dortiger Begründung - als nicht glaubhaft gewertet wurden.

 

Das nunmehrige Vorbringen des BF deckt sich mit dem Vorbringen, welches bereits im ersten am 13.02.2007 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren als nicht glaubwürdig und nicht asylrelevant qualifiziert wurde. So hat der BF im jetzigen Verfahren dezidiert angegeben dass seine Fluchtgründe dieselben geblieben seien. Überdies hat er bereits im ersten Verfahren angegeben, dass er befürchte im Falle seiner Rückkehr zum Militärdienst einberufen zu werden und diesen ableisten müsste. Wenn er nun im zweiten Asylverfahren vorbringt, dass er einen Einberufungsbefehl erhalten habe und dieses Vorbringen durch ein Schreiben der Rekrutierungsstelle C. untermauert, so ist hiezu auszuführen, dass es sich diesbzgl. um kein neues Vorbringen handelt, unterliegt doch der Wehrpflicht jeder männliche türkische Staatsbürger unabhängig von seiner Volkszugehörigkeit und ergibt sich diese Pflicht insbesondere durch Erreichen des wehrdienstpflichtigen Alters; insbesondere aber auch unter Beachtung des Umstandes, dass der BF seine Befürchtungen hinsichtlich des Militärdienstes bereits im ersten Verfahren geäußert hat. Im vorliegenden Fall kann somit von einer relevanten Änderung des Sachverhaltes seit Erlassung des zwischenzeitlich rechtskräftigen und zum Vergleich heranzuziehenden Bescheides des Bundesasylamtes vom 12.01.2007, mit dem das erste Verfahren den BF betreffend abgeschlossen worden ist, keine Rede sein. Es liegen auch keine Umstände vor, die eine Änderung des Sachverhaltes insofern darstellen, dass sie der Asylgerichtshof von Amts wegen zu berücksichtigen hätte.

 

Das Bundesasylamt hat solcherart in Ermangelung zusätzlicher Elemente des Vorbringens des BF, die für die Glaubwürdigkeit oder Asylrelevanz sprechen könnten, zu Recht das diesbezügliche im neuerlichen Asylverfahren erbrachte Vorbringen nicht als neuen entscheidungsrelevanten Sacherverhalt gewertet. Der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz dient demzufolge der Überprüfung einer bereits rechtskräftigen Entscheidung und wurde vom Bundesasylamt daher rechtsrichtig wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.

 

Im gegenständlichen Asylverfahren wurde somit kein entscheidungsrelevanter neuer Sachverhalt im Sinne eines "novum productum" behauptet.

 

3.2.3. Zusätzlich ist zum Vorbringen hinsichtlich Wehrdienst wie folgt auszuführen:

 

Der Asylgerichtshof verkennt nicht, dass auch die Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung u.a. dann zur Asylgewährung führen kann, wenn das Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen - wie etwa bei der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt (vgl. VwGH vom 01.03.2007, 2003/20/0210), doch ergibt sich eine solche Gefahr aus den seitens der Erstbehörde im ersten Verfahren getroffenen Feststellungen nicht. Dennoch hat die erkennende Richterin aber überprüft, ob sich zwischenzeitlich Hinweise ergeben haben, wonach die diesbezügliche Beurteilung der Erstbehörde nicht mehr zulässig wäre. Solche Hinweise haben sich jedenfalls nicht ergeben. Es ist dem Bericht des Home Office, Operational Guidance Note, 3.10. vom 18.04.2007 zu folgen, dass nur dann ein reales Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK besteht, wenn bestimmte Faktoren in einer Gesamtbetrachtung für eine solche Verletzung sprechen. Dies wären eine (gegen die Streitkräfte gerichtet) oppositionelle Tätigkeit - etwa bei einer Friedensbewegung -, die öffentliche Vernichtung des Einberufungsbefehls oder eine andere vergleichbare Handlung, mehrere strafrechtliche Verfolgungen (soweit der Betreffende in dieser Zeit in der Türkei war) und daraus resultierend mehrere Bestrafungen, sich wiederholende und aufeinanderfolgende gleichartige Bestrafungen. Der BF brachte zwar vor, dass er nicht kämpfen wolle und Angst vor dem Militärdienst habe; er hat diese Einstellung jedoch in keiner Art und Weise nach außen getragen. Insoweit ist dem Home Office, dass kein reales Risiko einer relevanten Menschenrechtsverletzung diesfalls im Zusammenhang mit der Ableistung des Wehrdienstes, ebensowenig wie im Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes vom 25.10.2007, erkannt werden kann zu folgen. Auch der aktuelle Bericht von Amnesty International, der etwa auch das Problem der Wehrdienstverweigerung thematisiert, beschäftigt sich nicht mit drohenden Menschenrechtsverletzungen während der Ableistung des Militärdienstes. Da hinsichtlich des BF in der Türkei bisher weder Probleme mit Behörden noch politische Tätigkeiten glaubhaft gemacht wurden, gibt es im Falle einer tatsächlichen Wehrdienstverweigerung keinen schlüssigen Anhaltspunkt für eine (erwartbare) unverhältnismäßige Bestrafung bzw. sonstige Anhaltspunkte, die für eine konkrete Bedrohung des BF aus asylrelevanten Gründen sprächen, solche Gründe hat der BF im übrigen auch selbst nicht ausreichend substantiiert vorgebracht. Im übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, in welchem die Erstbehörde auch dargelegt hat, warum dem Militärdienst und der Bestrafung wegen der Weigerung diesen anzutreten, die Asylrelevanz fehlt. Überdies ist den Ausführungen des Bundesasylamtes zum türkischen Militärdienst, im Beschwerdeschriftsatz nicht überzeugend entgegengetreten worden.

 

3.2.4. Insoweit das Vorbringen des BF unter dem Blickwinkel des Refoulementschutzes (§ 8 AsylG) zu betrachten ist, ist auszuführen, dass bereits im Erstverfahren festgehalten wurde, dass sich aus dem Vorbringen des BF keine, wie immer geartete, Rückkehrgefährdung ergeben habe und habe auch keinerlei Bedrohung im Sinne des § 50 FPG erkannt werden können.

 

Aufgrund dessen, dass auch im zweiten Asylverfahren kein glaubwürdiges konkretes Vorbringen im Hinblick auf eine Bedrohung im Sinne des § 50 FPG erbracht wurde, ist demnach wiederum nur die allgemeine Situation in der Türkei zu betrachten. Auch wenn es in der Türkei aktuell in einigen Kurdenprovinzen zu Auseinandersetzungen beziehungsweise Ausschreitungen kommt, kann nicht festgestellt werden, dass sich jede Person, welche sich dort aufhält schon alleine aufgrund des Faktum der dortigen physischen Präsenz in einer ernsthaften Bedrohungssituation des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilperson befindet.

 

Von Amts wegen sind seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens keine Änderungen der allgemeinen Situation in der Türkei, insbesondere hinsichtlich der kurdischen Volksgruppe, notorisch, welche die Annahme einer allgemeinen extremen Gefährdungslage gerechtfertigt erscheinen lassen würden.

 

3.2.5. Da auch keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom Bundesasylamt von Amts wegen zu berücksichtigen wären, vorliegen, da sich die allgemeine Situation in der Türkei in der Zeit, bis der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen wurde, und sich auch die Rechtslage in der Zwischenzeit nicht entscheidungswesentlich geändert hat, ist das Bundesasylamt im Ergebnis daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Behandlung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht.

 

Die Beschwerde war somit hinsichtlich Spruchpunkt I abzuweisen.

 

3.2.6. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Nach Abs. 2 leg. cit. sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung idF BGBl I Nr. 75/2007 ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

3.2.6.1. Hinsichtlich der Entscheidung über die Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 wird - um Wiederholungen zu vermeiden und im Hinblick darauf, dass weder im Vorbringen des BF vor der Erstbehörde, noch in der Beschwerde ein konkretes Vorbringen hiezu erstattet wurde - auf die umfassende Begründung im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen und diese vollinhaltlich zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhoben.

 

Da sohin im gegenständlichen Verwaltungsverfahren die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG, nämlich die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache, vorliegt, weiters keine Umstände hervorgekommen sind, die diese Ausweisung unzulässig erscheinen ließen, nämlich weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht noch familiäre Beziehungen, die eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirken könnten (§ 10 Abs. 2 leg. cit), war auch der Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt der Erfolg versagt.

 

Die Beschwerde war somit auch hinsichtlich Spruchpunkt II abzuweisen.

 

3.3. Der Beschwerde wurde mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 15.07.2008 die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 im Sinne einer Grobprüfung zuerkannt.

 

Bei der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde - in Bezug auf die Ausweisung - handelt sich um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Im Rahmen einer "Feinprüfung" des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist die erkennende Richterin zum Ergebnis gekommen, dass spruchgemäß zu entscheiden war.

 

3.4. Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs 4 AsylG entfallen.

Schlagworte
Ausweisung, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
20.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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