TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/30 S12 400554-1/2008

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Veröffentlicht am 30.07.2008
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Spruch

S12 400.554-1/2008/4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde des D.A., geb 00.00.1990, StA Russland, vertreten durch A.S., in gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.06.2008, Zahl 08 02.017-EAST Ost , zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 iVm § 34 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

Entscheidungsgründe

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

 

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, stellte am 27.02.2008.2008 den Antrag, ihm internationalen Schutz zu gewähren. Bei seiner Einvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (PI Traiskirchen) am 27.02.2008 gab er als Namen seiner Ehegattin U.L., ebenfalls mit ihm gemeinsam aus dem Herkunftsland über Polen nach Österreich eingereist und gleichfalls Asylwerberin und nunmehrige Beschwerdeführerin, an.

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück; es stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages "gemäß Artikel 16 (1) (c)" der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist, ABl. 2003 Nr. L 50 ff. (in der Folge: Dublin-V) Polen zuständig sei, wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG dorthin aus und sprach überdies aus, dass gemäß § 10 Abs. 4 AsylG seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung dorthin zulässig sei.

 

3. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 25.6.2008 persönlich zugestellt (AS 177; Übernahmebestätigung).

 

4. Gegen den Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte Beschwerde.

 

5. Gegen den die Ehegattin betreffende Bescheid des Bundesasylamtes, mit der auch ihr Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen, Polen für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig erklärt wurde und die Ehegattin gemäß § 10 AsylG nach Polen ausgewiesen wurde, wurde Beschwerde erhoben. Dieser Beschwerde wurde stattgegeben und der bekämpfte Bescheid gemäß § 63 Abs. 5 AVG mangels wirksamer Zustellung des Bescheids behoben.

 

2. Der Asylgerichtshof hat durch die zuständige Einzelrichterin über die gegenständliche Beschwerde wie folgt erwogen:

 

1. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG ist das AsylG am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren. Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; es ist daher nach dem AsylG zu führen.

 

§ 41 Abs. 3 AsylG lautet: "In einem Verfahren über eine Berufung gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung ist § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Berufung gegen die Entscheidung des Bundesasylamts im Zulassungsverfahren statt zu geben, ist das Verfahren zugelassen. Der Berufung gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch statt zu geben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."

 

Gemäß § 17 Abs. 2 AsylG ist ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht, wenn der Fremde - auch im Rahmen einer Vorführung - persönlich bei einer Erstaufnahmestelle den Antrag stellt (vgl. auch § 43 Abs. 2 AsylG).

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-V zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist diese Entscheidung mit einer Ausweisung zu verbinden; die Ausweisung gilt gemäß § 10 Abs. 4 AsylG stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist eine Ausweisung ua. unzulässig, wenn sie Art. 8 MRK verletzen würde.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist "Familienangehöriger" iSd AsylG ua. der Elternteil eines minderjährigen Kindes, der Ehegatte oder das zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratete minderjährige Kind eines Asylwerbers. Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG gilt der Antrag des Familienangehörigen (das Gesetz verweist auf § 2 Z 22 - gemeint ist § 2 Abs. 1 Z 22 - AsylG) eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 4 AsylG Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Gemäß § 36 Abs. 3 AsylG gilt die Berufung auch nur eines betroffenen Familienmitglieds gegen eine zurück- oder abweisende Entscheidung im Familienverfahren auch als Berufung gegen die Entscheidungen, welche die anderen Familienangehörigen betreffen; keine dieser Entscheidungen ist dann der Rechtskraft zugänglich.

 

2. Die Ehegattin des Beschwerdeführers, Frau U.L., hat gleichfalls einen Asylantrag gestellt, der zurückgewiesen worden ist; der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 18.07.2008, GZ S 12 400.555-1/2008/2E stattgegeben und der bekämpfte Bescheid gemäß § 63 Abs. 5 AVG behoben. Der Beschwerdeführer ist Familienangehöriger der Frau U.L. iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG; sein Antrag ist sohin mit dem ihren gemeinsam in einem Familienverfahren zu behandeln. Auch die Rechtsmittelinstanz muss die Regeln für das Familienverfahren beachten: Sie ist verpflichtet, die Anträge von Familienangehörigen gemeinsam ("unter einem"), also im Rahmen eines Familienverfahrens, zu führen. Die Beschwerden sind daher nicht isoliert zu beurteilen und zu erledigen, sondern auch hier § 34 Abs. 4 AsylG zu beachten, zumal gemäß § 34 Abs. 4 AsylG alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang erhalten.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Vorgängerbestimmung des § 34 Abs. 4 AsylG (§ 10 Abs. 5 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003) bedeutet dies, dass in dem Fall, wenn der Bescheid auch nur eines Familienangehörigen behoben und die Angelegenheit zur Durchführung des materiellen Verfahrens an das Bundesasylamt zurückverwiesen wurde, dies auch für die Verfahren aller anderen Familienangehörigen gilt (vgl. VwGH vom 18.10.2005, Zl. 2005/01/0402).

 

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverfahren, Kassation
Zuletzt aktualisiert am
20.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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