S12 400.555-1/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde der U.L., geb. 00.00.1990, StA. Russland, gesetzlich vertreten durch Mag. Handler, 2514 Traiskirchen, Otto Glöckel Straße 24, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.06.2008, Zl. 08 02.018-EAST Ost, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß 41 Abs. 3 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Die minderjährige Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der russischen Föderation, stellte am 27.02.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz und brachte diesen am selben Tag bei der Erstaufnahmestelle Ost ein (vgl. AIS-Auszug). Eine EURODAC-Anfrage vom gleichen Tag ergab, dass die Beschwerdeführerin bereits am 25.02.2008 in Lublin (Polen) einen Asylantrag gestellt hatte. Ebenfalls am selben Tag erfolgte eine Erstbefragung der Beschwerdeführerin durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen, im Zuge derer sie angab, mit ihrem Ehegatten, D.A., ebenfalls StA. der russischen Föderation, gemeinsam geflüchtet zu sein. Ferner gab sie an, am 25.02.2008 mit ihrem Mann, ihrer Schwiegermutter und deren Sohn aus dem Heimatland über Weißrussland nach Polen eingereist zu sein und dort einen Asylantrag gestellt zu haben, bevor sie alle gemeinsam nach Österreich eingereist seien. Schließlich gab die Beschwerdeführerin an, dass sie vermute, schwanger zu sein.
2. Am 04.03.2008 erging eine Mitteilung gem. § 29 Abs. 3 AsylG an die gesetzliche Vertreterin der Beschwerdeführerin, die Rechtsberaterin Mag. Kang (siehe AS 41f), wonach beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da Dublin-Konsultationen mit Polen seit dem 28.02.2008 geführt würden. Nach der Aktenlage hat das Bundesasylamt am 29.02.2008 ein Rückübernahmegesuch an die polnische Asylbehörde gerichtet (AS 31 bis 37). Mit Schreiben vom 03.03.2008 (eingelangt am 04.03.2008) teilte die polnische Behörde mit, dass Polen seine Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrages bejahe und auf der Grundlage des Art. 16
(1) (c) der Dublin-II-VO der Übernahme der Beschwerdeführerin zustimme.
3. In weiterer Folge ergingen mehrere Ladungen an die gesetzliche Vertreterin der Beschwerdeführerin bzw. an den von der gesetzlichen Vertreterin bevollmächtigten Rechtsberater als gesetzlichen Vertreter, Mag. Handler, (AV 23.07.2008) zur Einvernahme, zu einer psychologischen und ärztlichen Untersuchung, die von der Beschwerdeführerin zum Teil nicht wahrgenommen werden konnten. Am 16.05.2008 wurde die Beschwerdeführerin von Dr. P. D., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, untersucht. Im Zuge der darauf folgenden gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren führte Dr. D. an, dass sich keine sicheren Hinweise auf eine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung oder Traumatisierung ergeben hätten und verweist auf psychosomatische Beschwerden und wiederholte Emesis bei Gravidität.
4. Vom 00.00.2008 bis 00.00.2008 befand sich die Beschwerdeführerin in stationärer Krankenhausbehandlung im Landesklinikum B. wegen Komplikationen im Rahmen ihrer Schwangerschaft (AS 81, 83). In der Entlassungsdiagnose wird auch darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin 2007 einen Abortus erlitten hatte.
5. Am 27.05.2008 wurde die Beschwerdeführerin im Beisein eines von Mag. Handler bevollmächtigten Vertreters, Dr. Zach (Rechtsberater an der Erstaufnahmestelle) nach erfolgter Rechtsberatung vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Dabei gab die Beschwerdeführerin an, dass sie wegen Komplikationen in ihrer Schwangerschaft vier Tage stationär im Krankenhaus B. untergebracht gewesen sei; was die Ärzte diagnostiziert hätten, könne sie nicht angeben, weil sie sie in Ermangelung eines Dolmetschers nicht verstehen habe könne. Zur gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren durch Dr. D. führte sie an, dass das Gespräch mit Dr. D. nicht einmal 20 Minuten gedauert habe und sie nicht die Gelegenheit gehabt habe, ihm alles zu erzählen. Ergänzend wolle sie anführen, dass sie sich über die zweite Festnahme ihres Ehemannes sehr aufgeregt habe und in der Folge eine Fehlgeburt erlitten habe. Zu ihrer geplanten Überstellung nach Polen gab sie an, sie habe im Flüchtlingslager in Polen große Angst gehabt. Sie seien auch von zwei Tschetschenen bedroht worden. Ihnen sei gesagt worden, dass sie auch nicht in Polen in Ruhe gelassen würden. Aus Angst seien sie in der Folge zum Bahnhof gefahren und hätten ihre Ausreise aus Polen organisiert.
6. Mit Bescheid vom 25.06.2008 an den Rechtsberater Mag. Handler als gesetzlichen Vertreter im Asylverfahren am 26.06.2008 laut Übernahmebestätigung (AS 195) zugestellt, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und erklärte für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 16 (1) (c) der Verordnung Nr. 343/2003 des Rates Polen für zuständig. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und festgestellt, dass gemäß § 10 Abs. 4 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Polen zulässig sei.
7. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht durch die Rechtsberaterin Mag. Julia Kux, bevollmächtigt durch Mag. Martin Handler (e-mail 24.07.2008) Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wird unter anderem gerügt, dass die Beschwerdeführerin unbestritten minderjährig sei und bereits bei ihrer Erstbefragung durch die Polizei kein gesetzlicher Vertreter anwesend gewesen und auch keine nachträgliche Genehmigung erteilt worden sei. Die Mitteilung gem. § 29 Abs. 3 AsylG sei der Rechtsberaterin Mag. Kang als gesetzlicher Vertreterin der Beschwerdeführerin übermittelt worden; bei der Einvernahme zum Parteiengehör dagegen sei Rechtsberater Mag. Zach anwesend gewesen, wobei er vom gesetzlichen Vertreter Rechtsberater Mag. Handler offenbar mündlich bevollmächtigt worden sei. Über einen Übergang der gesetzlichen Vertretung von Rechtsberaterin Mag. Kang an Rechtsberater Mag. Handler finde sich kein Beleg im Akt und sei vollkommen unklar, ob ein solcher Übergang rechtlich überhaupt möglich sei. Im Übrigen mangle es an einer Ladung der gesetzlichen Vertreterin zur Einvernahme und zur psychologischen Untersuchung. Der Bescheid sei mangels Übergang der gesetzlichen Vertretung an einen anderen Rechtsberater nie der gesetzlichen Vertreterin zugestellt worden sei und daher nichts rechtswirksam erlassen worden. Im Übrigen wird ua. auch darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin an einer Hyperemesis Gravidarum, auch als "extreme Schwangerschaft" bezeichnet leide und aufgrund ihrer starken Gewichtsabnahme trotz Schwangerschaft extrem geschwächt sei, weshalb sie abermals stationär am Landesklinikum B. für vier Tage aufgenommen werde hätte müssen. Eine Überstellung nach Polen würde daher eine extreme Gefahr für das ungeborene Kind bedeuten; sowohl eine Busfahrt als auch ein Flug seien derzeit unmöglich. Zudem sei bei der Untersuchung durch Dr. D. unberücksichtigt geblieben, dass die Beschwerdeführerin traumatisiert sei und dass ihr Abortus einen Tag nach der Verhaftung ihres Ehegatten geschehen sei und in einem ursächlichen Zusammenhang mit diesem Ereignis stehe. Das Gutachten Dr. D. wurde ferner als höchst mangelhaft und in sich widersprüchlich kritisiert.
8. Die Beschwerde langte am 15.07.2008 beim Asylgerichtshof ein.
II. Der Asylgerichtshof hat durch die zuständige Richterin über die gegenständliche Beschwerde wie folgt erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakten der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten.
2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
2.1. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG ist das AsylG am 01.01.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren. Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz im Februar 2008 gestellt, weshalb das AsylG idF BGBl. Nr. 100/2005 anzuwenden ist.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
2.2. Gemäß § 16 Abs. 1 AsylG ist für den Eintritt der Volljährigkeit nach dem AsylG ungeachtet der Staatsangehörigkeit österreichisches Recht maßgeblich. Gemäß § 16 Abs. 3 AsylG sind mündige Minderjährige, deren Interessen von ihren gesetzlichen Vertretern nicht wahrgenommen werden können, berechtigt, Anträge zu stellen und einzubringen. Gesetzlicher Vertreter für Verfahren nach dem AsylG ist mit Einbringung des Antrags auf internationalen Schutz (§ 17 Abs. 2) der Rechtsberater in der Erstaufnahmestelle, nach Zulassung des Verfahrens und nach Zuweisung an eine Betreuungsstelle der örtlich zuständige Jugendwohlfahrtsträger jenes Bundeslandes, in dem der Minderjährige einer Betreuungsstelle zugewiesen wurde. Widerspricht der Rechtsberater vor der ersten Einvernahme im Zulassungsverfahren einer erfolgten Befragung (§ 19 Abs. 1 AsylG) eines mündigen Minderjährigen, ist diese in seinem Beisein zu wiederholen.
2.2.1. Für die Frage der Rechtswirksamkeit der Zustellung des angefochtenen Bescheides des Bundesasylamtes ist erstens entscheidend, ob die verheiratete Beschwerdeführerin als volljährig oder als unbegleitete Minderjährige anzusehen ist und demzufolge im Asylverfahren einer gesetzlichen Vertretung bedarf.
Dazu ist folgendes festzuhalten:
Die Rechts- und Handlungsfähigkeit ist gemäß § 9 AVG - soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist - nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu bestimmen. Bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ist daher grundsätzlich das internationale Privatrecht heranzuziehen, wie es im Bundesgesetz über das internationale Privatrecht BGBl 304/1978 (IPRG) geregelt ist (Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl. Kommentar [1999] Rz 748). Nach § 12 IPRG ist die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer Person nach ihrem Personalstatut zu beurteilen, das ist nach § 9 Abs. 1 IPRG das Recht des Staates, dem sie angehört. Für Flüchtlinge und für Personen, deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, gelten Sondervorschriften (§ 9 Abs. 3 IPRG). Für den österreichischen Rechtsbereich erlangt ein Fremder daher seine Handlungsfähigkeit grundsätzlich nach den Regeln seines Herkunftsstaates - vorausgesetzt, dass dieses Recht die Verweisung annimmt (§ 5 Abs. 1 und 2 IPRG) -, etwa indem er eine Altersgrenze überschreitet oder zB, wenn dies vorgesehen ist, durch Eheschließung.
Für den Bereich des AsylG wird, soweit es um die Volljährigkeit geht, dem § 12 IPRG partiell derogiert (vgl. VwGH 16.9.1999, 99/01/0175); insoweit ist nur österreichisches Recht maßgeblich. § 16 Abs. 1 AsylG verzichtet "auf eine numerische Altersgrenze" und verweist auf den Volljährigkeitsbegriff des Personenrechts. Die Materialien zur Vorgängerbestimmung, nämlich zu dem - insoweit vergleichbaren - § 25 Abs. 1 AsylG idF der AsylGNov. 2001 BGBl I 82 (RV 669 BlgNR 21. GP, 3) führen dazu aus:
"Die gewählte Konstruktion hat den Vorteil, dass hinkünftig die gleichen Altersgrenzen in Bezug auf Verfahrens- und materielles Recht gelten würden und die Asylbehörden der Notwendigkeit aufwendiger Ermittlungen (und Wertungen im Kontext der Ordre Public-Klausel) enthoben wären. Eine solche Bestimmung steht überdies im Einklang mit Artikel 12 der Genfer Flüchtlingskonvention."
Das erklärte Ziel dieser Bestimmung ist es somit ua., den Asylbehörden aufwendige Ermittlungen zum Inhalt fremden Rechts zu ersparen.
§ 16 Abs. 1 AsylG verweist auf das österreichische Recht. Das hier maßgebliche ABGB regelt die Volljährigkeit durch die Definition ihres Gegenteils; nach § 21 Abs. 2 ABGB idF des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001 BGBl. I 135/2000 (KindRÄG 2001) sind Minderjährige Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Gemäß § 175 ABGB idF des KindRÄG 2001 steht ein verheiratetes minderjähriges Kind "hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse einem Volljährigen gleich, solange die Ehe dauert". Da die Berufungsführerin, zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides und jenem der Beschwerdeerhebung, das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, war sie zu diesen Zeitpunkten gemäß § 21 Abs. 2 ABGB minderjährig. Zu fragen ist, ob auf Grund des § 175 ABGB davon auszugehen ist, dass sie hinsichtlich ihrer persönlichen Verhältnisse - zu denen allenfalls die asylrechtlichen Belange zu zählen wären - einer Volljährigen gleichgestellt ist.
Gemäß § 1 Abs. 1 EheG idF des KindRÄG 2001 sind Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ehemündig. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung hat das Gericht "eine Person, die das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat, auf ihren Antrag für ehemündig zu erklären, wenn der künftige Ehegatte volljährig ist und sie für diese Ehe reif erscheint". Nach herrschender Ansicht (vgl. Stabentheiner in Rummel II/43 [2002] Rz 1 zu § 1 EheG) ist der Mangel der Ehemündigkeit ein "schlichtes" Eheverbot im Sinne eines bloßen - an den Standesbeamten gerichteten - Trauungsverbotes. Eine Ehe, die von eheunmündigen Personen geschlossen wird, ist gültig, aber allenfalls wegen des (weiteren) Verstoßes gegen § 3 EheG aufhebbar, nach der Minderjährige zur Eingehung der Ehe der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bedürfen. Nur der vollständige Mangel der Geschäftsfähigkeit bewirkt die Nichtigkeit der Ehe (§ 2 EheG; vgl. Stabentheiner in Rummel II/43 [2002] Rz 2 zu
§ 2 EheG); er liegt bei Kindern bis zu sieben Jahren vor (§ 102 Abs. 1 EheG).
§ 175 ABGB ist vor dem Hintergrund dieses rechtlichen Umfeldes zu sehen. Für ehemündig können nur Minderjährige erklärt werden, bei denen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 EheG vorliegen - die somit auch mindestens sechzehn Jahre alt sind -; grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass österreichische Standesbeamte die Eheverbote beachten und Eheunmündige daher nicht getraut werden. Durch die Eheschließung werden somit nur solche Minderjährige einem Volljährigen gleichgestellt, bei denen diese Voraussetzungen vorliegen und vom Gericht geprüft worden sind.
Wollte man § 175 ABGB auf Asylwerber anwenden, so hätte dies zur Folge, dass auch eine Ehe, die nach einem ausländischen Recht geschlossen worden ist, zur Handlungsfähigkeit verheirateter minderjähriger Asylwerber führte, obwohl das rechtliche Umfeld solcher Eheschließungen vermutlich ganz anders geartet ist. Jenes "Sicherungsnetz", das sich aus den Regelungen über die Ehemündigkeit ergibt, würde wegfallen, ohne dass gewährleistet wäre, dass das ausländische Recht vergleichbare Garantien enthält. Im äußersten Fall müssten sogar Unmündige - die in bestimmten Rechtsordnungen verheiratet werden können - als handlungsfähig gewertet werden. Krasse Fälle ließen sich uU dadurch auffangen, dass man - wie nach dem IPRG - auf den ordre public zurückgreift. Damit würde jedoch der Zweck des § 25 Abs. 1 AsylG verfehlt, nämlich den Asylbehörden aufwendige Ermittlungen (und Wertungen im Kontext der Ordre-Public-Klausel) zu ersparen, mögen auch solche Ermittlungen in anderen Zusammenhängen erforderlich sein, um - gegebenenfalls unter anderen Gesichtspunkten - zB das Bestehen einer Ehe als Voraussetzung dafür zu prüfen, ob ein Familienverfahren iSd § 10 iVm § 1 Z 6 AsylG zu führen ist.
Die Überlegungen zum rechtlichen "Umfeld" des § 175 ABGB zeigen auch, dass diese Bestimmung grundsätzlich nur im Zusammenhang mit den Vorschriften dieses "Umfeldes", vor allem § 1 EheG, angewandt wird. Anders gesagt: Ist österreichisches Recht anzuwenden, so kommen grundsätzlich alle Bestimmungen zum Zug; ist - auf Grund des internationalen Privatrechts - ausländisches Recht anzuwenden, dann keine. Denn grundsätzlich richtet sich die Handlungsfähigkeit eines Ausländers gemäß § 12 IPRG nach seinem Personalstatut, also nach ausländischem Recht und somit gerade nicht nach § 175 ABGB. Eine Auslegung, die § 175 ABGB auf minderjährige verheiratete Asylwerber anwenden wollte, deren Ehe nach ausländischem Recht geschlossen worden ist, würde dazu führen, dass genau dieser Zusammenhang durchschnitten wird, den das IPRG wahrt.
Der Asylgerichtshof kommt daher zum Ergebnis, dass eine im Ausland nach ausländischem Recht geschlossene Ehe nicht die Rechtswirkungen des § 175 ABGB hat. Diese Auslegung erlaubt es, diese Rechtswirkungen auf verheiratete Minderjährige zu beschränken, bei deren Trauung auch im Übrigen das österreichische Recht beachtet und deren "Reife" somit nach österreichischem Recht geprüft worden ist; sie entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers, den Asylbehörden aufwändige Ermittlungen zum ausländischen Recht in diesem Punkt zu ersparen.
Die Beschwerdeführerin ist somit (auch) in ihren asylrechtlichen Belangen nicht handlungsfähig; ihr gesetzlicher Vertreter ist daher gemäß § 16 Abs. 3 AsylG im Zulassungsverfahren ab Einbringung ihres Asylantrags gemäß § 17 Abs. 2 AsylG der Rechtsberater in der Erstaufnahmestelle.
2.2.2. Im gegenständlichen Fall wurde mit der Übernahme der Mitteilung gem. § 29 Abs. 3 AsylG die Rechtsberaterin Mag. Kang zur gesetzlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin. In Folge des Karenzurlaubs von Mag. Kang übertrug diese die gesetzliche Vertretung per Vollmacht an Mag. Handler (vgl. AV vom 23.07.2008). Die Vertretungsvollmacht von Dr. Zach im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 27.05.2008 gründet sich auf einer mündlichen Vollmachterteilung vor der Behörde durch Mag. Handler (vgl. AV vom 23.07.2008). Die Vollmacht zur Erhebung der Beschwerde wiederum hat ihre Grundlage in der Vollmachterteilung an Mag. Julia Kux durch den gesetzlichen Vertreter der Beschwerdeführerin, Mag. Handler (vgl. schriftliche Vollmachterteilung von Mag. Handler vom 06.07.2008, e-mail vom 24.07.2008). Somit geht der Asylgerichtshof davon aus, dass der bekämpfte Bescheid des Bundesasylamtes rechtswirksam erlassen wurde, indem er dem Rechtsberater Mag. Handler als gesetzlichem Vertreter der Beschwerdeführerin zugestellt wurde.
In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass sich aus der Bestimmung des § 16 Abs. 3 AsylG, wonach der Rechtsberater als gesetzlicher Vertreter sodann die Möglichkeit hat, der unvertreten erfolgten Erstbefragung zu widersprechen, ergibt, dass eine solche entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung rechtlich bis auf Widerruf im Sinne des § 16 Abs. 3 AsylG gestattet ist. Ein Widerspruch durch den Rechtsberater als gesetzlicher Vertreter hat im gegenständlichen Fall nicht stattgefunden, weshalb die unvertreten erfolgte Erstbefragung der Beschwerdeführerin somit rechtens war. Unbegleitet mündige Minderjährige dürfen zwar auch im Rahmen der Vorführung befragt werden, also ohne Anwesenheit des Rechtsberaters; diese Befragung ist aber auf Verlangen des Rechtsberaters in seiner Anwesenheit zu wiederholen. Damit ist der unbegleitete minderjährige Fremde jedenfalls vor den verfahrensrechtlichen Folgen einer ihn überfordernden Befragung geschützt (vgl RV zu AsylG 2005 in Hauer/Keplinger, Fremdenrechtspaket 2005, Wien, prolibris.at, 2005, S 57)
2.3. Gemäß § 41 Abs. 3 AsylG ist in einem Verfahren über eine Berufung gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Berufung gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes im Zulassungsverfahren statt zu geben, ist das Verfahren zugelassen. Der Berufung gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch statt zu geben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; es ist daher nach dem AsylG 2005 zu führen.
Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist diese Entscheidung mit einer Ausweisung zu verbinden; die Ausweisung gilt gemäß § 10 Abs. 4 AsylG stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würde.
Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.
2.4. Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin angegeben, wie sich aus dem erstinstanzlichen Akteninhalt eindeutig ergibt, dass sie im Jahr 2007 bereits eine Fehlgeburt erlitten hat und ist auch aus dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen, dass im Fall der Beschwerdeführerin möglicherweise eine Risikoschwangerschaft vorliegt. Die Beschwerdeführerin wurde aufgrund von Komplikationen im Rahmen ihrer bestehenden Schwangerschaft mehrmals stationär aufgenommen und behandelt. Vor diesem Hintergrund hätte eine Ausweisungsentscheidung in dieser Form nicht getroffen werden dürfen; auch der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat zu § 30 iVm § 10 Abs. 3 AsylG festgestellt, dass eine Überstellung auch in einen "Dublinstaat" oder einen sicheren Drittstaat im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Art. 3 EMRK jedenfalls so lange zu unterbleiben hat, als deren Durchführung eine in den Bereich des Art. 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufes oder der Heilungsmöglichkeiten von bestehenden belastungsabhängigen krankheitswertigen psychischen Störungen bewirken würde. Nicht zulässig werde etwa eine Überstellung von Hochschwangeren, Transportunfähigen und akut Schwerkranken sein (vgl. Hauer / Keplinger, Fremdenrechtspaket 2005, Seite 80, dritter Absatz).
Das Bundesasylamt hat es im angefochtenen Bescheid jedoch unterlassen, Feststellungen zur Schwangerschaft der Beschwerdeführerin und insbesondere zur aktuellen Überstellungsfähigkeit der Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund der aufgetretenen Komplikationen im Rahmen der Schwangerschaft zu treffen. Dem erstinstanzlichen Akt ist weder zu entnehmen, ob aktuell durch eine Überstellung der Beschwerdeführerin nach Polen ein (erhöhtes) Risiko für die Beschwerdeführerin bzw. ihr ungeborenes Kind bestünde, wobei angesichts der Anamnese der Beschwerdeführerin geeignete Ermittlungen in dieser Hinsicht anzustellen gewesen wären, noch finden sich aktuelle fachärztliche Untersuchungsergebnisse zu dieser Frage im Akt.
2.5. Käme die erstinstanzliche Behörde vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 34 AsylG zu dem Schluss, dass ein Selbsteintritt Österreichs gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zur Hintanstellung der Verletzung der Rechte aus Art. 3 EMRK nicht erforderlich sei, ist überdies zu klären, ob der Beschwerdeführerin angesichts ihres gesundheitlichen Zustandes bzw. angesichts des gesundheitlichen Zustandes ihres ungeborenen Kindes ein Durchführungsaufschub zu gewähren ist. Der in § 10 Abs. 3 AsylG in Bezug auf die mit der zurückweisenden Entscheidung zu verbindende Ausweisung vorgesehene Durchführungsaufschub stellt auf das Vorliegen von Gründen ab, die in der Person des Asylwerbers liegen und dazu führen, dass die Durchführung der Ausweisung in den Schutzbereich von Art. 3 EMRK eingreift. Den Materialien zufolge kommen als Gründe "etwa eine fortgeschrittene Schwangerschaft, Spitalsaufenthalt oder vorübergehender sehr schlechter Gesundheitszustand in Frage" (Erläuterungen zur RV 952 Blg RNR 22. GP, 23). Feststellungen zum derzeitigen Gesundheitszustand der Berufungswerberin bzw. ihres ungeborenen Kindes sind daher auch notwendig um die Transport- bzw. Überstellungsfähigkeit der Berufungswerberin sowie ihres Kindes daraufhin prüfen zu können, um zu klären, ob ein Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG geboten ist.
2.6. Der Sachverhalt, welcher der Berufungsbehörde nunmehr vorliegt, ist daher "so mangelhaft", dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unerlässlich ist. Der Gesetzgeber hat für das Verfahren über Berufungen gegen zurückweisende Bescheide sehr kurze Fristen (§ 41 Abs. 2, § 37 Abs. 3 AsylG) vorgesehen, andererseits aber die Berufungsbehörde dazu verpflichtet, bei einem "mangelhaften Sachverhalt" der Berufung stattzugeben, ohne § 66 Abs. 2 AVG anzuwenden (§ 41 Abs. 3 AsylG). Das Ermessen, das § 66 Abs. 3 AVG der Berufungsbehörde einräumt, allenfalls selbst zu verhandeln und zu entscheiden, besteht somit in einem solchen Verfahren nicht. Aus den Materialien (Erläut. zur RV, 952 BlgNR 22. GP, 66) geht hervor, dass "im Falle von Erhebungsmängel die Entscheidung zu beheben, das Verfahren zuzulassen und an das Bundesasylamt zur Durchführung eines materiellen Verfahrens zurückzuweisen" ist. Diese Zulassung stehe einer späteren Zurückweisung nicht entgegen. Daraus und aus den erwähnten kurzen Entscheidungsfristen ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Rechtsmittelinstanz im Verfahren über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide von einer Ermittlungstätigkeit möglichst entlasten wollte. Die Formulierung des § 41 Abs. 3 AsylG ("wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint"), schließt somit nicht aus, dass eine Stattgabe ganz allgemein in Frage kommt, wenn der Rechtsmittelinstanz - auf Grund erforderlicher zusätzlicher Erhebungen - eine unverzügliche Erledigung der Beschwerde unmöglich ist.
3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG entfallen.