S12 400.552-1/2008/4E
Erkenntnis
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde der S.A., 00.00.1967 geb., StA.:
Russland, p.A.: European Homecare, Betreuungsstelle Traiskirchen, Otto Glöckel Straße 24, 2514 Traiskirchen, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.06.2008, Zahl: 08 02.016-EAST Ost, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Die Beschwerdeführerin, eine russische Staatsangehörige, reiste am 27.02.2008 illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der darauf folgenden Einvernahme durch die Polizei, Polizeiinspektion Traiskirchen EAST, am 27.02.2008 gab die Beschwerdeführerin an, sie sei am 21.02.2008 mit ihren beiden Söhnen und ihrer Schwiegertochter mit dem Zug von Grosny über Moskau, später nach Brest (Weißrussland) und von dort aus nach Teresopol (Polen) gefahren. Am 24.04.2008 seien sie in Teresopol angekommen, von den Behörden aber abgewiesen worden. Deshalb hätten sie es am 25.02.2008 erneut zu Fuß versucht und in der Folge in Polen Asylanträge gestellt. Einen Tag seien sie im Lager Debak verblieben und später ins Lager Korbach überstellt worden. Noch vor ihrer Überstellung nach Korbach seien sie von tschetschenischen Männern bedroht worden, welche behaupteten, dass ihr Sohn Leute umgebracht habe. Aus Angst seien sie dann nach Österreich geflüchtet. Ihr Heimatland habe sie verlassen, weil 2007 immer wieder maskierte Männer in ihre Wohnung eingedrungen seien und ihren Sohn A. mitgenommen und geschlagen hätten. Ihr Sohn T.I., 00.00.2002 geb., habe keine eigenen Fluchtgründe und beantrage sie daher für ihn internationalen Schutz. Die Beschwerdeführerin legte im Zuge der Erstbefragung auch ihren Inlandsreisepass vor, welcher für echt befunden wurde (AS 25).
Eine EURODAC-Abfrage vom 27.02.2008 bestätigte, dass die Beschwerdeführerin am 25.02.2008 in Lublin (Polen) einen Asylantrag gestellt hat.
2. Das Bundesasylamt nahm nach der Aktenlage am 29.02.2008 Konsultationen mit Polen auf und ersuchte unter Hinweis auf den Eurodac-Treffer um Rückübernahme der Beschwerdeführerin aufgrund Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist (ABl. L 50 vom 25.02.2003; Dublin II-VO).
Am 04.03.2008 langte beim Bundesasylamt per Fax die Antwort Polens ein, mit der Polen der Übernahme der Beschwerdeführerin auf Grundlage des Art. 16 Abs 1 lit. c Dublin II-VO zustimmte (AS 17).
3. Am 04.03.2008 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5 und 68 Abs. 1 AVG) (§ 29 Abs. 3 Z 4 AsylG) und dass Konsultationen mit Polen seit dem 28.02.2008 geführt würden (AS 111-117). Vom 19.03.2008 bis 03.04.2008 wurde die Beschwerdeführerin im Krankenhaus P., Abteilung für Psychiatrie, stationär aufgenommen, nachdem sie mit dem Rettungsdienst aus dem Flüchtlingslager Traiskirchen mit Einweisung durch den Psychotherapeuten der Diakonie Traiskirchen dorthin gebracht worden war. Bei der Beschwerdeführerin wurde eine posttraumatische Belastungsstörung bzw. Traumatisierung, so wie das Auftreten von Flashbacks diagnostiziert und eine Therapie zur Krisenintervention und Stabilisierung der Beschwerdeführerin eingeleitet. Da die Beschwerdeführerin unter großen Angstzuständen litt, musste sie regelmäßig sediert werden. Nach einer engmaschigen Betreuung und weiteren Untersuchungen wurde die Beschwerdeführerin in einem ausreichend stabilen Zustand entlassen und im Bericht darauf hingewiesen, dass sie von einer Suizidalität zum Entlassungszeitpunkt ausreichend distanziert und kein Hinweis auf akute Selbst- oder Fremdgefährdung gegeben sei. Im Entlassungsbefund wurde ferner darauf hingewiesen, dass aufgrund der Gefahr einer Retraumatisierung dringend von einer Abschiebung der Patientin abgeraten und die Einleitung einer hausinternen Psychotherapie empfohlen werde (Arztbrief vom 15.04.2008, AS 77 ff).
4. Am 19. März 2008 begab sich die Beschwerdeführerin zu Herrn E.K., Psychotherapeut der Diakonie Österreich, bei dem sie im Wartezimmer einen Derealisationszustand erlitt und von ihrer Vergewaltigung mit anschließendem Selbstmordversuch berichtete. Daraufhin sei ein Nervenzusammenbruch erfolgt und die Beschwerdeführerin deutlich suizidal eingeengt gewesen, worunter man die jederzeitige Möglichkeit eines Selbstmordversuches verstehe. Daraufhin verständigte Herr K. die Rettung und wurde die Beschwerdeführerin in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses P. gebracht (vgl. Befundbericht Hr. K., 19.05.2008, s. a. Pkt. I.8.).
5. Am 25.04.2008 wurde die Beschwerdeführerin von Frau Dr. H., Ärztin für allgemeine Medizin und psychotherapeutische Medizin, zur Erstellung einer gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren gemäß § 10 AsylG 2005, untersucht. Im Zuge der Untersuchung gab die Beschwerdeführerin auch an, vom Mörder eines Cousins der Familie vor den Augen ihres kleineren Sohnes vergewaltigt worden zu sein und nach dem Vorfall einen Suizidversuch unternommen zu haben. In der gutachterlichen Stellungnahme wird angeführt, dass einer Überstellung nach Polen keine schweren psychischen Störungen entgegenstehen würden, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus ärztlicher Sicht bewirken würden und ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin zwar angegeben habe, einen Suizidversuch unternommen zu haben, diese aber derzeit keine Suizidgedanken und keine Einengung zur Zeit des Gespräches habe. Sie weise eine vorwiegend depressive Symptomatik auf, aber keine frei flottierende Angst und keine intrusiven Symptome. Die von der Beschwerdeführerin geschilderten Anfälle mit Krämpfen in Händen und Füßen seien eventuell als Panikattacken mit Hyperventilation zu sehen. Eine PTSD könne zum Untersuchungszeitpunkt keine diagnostiziert werden, da die intrusive Symptomatik, welche Voraussetzung für die Diagnose einer PTSD nach der ICD-10 sei, nicht vorhanden sei, ebenso wenig wie eine dissoziative Symptomatik. Daher werde von einer Anpassungsstörung und auch einer Panikstörung ausgegangen. Insbesondere hätten keine Flashbacks exploriert werden können. Es werde vermutet, dass die Beschwerdeführerin derzeit über genügend Ressourcen verfüge und eine Behandlung auch im Zielland als gegeben vorausgesetzt werden dürfe. Daher stehe einer Überstellung aus aktueller Sicht kein medizinischer Hinderungsgrund entgegen (AS 83 ff).
6. Am 30.04.2008 wurde die Beschwerdeführerin vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K.A. untersucht. Im nervenärztlichen Befund wird angeführt, dass die Beschwerdeführerin über Spasmen und Kopfschmerzen der rechten Gesichtshälfte klage, besonders wenn sie sich aufrege und sie dann auch bewusstlos werde. Auch sei einmal eine Epilepsie diagnostiziert worden. Psychotische Symptome oder Hinweise auf eine kognitive Funktionsstörung seien keine festzustellen gewesen, soweit dies aufgrund der mangelnden sprachlichen Verständigungsmöglichkeit (ohne Dolmetscher!) beurteilbar sei. Dennoch sei die Beschwerdeführerin deutlich depressiv gewesen und wird im nervenärztlichen Befund in der Zusammenfassung von einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgegangen (AS 89).
7. Von 03.05. bis 06.05.2008 wurde die Beschwerdeführerin erneut im Krankenhaus P., psychiatrische Abteilung, stationär aufgenommen wegen einer erneuten mittelgradigen depressiven Episode (Arztbrief vom 06.05.2008, AS 91 f).
8. Am 19.05.2008 erging der psychotherapeutischem Befundbericht von Herrn K., bei dem die Beschwerdeführerin nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus P. in traumaaufarbeitender Psychotherapie stand. In diesem psychotherapeutischen Befundbericht wird bei der Beschwerdeführerin eine posttraumatische Belastungsstörung zufolge serieller Traumatisierung, bei hinsichtlich älterer Traumata eingesetzter Chronifizierung diagnostiziert. Von einer psychischen Vorerkrankung der Beschwerdeführerin werde vor dem Hintergrund der während der Therapie gewonnenen Eindrücke, der biographischen Angaben und den ärztlichen Befunden nicht ausgegangen. Als Symptome werden bisweilen schmerzresistente Kopfschmerzen, manifeste und latente Suizidalität samt Ausweitung ihrer Flashbacks, traumaspezifische Intrusionen, Vermeidungsverhalten, Depersonalisation und Pseudohalluzination, Hyperarousel mit Hypervigilanz sowie Anfälle ungeklärter Genese beschrieben; zudem wird der Beschwerdeführerin eine Retraumatisierungsanfälligkeit attestiert. In seinen prognostischen Überlegungen geht Herr K. davon aus, dass bei einer konsequenten traumaverarbeiteten Psychotherapie ohne zeitliche Beschränkung mit einer relativen Rehabilitierung gerechnet werden könne, anderenfalls mit einer Chronifizierung im Sinne einer bleibenden Persönlichkeitsveränderung (Depression, Antriebsarmut, Perspektivenlosigkeit, sozialer Rückzug, erhöhtes Risiko von Suizid und Substanzabhängigkeit) zu rechnen sei; die bereits eingesetzte Chronifizierung verschlechtere die Prognose. Die Beschwerdeführerin sei im Rahmen ihrer PTSD retraumatisierungsanfällig und wäre sie für den Fall der Ignoranz ihrer besonderen Schutz- und Schonungsbedürftigkeit einem Risiko der weiteren, anhaltenden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und einer Verschlimmerung ihrer bestehenden Suizidalität ausgesetzt.
In diesem psychotherapeutischen Befundbericht wird auch auf die gutachterliche Stellungnahme von Frau Dr. H. vom 25.04.2008eingegangen (AS 99 bis 101), wobei einerseits die dort verwendete Untersuchungsmethode ("hypothesengeleitete, multimethodale Untersuchung") als sachfremd und irreführend kritisiert wird und die Diskrepanz zwischen dem von Dr. H. in ihrer Stellungnahme festgestellten Zustand der Beschwerdeführerin und der kurz darauf von anderer Seite (K., Dr. A., Krankenhaus P.) diagnostizierten Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung darauf zurückgeführt wird, dass die Untersuchung von Dr. H. nicht nur "vor einem unverständlichen theoretischen Hintergrund, sondern auch in einer gesprächstechnisch mangelhaft aufbereiteten Atmosphäre stattgefunden" habe. Dieser Eindruck entstehe schon aufgrund der Begegnung mit der Beschwerdeführerin und deren Mitteilungen über den Verlauf des Gespräches mit Dr. H., werde aber auch durch frühere Mitteilungen anderer Patienten, deren psychotherapeutische Kurzberichte auf Wunsch übermittelt werden könnten, untermauert. Vor diesem Hintergrund werde den Ergebnissen der gutachterlichen Stellungnahme von Fr. Dr. H. mit großer Skepsis begegnet und ihre Ergebnisse beim vorliegenden psychotherapeutischen Befundbericht nicht berücksichtigt (AS 97 bis 105).
9. Am 21.05.2008 fand beim Bundesasylamt nach erfolgter Rechtsberatung eine Einvernahme der Beschwerdeführerin in Anwesenheit eines Rechtsberaters statt.
Die Beschwerdeführerin gab dabei an, dass sie sich psychisch nicht so gut fühle und auch Kopfschmerzen habe, aber in der Lage sei, der Einvernahme zu folgen. Auf den Vorhalt, dass im Zuge ihrer psychologischen Untersuchung in der Betreuungsstelle am 25.04.2008 bei ihr keine psychische Störung festgestellt werden konnte, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus ärztlicher Sicht bewirken würde, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie sich an diesem Tag sehr schlecht gefühlt habe und sich auch nicht mehr genau erinnern könne. Sie habe sich nicht wirklich öffnen können, weil sie bei jeder Frage, die ihr gestellt worden sei, Panikattacken bekommen habe. Sie habe ständig Angstzustände. Zwei oder drei Tage nach dieser Untersuchung sei es ihr sehr schlecht gegangen und sei sie in die Psychiatrie eingeliefert worden. Im Protokoll wurde daraufhin angemerkt, dass mit Fr. Dr. H. telefonisch Rücksprache bezüglich eines erneuten Gutachtens mit Einbezug sämtlicher bis dato vorhandenen Gutachten vereinbart wurde. Auf ihre geplante Überstellung nach Polen hin angesprochen, führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie nicht nach Polen zurück könne, da sie sich dort vom ersten Tag an unsicher gefühlt habe. Bevor sie in ein anderes Lager überstellt werden hätten können, seien zwei Männer zu ihnen gekommen und hätten ihr Kind bedroht. Diese Männer seien Verwandte jener Männer gewesen, die sie und ihren Sohn in Tschetschenien entführt hätten. Diese wüssten nun, dass sie in Polen seien und deshalb sei ihr Leben dort in Gefahr. Gemeldet hätte sie diesen Vorfall aus Angst nicht; sie gehe davon aus, dass dies das Gleiche sei, wie wenn sie in Tschetschenien Anzeige erstatten würde. Sie habe sehr große Angst und keine Kraft mehr gehabt. Auch sei alles so schnell passiert, dass sie nicht darüber nachgedacht habe. Im Lager seien keine Polizisten gewesen und sie habe Angst gehabt, zu anderen Leuten zu gehen. Es sei nicht kontrolliert worden, wer in das Lager komme. Es stehe nur eine Person am Eingang des Lagers; man könne ein und aus gehen, ohne kontrolliert zu werden. Nachdem ihr die Feststellungen der Erstbehörde zur Lage und Ausgestaltung des polnischen Asylverfahrens zur Kenntnis gebracht wurden, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie den Sicherheitsdienst nicht bemerkt habe. Über die Möglichkeit, auch privat untergebracht zu werden, wenn sie bedroht werde, habe sie nicht Bescheid gewusst. Sie sei nur ein paar Stunden dort gewesen. Nachdem sie die Leute gesehen habe, sei sie in Panik geraten. Polen liege sehr nahe an Russland und dort habe sie nicht die Sicherheit wie in Österreich. Zu ihrem Sohn T.I. führte sie als gesetzliche Vertreterin an, dass ihr Kind seit seiner Geburt ununterbrochen bei ihr gewesen sei und deswegen für ihn die gleichen Angaben gelten würden; darüber hinaus habe ihr Kind keine eigenen Fluchtgründe.
Der Rechtsberater der Beschwerdeführerin stellte einen Antrag auf Selbsteintritt Österreichs. Dr. S. von der Psychiatrie habe am 15.04.2008 wegen der Gefahr einer Retraumatisierung ausdrücklich von einer Abschiebung nach Polen abgeraten. Außerdem beantrage er die nochmalige Untersuchung der Antragstellerin bei einem Facharzt. Nach der Einvernahme am 21.05.2008 legte die Beschwerdeführerin noch Zugtickets für vier Personen nach Moskau, von Moskau nach Brest und von Brest nach Teresopol vor, auf denen ersichtlich ist, dass eine Einreise in Polen am 24.02.2008 stattgefunden hat.. (siehe auch Aktenvermerk vom 21.05.2008, AS 135).
10. Am 06.06.2008 wurde von Fr. Dr. H. im Auftrag der Behörde (AS 115) ein Gutachten betreffend die Beschwerdeführerin erstellt, welches allerdings lediglich als "übersichtliche Zusammenfassung" zu den vorliegenden einander teilweise widersprechenden gutachtlichen Stellungnahmen, Entlassungsbefunden, Befundberichten und nervenärztlichen Befunden" (AS 137) betreffend die Beschwerdeführerin verstanden wurde. In dieser Zusammenfassung werden die vorliegenden Befunde zitiert und kurz auf die vorliegenden Befunde von Dr. A., Herrn K. und des Krankenhauses P. eingegangen. Dabei wird darauf hingewiesen, dass aus den Befunden des Krankenhauses P. Art, Häufigkeit und Inhalt der Flashbacks sowie die subjektive Belastung der Beschwerdeführerin nicht ersichtlich seien; Herr Dr. A. wiederum schreibe von einer depressiven Symptomatik, jedoch von keiner intrusiven. Zur Angabe eines Mordes als Flashback im Befundbericht von Herrn K. wird angeführt, dass dies fachlich nicht korrekt sei, da ein Flashback immer nur erlebte Ereignisse beinhalten könne und zwar in weitgehend unveränderter Form; von einem Mord an Dritten sei ihr von der Beschwerdeführerin jedoch nichts berichtet worden. Ebensowenig seien ihr gegenüber Schwebezustände, wie im Befundbericht des Krankenhauses P. angegeben, geäußert worden. Zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung am 25.04.2008 habe sich kein Hinweis auf dissoziative Symptomatik ebenso wenig wie auf Derealisations- oder Depersonalisationserlebnisse explorieren lassen. Im Rahmen des Gespräches mit ihr sei es zur Hyperventilation gekommen, welche nach kurzer Zeit selbstlimitierend gewesen sei. Zwar habe die Asylwerberin angeführt, dass Stimmen ihren Vornamen gerufen hätten, diese seien aber keine kommentierenden Stimmen gewesen. Ihr gegenüber seien auch keine typischen intrusiven Symptome die angegebene Vergewaltigung betreffend angegeben worden, lediglich Träume von einem Mann, der sie mit einem Messer attackiert und geschnitten habe. Zudem seien gelegentliche Träume von Bombardierungen angeführt worden, diese seien jedoch nicht emotional begleitet, seien detailarm und offenbar weder durch Häufigkeit noch durch Intensität besonders belastend gewesen. Es seien auch keine der sonst häufig bei PTSD beobachtbaren Symptome wie Zeitgitterstörungen, frei flottierende Angst oder Schreckhaftigkeit festgestellt worden. Zum Zeitpunkt der Untersuchung sei die Beschwerdeführerin auch nicht suizidal eingeengt gewesen.
Ferner wird auf eineinhalb Seiten auf die "Kritikpunkte und persönlichen Ansichten des Herrn K." eingegangen und die Verwendung der von Fr. Dr. H. verwendeten Methoden verteidigt. Zum Vorwurf der "mangelhaft aufbereiteten Atmosphäre führt Dr. H. aus, dass abgesehen von der Bemerkung, dass sie keine Psychologin sei und sich daher die getätigten Aussagen (von Hrn. K.) vermutlich nicht auf sie beziehen würden, sie sagen wolle, dass sich "ein Gespräch zu kurativen Zwecken oder zu Zwecken der Abwendung einer Abschiebung durch eine NGO zu einer Untersuchung im Rahmen einer von einer Behörde in Auftrag gegebenen gutachtlichen Stellungnahme selbstverständlich deutlich unterscheidet, ja unterscheiden muss, da hier in diesem Kontext nicht automatisch davon ausgegangen werden darf, dass die Angaben der Asylwerber immer den Tatsachen entsprechen, sondern gelegentlich auf eine verzerrte Wahrnehmung durch den Asylwerber, eine übersteigerte Darstellung oder auch vorgetäuschte Sachverhalte nicht ausgeschlossen werden können. Weiters muss in einem Gutachten ein linearer Kausalzusammenhang zwischen Ereignis und Beschwerden (Diagnose) hergestellt werden, was neben einer langen offenen Gesprächsphase auch einen gesprächsteilstrukturierterer Vorgangsweise erforderlich macht". In diesem Teil des Berichtes kommt Dr. H. zum Schluss, dass sie "weitere Diskussionen über [ihre] Arbeitsweise" sie "aufgrund der eindeutig erkennbaren Absicht des Kollegen, sowohl [ihre] fachliche als auch menschliche Kompetenz anzuzweifeln" hier nicht führen" wolle. In ihrer Schlussfolgerung führt Dr. H. aus, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung vom 25.02.2008 keine PTSD diagnostiziert werden konnte, weil die dafür erforderlichen Kriterien nicht festgestellt werden konnten, jedoch eine Anpassungsstörung und längere depressive Reaktion nach belastenden Ereignissen festgestellt werden konnte, sowie eine Panikstörung suspiziert werde. Nach Abwägen sämtlicher Stärken, Resilienz und Ressourcen gegenüber sämtlichen Belastungen der Frau könne davon ausgegangen werden, dass eine Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat der EU keine unzumutbare Verschlechterung darstellen sollte. Subjektiv sei die Überstellung durch die Asylwerberin negativ bewertet, es könne jedoch kein konkreter Grund angegeben werden, warum sie in Polen keinesfalls aufhältig sein wolle. Ferner führt Dr. H. an, dass die Beschwerdeführerin sie nach Erhalt der Stellungnahme aufgesucht und ihren Unmut über das Ergebnis der Stellungnahme kundgetan habe, wobei sie sehr verzweifelt und zornig gewirkt habe. Die Beschwerdeführerin habe nicht verstehen können, dass sie als gesund eingestuft worden sei und habe Fr. Dr. H. zu einer Änderung der Stellungnahme veranlassen wollen. Der Versuch einer Kalmierung sei aufgrund der großen Empörung von Fr. S. gescheitert. An ihrer Schlussfolgerung vom 25.04.2008 könne allerdings aus oben genannten fachlich-sachlichen Gründen keine Änderung bewirkt werden. Weiters könne davon ausgegangen werden, dass die der Asylwerberin verordneten Medikamente oder substanzgleiche Präparate in jedem Mitgliedsstaat der EU erhältlich sein müssten.
11. Am 19.06.2008 wurde die Beschwerdeführerin erneut im Beisein eines Rechtsberaters einvernommen und gab dabei wiederum an, dass sie Kopfschmerzen habe, sehr angespannt und nervös sei. Auf den Vorhalt des "Gesamtgutachtens" von Fr. Dr. H. vom 06.06.2008 begann die Beschwerdeführerin zu weinen und sagte, dass es ihr egal sei was sie schreibe. Es sei ihr nur wichtig, festzuhalten, dass sie zu ihr (Dr. H.) gegangen sei, um ihr ihre Situation näher zu bringen. Sie sei beim ersten Mal unter Medikamente gestanden, sei vorher im Krankenhaus gewesen und habe ihr klarmachen wollen, wie sie sich fühle. Sie könne nicht nach Polen zurück, dort sei ihnen gedroht worden. Ferner fügte sie hinzu, dass sie zwei Wochen im Krankenhaus gewesen sei, wo auch qualifizierte Ärzte seien. Sie verstehe nicht, warum diese Ärzte sich irren sollten.
12. Mit Bescheid vom 25.06.2008, Zahl: 08 02.016-AST Ost, laut Übernahmebestätigung zugestellt am selben Tag (AS 247), wies das Bundesasylamt den Asylantrag der Beschwerdeführerin ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück, stellte fest, dass "gemäß Art. 16 (1) (c)" der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Polen für die Prüfung des Asylantrages zuständig sei; gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG wies das Bundesasylamt gleichzeitig den Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen aus und stellte gemäß § 10 Abs. 4 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführerins nach Polen demzufolge zulässig sei. Zur Frage der divergierenden Gutachten im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens wird im angefochtenen Bescheid lediglich angeführt, dass aufgrund der teils widersprechenden Befunde von Fr. Dr. H. ein erneutes zusammenfassendes Gutachten angefordert worden sei und diese dennoch abermals bei der Antragstellerin zwar eine Anpassungsstörung oder eine suspizierte Panikstörung, jedoch keine PTSD diagnostizieren habe können. Auch habe die Ärztin in ihrem Zweitgutachten festgestellt, dass eine Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat der EU keine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin darstelle und zusätzlich angeführt, dass davon ausgegangen werden könne, dass die der Antragstellerin verschriebenen Medikamente oder substanzgleiche Präparate in jedem Mitgliedstaat der EU erhältlich sein müssten.
13. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am 25.06.2008 rechtzeitig Beschwerde und führte in dieser im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass einerseits rechtliche Sonderpositionen gegenüber tschetschenischen Asylwerbern in Polen vertreten würden, sie nachweislich krank sei und ihr in Polen nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens der Entzug von existentiellen Lebensgrundlagen drohen würde und in ihrem Fall eine posttraumatische Belastungsstörung und Retraumatisierungsgefahr sowie Suizidalität diagnostiziert worden sei, was im Hinblick auf Art. 3 EMRK relevant sei. Zudem gäbe es de facto keine ausreichenden medizinischen bzw. psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten für traumatisierte Personen in Polen. Schließlich sei sie auch in ihren durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechten verletzt. Dem Beschwerdevorbringen beigelegt wurde ein neuer psychotherapeutischer Befundbericht von Herrn K. vom 07. Juli 2008, in dem angeführt wird, dass die Beschwerdeführerin an einer hochgradigen posttraumatischen Belastungsstörung leide und retraumatisierungsanfällig sei. Unverändert seien ihre Suizidalität und ihre Todeswünsche. Ferner leide sie an traumaspezifischen Flashbacks und dissoziativen Symptomen wie einer affektiven Abspaltung. In ihrem Fall sei die Notwendigkeit einer unbefristeten Fortsetzung der etablierten Psychotherapie gegeben, da sie sonst einem Risiko der weiteren, anhaltenden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und einer Verschlimmerung ihrer Suizidalität ausgesetzt wäre. Weiters beigelegt wurde ein nervenärztlicher Befund von Dr. A. vom 23.06.2008, in dem zusammenfassend ausgeführt wird, dass sich im Falle der Beschwerdeführerin ein ausgeprägt depressives Zustandsbild mit suizidalen Gedanken zeige. Es sei erforderlich, dass Frau S. in regelmäßiger psychiatrischer Betreuung und Behandlung bleibe. Ebenfalls angeschlossen wurde eine Accord-Anfragebeantwortung vom 05.03.2008 zur Situation tschetschenischer Asylwerber in Polen (insbesondere Lage in Aufnahmeeinrichtungen, Bedrohung durch Kadyrovzy und medizinische Versorgung).
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt der Beschwerdeführerin.
2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz mit einer Ausweisung zu verbinden. Diese gilt gemäß § 10 Abs. 4 AsylG stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den bezeichneten Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen. Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würden und diese nicht von Dauer sind, ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Die Dublin II-VO sieht in den Art. 6 bis 14 des Kapitels III Zuständigkeitskriterien vor, die gemäß Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO in der im Kapitel III genannten Reihenfolge Anwendung finden. Gemäß Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt, von jenem (einzigen) Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Dublin II-VO festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Gemäß dem Zuständigkeitskriterium des Art. 13 Dublin II-VO ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig, wenn sich anhand der Kriterien dieser Verordnung nicht bestimmen lässt, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags obliegt.
In den Art. 5 ff Dublin-VO werden die Kriterien aufgezählt, nach denen der zuständige Mitgliedstaat bestimmt wird.
Gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ist der Antrag zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach seiner Einbringung entscheidet, dass er zurückzuweisen ist, es sei denn, es werden Konsultationen gemäß der Dublin II-VO oder einem entsprechenden Vertrag geführt. Dass solche Verhandlungen geführt werden, ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen.
§ 41 Abs. 3 AsylG lautet: "In einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung ist § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamts im Zulassungsverfahren statt zu geben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch statt zu geben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."
2.2. Im vorliegenden Fall stehen die Befundberichte des Psychotherapeuten K., des Psychiaters Dr. A. und der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses P., in dem die Beschwerdeführerin zwei Mal stationär - davon ein Mal über zwei Wochen lang - aufgenommen und behandelt worden war, der gutachterlichen Stellungnahme von Fr. Dr. H. vom 25.04.2008 entgegen, welche der Beschwerdeführerin eine Überstellungsfähigkeit vor dem Hintergrund ausreichend bestehender Ressourcen attestiert hat, entgegen. Zwar hat die erstinstanzliche Behörde die Diskrepanz der in den Befunden dargestellten Diagnosen und Einschätzungen - hochgradiges posttraumatisches Belastungssyndrom, depressive Krisenzustände, suizidale Einengung und Gefahr einer Retraumatisierung bei Abschiebung, sowie ein sich verschlechtenderes Grundbild auf der einen Seite, und lediglich eine Anpassungsstörung und suspizierte Panikstörung bei ausreichenden persönlichen Ressourcen, Fehlen einer suizidalen Einengung und gegebener Überstellungsfähigkeit auf der anderen Seite - erkannt, und in der Folge ein neues Gutachten, allerdings wiederum von Fr. Dr. H., angefordert, aber erweist sich dieses von der Behörde neu in Auftrag gegebene Gutachten lediglich als Zusammenfassung der bestehenden Befundberichte und Verteidigung des eigenen Untersuchungsberichts vom 25.04.2008, ohne dass im Zuge des in Auftrag gegebenen Gutachtens die Beschwerdeführerin auch tatsächlich erneut untersucht worden wäre, um sich ein abschließendes Bild über ihren aktuellen Gesundheitszustand und ihre aktuelle Überstellungsfähigkeit zu machen. Vor diesem Hintergrund erweist sich die von Fr. Dr. H. selbst als Zusammenfassung bezeichnete Stellungnahme vom 06.06.2008 nicht als jene medizinisch erforderliche Beurteilung des aktuellen Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin, welche notwendig wäre, um ihre aktuelle Überstellungsfähigkeit tatsächlich einschätzen zu können.
Im angefochtenen Bescheid fehlt somit eine ausreichende Auseinandersetzung zur Frage der suizidalen Einengung der Beschwerdeführerin, welcher zwar vor dem Hintergrund Judikatur der EGMR zwar für sich genommen allein keinen Hinderungsgrund für eine Überstellung darstellt, aber im gegebenen Einzelfall vor dem Hintergrund der bestehenden Gutachten und der zugespitzten gesundheitlichen Situation der Beschwerdeführerin sehr wohl ein zu beachtendes und ernsthaftes Problem darstellen kann, deren medizinische Beurteilung in nachvollziehbarer wie aktueller Weise noch ausständig ist. Im gegenständlichen Fall darf auch nicht übersehen werden, dass es hier nicht lediglich zu einer Juxtaposition zwischen den Begutachtungsergebnissen des Psychotherapeuten der Diakonie und der Ärztin im Zulassungsverfahren an der Erstaufnahmestelle gekommen ist, sondern auch die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses P. in zweimaliger Krisenintervention die Beschwerdeführerin stationär aufgenommen hat und sich die behandelnden Ärzte im Arztbrief des Krankenhauses P. dezidiert zur Gefahr einer Retraumatisierung bei Abschiebung geäußert haben. Vor diesem Hintergrund erscheint es in einer Gesamtschau unumgänglich, weitere Ermittlungen - in Form einer geeigneten ärztlichen Begutachtung, insbesondere durch einen anerkannten Facharzt als "unbeteiligten Dritten" - zu tätigen, um Feststellungen zum psychischen und physischen Zustand der Beschwerdeführerin, insbesondere hinsichtlich ihrer aktuellen Überstellungsfähigkeit treffen zu können. Sollte davon auszugehen sein, dass, wie im Gutachten von Herrn K. und dem Arztbrief der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses P. dargelegt, die Beschwerdeführerin unter gravierenden psychischen Störungen leidet, müssten eben auch nachvollziehbar recherchierte Feststellungen zur Überstellungsfähigkeit der Beschwerdeführerin nach Polen vor dem Hintergrund einer dadurch möglichen Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 EMRK getroffen werden, um Rückschiebungshindernisse ausschließen zu können.
Käme die erstinstanzliche Behörde zu dem Schluss, dass ein Selbsteintritt Österreichs gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zur Hintanstellung der Verletzung der Rechte aus Art. 3 EMRK nicht erforderlich sei, ist überdies zu klären, ob der Beschwerdeführerin angesichts ihres psychischen Zustandes ein Durchführungsaufschub zu gewähren ist. Der in § 10 Abs. 3 AsylG in Bezug auf die mit der zurückweisenden Entscheidung zu verbindende Ausweisung vorgesehene Durchführungsaufschub stellt auf das Vorliegen von Gründen ab, die in der Person des Asylwerbers liegen und dazu führen, dass die Durchführung der Ausweisung in den Schutzbereich von Art. 3 EMRK eingreift. Den Materialien zufolge kommen als Gründe "etwa eine fortgeschrittene Schwangerschaft, Spitalsaufenthalt oder vorübergehender sehr schlechter Gesundheitszustand in Frage" (Erläuterungen zur RV 952 Blg RNR 22.GP, 23). Feststellungen zum aktuellen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin sind daher auch notwendig, um die Transport- bzw. Überstellungsfähigkeit der Beschwerdeführerin daraufhin prüfen zu können, ob ein Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG geboten ist.
2.3. Der Sachverhalt, welcher dem Asylgerichtshof nunmehr vorliegt, ist daher "so mangelhaft", dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unerlässlich ist (vgl. zu den erforderlichen Ermittlungsergebnissen Punkt 2.2). Der Gesetzgeber hat für das Verfahren über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide sehr kurze Fristen (§ 41 Abs. 2, § 37 Abs. 3 AsylG) vorgesehen, andererseits aber die Rechtsmittelinstanz dazu verpflichtet, bei einem "mangelhaften Sachverhalt" der Beschwerde stattzugeben, ohne § 66 Abs. 2 AVG anzuwenden (§ 41 Abs. 3 AsylG). Das Ermessen, das § 66 Abs. 3 AVG der Beschwerdeinstanz einräumt, allenfalls selbst zu verhandeln und zu entscheiden, besteht somit in einem solchen Verfahren nicht. Aus den Materialien (Erläut. zur RV, 952 BlgNR 22. GP, 66) geht hervor, dass "im Falle von Erhebungsmängel die Entscheidung zu beheben, das Verfahren zuzulassen und an das Bundesasylamt zur Durchführung eines materiellen Verfahrens zurückzuweisen" ist. Diese Zulassung stehe einer späteren Zurückweisung nicht entgegen. Daraus und aus den erwähnten kurzen Entscheidungsfristen ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Rechtsmittelinstanz im Verfahren über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide von einer Ermittlungstätigkeit möglichst entlasten wollte. Die Formulierung des § 41 Abs. 3 AsylG ("wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint"), schließt somit nicht aus, dass eine Stattgabe ganz allgemein in Frage kommt, wenn der Beschwerdeinstanz - auf Grund erforderlicher zusätzlicher Erhebungen - eine unverzügliche Erledigung der Beschwerde unmöglich ist.
2.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.