D9 206086-9/2008/16E
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Kanhäuser als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Loitsch als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Thurner über die Beschwerde des K.S., geb. 00.00.1981, StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. November 2005, FZ. 03 24.120-BAL, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51 in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008, iVm § 61 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, und § 63 Abs. 5 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger der Ukraine, reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet und brachte am 20. Oktober 1998 beim Bundesasylamt seinen ersten Asylantrag, Zl. 98 10.198-BAE, ein.
Mit Bescheid vom 20. Oktober 1998, Zl. 98 10.198-BAE, wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 6 Z 1, 2 und 5 AsylG 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76, als offensichtlich unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in die Ukraine gemäß § 8 leg. cit. für zulässig (Spruchpunkt II.).
Eine gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom im damaligen Zeitpunkt noch minderjährigen Berufungswerber eingebrachte Berufung erfolgte ohne die Zustimmung des örtlich zuständigen Jugendwohlfahrtsträgers als gesetzlicher Vertreter des Berufungswerbers. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. November 1998, Zl. 206.086/0-IV/29/98, wurde die Berufung vom 3. November 1998 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. Oktober 1998, Zahl. 98 10.198-BAE, gemäß § 9 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51 in der damals geltenden Fassung iVm § 25 AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Der Bescheid des Bundesasylamtes erwuchs am 28. Oktober 1998 in Rechtskraft.
Am 14. Jänner 2000 brachte der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt einen zweiten Asylantrag ein.
Mit Bescheid vom 2. Februar 2000, Zl. 00 00.639-BAE, wies das Bundesasylamt den zweiten Asylantrag vom 14. Jänner 2000 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Dieser Bescheid des Bundesasylamtes erwuchs nach Ablauf der zweiwöchigen Berufungsfrist am 18. Februar 2000 in Rechtskraft.
Am 12. Februar 2001 brachte der Beschwerdeführer seinen dritten Asylantrag, Zl. 01 02.749-BAE, beim Bundesasylamt ein.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2001, Zl. 01 02.749-BAE, wies das Bundesasylamt den dritten Asylantrag gemäß § 6 Ziffer 2 AsylG als offensichtlich unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine gemäß § 8 leg. cit. für zulässig (Spruchpunkt II.).
Die am 23. Mai 2001 eingebrachte Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10. Mai 2001, Zl. 01 02.749-BAE, wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 11. Juni 2001, Zl. 206.086/2-IV/29/01, gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.
Am 11. August 2003 brachte der Beschwerdeführer seinen vierten Asylantrag, Zl. 03 24.120-BAL, beim Bundesasylamt ein.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Oktober 2004, Zl. 03 24.120-BAL, wurde der vierte Asylantrag vom 11. August 2003 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
In Folge wurde der seitens des nunmehr rechtsfreundlich vertreten Beschwerdeführers eingebrachten Berufung mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. Oktober 2005, Zl. 206.086/7-VIII/40/05, gemäß § 68 Abs. 1 AVG stattgegeben und der Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Oktober 2004, Zl. 03 24.120-BAL, ersatzlos behoben.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens im fortgesetzten Verfahren wurde der vierte Asylantrag des Beschwerdeführers vom 11. August 2003 mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. November 2005, Zl. 03 24.120-BAL, unter Spruchpunkt I. gemäß § 7 Aslygesetz 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung BGBl. Nr. 126/2002, abgewiesen. Unter Spruchpunkt II. wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 für zulässig erklärt und der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Dieser Bescheid vom 8. November 2005 wurde allein dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung beim örtlich zuständigen Zustellpostamt am 11. November 2005 zugestellt.
Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. November 2005, Zl. 03 24.120-BAL, erhob der Beschwerdeführer mittels Schriftsatz vom 17. November 2005, eingelangt bei der belangten Behörde am 25. November 2005 Berufung (nunmehr: Beschwerde).
Über Anfrage teilte die rechtsfreundliche Vertretung am 9. Dezember 2005 mit, dass die erteilte Vollmacht vom 2. November 2004 noch aufrecht sei. Zwar wäre der Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. Oktober 2005, Zl. 206.086/7-VIII/40/05, der Kanzlei zugestellt worden, der Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. November 2005, Zl. 03 24.120-BAL, jedoch nicht.
Mit Schreiben vom 31. Juli 2006 teilte die rechtsfreundliche Vertretung die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses mit.
II. Der Asylgerichtshof hat hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 22 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, in der geltenden Fassung, ergehen Entscheidungen des Bundesasylamtes über Anträge auf internationalen Schutz in Bescheidform. Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst ergehen in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.
Mit 1. Juli 2008 entscheidet der Asylgerichtshof gemäß Art. 129c Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2008, in Verbindung mit § 61 Abs. 1 AsylG 2005 in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 leg. cit. vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
Durch Einzelrichter/Einzelrichterin entscheidet der Asylgerichtshof gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 ausnahmslos über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide
a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4 leg. cit.;
b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 leg. cit. sowie
c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG.
Eine mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung fällt gemäß § 61 Abs. 3 Z 2 AsylG 2005 ebenfalls in die Kompetenz des/der zuständigen Einzelrichters/ Einzelrichterin.
Verfahrensgegenständliche Beschwerde wurde dem zur Entscheidung berufenen Senat mit 1. Juli 2008 in Anwendung des § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005 zugeteilt. Beratung und Beschlussfassung des zuständigen Senates erfolgten gemäß § 11 AsylGHG am heutigen Tag.
Auf die Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind gemäß § 23 AsylGHG soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG 2005, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nichts anderes ergibt, die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.
Gemäß § 44 Asylgesetz 1997 - AsylG sind Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 126/2002 zu führen. Demnach ist auf gegenständliches mit Antragseinbringung vom 11. August 2003 zu führende Verfahren gemäß § 23 AsylG das AVG anzuwenden.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Oktober 2004, Zl. 03 24.120-BAL, wurde der vierte Asylantrag vom 11. August 2003 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Im Rahmen der eingebrachten Berufung berief sich die nunmehrige rechtsfreundlich Vertretung auf die ihr gemäß § 10 AVG erteilte Vollmacht; "Die weiteren Zustellungen mögen zuhanden meiner ausgewiesenen Vertreter vorgenommen werden." Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. Oktober 2005, Zl. 206.086/7-VIII/40/05, wurde der Berufung gemäß § 68 Abs. 1 AVG stattgegeben und der Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Oktober 2004, Zl. 03 24.120-BAL, ersatzlos behoben.
Das in weiterer Folge fortgesetzte Verfahren vor der belangten Behörde bildet eine - in der Sache bestehende - Einheit mit dem mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. Oktober 2005, Zl. 206.086/7-VIII/40/05, abgeschlossenen Berufungsverfahren, weshalb - mangels entsprechender Kundmachung einer Auflösung - von einem aufrechten Vollmachtsverhältnis auszugehen war (vgl. auch VwGH 14. Februar 1983, 83/10/0053).
Gemäß § 21 AVG und § 1 Zustellgesetz - ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008, sind Zustellungen nach dem ZustG vorzunehmen. Gemäß § 5 Z 1 ZustG hat die Behörde in geeigneter Form den Empfänger und dessen Identität möglichst eindeutig zu bezeichnen. "Empfänger" ist die von der Behörde in der Zustellverfügung namentlich bezeichnete Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll (§ 2 Z 1 ZustG). Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 Abs. 1 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Bezeichnet die Behörde eine falsche Person als "Empfänger", so ist dies daher ein Mangel, der nicht nach § 7 ZustG etwa dadurch heilen kann, dass das Dokument (Schriftstück) jener Person zukommt, die als Empfänger zu bezeichnen gewesen wäre (vgl. zB VwGH 18. 5. 1994, 93/09/0115; 27. 6. 1995, 94/04/0206; 22. 3. 2001, 97/03/0201, jeweils mwN).
Bezeichnet also die Behörde fälschlich nicht den seitens des Asylwerbers bevollmächtigten, rechtsfreundlichen Vertreter, sondern diese Person selbst als Empfänger eines Schriftstücks (Dokuments), so liegt ein Mangel des Zustellvorgangs vor, der nicht geheilt werden kann. Auf die besonderen Regelungen der Zustellung gemäß § 23 AsylG 2005 braucht im konkreten Fall mangels Anwendung nicht eingegangen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann sich eine Berufung nur gegen einen Bescheid richten. Damit ein Bescheid rechtlich zustande kommt, muss er erlassen werden. Erlassen wird ein schriftlicher Bescheid durch rechtswirksame Zustellung oder durch Ausfolgung (§ 24 des ZustG; vgl. zB VwGH 18. 5. 1994, 93/09/0115). Ist der erstbehördliche Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden, so ist es der Berufungsbehörde verwehrt, meritorisch über die Berufung abzusprechen. Ihre Zuständigkeit reicht in solchen Fällen nur so weit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen (vgl. VwGH 9. 3. 1982, 81/07/0212; 30. 5. 2006, 2005/12/0098).
Das Bundesasylamt hat seine Zustellverfügung in der Form getroffen, dass es in der Zustellverfügung den Beschwerdeführer als Adressat angab. Dementsprechend wurde die Sendung auch an den Beschwerdeführer persönlich adressiert und zugestellt. Auf Grund des aufrechten Vollmachtsverhältnisses gemäß § 10 AVG wäre der Bescheid dem nach wie vor - zumindest für dieses fortzusetzende Verfahren - Bevollmächtigten und nicht dem Vollmachtgeber zuzustellen gewesen wäre.
Der Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. November 2005, Zl. 03 24.120-BAL, ist daher nicht rechtswirksam erlassen worden.
Die Beschwerde richtet sich, da der genannte Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden ist, gegen eine Erledigung, die kein tauglicher Anfechtungsgegenstand für eine Beschwerde ist, und ist sohin als unzulässig zurückzuweisen. Für eine meritorische Entscheidung - etwa auf Grundlage des in der Beschwerde behaupteten Vorbringens - fehlt dem Asylgerichtshof die Zuständigkeit (vgl. VwGH 22. 1. 2003, 2000/08/0048).
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte entfallen, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage geklärt war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.