S12 319.828-1/2008/3E ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde des A.M., geb. 00.00.1980, StA. Irak, vertreten durch Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG, in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.06.2008, Zahl: 07 10.938 EAST-West, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100/2005, stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, ist am 19.11.2007 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat am 26.11.2007 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
1.2. Bei der Erstbefragung am 26.11.2007 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Stadtpolizeikommandos Salzburg in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe am 20.05.2007 sein Heimatland legal mit einem irakischen Reisepass verlassen und sei nach Syrien gereist, wo er seinen Reisepass weggeworfen habe. In Syrien sei er circa fünf Monate aufhältig gewesen. Von dort aus sei er mit einem PKW zur syrisch-türkischen Grenze gereist. Bei der Grenze habe er einen Schlepper getroffen, mit welchem er zu Fuß die Grenze überschritten habe. Danach sei er mit einem öffentlichen Bus nach Istanbul gefahren, wo er sich zehn oder zwölf Tage aufgehalten habe. In Istanbul habe er einen Schlepper kennen gelernt, der ihn und vier weitere Personen auf der Ladefläche eines LKWs nach Italien gebracht habe. In Venedig habe ihm der LKW-Lenker von einer ihm unbekannten Person einen gefälschten holländischen Reisepass besorgt. Er habe in einem Hotel übernachtet. Er habe einen Freund in Frankreich angerufen, welcher mit zwei weiteren Personen am 19.11.2007 nach Venedig gekommen sei. Er sei mit diesem Freund mit dem PKW über Österreich nach Deutschland gefahren. In Deutschland (Bad Reichenhall) sei er von deutschen Beamten angehalten worden und wegen illegalen Aufenthaltes festgenommen worden. Am 23.11.2007 sei er nach Österreich rücküberstellt worden. Sein Heimatland habe er verlassen, weil sein Leben im Irak bedroht sei. Sein Bruder sei im April 2007 von der Milizia (Al Mahdie Armee) erschossen worden. Hätte er sich in ihrem Geschäft aufgehalten, wäre er auch erschossen worden.
Eine Eurodac-Anfrage vom selben Tag ergab, dass der Beschwerdeführer am 07.10.2007 in Griechenland (Paranesti) erkennungsdienstlich behandelt wurde.
1.3. Am 27.11.2007 richtete das Bundesasylamt ein dringliches Aufnahmeersuchen an die zuständige griechische Behörde.
1.4. Am 28.11.2007 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5, 68 Abs. 1 AVG, § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG), da Dublin Konsultationen mit Griechenland seit dem 27.11.2007 geführt werden (vgl. AS 59f).
1.5. Mit Schreiben vom 02.01.2008 informierte das Bundesasylamt die zuständige griechische Behörde, dass aufgrund des Fristablaufes die Zuständigkeit zur Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO auf Griechenland übergangen sei.
1.6. Am 04.01.2008 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit eines Rechtsberaters sowie eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen und gab dabei im Wesentlichen an, dass er körperlich und geistig in der Lage sei, die Einvernahme durchzuführen. Seine bisherigen Angaben würden der Wahrheit entsprechen und er habe diesen nichts hinzuzufügen. Auf Vorhalt des Bundesasylamtes, dass bekannt sei, dass der Beschwerdeführer in Griechenland aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden sei, führte er aus, er habe bei der Erstbefragung nicht angegeben, dass er in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt worden sei, weil er an der Grenze festgenommen und gleich wieder in die Türkei rückgeschoben worden sei. Er habe sich vier Stunden in Griechenland aufgehalten. Er sei von griechischen Beamten an der griechisch-türkischen Grenze angehalten und zu einer naheliegenden Polizeistation gebracht worden. Es sei mit fünf weiteren Personen erkennungsdienstlich behandelt und wieder in die Türkei verbracht worden. Am 16.11.2007 habe er erneut auf der Ladefläche eines LKWs die Türkei verlassen. Enge verwandtschaftliche Beziehungen in Österreich, im EU-Raum, Norwegen oder Island habe er nicht und er lebe auch nicht mit jemandem in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Er habe zwar einen Onkel in Schweden, einen Onkel in Deutschland und eine Tante in Holland, zu welchen allerdings kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Es bestehe eine normale Beziehung zwischen ihm und seinen Verwandten, aber nicht mehr. Auf Vorhalt des Bundesasylamtes, dass beabsichtigt sei, die Ausweisung nach Griechenland zu veranlassen, brachte der Beschwerdeführer vor, er sei nicht in Griechenland gewesen, sondern gleich wieder abgeschoben worden. Er habe von anderen nur schlechtes über Griechenland gehört. Er habe von Freunden in der Türkei gehört, dass es in Griechenland Probleme zwischen Kurden und Arabern gäbe. Es gehe ihm psychisch auch nicht gut. Er sei im Irak im Spital gewesen, weil er wegen des Todes seines Bruders kollabiert sei. Er bekomme vom Arzt in der Schubhaft Tabletten, damit er besser schlafen könne. Die Rechtsberaterin beantragte eine Untersuchung gemäß § 10 AsylG. Auf die Frage der Rechtsberaterin, woher seine kleinen punktförmigen Narben über dem linken Auge stammen würden, führte der Beschwerdeführer aus, er sei von der Polizei in Griechenland mit Fußtritten bearbeitet und auch ins Gesicht geschlagen worden Er sei auch mit einem Gummiknüppel geschlagen worden. Nachdem man ihm die Handschellen angelegt habe, habe man ihn im Sitzen weiter geschlagen und als der Sessel zu Boden gefallen sei, auch noch am Boden. Er habe eine Woche auf dem rechten Fuß gehinkt. Der Grund für die Misshandlung sei jener gewesen, ihn zur Bekanntgabe der Schleppernamen zu zwingen.
1.7. Der Beschwerdeführer legte mit Schreiben vom 11.01.2008 Identitätsdokumente vor, welche ihm aus dem Irak zugeschickt wurden.
1.8. Am 00.00.2008 und am 00.00.2008 wurden Ambulanzbefunde der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Christian-Doppler-Klinik, Salzburg, erstellt, in denen eine PTSD diagnostiziert wird, aber keine akute Suizidalität festgestellt wird.
1.9. Bei der ärztlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 00.00.2008 durch Dr. A.A., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, wurde eine posttraumatische Belastungsstörung mit atypischem paranoidem Syndrom diagnostiziert. Als Therapieergänzung wurde eine medikamentöse Behandlung empfohlen. Weiters wurde festgestellt, dass die Narben über dem linken Auge sehr alte Akne-Narben seien und nicht durch Schläge verursacht seien. Eine Überstellung nach Griechenland würde keine maßgebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers mit sich bringen (AS 181f).
1.10. Am 00.00.2008 wurde bei wiederholter Diagnose einer PTSD der Beschwerdeführer durch den Ambulanzarzt der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Christian-Doppler-Klinik, Salzburg, aus psychiatrischer Sicht für nicht haftfähig erklärt und weitere psychotherapeutische Betreuung dringend empfohlen (AS 193).
1.11. Am 03.03.2008 fand eine weitere niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, im Beisein eines Rechtsberaters und eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Arabisch statt. Dabei brachte der Beschwerdeführer vor, er habe in Griechenland Schlimmes erlebt. Er habe in Griechenland Angst vor dem Schlepper gehabt, weil er den griechischen Behörden Informationen über ihn gegeben habe. Sein psychischer Zustand habe sich in Griechenland verschlechtert. Auf Vorhalt des Bundesasylamtes, dass den Angaben zur Rückschiebung von Griechenland in die Türkei kein Glaube geschenkt werde, brachte der Beschwerdeführer vor, der Dolmetscher habe in der Erstbefragung wahrscheinlich nicht alles übersetzt. Er habe auch bei der Erstbefragung gesagt, dass er direkt von der griechischen Grenze aus in die Türkei rückgeschoben worden sei. Er sei direkt an der Grenze festgenommen worden, von wo aus er circa 15 Minuten zur nächsten Polizeistation gegangen sei, dort sei er erkennungsdienstlich behandelt worden und dann in die Türkei verbracht worden. Er sei mit dem Schlepper und anderen Personen festgenommen worden und habe den Schlepper verraten. Der Schlepper kenne seinen Namen und er habe bei einer polizeilichen Gegenüberstellung auf ihn gezeigt. Auf Vorhalt, dass es nicht glaubhaft sei, dass die Narben über dem linken Auge des Beschwerdeführers von Schlägen durch griechische Beamten herrühren, gab er an, er habe dies nie behauptet, sondern habe das die Rechtsberaterin gesagt. Er habe damals angegeben, dass sein Auge geschwollen sei. Weiters wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, dass es sich bei den vorgelegten Identitätsdokumenten um Totalfälschungen handle. Hierzu führte der Beschwerdeführer aus, er lege nunmehr die richtigen Dokumente vor. Er habe seine Mutter angerufen und sie gebeten, ihm die Dokumente zu übermitteln. Sie habe allerdings nicht in das Haus, aus welchem sie vertrieben worden seien, zurückkehren können, weshalb sie ihm die vorgelegten Dokumente geschickt habe. Die echten Dokumente habe seine Mutter seinem in Deutschland lebenden Onkel geschickt, welcher sie ihm gebracht habe. Das Gebiet, in welchem sich das Haus befinde, werde von der Mahdi-Armee besetzt und habe seine Mutter der Mahdi-Armee viel Geld geben müssen, um die richtigen Dokumente aus dem Haus holen zu dürfen. Zu den vom Bundesasylamt vorgelegten Feststellungen zu Griechenland brachte der Beschwerdeführer vor, er und die anderen Flüchtlinge seien von der Polizei wie Tiere behandelt worden. Ein fünfzehnjähriger Flüchtling sei von den griechischen Beamten zusammengeschlagen worden. Er habe schlimme Geschichten gehört; die Griechen würden Leute ertrinken lassen. Sie würden Flüchtlinge, die sie an der Grenze aufgreifen, auf das Meer zurückschicken. Die Rechtsberaterin legte einen Artikel der Presse vom 10.01.2008 vor, welcher die Angaben des Beschwerdeführers zum Vorgehen der griechischen Sicherheitsbehörden untermauert. Aus dem vorgelegten Artikel geht hervor, dass die Küstenwache von Lesbos aus der Türkei kommende Flüchtlingsboote stoppe und zu Umkehr bewegen würde. Flüchtlinge würden eingeschüchtert, geschlagen und auf unbewohnten Inseln ausgesetzt werden.
Zur ärztlichen Behandlung führte der Beschwerdeführer aus, dass er einerseits nicht ausreichend medikamentös versorgt worden sei und zudem nicht von einem Arzt behandelt werde (AS 219).
1.12. Mit Schreiben von 04.03.2008 nahm der Beschwerdeführer(vertreter) wie folgt zu den in der Niederschrift vom 03.03.2008 enthaltenen Feststellungen zur Situation des Asylverfahrens in Griechenland Stellung:
Die Darstellung der Situation von Asylwerbern und des Asylverfahrens in Griechenland entsprächen keinesfalls der aktuellen Lage und den Tatsachen. Es existiere kein funktionierendes Asylverfahren. Es gäbe keinerlei soziale Versorgung und kein den rechtsstaatlichen Prinzipien entsprechendes Asylverfahren. Die Asylwerber würden unmenschlich behandelt werden. Es sei bekannt, dass das griechische Rechtsschutzsystem für Asylwerber den europäischen Mindeststandards nicht entspräche, da die Berufungsbehörde vom Ministerium für Innere Angelegenheiten besetzt werde und sohin keine unabhängige Berufungsinstanz bestehen würde.
Der Beschwerdeführer(vertreter) legte eine Petition "Abschiebung von Flüchtlingen nach Griechenland aussetzen" von Pro Asyl vom 22.02.2008 und eine Eingabe des norwegischen Helsinki-Komitees an die Norwegische Berufungsinstanz für Immigration und an die zuständigen Ministerien vom 15.01.2008 vor.
1.13. Bei einer weiteren ärztlichen Untersuchung am 29.04.2008 durch Dr. A.A., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, zur Feststellung der aktuellen Überstellungsfähigkeit wurde eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert, welche nach Meinung des untersuchenden Arztes durchaus auch in Griechenland behandelt werden könnte, wobei allerdings eine Medikamentenumstellung empfohlen werde. Eine Überstellung nach Griechenland würde bei medikamentöser Abdeckung keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit sich bringen und erscheine derzeit eine Abschiebung möglich. Ingesamt habe sich der der psychische Zustand des Beschwerdeführers gebessert, da das atypische paranoide Syndrom abgeklungen sei.
1.14. Am 09.05.2008 fand eine weitere niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, statt. Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass laut neuerlicher gutachterlicher Stellungnahme von Dr. A.A. eine Überstellung nach Griechenland aus medizinischer Sicht möglich sei. Hierzu brachte er vor, der Arzt habe seine Aufgaben als Arzt nicht wahrgenommen. Er habe ihn nicht zu seinem Gesundheitszustand befragt. Er habe ihn lediglich zu seinem Reiseweg befragt. Die letzte Begegnung habe höchstens zwei Minuten gedauert. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass sich sein Gesundheitszustand gebessert habe, weil ihm wiederum vier Medikamente verschrieben worden seien. Aufgrund der zuletzt verschriebenen Medikamente leide er an Bluthochdruck. Auf Vorhalt des Bundesasylamtes, dass beabsichtigt sei, seine Ausweisung nach Griechenland zu veranlassen, gab der Beschwerdeführer an, dass er in Griechenland keine Unterkunft haben werde. Er wisse, dass Asylwerber auf der Straße schlafen müssen. Er habe von einem Bekannten erfahren, dass sich der griechische Staat nicht um Asylwerber kümmern würde. Er sei nach Grenzübertritt von griechischen Beamten festgenommen worden und sei so lange geschlagen worden, bis er den Namen des Schleppers genannt habe. Danach hätten ihn die Beamten zu dem Schlepper gebracht, der ihn in Anwesenheit der Polizeibeamten geschlagen habe. Er verlange, dass ihn ein Facharzt gründlich untersuche. Zum Vorhalt, dass der Beschwerdeführer bereits zwei Mal von einem Facharzt untersucht worden sei, nahm die Rechtsberaterin Stellung und brachte vor, dass der Arzt durch seine Doppelrolle, einerseits als vom Bundesasylamt bestellter Sachverständiger und andererseits als behandelnder Arzt, seine im Ärztegesetz ihn treffenden Pflichten als Arzt, wie beispielsweise die Fürsorgepflicht und Verschwiegenheitspflicht, verletzen würde. Weiters sei den Sachverständigenfeststellungen von Dr. A. keine für eine Gutachtenerstellung erforderliche Befundaufnahme bzw. Anamnese vorausgegangen. Die Rechtsberaterin beantragte daher, einen neuen Sachverständigen aus dem Fachbereich der Psychiatrie mit der Erstellung eines neuen Gutachtens zu beauftragen und dem Asylwerber die Möglichkeit zu geben, einen Arzt, der nicht zugleich Sachverständiger im Asylverfahren sei, zu konsultieren. Weiters legte die Rechtsberaterin das UNHCR-Positionspapier zur Überstellung von Asylsuchenden nach Griechenland nach der Dublin II-VO vom 15.04.2008 vor.
1.15. Aus einem Aktenvermerk vom 09.05.2008 geht hervor, dass Herr Dr. M., welcher bei der ärztlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 29.04.2008 als Dolmetscher anwesend war, zur Dauer der ärztlichen Untersuchung und zu den während der Untersuchung gestellten Fragen vom Bundesasylamt befragt wurde. Er brachte im Wesentlichen vor, dass die Untersuchung eine halbe Stunde gedauert habe und der Beschwerdeführer zu seinem Gesundheitszustand durch den Arzt befragt worden sei. Es seien auch Fragen über die Kindheit, die Zustände im Heimatland und den Reiseweg gestellt worden. Nachdem der Beschwerdeführer seinen medizinischen Zustand geschildert habe, habe ihm Dr. A. sowohl neue als auch bereits verschriebene Medikamente gegeben, welcher der Arzt bei sich gehabt habe und dem Beschwerdeführer übergeben habe.
1.16. Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom 15.05.2008 wurde Dr. A.A. die Stellungnahme der Rechtsberaterin zur Kenntnis gebracht und wurde dieser gebeten, dazu Stellung zu nehmen. Hiezu brachte Dr. A.A. vor, er habe keinesfalls seine Schweigepflicht gebrochen. Es sei auch nicht richtig, dass es an einer Fürsorgepflicht mangle. Schließlich sei durch ihn eine medikamentöse Versorgung erfolgt. Er könne nicht nachvollziehen, weshalb nun ein stationärer Aufenthalt beantragt worden sei. Es sei möglich, dass durch die Einnahme der verschriebenen Medikamente unter hoher Dosis Bluthochdruckerkrankungen auftreten können. Dies sei allerdings bei der von ihm verschriebenen Dosis nicht zu erwarten. Die Untersuchung habe eine halbe Stunde gedauert. Er habe mit dem Beschwerdeführer auch über die Reiseroute gesprochen. Eine medikamentöse Behandlung sei in Griechenland möglich, da Griechenland ebenfalls über psychiatrisch ausgebildete Ärzte verfüge.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 26.11.2007 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 10 Abs. 1 iVm Art. 18 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Griechenland zuständig sei. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig sei.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerecht Beschwerde wegen unrichtiger Sachverhaltsfeststellungen infolge unrichtiger Beweiswürdigung, mangelhafter Begründung, unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen des Vorliegens von Verfahrensfehler.
4. Mit Bescheid des UBAS vom 24.06.2008, Zl. 319.828-1/2Z-XVIII/59/08, wurde der Berufung des Beschwerdeführers vom 11.06.2008 gemäß § 37 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung zuerkannt.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Der Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt des Beschwerdeführers.
2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz mit einer Ausweisung zu verbinden. Diese gilt gemäß § 10 Abs. 4 AsylG stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den bezeichneten Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen. Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würden und diese nicht von Dauer sind, ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Die Dublin II-VO sieht in den Art. 6 bis 14 des Kapitels III Zuständigkeitskriterien vor, die gemäß Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO in der im Kapitel III genannten Reihenfolge Anwendung finden. Gemäß Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt, von jenem (einzigen) Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Dublin II-VO festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Gemäß dem Zuständigkeitskriterium des Art. 13 Dublin II-VO ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig, wenn sich anhand der Kriterien dieser Verordnung nicht bestimmen lässt, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags obliegt.
In den Art. 5 ff Dublin-VO werden die Kriterien aufgezählt, nach denen der zuständige Mitgliedstaat bestimmt wird.
Gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ist der Antrag zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach seiner Einbringung entscheidet, dass er zurückzuweisen ist, es sei denn, es werden Konsultationen gemäß der Dublin II-VO oder einem entsprechenden Vertrag geführt. Dass solche Verhandlungen geführt werden, ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen.
§ 41 Abs. 3 AsylG lautet: "In einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung ist § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamts im Zulassungsverfahren statt zu geben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch statt zu geben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."
2.2. Es ist daher zunächst zu überprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat nach Kriterien der Art. 6 bis 12 bzw. 14 und Art. 15 Dublin II-VO zuständig ist oder die Zuständigkeit bei ihm selbst nach dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II-VO (erste Asylantragstellung) liegt.
Im vorliegenden Fall ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass eine Zuständigkeit von Griechenland gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO besteht. Da Griechenland nicht binnen der vorgegebenen Frist geantwortet hat, besteht eine Zustimmung durch Zeitablauf gemäß Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO und ist daher die Zuständigkeit aufgrund der Verfristung auf Griechenland übergegangen
Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II-VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22 ff).
2.3. Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher - entsprechend den Ausführungen in der Beschwerde - noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11, festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten nicht kraft Gemeinschaftsrecht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II-VO erfolgt sei. Er hat dabei aber gleichzeitig ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zwingend geboten sei.
Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen. Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.
Der Verordnungsgeber der Dublin II-VO geht davon aus, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl. insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II-VO). Er hat dabei keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen. Diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der EMRK-konformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei einer Verletzung der EMRK durch die Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine keine Überstellung stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebots (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II-VO umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18 ff, Filzwieser/Liebminger, Dublin II-Verordnung², Art. 19, K8 - K13). Auch der EGMR hat festgestellt, dass die Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entsprechen muss (30.06.2005, Bosphorus Airlines / Irland, Rs 45036/98).
Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können.
2.3.1. Im gegenständlichen Verfahren ist nicht abschließend geklärt, ob Österreich verpflichtet wäre, von seinem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen und erweist sich das Verfahren daher aus folgenden Gründen mangelhaft:
Im vorliegenden Fall hat es das Bundesasylamt unterlassen aktuelle Feststellungen zu Griechenland zu treffen. Die im Bescheid genannten Quellen sind durchwegs veraltet, zumal sie sich auf den Berichtszeitraum 2005 bis 2007 beziehen. Einzig die individuellen Feststellungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Erhältlichkeit der ihm in Österreich verschriebenen Medikamente und der medizinischen Versorgung. sind aktuell in den Bescheid aufgenommen worden. Daran ändert auch der Hinweis auf aktualisierte Feststellungen (Aktenvermerk vom 12.06.2008) nichts, welche zwar dem Akt - nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides - beigelegt wurden, aber keinen Eingang in den angefochtenen Bescheid gefunden haben.
Dem Asylgerichtshof ist bekannt, dass bereits einige EU-Mitgliedstaaten Abstand davon genommen haben, Asylwerber trotz einer Zuständigkeit Griechenlands nach der Dublin II-VO dorthin auszuweisen. Mit dem UNHCR Bericht hat sich das Bundesasylamt zwar auseinandergesetzt; es hat jedoch dabei verabsäumt, sich kritisch mit jenen Passagen auseinanderzusetzen, die gegen eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland sprechen könnten. Vielmehr hat sich das Bundesasylamt damit begnügt, die für ihre Entscheidung positiven Passagen des Berichtes selektiv in den Bescheid aufzunehmen. Eine kritische Gesamtwürdigung des Positionspapiers des UNHCR ist dabei unterblieben.
Es ist für den Asylgerichtshof somit nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen sich das Bundesasylamt nicht mit aktuelleren Berichten beschäftigt hat, wenn doch - auch schon zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides - aus diversen Medienberichten allgemein bekannt war, dass es massive Probleme in Zusammenhang mit dem griechischen Asylverfahren gibt.
2.3.2. Die notwendige Einzelfallprüfung macht es daher im gegenständlichen Fall erforderlich, das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Situation in Griechenland schlüssig und nachvollziehbar auf die Glaubwürdigkeit zu prüfen und das Verfahren diesbezüglich zu ergänzen. Dabei wird sich das Bundesasylamt insbesondere mit dem Bericht von NOAS, Norvegian Helsinki Committee und Greek Helsinki Monitor vom 09.04.2008 ("A gamble with the rights of asylum-seekers in Europe, Greek asylum-policy and the Dublin II regulation"), des Norwegian Helsinki Commitee (NHC), des Greek Helsinki Monitor (GHM) und den Richtlinien des Generaldirektors betreffend die Anwendung der Dublin II-VO im Verhältnis zu Griechenland vom 07.05.2008 des Schwedischen Migrationsamtes (Fact Finding Mission des Schwedischen Migrationsamtes im April 2008) sowie dem UNHCR Positionspapier vom 15.04.2008 "UNHCR Position on the return of asylum seekers to Greece under the ¿Dublin Regulation'" beweiswürdigend auseinanderzusetzen haben. Die Ermittlungsergebnisse sind sodann mit dem Beschwerdeführer zu erörtern.
3. Der Sachverhalt, welcher dem Asylgerichtshof vorliegt, ist daher so mangelhaft, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unerlässlich ist. Der Gesetzgeber hat für das Verfahren über Berufungen (bzw. Beschwerden i.S. der Anordnung des § 23 AsylGHG) gegen zurückweisende Bescheide sehr kurze Fristen gesetzt (§ 41 Abs. 2, § 37 Abs. 3 AsylG 2005). Andererseits ist aber der Asylgerichtshof dazu verpflichtet, bei einem "mangelhaften Sachverhalt" der Beschwerde stattzugeben, ohne § 66 Abs. 2 AVG anzuwenden (§ 41 Abs. 3 AsylG 2005). Das Ermessen, das § 66 Abs. 3 AVG dem Asylgerichtshof einräumt, allenfalls selbst zu verhandeln und zu entscheiden, besteht somit in einem solchen Verfahren nicht. Aus den Materialien (EB zur RV, 952 BlgNR 22. GP, 66) geht hervor, dass "im Falle von Erhebungsmängel die Entscheidung zu beheben, das Verfahren zuzulassen und an das Bundesasylamt zur Durchführung eines materiellen Verfahrens zurückzuweisen" ist. Diese Zulassung stehe einer späteren Zurückweisung nicht entgegen. Daraus und aus den erwähnten kurzen Entscheidungsfristen ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Berufungsbehörde im Verfahren über Berufungen gegen zurückweisende Bescheide von einer Ermittlungstätigkeit möglichst entlasten wollte. Die Formulierung im dritten Satz des § 41 Abs. 3 AsylG 2005 ("wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint"), schließt somit nicht aus, dass eine Stattgabe ganz allgemein in Frage kommt, wenn dem Asylgerichtshof - auf Grund erforderlicher zusätzlicher Erhebungen - eine unverzügliche Erledigung der Beschwerde unmöglich ist.