S 10 400.736-1/2008-2Z
B E S C H L U S S
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. ROSENAUER als Einzelrichter über die Beschwerde des M.U., geb. 00.00.1967, StA. Russische Föderation, vertreten durch Rechtsanwaltsgemeinschaft MORY & SCHELLHORN, Wolf - Dietrich - Straße 19, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.07.2008, Zahl: 08 04.205 - EAST West, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 37 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
BEGRÜNDUNG
I. 1. Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 14.07.2008, GZ: 08 04.205 - EAST West, den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 (AsylG) als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates (Dublin II VO) Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs.1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung nach Polen zulässig sei.
2. Der nähere erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Die Ehefrau des Beschwerdeführers, sowie auch dessen minderjährige Kinder stellten am 25.03.2008 in Österreich Anträge auf internationalen Schutz, welche mit Bescheid des Bundesasylamtes zurückgewiesen wurden. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 30.04.2008, GZ: 318.939 bis 943 - 1/2E-IX/27/2008 wurden die Berufungen der Familienmitglieder des Beschwerdeführers gemäß §§ 5 und 10 AsylG abgewiesen. In der Folge wurde der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde der Ehefrau des Beschwerdeführers mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 02.05.2008, Zl. 2008/19/0526-2 aufschiebende Wirkung zuerkannt; die (Kern-) Familienmitglieder des Beschwerdeführers befinden sich somit nach wie vor in Österreich. Der Beschwerdeführer erklärte zudem im Zuge seiner Einvernahme, dass auch seine Schwester und sein Bruder, beide anerkannte Flüchtlinge, bereits seit einigen Jahren in Österreich leben würden.
Im Zuge des Verfahrens wurde betreffend den Beschwerdeführer ein Arztbrief des Allgemeinen Krankenhauses, Abteilung für Lungenheilkunde vorgelegt, wonach der Beschwerdeführer zur Abklärung einer möglichen TBC - Reaktivierung stationär zugewiesen wurde. Beim Beschwerdeführer bestehe seit Dezember 2007 die Diagnose TBC, diese Diagnose sei bereits in Polen gestellt worden. Am 00.00.2008 sei eine antituberkulöse Therapie erfolgt, welche vom Patienten problemlos toleriert worden sei; nach fünfwöchiger stationärer Behandlung sei der Patient wieder entlassen worden.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Mit Datum 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005) und auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz am 13.05.2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG idF BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 37 Abs. 1 AsylG hat der Asylgerichtshof einer Beschwerde gegen eine mit einer zurückweisenden Entscheidung (§§ 4 und 5 AsylG oder § 68 Abs. 1 AVG) verbundene Ausweisung binnen einer Woche ab Beschwerdevorlage die aufschiebende Wirkung zuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Nach der Literatur ist hier auch Art. 8 EMRK maßgeblich (Vogl/Taucher/Bruckner/Marth/Doskozil, Fremdenrecht 6. Anm. zur - analogen - Regelung des § 37 Abs 1 AsylG, 155, Frank/Anerinhof/Filzwieser AsylG 2005, K3 zu § 37 Abs 1 AsylG, 512 und K8 zu § 38 AsylG, 522f; vgl auch Fahrner/Premiszl, Das Fristensystem im "Dublin-Verfahren" nach dem Asylgesetz 2005, Migralex 2/06, 69f).
Gemäß § 37 Abs. 2 AsylG ist bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung nach § 5 verbunden ist, die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, auch auf die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Art. 19 Abs. 2 und 20 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II VO) und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts Bedacht zu nehmen.
2. Die unter I. 2. genannten Aspekte sind noch nicht hinreichend geklärt; beim derzeitigen Stand des Verfahrens der Familienmitglieder des Beschwerdeführers ist daher bei einer sofortigen Durchsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung des Beschwerdeführers eine Verletzung von Art. 8 EMRK nicht auszuschließen. Bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes erscheint die Anwesenheit des Beschwerdeführers in Österreich für den Fall der Notwendigkeit weiterer Befragungen seiner Person vorteilhaft. Aufgrund der dem Asylgerichtshof hier zur Entscheidung zukommenden knappen Entscheidungsfristen liegt im konkreten Fall derzeit auch keine unzulässige Beeinträchtigung des "effet utile" der Dublin II VO vor.
Der Asylgerichtshof war im Ergebnis jedenfalls gehalten, gemäß § 37 Abs. 1 AsylG vorzugehen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG entfallen.