S12 400.695-1/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde des K.D., geb. 00.00.1982, StA. Türkei, vertreten durch Dr. Lennart Binder, MigrantInnenverein in 1090 Wien, Pulverturmgasse 4/2/R01, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.07.2008, FZ. 08 02.353 EAST-Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit, hat sein Heimatland legal mit seinem Reisepass verlassen, ist am 10.03.2008 illegal versteckt in einem LKW in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
1.2. Bei der Erstbefragung am 10.03.2008 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Türkisch gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei am 06.03.2008 gemeinsam mit seinem Cousin K.A. von Istanbul aus versteckt auf der Ladefläche eines LKWs nach Wien gefahren. Der Fahrer des LKWs sei ihm von einem Schlepper namens R. vermittelt worden. Über die Reiseroute und den LKW könne er keine Angaben machen, weil er nicht aussteigen habe können. Seine Eltern und Geschwister seien Asylwerber in Österreich. Sein Heimatland habe er verlassen, weil er von den Polizisten wegen seines Vaters unterdrückt werde.
1.3 Am 12.03.2008 stellte das Bundesasylamt Anfragen gemäß Art. 21 Dublin II-VO an Bulgarien, Rumänien und Ungarn.
1.4 Am 13.03.2008 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass mit Bulgarien, Rumänien und Ungarn Konsultationen geführt würden und aus diesem Grund die im § 28 AsylG normierte 20-Tages-Frist nicht gelte.
1.5. Mit Schreiben vom 25.03.2008 teilte die zuständige rumänische Behörde mit, dass der Beschwerdeführer in Rumänien bei seiner Visumsantragstellung (Visum gültig von 07.02.2008 bis 20.02.2008) einen bis 14.01.2009 gültigen türkischen Reisepass vorgelegt habe. Der Beschwerdeführer sei am 15.02.2008 in Rumänien (Baneasa, Flughafen Bukarest) eingereist sei. Eine Ausreise des Beschwerdeführers sei nicht bekannt.
1.6 Das Bundesasylamt richtete daher am 14.04.2008 ein dringliches Aufnahmeersuchen an die zuständige rumänische Behörde.
1.7 Am 17.04.2008 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5, 68 Abs. 1 AVG, § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG), da Dublin-Konsultationen mit Rumänien seit dem 14.04.2008 geführt werden.
1.8 Mit Schreiben vom 22.04.2008 erklärte sich Rumänien gemäß Art. 9 Abs. 2 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 zur Feststellung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist (in der Folge: Dublin II-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers für zuständig.
1.9. Am 29.04.2008 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit des Rechtsberaters sowie eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Türkisch niederschriftlich einvernommen und gab dabei im Wesentlichen an, dass er körperlich und geistig in der Lage sei, die Einvernahme durchzuführen. Seine Eltern und Geschwister seien in Österreich Asylwerber. Sein Vater sei vor sechs oder sieben Jahren nach Österreich gekommen. Seine Mutter und seine Schwester seien seit 2006 in Österreich aufhältig. Seine beiden Brüder seien erst vor sechs oder sieben Monaten nachgekommen. Er lebe derzeit nicht mit seiner Familie zusammen, weil er in R. untergebracht worden sei. Sein Vater sei zuerst nach Österreich gekommen und habe die Familie nachholen wollen. Dies sei allerdings aus finanziellen Gründen nicht möglich gewesen, weshalb sie alle getrennt kommen hätten müssen. Er lebe nicht mit jemandem in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Auf Vorhalt des Bundesasylamtes, dass beabsichtigt sei, seine Ausweisung aus Österreich nach Rumänien zu veranlassen, gab er an, er wolle nicht nach Rumänien abgeschoben werden. Seine ganze Familie sei in Österreich. Er wolle auf jeden Fall mit seiner Familie zusammenbleiben. Das würde auch die Familie so sehen. Außerdem fühle er sich auch gesundheitlich nicht so wohl, weshalb er die Unterstützung seiner Familie brauchen würde. Er habe Hepatitis B und sei wegen der Trennung von seiner Familie depressiv. In Rumänien würde es ihm gesundheitlich noch schlechter gehen. Er sei nie in Rumänien gewesen. Nachdem seine Mutter die Türkei verlassen habe, hätten sich er und seine Brüder in Istanbul bei Bekannten und Verwandten aufgehalten. Er habe die Familie als ältester Sohn finanziell unterstützen müssen. Er wolle nicht ohne seine Familie in der Türkei oder in Rumänien leben, weil sie immer zusammen gewesen seien. Sie würden sich nur trennen, wenn sie müssten.
1.10. Bei der ärztlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 05.02.2008 durch Dr. I.H., Ärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapeutische Medizin, wurde eine generalisierte Angststörung, F.41.1, diagnostiziert. Anhand der Anamnese und der bereits früheren Kontaktstörungen sei davon auszugehen, dass diese Störung neurotischer Natur sei und nicht belastungsbedingt verursacht sei. Die Störung sei weder an sich schwer, noch könne bei Überstellung nach Rumänien von einer unzumutbaren Verschlechterung ausgegangen werden. Die Behandlung sollte auch in Rumänien möglich sein. (AS 131ff).
2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 10.03.2008 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutzes gemäß Art. 9 Abs. 2 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Rumänien zuständig sei. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Rumänien ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Rumänien gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig sei.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass die Feststellungen für die rechtliche Beurteilung unzureichend seien. Es werde nicht festgestellt, wie die 20-Tages-Frist berechnet werden könne und es gehe aus den Feststellungen nicht hervor, dass die Voraussetzungen des Art. 15 Dublin II-VO, die als maßgeblich bezeichnet würden, gegeben seien. Eine Ausweisung würde das durch Art. 8 EMRK garantierten Recht auf Privat- und Familienleben verletzten, weil die gesamte Familie in Österreich aufhältig sei und der Beschwerdeführer mit seiner Familie zusammenleben wolle.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit, hat sein Heimatland verlassen und ist mit seinem gültigen türkischen Reisepass und einem gültigen rumänischen Visum über Rumänien kommend am 10.03.2008 illegal in Österreich eingereist und hat am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Seine Eltern und seine Geschwister sind in Österreich Asylwerber. Der Vater befindet sich bereits seit sechs oder sieben Jahren, die Mutter und die Schwester seit 2006 und die beiden Brüder seit sechs oder sieben Monaten in Österreich.
Der Beschwerdeführer leidet an einer generalisierten Angststörung, F.41.1, welche allerdings einer Überstellung nach Rumänien nicht entgegensteht.
Rumänien hat sich mit Schreiben vom 22.04.2008 gemäß Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO für die Aufnahme des Asylwerbers für zuständig erklärt.
1.2. Die in § 28 Abs. 2 AsylG festgelegte zwanzigtägige Frist zur Erlassung eines zurückweisenden Bescheides nach § 5 AsylG gilt nicht, weil dem Beschwerdeführer das Führen von Konsultationen gemäß der Dublin II-VO binnen Frist mitgeteilt wurde, weshalb kein Übergang der Zuständigkeit an Österreich wegen Fristüberschreitung eingetreten ist.
2. Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf folgende Beweiswürdigung:
Die oben angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt, insbesondere aus den Angaben des Beschwerdeführers bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 10.03.2008 sowie aus der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vom 29.04.2008 sowie aus der Zuständigkeitserklärung Rumäniens vom 22.04.2008.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1. Gemäß §§ 73 Abs. 1 und 75 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge AsylG) iVm § 1 AsylG ist das oben angeführte Gesetz auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 01.01.2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Verfahren das AsylG 2005 anzuwenden war.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde tritt.
3.2. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin II-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates nach der Dublin II-VO ist als negative Prozessvoraussetzung hinsichtlich des Asylverfahrens in Österreich konstruiert. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist somit die Frage der Zurückweisung des Asylantrages wegen Zuständigkeit eines anderen Staates.
Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, von jenem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Dublin II-VO) als zuständiger Staat bestimmt wird. Kapitel III enthält in den Artikeln 6 bis 13 Dublin II-VO die Zuständigkeitskriterien, die nach Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO "in der in diesem Kapitel genannten Reihenfolge" Anwendung finden.
3.3. Gemäß Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO ist, wenn der Asylwerber ein gültiges Visum besitzt, der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Asylantrages zuständig, es sei denn, das Visum wurde in Vertretung oder mit schriftlicher Zustimmung eines anderen Mitgliedstaates erteilt. Besitzt der Asylwerber mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind gemäß Abs. 3 die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Asylantrags in folgender Reihenfolge zuständig:
der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;
der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;
bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist. Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ist der Antrag zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach seiner Einbringung entscheidet, dass er zurückzuweisen ist, es sei denn, es werden Konsultationen gemäß der Dublin II-VO oder einem entsprechenden Vertrag geführt. Dass solche Verhandlungen geführt werden, ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen.
3.4. Im gegenständlichen Fall ist das Bundesasylamt ausgehend davon, dass der Beschwerdeführer über ein gültiges Visum für Rumänien verfügt und, dass Rumänien einer Übernahme des Beschwerdeführers auf Grundlage des Art. 9 Abs. 2 und 4 Dublin II-VO am 22.04.2007 zugestimmt hat, zu Recht von einer Zuständigkeit Rumäniens zur Prüfung des Asylantrages ausgegangen.
3.5. Zu prüfen bleibt daher, ob Österreich im gegenständlichen Fall verpflichtet wäre, im Hinblick auf Art. 3 EMRK oder Art. 8 EMRK von seinem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen.
3.5.1. Der Verfassungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 08.03.2001, G 117/00 u.a. VfSlg 16.122, aus, dass § 5 AsylG nicht isoliert zu sehen sei; das im Dubliner Übereinkommen festgelegte Selbsteintrittsrecht Österreichs verpflichte - als Teil der österreichischen Rechtsordnung - die Asylbehörde unter bestimmten Voraussetzungen zur Sachentscheidung in der Asylsache und damit mittelbar dazu, keine Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des § 5 vorzunehmen. Eine strikte, zu einer Grundrechtswidrigkeit führende Auslegung (und somit Handhabung) des § 5 Abs. 1 AsylG sei durch die Heranziehung des Selbsteintrittsrechtes zu vermeiden. Dieser Rechtsansicht schloss sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 23.01.2003, Zl. 2000/01/0498, an.
Hatte der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 15.10.2005, G 237/03 u.a. ausgesprochen, dass jene zum Dubliner Übereinkommen angestellten Überlegungen auch für das Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin-VO zutreffen, ergänzte er in seinem Erkenntnis vom 17.06.2005, B 336/05-11, dies dahingehend, dass die Mitgliedstaaten nicht nachzuprüfen haben, ob ein bestimmter Mitgliedstaat generell sicher sei, da die entsprechende Vergewisserung durch den Rat erfolgt sei; eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung eines Asylwerbers in einen anderen Mitgliedstaat im Einzelfall sei jedoch gemeinschaftsrechtlich zulässig. Sollte diese Überprüfung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers etwa durch eine Kettenabschiebung bedroht sind, sei aus verfassungsrechtlichen Gründen das Eintrittsrecht zwingend auszuüben.
In seinem Erkenntnis vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582 (dem ein - die Zuständigkeit Italiens nach dem Dubliner Übereinkommen betreffender - Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates zugrunde lag) sowie in dem (bereits die Dublin-VO betreffenden) Erkenntnis vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095-9, führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass in Verfahren wie dem gegenständlichen eine Gefahrenprognose zu treffen ist, ob ein - über die bloße Möglichkeit hinausgehendes - ausreichend substantiiertes "real risk" besteht, dass ein aufgrund der Dublin-VO in den zuständigen Mitgliedstaat ausgewiesener Asylwerber trotz Berechtigung seines Schutzbegehrens, also auch im Falle der Glaubhaftmachung des von ihm behaupteten Bedrohungsbildes, im Zielstaat der Gefahr einer - direkten oder indirekten - Abschiebung in den Herkunftsstaat ausgesetzt ist, wobei insbesondere zu prüfen sei, ob der Zielstaat rechtliche Sonderpositionen vertritt, nach denen auch bei der Zugrundelegung der Behauptungen des Asylwerbers eine Schutzverweigerung zu erwarten wäre. Weiters wird ausgesprochen, dass geringe Asylanerkennungsquoten im Zielstaat für sich allein genommen keine ausreichende Grundlage dafür sind, um vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.
3.5.2. Im gegenständlichen Fall kann nun nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer ausreichend substantiiert und glaubhaft dargelegt hätte, dass ihm durch eine Rückverbringung nach Rumänien die - über eine bloße Möglichkeit hinausgehende - Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde.
Aus den Feststellungen ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer in Rumänien grundsätzlich ein Asylverfahren offen steht, in welchem die Voraussetzungen der Asylgewährung und des Rückschiebungsschutzes im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen, insbesondere der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, definiert sind, weshalb im konkreten Fall gerade nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer ohne Prüfung seiner Fluchtgründe in seinen Herkunftsstaat Türkei rückgeschoben werden könnte.
Während des gesamten Verfahrens hat der Beschwerdeführer bestritten, jemals in Rumänien gewesen zu sein. Festzuhalten ist allerdings in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer laut Schreiben der rumänischen Behörden vom 25.03.2008 am 15.02.2008 über den Flughafen Bukarest, Baneasa, eingereist sei. Überdies hat der Beschwerdeführer kein substantiiertes Vorbringen erstattet, wonach im Falle einer Überstellung nach Rumänien die Gefahr einer Verletzung der in Art. 3 EMRK garantierten Rechte bestehen würde.
Der Beschwerdeführer hat sohin kein Vorbringen erstattet, das die Annahme rechtfertigen könnte, dass ihm in Rumänien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde.
Soweit aus dem Vorbringen bzw. aus der Berufung herauszulesen ist, dass der Beschwerdeführer in Rumänien möglicherweise kein Asyl erhalten werde und in die Türkei abgeschoben werden könnte, ist ihm entgegenzuhalten, dass es nicht Aufgabe der österreichischen Asylbehörden sein kann, "hypothetische Überlegungen über den möglichen Ausgang" eines von einem anderen Staat zu führenden Asylverfahrens anzustellen (vgl. u.a. VwGH vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095).
Im Zusammenhang mit dem rumänischen Asylverfahren ist lediglich der Vollständigkeit halber noch anzuführen, dass von Seiten der Republik Rumänien keine systemwidrigen Verletzungen der Verpflichtungen aus der Dublin II-VO bekannt sind. Auch geringe Asylanerkennungsquoten im Zielstaat sind für sich genommen keine ausreichende Grundlage dafür, dass die österreichischen Asylbehörden vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssten (vgl. u.a. VwGH vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095). Im Übrigen wird auch auf die Länderfeststellungen im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen, welche sich mit dem rumänischen Asylverfahren eingehend auseinandersetzen.
Wenn der Beschwerdeführer behauptet, eine Überstellung wäre aufgrund seiner Erkrankung an Hepatitis B oder wegen seiner psychischen Störung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig, ist auf das jüngste Erkenntnis des VfGH (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK wiedergibt (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).
Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände ist durch die Abschiebung die Verletzung von Art. 3 EMRK zu befürchten. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).
Im vorliegenden Fall ist jedenfalls davon auszugehen, dass Hepatitis B und eine generalisierte Angststörung, F.41.1, in Rumänien behandelt werden können. Gegenteiliges wurde auch nicht vorgebracht. Darüber hinaus leidet der Beschwerdeführer nicht an schwerwiegenden lebensbedrohenden Krankheiten, die nach der Rechtsprechung des EGMR dann, wenn sie im Zielstaat nicht behandelt werden können, ein Rückschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK darstellen können (vgl. D.v. Vereinigtes Königreich, 02.05.1997). Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf einen existenzbedrohenden Zustand ersichtlich.
Was das Vorbringen in der Beschwerde anlangt, dass der Bescheid nichtig sei, weil der Verfasser des Bescheides nicht mit jener Person identisch ist, die die Einvernahme durchgeführt hat, erweist sich auch diese Behauptung als schlichtwegs aktenwidrig.
Auch die Behauptung in der Beschwerde, wonach die Feststellungen für die rechtliche Beurteilung unzureichend seien, weil aus den Feststellungen nicht hervorgehe, dass die Voraussetzungen des Art. 15. Dublin II-VO, die als maßgeblich bezeichnet werden, gegeben sein sollen, kann keinesfalls nachvollzogen werden. Im angefochtenen Bescheid ist in keinem Zusammenhang die Rede davon, dass die Voraussetzungen des Art. 15 Dublin II-VO maßgeblich oder gegeben seien. Lediglich in der rechtlichen Beurteilung wird der Art. 15 Dublin II-VO erwähnt und festgehalten, dass das System der zwingenden Zuständigkeitsbestimmungen durch die fakultative Zuständigkeitsbestimmung der humanitären Klausel des Art. 15 ergänzt werde. Es wird aber nicht festgestellt, dass diese für den gegenständlichen Fall maßgeblich oder gegeben sei.
3.5.3. Ferner ist eine Überprüfung gemäß Art. 8 EMRK dahingehend vorzunehmen, ob der Beschwerdeführer über im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK relevante Verbindungen in Österreich verfügt.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Der EGMR bzw. die EKMR verlangen zum Vorliegen des Art. 8 EMRK das Erfordernis eines "effektiven Familienlebens", das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushaltes, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder eines speziell engen, tatsächlich gelebten Bandes zu äußern hat (vgl. das Urteil Marckx [Ziffer 45] sowie Beschwerde Nr. 1240/86, V. Vereinigtes Königreich, DR 55, Seite 234; hierzu ausführlich: Kälin, "Die Bedeutung der EMRK für Asylsuchende und Flüchtlinge: Materialien und Hinweise", Mai 1997, Seite 46).
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse gemeinsame Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (vgl. EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; siehe auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (vgl. EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311), und zwischen Onkel und Tante und Neffen bzw. Nichten (vgl. EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1989, 761; Rosenmayer ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (vgl. EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
In Österreich leben die Eltern sowie die Geschwister des Beschwerdeführers. Diesbezüglich ist zunächst anzuführen, dass die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern bzw. Geschwistern von der oben zitierten Judikatur des EGMR nicht umfasst wird. Ungeachtet dessen liegt jedenfalls die geforderte Beziehungsintensität - wie das Leben in einem gemeinsamen Haushalt oder eine finanzielle Abhängigkeit - im gegenständlichen Fall nicht vor. Da der Vater des Beschwerdeführers bereits seit sechs oder sieben Jahren, seine Mutter sowie seine Schwester seit 2006 und seine Brüder bereits seit sechs Monaten in Österreich leben, während der Beschwerdeführer selbst erst seit circa vier Monaten im österreichischen Bundesgebiet aufhältig ist und nicht im gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern oder Geschwistern lebt (aus der Aktenlage ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer in der Betreuungsstelle Traiskirchen untergebracht ist - siehe GVS), kann keinesfalls von der vom EGMR geforderten Beziehungsintensität gesprochen werden. Der Vollständigkeit halber ist überdies darauf hinzuweisen, dass auch vor Verlassen der Türkei kein gemeinsamer Haushalt bestanden hat. Hierzu gab der Beschwerdeführer in Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt an, er habe, auch während seine Mutter noch in der Türkei gelebt habe, bei Bekannten und Verwandten in Istanbul gelebt.
Weitere familiäre Beziehungen zu einem österreichischen Staatsbürger oder einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich bestehen nicht, weshalb der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Italien in seinem durch Art. 8 EMRK verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nicht verletzt werden würde.
3.5.4. Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass kein Anlass für einen Selbsteintritt Österreichs gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO aufgrund einer drohenden Verletzung von Art. 3, 8 EMRK besteht.
3.5.5. Festzuhalten ist auch, dass die in § 28 Abs. 2 AsylG normierte 20-tägige Frist im gegenständlichen Fall eingehalten worden ist.
3.5.6. Hinsichtlich Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides ist noch auszuführen, dass keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung im Sinne des § 10 Abs. 2 AsylG ersichtlich sind, da weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht aktenkundig ist noch der Beschwerdeführer in Österreich über Angehörige im Sinne des Art. 8 EMRK verfügt. Darüber hinaus sind auch keine Gründe für einen Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ersichtlich. Was schließlich den seitens des Bundesasylamtes im Bescheidspruch aufgenommenen Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Rumänien anbelangt, so ist darauf hinzuweisen, dass die getroffene Ausweisung, da diese mit einer Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG verbunden ist, gemäß § 10 Abs. 4 erster Satz AsylG schon von Gesetzes wegen als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat gilt.
3.5.7. Die Beschwerde erwies sich somit als nicht berechtigt und war daher spruchgemäß abzuweisen.
3.5.8. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG abgesehen werden.