E9 316.322-1/2008-3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Reinhard Engel als Vorsitzenden und den Richter Mag. Hermann Leitner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Mayer über die Beschwerde des A.E., geb. 00.00.1979, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.11.2007, FZ. 07 00.592-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Beschwerdeführer, seinen Angaben nach ein Staatsangehöriger der Türkei mit muslimischem Glauben und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, stellte nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle am 17.1.2007 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz.
Als Begründung für das Verlassen seines Herkunftsstaates Türkei brachte er (zusammengefasst dargestellt) im Wesentlichen vor, dass er deshalb ausgereist sei, weil er vor der Ausreise von Anhängern der CHP verfolgt worden wäre. Dies deshalb, weil er sich geweigert habe diesen beizutreten. In weiterer Folge brachte er bei einer anderen Einvernahme als Ausreisegrund davon abweichend vor, dass er von den "HADEP-Leuten" verfolgt und bedroht worden sei, weil er Mitglied bei der CHP gewesen wäre.
Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das fluchtkausale Vorbringen aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Gründen als nicht glaubhaft.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom BAA gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei verfügt.
Gegen diesen Bescheid hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Beschwerde (Berufung) erhoben.
Die im angefochtenen Bescheid bereits enthaltene Sachverhaltsdarstellung und die getroffenen Feststellungen werden hiermit zum Inhalt dieser Entscheidung erklärt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist das erkennende Gericht berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278).
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes.
Die belangte Behörde legte im Rahmen der Beweiswürdigung dar, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, sein ausreisekausales Vorbringen glaubhaft zu machen, da dieses in wesentlichen Punkten widersprüchlich bzw. nicht plausibel war.
So wird im angefochtenen Bescheid des BAA ausgeführt, dass seine behaupteten Aktivitäten betreffend HADEP und CHP - und damit entscheidungswesentlich die daraus resultierende "Verfolgungsgefahr" - insbesondere deshalb nicht glaubhaft sei, weil er über diese Organisationen "kein Mindestmaß an Auskünfte" habe erteilen können.
Diese Folgerung der belangten Behörde kann bei Betrachtung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht als unschlüssig erachtet werden, zumal der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahmen darlegte, dass er diesen Organisationen über mehrere Jahre angehörig war und für die HADEP und CHP sogar für die Mobilisierung weiterer Mitglieder zuständig gewesen sei, was nach der allgemeinen Lebenserfahrung nach doch ein gewisses Basiswissen über die "Partei" erfordern würde, um in der Lage zu sein, neue Mitglieder zu "mobilisieren" bzw. "Überzeugungsarbeit" zu leisten (AS 159: Was wissen Sie über die Organisation der HADEP? Ich weiß nichts über die HADEP [....]; Was wissen Sie über die Organisation der CHP? Nichts.). Aus den zitierten Stellen leuchtet hervor, dass es mit einem derartigen Mangel an Wissen der allgemeinen Lebenserfahrung nach nicht plausibel bzw. nicht glaubhaft ist, dass diese Behauptung den Tatsachen entspricht. Daran mag auch der Umstand nichts zu ändern, dass sein in Österreich aufhältiger Bruder in die Türkei reiste und ihm ua. einen Mitgliedsausweis der CHP "besorgte", die der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt in der letzten Einvernahme vorlegte.
Das BAA begründete die Nichtglaubhaftmachung seiner Verfolgungsgefahr weiters damit, dass der Beschwerdeführer auch unterschiedliche bzw. widersprüchliche Angaben betreffend seiner Zugehörigkeit zu diesen "Parteien" im Zuge der Einvernahmen machte.
Auch diese Argumentation ist auf Grund der im Akt enthaltenen Niederschriften nachvollziehbar. So gab der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung an, dass er "registriertes Mitglied" der HADEP gewesen sei, was er auch bei der darauf folgenden 1. Einvernahme beim BAA wiederholte. Davon abweichend führte er bei der ergänzenden Einvernahme bei der Außenstelle des BAA auch an, dass er "kein Mitglied" der HADEP gewesen sei.
Die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).
Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".
Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im Ergebnis als nicht glaubhaft qualifiziert. Der Asylgerichtshof schließt sich diesen beweiswürdigenden Argumenten des BAA an.
Im Übrigen wird die Beweiswürdigung des BAA in der Beschwerde auch nicht substantiiert bekämpft, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen
So wird in der Beschwerde der beweiswürdigenden Auseinandersetzung zu den widersprüchlichen Angaben zur HADEP Mitgliedschaft damit entgegen getreten, dass es das BAA unterlassen habe, durch Befragung herauszufinden ob der Beschwerdeführer, insbesondere durch "besonderes Wissen", seine Beziehung zur HADEP glaubhaft machen könne.
Dem ist zu entgegnen (wie an aaO dieser Entscheidung bereits ausgeführt), dass genau dies das BAA versucht hat und dabei aber "kein besonderes Wissen", sondern grobe Unkenntnis des Beschwerdeführers zu Tage trat, die die behauptete Beziehung zur HADEP geradezu kontraindiziert.
In der Beschwerde wird weiters behauptet, dass einer Vielzahl von Familienangehörigen des Beschwerdeführers innerhalb der Europäischen Union bereits die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei und es wäre von der belangten Behörde zu hinterfragen gewesen, "ob" auch diesen die Flüchtlingseigenschaft auf Grund politischer Probleme zuerkannt wurde. Wäre dies der Fall, so sei auch nachzuvollziehen, dass der BW politisch in der Türkei tätig war.
Mit diesen Argumenten tritt der Beschwerdeführer der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht substantiiert entgegen und legt damit auch keinen relevanten Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens dar. Zum einen gab er in der Erstbefragung ausdrücklich noch an, dass er im Gebiet der Europäischen Union einschließlich Norwegen und Island "keine Familienangehörigen" habe, zum anderen führte er dazu in Widerspruch stehend und unbescheinigt geblieben bei der Außenstelle an, dass "Onkel und Tanten" in der BRD und in Frankreich bzw. England anerkannte Flüchtlinge wären. Angehörige seiner Kernfamilie, wie seine Eltern und 3 Geschwister, würden noch immer in der Türkei leben. Einen zeitlichen sowie sachverhaltsmäßigen Zusammenhang der Ausreisegründe der Verwandten mit den seinigen hat der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet, weshalb es für die Erstbehörde zu Recht auch keine Veranlassung gab, betreffend der damaligen Fluchtgründe dieser Verwandten nachzufragen (vgl. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 17.1.1994, 94/19/0886).
Auch der Asylgerichtshof ist dazu nicht verhalten, zumal es sich hier auch um einen als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis handelt. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren - und somit auch im asylgerichtlichen Verfahren - unzulässig. Daher ist die Behörde/der Asylgerichtshof einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger - Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN). Nichts anderes beabsichtigt aber der Beschwerdeführer damit, dass erhoben werden möge, "ob" auch diesen (Familienangehörigen) die Flüchtlingseigenschaft auf Grund politischer Probleme zuerkannt wurde, weil dann nachvollziehbar sei, dass auch der BW politisch in der Türkei tätig war.
Wenn in der Beschwerde unbescheinigt angeführt wird, dass "in der Türkei grundsätzlich allen Familienangehörigen die gleiche politische Gesinnung unterstellt werde und wenn nunmehr aus einem Asylakt hervor käme, dass ein Familienangehöriger des Beschwerdeführers in Österreich Asyl auf Grund seiner politischen Tätigkeit bzw. der ihm unterstellten regimekritischen Gesinnung erhalten habe, so könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass auch der Beschwerdeführer dieselben Probleme bei einer Rückkehr in die Türkei hätte", ist dem zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren gar nicht behauptet hat, dass ein Familienangehöriger von ihm in Österreich anerkannter Flüchtling ist (AS 105) und er auch in der Beschwerde niemanden namhaft machte.
Würde man dieser Argumentation des Beschwerdeführers folgen, so widerspricht das seinen Angaben im erstinstanzlichen Verfahren, wonach seine Eltern und 3 Geschwister nach wie vor in der Türkei leben, obwohl ihnen - seinen Angaben in der Beschwerde zur Folge - die gleiche politische Gesinnung unterstellt werden müsste. Dass diese asylrelevante Probleme haben würden, brachte er im Verfahren aber nicht vor (AS 103f: Haben Sie Kontakt mit Ihren Angehörigen? Wie geht es Ihren Angehörigen? "Ja, es geht ihnen gut, ich telefoniere [mit ihnen]"). Dessen ungeachtet sind diese Argumente aber im Ergebnis nicht dergestalt, dass er damit die aufgetretenen Widersprüche und Unplausibilitäten erklärbar machen würde bzw. der erstinstanzlichen Beweiswürdigung substantiiert entgegen getreten wird, weshalb auch der Asylgerichtshof aus diesem Grund zu keinem ergänzenden Ermittlungsverfahren verpflichtet ist.
In der Beschwerde wird weiters moniert, dass es die belangte Behörde unterlassen habe zu hinterfragen, ob der Beschwerdeführer, "welcher augenscheinlich ein starkes politisches Engagement zeigt", auch in Österreich exilpolitisch tätig sei. Hätte dies das BAA angestellt, so wäre hervorgekommen, dass er ein aktives Mitglied des Vereines KIB in Wien ist. Er nehme regelmäßig an Demonstrationen, Veranstaltungen und Kundgebungen in herausragender Stellung teil. Der Bruder sei bei der KIB als Kassier tätig. Bei diesem Verein handle es sich um eine pro-kurdische Vereinigung. Es sei davon auszugehen, dass die Türkei Mitglieder dieses Vereines auf die gleiche Weise bekämpft wie die PKK.
Diesen, im Asylverfahren erstmals vorgebrachten - und unbescheinigt gebliebenen -Neuerungen ist zu entnehmen, dass dieser Sachverhalt - ungeachtet dessen, ob er nun glaubhaft ist - bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides und zumindest auch schon zum Zeitpunkt der letzten Einvernahme beim BAA bestanden hat (Arg: "Hätte dies das BAA angestellt, so wäre hervorgekommen, dass er ein aktives Mitglied des Vereines KIB in Wien ist.").
In Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesasylamtes dürfen nur eingeschränkt neue Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden.
Die dafür maßgebliche Norm des § 40 Asylgesetz 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 lautet:
"(1) In einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des Bundesasylamtes dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur vorgebracht werden,
1. wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, nach
der Entscheidung erster Instanz entscheidungsrelevant geändert hat;
2. wenn das Verfahren erster Instanz mangelhaft war;
3. wenn diese dem Asylwerber bis zum Zeitpunkt der Entscheidung
erster Instanz nicht zugänglich waren (nova reperta) oder
4. wenn der Asylwerber nicht in der Lage war, diese vorzubringen.
(2) Über die Zulässigkeit des Vorbringens neuer Tatsachen und Beweise muss nicht Entschieden werden, wenn diese für die Entscheidung des Asylgerichtshofes nicht maßgeblich sind."
Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist dem Anliegen des Gesetzgebers, Missbräuchen vorzubeugen, auch dadurch Rechnung getragen, dass die Ausnahmen vom Neuerungsverbot "auf jene Fälle beschränkt" werden, in denen der Asylwerber "aus Gründen, die nicht als mangelnde Mitwirkung" am Verfahren zu werten sind, "nicht in der Lage war", Tatsachen und Beweismittel bereits in erster Instanz vorzubringen. Somit bleibt vom Neuerungsverbot ein Vorbringen erfasst, mit dem ein Asylwerber das Verfahren missbräuchlich zu verlängern versucht (VfGH 15. 10. 2004, G 237/03 ua).
Aus dieser Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist demnach abzuleiten, dass nicht jede Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens zu einer Durchbrechung des Neuerungsverbotes führt, sondern nur jene, welche "kausal" dafür ist, dass der Asylwerber "nicht in der Lage war" die erst im Beschwerdeverfahren vorgebrachten neuen Tatsachen und Beweismittel schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde dargetan, dass er durch eine Mangelhaftigkeit (Z 2 leg cit) des erstinstanzlichen Verfahrens "nicht in der Lage war", diesen erstmals in der Beschwerde vorgetragenen Sachverhalt schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen, da es das BAA unterlassen habe nachzufragen, ob er auch in Österreich exilpolitisch tätig sei.
Der Asylgerichtshof ist aus nachfolgenden Gründen nicht der Ansicht, dass der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren auf Grund einer relevanten Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens nicht in der Lage war, diese erstmals im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Neuerungen vorzubringen.
Der Niederschrift der Erstbefragung vom 17.1.2007 ist zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer die "Erstinformationen zum Asylverfahren" ausgefolgt wurden. Darin wurde der Beschwerdeführer über seine Rechte und Pflichten, insbesondere über die Mitwirkungsverpflichtung, belehrt. In diesem Informationsschreiben wird der Asylwerber ua. dazu aufgefordert, sein Anliegen wahrheitsgemäß und vollständig zu erzählen. Der Asylwerber soll darlegen aus welchen Gründen er Furcht vor Verfolgung hat und welche Tatsachen und Umstände ihn an einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat hindern. Sein persönliches Schicksal und die "ihm konkret drohenden Gefahren" sollten vollständig und nachvollziehbar dargelegt werden. Weiters wird auch mitgeteilt, dass die Einvernahme der wichtigste Teil des Asylverfahrens ist und die Grundlage für die Entscheidung bildet.
Der Beschwerdeführer hat - trotz dieser Belehrungen bzw. Aufforderung zur Mitwirkung im Asylverfahren - einen solchen Sachverhalt weder bei der Erstbefragung noch bei der 1. Einvernahme in der Erstaufnahmestelle vorgetragen. Bei der Einvernahme wurde er ausdrücklich gefragt, ob er zu den bei der Erstbefragung angegebenen Fluchtgründen noch etwas ergänzen oder berichtigen wolle, wobei er die in der Beschwerde erstmals vorgetragenen Tatsachen nicht erwähnte. Auch bei der ergänzenden Einvernahme in der Außenstelle, wo diese Tatsachen seinem Beschwerdevorbringen nach jedenfalls schon vorgelegen sein müssten, machte er solche Angaben nicht. Das BAA fragte in dieser letzten Einvernahme, sogar im Rahmen einer offenen Fragestellung, nochmals ausdrücklich nach, was er im Falle einer Rückkehr in die Türkei befürchten würde. "Die CHP wird mich umbringen." war seine darauf lautende Antwort. Dass er auch seitens des türkischen Staates Verfolgung wegen seiner behaupteten exilpolitischen Tätigkeit erwarten würde, brachte er nicht vor, womit er aber eindeutig seine Mitwirkungsverpflichtung verletzt hatte, sofern man dieses neue und unbescheinigt gebliebene Vorbringen für wahr erachten würde. Auch bei einer abschließenden Frage, ob er noch etwas angeben möchte, nannte er diese Umstände nicht.
Der Asylgerichtshof gelangt daher im Ergebnis unter Berücksichtigung aller Umstände zur Ansicht, dass - sofern man dieses Vorbringen für wahr erachtet - eine mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers ursächlich dafür war, dass er diesen Sachverhalt erst im Beschwerdeverfahren vorbrachte und nicht eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, zumal der Beschwerdeführer schon im erstinstanzlichen Verfahren hinlänglich die Möglichkeit hatte diese Umstände dort vorzutragen.
Auf Grund des Ermittlungsverfahrens ergeben sich keine konkreten Hinweise, dass einer der anderen Ausnahmetatbestände des § 40 leg cit erfüllt wäre. Auch der Beschwerdeführer hat diesbezüglich keine konkreten Sachverhalt aufgezeigt.
Am Boden der zu dieser Bestimmung ergangenen und für deren Auslegung maßgeblichen Judikatur der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (siehe VfGH 15.10.2004, Zahl G237/03 ua., Punkt III.4.7.4.2.; VwGH 27.09.2005, Zahl 2005/01/0313) ist in diesem Kontext noch zu beurteilen, ob diese späte, erst im Stadium der Beschwerde erfolgte Tatsachenbehauptung von dem Versuch gekennzeichnet ist, das Asylverfahren missbräuchlich zu verlängern. Im Rahmen einer gesamthaften Abwägung gelangt der Asylgerichtshof angesichts der obdargelegten Ausführungen zu der Ansicht, dass im Falle des Beschwerdeführers das Vorliegen eines Missbrauchs jedenfalls zu bejahen ist.
Auch seine spekulative Behauptung eines möglichen zeitlichen und sachverhaltsmäßigen Zusammenhanges der Ausreisegründe der Verwandten mit den seinigen, stellt im Ergebnis eine unzulässige Neuerung dar, zumal der Beschwerdeführer dies trotz Möglichkeit - auch im Hinblick auf den Inhalt der ihm erteilten Belehrungen - nicht vorgetragen hat und das erstinstanzliche Verfahren auch keinen relevanten Mangel aufweist, der ihn daran gehindert hätte, dies nicht schon beim BAA vorzutragen. Ein Vorliegen eines der anderen Ausnahmetatbestände des § 40 leg cit ergibt sich im Verfahren nicht bzw. wird ein solcher auch in der Beschwerde nicht konkret dargetan. Auch hier gelangt der Asylgerichtshof zur Ansicht, dass dieses neue Beschwerdevorbringen in Missbrauchsabsicht erstattet wurde. Auf oa. allg. Ausführungen zum Neuerungsverbot wird verwiesen.
Erstmals in der Beschwerde wird auch vorgebracht, dass der Beschwerdeführer in der Türkei durch eine Verhaftung und Suche nach ihm als Wehrdienstverweigerer bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war und dadurch auch weiterhin gefährdet ist.
Derartiges hat der Beschwerdefüher in keiner der 3 niederschriftlichen Einvernahmen im erstinstanzlichen Verfahren auch nur ansatzweise vorgebracht (zB AS 35: Waren Sie jemals in Haft? Nein; Besteht gegen Sie in Ihrem Heimatland ein Haftbefehl? Nein). Dass ihm dies nicht möglich war, kam im Verfahren nicht hervor und wurde auch in der Beschwerde nicht konkret aufgezeigt. Es handelt sich somit auch hier um unzulässige Neuerungen die unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nach Ansicht des Asylgerichtshofes - ungeachtet der Glaubwürdigkeit dieses Sachvortrages - in Missbrauchsabsicht erstattet wurde. Ein Hinweis auf einen Ausnahmetatbestand des § 40 leg cit, der Neuerungen zulässig machen würde, eribt sich nicht. Auf oa. allg. Ausführungen zum Neuerungsverbot wird verwiesen.
Der Beschwerdeführer beantragt in der Beschwerde zum Beweis der darin vorgebrachten Umstände die (nochmalige) persönliche Einvernahme. In der Beschwerde wird nicht angeführt, was bei einer solchen - inzwischen schon 4. persönlichen Einvernahme - konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können, insbesondere, womit er die aufgetretenen und für die Entscheidung maßgeblichen Widersprüche und Unplausibilitäten, die zur Nichtglaubhaftmachung seiner ausreisekausalen Gründe führten, aufzuklären beabsichtige. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was seine ergänzende Einvernahme an diesen Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären. (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme, da damit der erstinstanzlichen Beweiswüdigung, der sich der Asylgerichshof anschließt, nicht substantiiert entgegen getreten wird. Sofern der Beschwerdeführer mit seiner nochmaligen Einvernahme seine Neuerungen "beweisen" möchte, so ist darauf hinzuweisen, dass diese unzulässig und damit nicht beachtlich sind, womit auch keine Verpflichtung zur Verhandlungsdurchführung ausgelöst wird.
In der Beschwerde wird weiters beantragt, der Asylgerichtshof möge Stellungnahmen bzw. Gutachten von UNHCR, amnesty international, ACCORD oder anderen Organisationen "zur Richtigkeit der Angaben des Beschwerdeführers zur drohenden Verfolgung und zur Situation in seinem Heimatland" einholen.
Sofern sich dieser Beweisantrag auf die Neuerungen in der Beschwerde bezieht ist anzuführen, dass diese als unzulässig und damit in diesem Verfahren auf Grund des Neuerungsverbotes nicht beachtlich sind, weshalb auch einem darauf abstellenden Beweisantrag nicht nachzukommen ist. Soweit damit die als nicht glaubhaft erachteten ausreisekausalen Angaben gemeint sind, so ist Folgendes anzumerken:
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dürfen Beweisanträge dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, wenn es auf sie nicht ankommt oder wenn das Beweismittel - ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung - untauglich ist (VwGH 24. 4. 2003, 2000/20/0231).
Das BAA erachtete das fluchtkausale Vorbringen des Beschwerdeführers im Wesentlichen auf Grund von aufgetretenen Widersprüchen und Unplausibilitäten in relevanten Punkten, die Person und das Umfeld des Beschwerdeführers betreffend, als nicht glaubhaft. So insbesondere dessen Unkenntnis über die HADEP und CHP und die widersprüchlichen Angaben über die Mitgliedschaft. Ohne hier eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung vorzunehmen, ist dieses Beweismittel dazu nicht tauglich. Es ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung und den Erfahrungen der Asylbehörden nicht wahrscheinlich, dass mit Stellungnahmen bzw. Gutachten der genannten Organisationen diese Widersprüche und Unplausibilitäten geklärt werden können, weshalb es dadurch zur Ablehnung des Beweisantrages kommt.
Der Beschwerdeführer stellt weiters den Antrag, dass ein Gutachten eingeholt bzw. ein Sachverständiger zur Frage des Vorliegens von Menschenrechtsverletzungen bei exponierter exilpolitischer Tätigkeit vorliege. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei dieser erstmals in der Beschwerde aufgestellten und unbescheinigt gebliebenen Behauptung um eine unzulässige Neuerung, weshalb mangels zu berücksichtigendem Beweisthema auch dieser Beweisantrag unbeachtlich ist.
Den vom Bundesasylamt herangezogenen Berichten zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wurde in der Beschwerde unter Berücksichtigung aller bekannten und zu berücksichtigenden Umstände im Ergebnis nicht konkret und substantiiert entgegen getreten. Eine maßgebliche Änderung der für den konkreten Fall entscheidungsrelevanten Lage in der Türkei ist auch unter Zugrundelegung aktueller politischer Ereignisse weder notorisch noch entspricht dies dem Amtswissen, weshalb die im angefochtenen Bescheid dargestellte Situation - sofern sie entscheidungsrelevant ist - noch als aktuell anzusehen ist.
Im Ergebnis ist es dem Beschwerdeführer mit dessen Beschwerde weder gelungen eine wesentliche Unschlüssigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen, noch ist er dieser im Rahmen der Anfechtungsbegründung, soweit diese infolge unzulässiger Neuerung überhaupt zu berücksichtigen ist, in substantiierter Form entgegengetreten. Hiezu wäre es erforderlich gewesen, dass der Beschwerdeführer entweder in begründeter Form eine maßgebliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung dargetan oder Argumente vorgebracht hätte, die einerseits zu einer anderen Gewichtung oder Bewertung der verfahrensgegenständlichen Beweismittel führen würden oder aus denen andererseits im Rahmen der allgemeinen Denklogik eine Prävalenz des von ihm dargestellten Geschehnisablaufes gegenüber jenem von der Erstbehörde angenommenen hervorleuchtet, was im Ergebnis zu einer anders gelagerten Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des der weiteren rechtlichen Würdigung zugrunde zu legenden historisch-empirischen Sachverhaltes führen würde.
Ergänzend ist anzuführen, dass sich aus dem bisherigen - und im angefochtenen Bescheid dargestellten - Ermittlungsergebnis des BAA für den Asylgerichtshof zweifelsfrei ergibt, dass das ausreisekausale Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Der Asylgerichtshof erblickt gerade in dem Umstand, dass im Zuge mehrerer Einvernahmen die mutmaßlichen Verfolger des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat ausgewechselt werden, ein ganz gewichtiges (weiteres) Indiz dafür, dass das ausreisekausale Vorbringen, unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen im Rahmen einer Gesamtschau, nicht den Tatsachen entspricht.
Im konkreten Fall hat der Beschwerdeführer seine Ausreise in den 3 Einvernahmen wechselnd damit begründet, dass er von Anhängern der HADEP verfolgt werde, um dann aber wieder dazu völlig konträr anzugeben, er werde von den Anhängern der CHP verfolgt.
Daraus ergaben sich auch gravierende Widersprüche hinsichtlich des Verfolgermotivs. In der Erstbefragung brachte er vor, er werde deshalb von Anhängern der CHP verfolgt, "weil er sich geweigert habe ihrer Partei (CHP) beizutreten". Im Rahmen der Ersteinvernahme gab er jedoch an, er werde von der HADEP verfolgt, "weil er Mitglied bei der CHP war". In der ergänzenden Einvernahme legte er dar, dass er deshalb ausgereist sei, "weil ihn die CHP bedroht und veranlasst habe für sie zu arbeiten, andernfalls sie ihn umbringen würden".
Der Beschwerdeführer begründet in der 1. Einvernahme beim BAA seinen Wechsel der ausreisekausalen Verfolger (von CHP-Anhängern zu HADEP-Anhänger) gegenüber seinen Angaben bei der Erstbefragung noch spekulativ damit, dass "er glaube, es habe da (in der Erstbefragung) ein Missverständnis gegeben", wobei er es aber unterlassen hat darzulegen, worin ein solches konkret bestand und wie es dazu gekommen sein könnte. Auch in der Beschwerde wird diesbezüglich nichts konkretisiert.
Es ergeben sich für das Asylgericht somit keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass die Niederschrift der Erstbefragung nicht den korrekten Verlauf und Gegenstand der Amtshandlung wiedergibt und somit vom vollen Beweis iSd § 15 AVG ausgegangen wird. Auch anlässlich der Rückübersetzung der Erstbefragung hat der Beschwerdeführer kein etwaiges "Missverständnis" aufgeklärt.
Versuchte der Beschwerdeführer somit in der 1. Einvernahme nunmehr die Angaben über die ausreisekausale Verfolgung durch CHP-Anhänger, die er bei der Erstbefragung als Fluchtgrund darstellte, als "Missverständnis" offensichtlich als nicht richtig darzutun, so behauptet er davon abweichend in der ergänzenden Einvernahme - entgegen seinen Angaben in der 1. Einvernahme - doch wieder eine Verfolgung durch CHP-Anhänger als Ausreisegrund.
Auch andere Punkte in den Niederschriften weisen darauf hin, dass der Beschwerdeführer im Asylverfahren offensichtlich in vielen Punkten nicht bereit war wahrheitsgemäße Angaben zu machen, wozu er insbesondere auch schon in der Erstinformation zum Asylverfahren ausdrücklich aufgefordert worden war. So bringt er in der 1. Einvernahme bei der Befragung zum Reiseweg vor, dass er ein "Visum" hatte und damit in Mazedonien einreisen konnte. Davon abweichend erzählte er in der Erstbefragung, dass türkische Staatsangehörige - und somit auch er bei seiner Reise nach Österreich - in Mazedonien "visumsfrei" einreisen dürfen.
2. Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
2. [.....]
(2) [.....]
(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
[......]
(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.
Soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof gem. § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Zu Spruchpunkt I.:
1.) Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Der Antrag auf Internationalen Schutz ist gem. § 3 Abs 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.
Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung von Asyl, nämlich eine glaubhafte Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK angeführten Grund nicht gegeben.
Wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen eine solche glaubhaft zu machen, weshalb die vorgetragenen fluchtkausalen Angaben des Asylwerbers gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Auch aus der allgemeinen Lage lässt sich konkret für den Beschwerdeführer kein Status eines Asylberechtigten ableiten.
Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht kein Asyl zu gewähren, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II.:
Gem. § 8 Abs 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine "reale Gefahr" einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs 2 leg cit). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH 99/20/0573 v. 19.2.2004 mwN auf die Judikatur des EGMR)
§ 8 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit grds. derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Kann dieser nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bzgl. des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen (Abs 6 leg cit).
Nach der auch hier anwendbaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( zB EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)
Im gegenständlichen Fall ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen seine vorgebrachte Bedrohung bzw. Verfolgungsgefahr im Sinne des § 3 AsylG 2005 im dargestellten Ausmaß glaubhaft zu machen, weshalb sich daraus auch keine reale Gefahr der Verwirklichung eines Sachverhaltes ergibt, der gemäß § 8 AsylG 2005 zur Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in den Herkunftsstaat führen könnte.
Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass von einer lebensbedrohenden Notlage in seinem Herkunftsstaat, welche bei einer Rückkehr die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des Asylgerichtshofes nicht gesprochen werden kann.
Der erwachsene Beschwerdeführer leidet der Aktenlage nach unter keinen relevanten Krankheiten und verfügt im Herkunftsstaat über ein familiäres Netz. Er war in der Vergangenheit in der Lage in der Türkei seinen Lebensunterhalt zu sichern und es kam im Verfahren nicht hervor, dass dies bei einer Rückkehr nicht mehr möglich wäre. Seine Eltern besitzen in der Türkei ein Lebensmittelgeschäft in dem auch der Beschwerdeführer mitarbeitete. Er war finanziell auch in der Lage in Istanbul eine Eigentumswohnung zu erwerben. Dem Finanzamt Wien hat er am 00.00.2007 mitgeteilt, dass er eine 50 % Beteiligung an der XY KG in Wien hat.
Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 67 AsylG 2005 zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in der Türkei gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen
(http://www.caritas.at/hilfe-einrichtungen/fluechtlinge/beratung-und-vertretung/rueckkehrhilfe/).
Im Rahmen des Projekts ERSO (European Reintegration Support Organisations), einer Kooperation von zwölf europäischen NGOs, findet auch nach der Rückkehr ein entsprechendes Monitoring statt (www.project-erso.eu).
Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.
Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.
Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht kein subsidiärer Schutz zu gewähren, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt II. abzuweisen.
Zu Spruchpunkt III.:
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn
(...)
Z 2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
(...)
Gemäß § 10 Abs 2 AsylG ist eine Ausweisung nach Abs 1 leg cit unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würde.
Der Gesetzgeber wollte durch diese - im Gegensatz zur fremdenpolizeilichen Ausweisung keinem Ermessen zugängliche - zwingende asylrechtliche Ausweisung eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Asylwerber, die bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung sich im Bundesgebiet aufhalten durften, verhindern (vgl. VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).
Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen und auch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten war nicht zuzuerkennen. Ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Der Berufungswerber hält sich daher nach Erlassung dieses Bescheides nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Bei Erlassung einer Ausweisung kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienleben vorliegen (Art. 8 Abs 1 EMRK). Ein unverhältnismäßiger Eingriff würde eine Ausweisung unzulässig machen.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00).
Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere "de facto Beziehungen" ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).
Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0235, vom 8. Juni 2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22. August 2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29. März 2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26. Juni 2007, 2007/01/0479).
Die Beziehung der bereits volljährigen Kinder zu den Eltern ist vor allem dann als Familienleben zu qualifizieren, wenn jene auch nach Eintritt der Volljährigkeit im Haushalt der Eltern weiterleben, ohne dass sich ihr Naheverhältnis zu den Eltern wesentlich ändert (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 860 unter Hinweis auf Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 8 EMRK Rz 76).
Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (zB zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, 97/21/0778; 26.6.2007, 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine "hinreichend starke Nahebeziehung" besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung (vgl. VfSlg 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Art 8 EMRK führen, soweit nicht besondere Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Pflege eines behinderten oder kranken Verwandten, vorliegen.
Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR im Fall Cruz Varas gegen Schweden). In diesen Fällen ist nach der Judikatur des EGMR der Eingriff in das Privatleben gegebenenfalls separat zu prüfen (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 856 mwN).
Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u. a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993). Beim Privatleben spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da idR erst nach einigen Jahren eine Integration im Aufenthaltsstaat anzunehmen sein wird, die von Art 8 EMRK geschützt ist (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 857 mwN; vlg. zB VwGH vom 26.6.2007, 2007/01/0479-7).
Eine Schwester und ein Bruder des Beschwerdeführers leben in Österreich. Die Schwester ist verheiratet und der Bruder lebt bereits seit 1986 hier. Weiters wohnen noch zwei Onkel im Bundesgebiet. Die Eltern und weitere Geschwister des Beschwerdeführers leben in der Türkei. Der bisherige Kontakt zu seinem in Österreich lebenden Bruder fand in der Türkei durch dessen Besuche "alle paar Jahre" statt. Der Beschwerdeführer lebt in Österreich mit keinen Familienangehörigen zusammen (AS 107). Er wohnt in einer Wohnung alleine, für die sein Bruder einen Mietvertrag abgeschlossen hat. Dieser zahlt die Miete und kommt für seinen Unterhalt auf. Anderweitige Beziehungen wurden im erstinstanzlichen Verfahren nicht bekannt und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht.
Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände kann im Hinblick auf die einschlägige Judikatur der Höchstgerichte durch diese asylrechtliche Ausweisung, mangels
Bestehen eines hinreichenden Familienlebens, kein relevanter Eingriff in dieses, durch Art 8 Abs 1 EMRK geschützte Grundrecht festgestellt werden, weshalb es auch keiner Abwägung gem. Art 8 Abs 2 EMRK bedarf. Im gegenständlichen Fall hat der erwachsene Beschwerdeführer zwar Familienangehörige (erwachsene Geschwister, Onkel) in Österreich, mit denen jedoch kein effektives Zusammenleben besteht. Merkmale einer besonderen Abhängigkeit, die über die üblichen Bindungen hinausgehen, können nicht festgestellt werden. Auch in der Beschwerde wurde Derartiges nicht dargetan.
Der Beschwerdeführer ist seinen Angaben nach seit Jänner 2007 in Österreich aufhältig und war auf Grund des Antrages auf internationalen Schutz vorläufig zum Aufenthalt berechtigt. Mit seinem Bruder führt er die XY KG, an der der Beschwerdeführer zu 50 % beteiligt ist. Er möchte in Österreich leben und arbeiten.
Im vorliegenden Fall kann unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers, vom Bestehen eines relevanten Privatlebens des Beschwerdeführers in Österreich ausgegangen werden. Ob ein Eingriff in dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht durch die asylrechtliche Ausweisung iSd Art 8 Abs 2 EMRK notwendig ist, bedarf einer Abwägung der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden.
Art 8 Abs 2 EMRK lautet:
"Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
Die oa. und in Folge zur Annahme eines relevanten Privatleben in Österreich führenden Umstände, sind für den Beschwerdeführer ins Treffen zu führen, welcher sein weiteres Leben in Österreich gestalten möchte.
Gegen den Beschwerdeführer - und damit für das öffentliche Interesse - spricht, dass sich sein Asylantrag im Ergebnis als unbegründet erwies und der Asylgerichtshof der Ansicht ist, dass dieser in rechtsmissbräuchlicher Absicht zur Erlangung eines Aufenthaltstitels über das Asylwesen gestellt wurde. Die Anknpüfungspunkte, die zu einem grundsätzlich relevanten Privatleben führten, ergaben sich erst durch die Asylantragstellung und die Verfahrensdauer in zwei Instanzen. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich ein, nachdem vom österreichischen Konsulat in Istanbul bereits 2004 eine Sichtvermerksversagung wegen nicht gesicherter Wiederausreise erging.
Hinsichtlich der Abwägung der öffentlichen Interessen mit jenen des Beschwerdeführers ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass Asylwerber und sonstige Fremde nicht schlechthin gleichzusetzen sind. Asylwerber hätten idR ohne Geltendmachung von Asylgründen keine rechtliche Möglichkeit, legal nach Österreich einzureisen. Soweit die Einreise nicht ohnehin unter Umgehung der Grenzkontrolle oder mit einem Touristenvisum stattgefunden hat, ist Asylwerbern der Aufenthalt bloß erlaubt, weil sie einen Asylantrag gestellt und Asylgründe geltend gemacht haben. Sie dürfen zwar bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben noch abgeschoben werden, ein über diesen faktischen Abschiebeschutz hinausgehendes Aufenthaltsrecht erlangen Asylwerber jedoch lediglich bei Zulassung ihres Asylverfahrens sowie bis zum rechtskräftigen Abschluss oder bis zur Einstellung des Verfahrens. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern. Es kann dem Gesetzgeber nicht entgegen getreten werden, wenn er auf Grund dieser Besonderheit Asylwerber und andere Fremde unterschiedlich behandelt (VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien (vgl. dazu insbesondere VfGH B 328/07) herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:
Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.9.2004, Fall Ghiban, Appl. 11.103/03, NVwZ 2005, 1046), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.5.1985, Fall Abdulaziz ua., Appl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567;
20.6.2002, Fall Al-Nashif, Appl. 50.963/99, ÖJZ 2003, 344;
22.4.1997, Fall X, Y und Z, Appl. 21.830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 2.8.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124;
11.10.2005, 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 11.4.2006, Fall Useinov, Appl. 61.292/00) für maßgeblich erachtet.
Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten - was bei einem bloß vorläufigen Aufenthaltsrecht während des Asylverfahrens jedenfalls als gegeben angenommen werden kann (vgl. Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 857 mwN ) -, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 5.9.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562). Der Asylwerber kann während seines Asylverfahrens nicht darauf vertrauen, dass ein in dieser Zeit entstehendes Privat- bzw. Familienleben auch nach der Erledigung seines Asylantrages fortgesetzt werden kann. Die Rechte aus der GFK dürfen nicht dazu dienen, die Einwanderungsregeln zu umgehen (ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 857 mwN).
Das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration ist weiters dann gemindert, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf einen unberechtigten Asylantrag zurückzuführen