TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/04 C1 313949-1/2008

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Veröffentlicht am 04.08.2008
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Spruch

C1 313949-1/2008/4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Fischer-Szilagyi als Einzelrichterin über die Beschwerde des S. L., geb. 00.00.1977, StA. Indien, vom 07.08.2007 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.07.2007, FZ. 05 21.747-BAW, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7, § 8 Abs. 1 und § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idgF (AsylG), abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Mit gegenständlichem Bescheid wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 12.12.2005 gemäß § 7 AsylG abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt wurde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wurde der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

 

Die Erstbehörde wertete die Angaben des Asylwerbers als unglaubwürdig.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde, mit welcher der Bescheid in seinem gesamten Inhalt angefochten wird.

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat am 13.11.2007, zu welcher die Erstbehörde keinen Vertreter entsandte, gab der Beschwerdeführer Folgendes zu Protokoll:

 

VL: Wie geht es Ihnen?

 

BW: Gut.

 

VL: Können Sie mir bitte Ihren Namen, Ihr Geburtsdatum sowie Ihren Geburtsort angeben.

 

BW: S. L., geb. 00.00.1977, in B..

 

VL: Wo waren Sie in Ihrem Heimatland aufhältig?

 

BW: Ich habe immer in B.as gewohnt.

 

VL: Sie haben im erstinstanzlichen Verfahren angegeben, dass Sie sich bemühen werden, Dokumente sich schicken zu lassen. Haben Sie diesbezüglich etwas erreicht?

 

BW: Ich wollte die Dokumente durcheinen Freund schicken lassen, konnte diesen jedoch nicht kontaktieren.

 

VL: Wann haben Sie Ihren Heimatort verlassen?

 

BW: Am 16.11.2005.

 

VL: Wohin sind Sie gegangen?

 

BW: Danach bin ich mit dem Flugzeug nach Moskau geflogen. Ich meine, dass ich am 16.11.2005 Indien verlassen habe.

 

VL: Wann haben Sie B. verlassen?

 

BW: 2 oder 3 Tage davor.

 

VL: Wie haben Sie die Grenze von Indien weg passiert?

 

BW: Mit dem Flugzeug.

 

VL: Hatten Sie eine Grenzkontrolle?

 

BW: Der Schlepper war dabei und hat die Ausreise organisiert, wir waren insgesamt 4 oder 5 Personen. .

 

VL: Haben Sie Ihren Reisepass selbst vorgezeigt?

 

BW: Nein, der Schlepper hat die Pässe gehabt, diese hat er auch organisiert.

 

VL: D.h. der Schlepper hatte die 4 Reisepässe und Sie konnten alle passieren?

 

BW: Ja, so war das.

 

VL: Warum haben Sie Indien verlassen?

 

BW: Mein Onkel hatte Kontakte zu Terroristen. Wir haben alle in einer Großfamilie zusammengelebt. Er wurde von der Polizei gesucht, aber er war flüchtig. Deswegen wurde ich von der Polizei mitgenommen und sie haben mir vorgeworfen, dass ich auch Kontakte zu Terroristen bzw. zu meinem Onkel habe und sollte ihnen Informationen geben. Ich wurde 3 bis 4 Stunden dort angehalten und während der Befragung auch geschlagen. Durch die Interventionen meines Vaters und der Dorfleute, d.h. Mitglieder des Dorfrates, wurde ich freigelassen. Ich bin nach Hause gekommen. Aber nach 5 Tagen ist die Polizei wieder zu uns gekommen und sie hat mich festgenommen. Diesmal haben sie eine Anzeige gegen mich aufgenommen. Ich wurde abermals befragt und geschlagen und für einen Tag angehalten. Mein Vater ist nochmals mit den Dorfratsmitgliedern gekommen und hat Geld bezahlt, um meine Freilassung zu bewirken. Mein Vater meinte, dass die Polizei nun mich im Visier hat und er könne nicht jedes Mal mich freibekommen, deswegen kontaktierte er einen Schlepper.

 

VL: Bei der 2. Festnahme, wie lange wurden Sie festgehalten?

 

BW: Einen Tag.

 

VL: Von der Früh bis am Abend?

 

BW: Auch die Nacht durch. Ich wurde erst am Abend mitgenommen.

 

VL: Bei der erstinstanzlichen Einvernahme haben Sie einen halben Tag angegeben?

 

BW: Nein, das war ein Tag.

 

VL: Wann war das?

 

BW: Das 1. Mal wurde ich am 00.00. mitgenommen, das 2. Mal war 5 Tage danach.

 

VL: Sie haben angegeben, dass eine Anzeige gegen Sie aufgenommen wurde. Weswegen?

 

BW: Sie haben mir vorgeworfen, Kontakte zu Terroristen zu haben.

 

VL: Warum haben Sie das im erstinstanzlichen Verfahren nicht angegeben? Sie meinten, die Polizei wollte immer nur wissen, wo Ihr Onkel wäre?

 

BW: Vielleicht hat er das nicht aufgeschrieben. Ich meine damit den Mann, mit dem ich gesprochen habe.

 

VL: Haben Sie Kontakt mit Ihren Eltern?

 

BW: Nein.

 

VL: Wieso nicht?

 

BW: Ich habe durch einen Freund meine Eltern kontaktieren können, aber jetzt kann ich ihn nicht erreichen, ich wollte auch durch diesen Freund die Dokumente schicken lassen.

 

VL: Wo leben Ihre Eltern?

 

BW: In B..

 

VL: Dort können Sie nicht anrufen?

 

BW: Wir haben kein Telefon.

 

VL: Auch nicht der Dorfälteste oder der Dorfrat?

 

BW: Ich habe keinen Kontakt.

 

VL: Hatten Sie vor dem 00.00.2005 schon Probleme mit der Polizei gehabt?

 

BW: Nein.

 

VL: Wieso dann gerade an diesem Tag?

 

BW: Am 00.00.2005 sind die Polizisten gekommen, um meinen Onkel zu verhaften, dieser war aber nicht zu Hause.

 

VL: Wo war er?

 

BW: Mein Onkel hat in einer Firma, das war eine Alkoholfabrik, gearbeitet. Er ist immer am Wochenende nach Hause gekommen. Ich weiß nicht, wo er an diesem Tag war, ich weiß nur, dass er nicht zu Hause war.

 

VL: Wissen Sie, warum die Polizei am 00.00.2005 zu Ihnen kam und Ihren Onkel verhaften wollte?

 

BW: Die Polizei ist gekommen und sagte, dass sie meinen Onkel suchen. Als Grund gaben sie an, dass sie ihn verdächtigten, Kontakte zu Terroristen zu haben oder selbst ein Terrorist zu sein. Wir waren ganz überrascht und sagten, dass wir nichts darüber wüssten. Wir sagten, dass er in H. arbeitet. Dann sind sie gegangen.

 

VL: Hat Ihr Onkel in der Firma gearbeitet oder hat ihm diese gehört?

 

BW: Er hat dort gearbeitet.

 

VL: War das die örtliche Polizei von B.?

 

BW: Das war die Polizei vom T., ich meine den S. T. B.. Das ist die Polizeieinheit, die für unser Gebiet zuständig ist.

 

VL: Haben Sie die Polizisten gekannt?

 

BW: Nein.

 

VL: Dann müsste die Polizei nach H. gefahren sein, um Ihren Onkel festzunehmen?

 

BW: Das weiß ich nicht, wir haben ihnen die Adresse genannt, wo mein Onkel sich unter der Woche aufgehalten hat. Was die Polizisten dann machten, kann ich nicht sagen.

 

VL: D.h. Sie haben mit der Polizei kooperiert?

 

BW: Wir haben normal mit ihnen geredet und ihnen die Adresse des Onkels gegeben.

 

VL: Wer aller hat in Ihrem Haus in B., in der Großfamilie, gewohnt?

 

BW: Meine Eltern, ich und mein Onkel.

 

VL: Hatte Ihr Onkel Familie?

 

BW: Nein.

 

VL: Hatten Sie nach dem 00.00.2005 Kontakt mit Ihrem Onkel?

 

BW: Nein.

 

VL: Haben Sie noch etwas von Ihrem Onkel gehört?

 

BW: Nein, wir haben nichts mehr von ihm gehört, wo er sich aufgehalten hat.

 

VL: Im erstinstanzlichen Verfahren haben Sie angegeben, dass Ihr Onkel mit Familie bei Ihnen im Haus gewohnt hätte?

 

BW: Ich habe gesagt, wir lebten in einer Joint-family.

 

Vorgehalten wird die entsprechende Textpassage aus dem erstinstanzlichen Protokoll.

 

BW: Ich habe gemeint, dass mein Onkel mit meiner Familie lebt, da er selbst keine Familie hat. Er war ja nicht verheiratet.

 

VL: Wie alt ist Ihr Onkel?

 

BW: Ca. 35.

 

VL: Wessen Bruder ist er?

 

BW: Der jüngere Bruder von meinem Vater.

 

VL: Wie alt ist Ihr Vater?

 

BW: 65.

 

VL: Warum haben Sie sich nicht versucht, sich außerhalb des Punjab niederzulassen und eine Existenz aufzubauen?

 

BW: Auch wenn ich wo anders gewohnt hätte, hätte mich die Polizei suchen können, da sie eine Anzeige gegen mich erstattet haben. Ich hatte Angst vor einer neuerlichen Festnahme.

 

VL: Ihren Onkel hat man ja anscheinend auch nicht gefunden, warum hätte man Sie finden sollen?

 

BW: Ich war noch abhängig von meinem Vater und dieser hat entschieden, dass ich ausreisen sollte. Er hat Angst bekommen, dass die Polizei mir Probleme machen würde.

 

VL: Welche Befürchtungen hätten Sie nun, wenn Sie jetzt nach Indien zurückkehren müssten?

 

BW: Die Polizei wird wieder den Akt ausheben und mich festnehmen bzw. auch schlagen.

 

VL: Welche Polizei?

 

BW: Die von meinem Bundesland.

 

VL: Dann gehen Sie nicht wieder in den Punjab.

 

BW: Ich will auch nicht zurück.

 

VL: Sie könnten in Delhi bleiben oder in eine andere Großstadt gehen?

 

BW: Das kann ich nicht, weil die Polizei von ganz Indien eine Einheit ist.

 

Vorgehalten wird, dass das nicht den Länderberichten entspricht.

 

BW: Die Polizei kann mich sicherlich finden, es gibt schon Registrierungen. Wir haben auch überall Computer.

 

VL: Im erstinstanzlichen Verfahren haben Sie angegeben, dass kein Haftbefehl gegen Sie bestünde. Heute geben Sie an, dass eine Anzeige gegen Sie eingebracht worden ist und Sie deswegen in ganz Indien Verfolgung befürchten.

 

BW: Mein Freund hat mir gesagt, dass eine Anzeige gegen mich erstattet worden ist. Normalerweise führt diese weiter zu einem Haftbefehl.

 

VL: Wann hat Ihr Freund Ihnen das gesagt?

 

BW: Ich habe mit diesem Freund Kontakt gehabt, bis ca. 6 Monate nach Ankunft in Österreich, danach nicht mehr.

 

VL: Als Sie noch in Indien waren oder schon in Österreich?

 

BW: Ich habe das hier in Österreich erfahren.

 

VL: Das hätten Sie im erstinstanzlichen Verfahren vorbringen können?

 

BW: keine Antwort.

 

VL: Sie haben am Anfang der Verhandlung angegeben, dass der Schlepper die Pässe organisiert hätte, ist dies korrekt?

 

BW: Ja.

 

VL: D.h. Sie hatten vorher keinen Pass, diesen hat erst der Schlepper organisiert?

 

BW: Davor hatte ich keinen Reisepass. Der Schlepper hat diesen in Jalandhar machen lassen.

 

Vorgehalten wird Blatt 23 und 25 des erstinstanzlichen Aktes.

 

BW: Der Reisepass, mit dem ich ausreiste, wurde durch den Schlepper organisiert. Ich kann mich an keinen Pass erinnern, welcher in 2003 ausgestellt worden wäre.

 

VL: Wissen Sie, wieso die Polizei auf den Gedanken gekommen ist, dass Ihr Onkel Terrorist sei?

 

BW: Das weiß ich nicht, weil er unter der Woche nicht zu Hause gewohnt hat. Vielleicht hat ihn die Polizei deswegen verdächtigt, weil er Kontakt mit irgendwem gehabt hat oder irgendwer bei ihm gewohnt hat.

 

VL: Im erstinstanzlichen Verfahren haben Sie angegeben, er wurde verdächtigt, weil er in der Alkoholfirma Terroristen hätte übernachten lassen?

 

BW: Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, die Polizei hat das vermutet.

 

VL: Waren Sie einmal in dieser Firma? Ist das eine große Firma?

 

BW: Ich war nicht in der Firma, nur in dem Zimmer, in welchem mein Onkel gewohnt hat. Ich habe die Firma von außen gesehen. Sie war ziemlich groß.

 

VL: Haben dort noch mehrere Arbeiter gewohnt?

 

BW: Er hat allein dort gewohnt.

 

VL wiederholt ihre Frage.

 

BW: Es waren mehrere Zimmer, die eigenständige Einheiten mit Bad und Küche waren, in einer Reihe. Dort haben auch andere Arbeiter gewohnt.

 

VL: Warum hat Ihr Onkel über die Woche dort und nicht bei Ihnen zu Hause gewohnt?

 

BW: Er hat auch länger arbeiten müssen und Überstunden gemacht. Deshalb hatte er dieses Zimmer, um sich zurückzuziehen.

 

VL: Wissen Sie, wie lange er hat arbeiten müssen?

 

BW: So genau weiß ich es nicht. Er hat sowohl tagsüber, als auch Nachts gearbeitet. Nachts bekam er Überstunden.

 

VL: Wollen Sie mir noch irgendetwas angeben?

 

BW: Nein."

 

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist indischer Staatsangehöriger. Er hat Indien verlassen, ist in Österreich illegal eingereist und hat am 12.12.2005 gegenständlichen Asylantrag gestellt.

 

Seine Eltern leben noch im Heimatort.

 

Diese Feststellungen ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers und aus dem Akteninhalt.

 

Die Identität des Beschwerdeführers kann mangels Vorliegen geeigneter Dokumente nicht festgestellt werden.

 

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland einer asylrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt war bzw. ist. Nicht festgestellt wird weiters, dass dem Beschwerdeführer in Indien landesweit eine an asylrechtlich relevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht.

 

Wie schon von der Erstbehörde aufgezeigt, haben sich in den Angaben des Beschwerdeführers Ungereimtheiten und im nunmehrigen Berufungsverfahren auch Widersprüche ergeben. Zudem waren die Angaben des Beschwerdeführers durchwegs vage und konnte dieser keine detailhafte Beschreibung der behaupteten Verfolgungshandlungen abgeben.

 

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 16.12.2005 hat der Beschwerdeführer angegeben, am 00.00.2005 seien Terroristen von der B. K. zu seinem Onkel namens H. S. gekommen und hätten auch bei diesem übernachtet. Davon habe die Polizei erfahren. Die Familie des Beschwerdeführers lebe mit dem Onkel zusammen. Dieser habe auch ein Zimmer bei der Schnapsfirma, bei der er arbeite, wo er während der Woche wohne. Von dort sei der Onkel dann geflüchtet. In seiner neuerlichen Einvernahme am 18.4.2007 gab der Beschwerdeführer an, die Terroristen hätten bei seinem Onkel Unterkunft und Verpflegung erhalten und seien in dessen Quartier in der Schnapsbrennerei gewesen. Entgegen diesen Aussagen führte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung dagegen aus, er wisse nicht, weshalb die Polizei seinen Onkel für einen Terroristen halte, vielleicht sei er verdächtigt worden, weil er Kontakt mit irgendjemandem gehabt hätte. Der Beschwerdeführer könne jedoch nicht mit Sicherheit sagen, ob der Onkel in der Alkoholfirma jemanden habe übernachten lassen, die Polizei habe das lediglich vermutet.

 

Auch zu den Umständen der darauf folgenden Razzien und Festnahmen seiner Person machte der Beschwerdeführer divergierende Angaben und konnte bei mehrmaliger Befragung keine konkreten Informationen über die Umstände seiner Festnahmen angeben: So gab er zunächst an, die Polizei habe im Haus der Familie des Berufungswerbers zweimal eine Razzia gemacht, wobei der Beschwerdeführer zwei Mal von der Polizei festgenommen und auch geschlagen worden sei. Man habe von ihm wissen wollen, wo sich sein Onkel aufhalte. Die erste Razzia habe am 00.00.2005 stattgefunden, hierbei sei der Beschwerdeführer in die Polizeistation B. gebracht und für ein paar Stunden festgehalten worden. Die zweite Festnahme habe sich fünf Tage später ereignet, wobei er wieder für einen halben Tag in der Polizeistation B. angehalten worden sei. Er sei entlassen worden, weil sich der Bürgermeister und andere Leute für ihn eingesetzt hätten. In seiner zweiten Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, die Polizei habe ihn nicht nur nach dem Aufenthalt des Onkels befragt, sondern auch ihn selbst verdächtigt, Kontakte zu den Terroristen zu haben. Auch in der Berufungsverhandlung wiederholte er dieses Vorbringen. Zu Dauer seiner Anhaltung gab er dabei an, er sei beim ersten Mal für etwa drei bis vier Stunden festgehalten worden. Nach fünf Tagen sei er abermals festgenommen und diesmal für einen Tag angehalten worden. Auf Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, er sei nicht nur den Tag, sondern auch die Nacht durch festgehalten worden, denn er sei erst am Abend festgenommen worden.

 

Unglaubwürdig ist in Hinblick auf dieses Vorbringen auch, dass der Vater des Beschwerdeführers, der sich in Bezug auf den Onkel in derselben Situation wie der Beschwerdeführer befindet, von den polizeilichen Befragungen und Verdächtigungen völlig unbetroffen geblieben wäre. Auch der Verweis des Beschwerdeführers auf das Alter seines Vaters, der schon 65 Jahre alt und deshalb unbehelligt geblieben sei, kann keine schlüssige Erklärung bieten, warum der Vater des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund der Terrorismus-Vorwürfe nicht wenigstens zum Aufenthalt des Onkels befragt worden wäre.

 

Dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme am 16.12.2005 sowie in der Berufungsverhandlung angab, sein Onkel sei direkt von der Firma aus geflüchtet und habe die Familie seither keinen Kontakt mit ihm gehabt, in der Einvernahme am 18.4.2007 dagegen ausführte, der Onkel lebe weiterhin mit den Eltern im Heimathaus und sei dort unbehelligt, erscheint in keinster Weise nachvollziehbar. Auch auf Vorhalt dieses Widerspruches durch die Erstbehörde gab der Beschwerdeführer lediglich an, er könne sich das nicht erklären. In der zweiten Einvernahme hatte der Beschwerdeführer auch im Widerspruch zu seinem restlichen Vorbringen angegeben, sein Onkel lebe mit Familie im Haus der Eltern, während er im Übrigen behauptet hatte, der Onkel sei alleinstehend.

 

In der Einvernahme vom 18.4.2007 führte der Beschwerdeführer schließlich aus, er sei auch von Terroristen telefonisch bedroht worden. Dieses Vorbringen deckt sich weder mit dem Vorbringen in der ersten Einvernahme noch hat er es in der mündlichen Berufungsverhandlung wiederholt. Darüber hinaus ist es auch nicht glaubwürdig, wenn der Beschwerdeführer zudem behauptet, es gebe bei ihm zu Hause kein Telefon. Des weiteren hat der Berufungswerber in dieser Einvernahme auch angegeben, er sei von der Polizei mit dem Umbringen bedroht worden, wobei es sich um ein Vorbringen handelte, welches er weder bei seiner ersten Befragung noch in der mündliche Verhandlung wiederholte.

 

Widersprüchlich waren die Angaben des Beschwerdeführers weiters in Bezug auf seine Behauptung, in Indien bestehe ein Haftbefehl gegen ihn. Hatte er im erstinstanzlichen Verfahren angegeben, es bestehe kein Haftbefehl gegen ihn, so behauptete er in der Berufungsverhandlung zunächst, bei seiner zweiten Festnahme habe die Polizei eine Anzeige gegen ihn aufgenommen. Im Verlauf seiner Einvernahme gab er später an, er habe von seinem Freund erfahren, dass Anzeige gegen ihn erstattet worden sei. Normalerweise führe diese zu einem Haftbefehl. Das habe er erfahren, als er schon in Österreich gewesen sei, denn nach seiner Einreise habe er noch etwa sechs Monate lang Kontakt zu seinem Freund gehabt, danach jedoch nicht mehr.

 

Betreffend den Reisepass, mit dem er aus Indien ausgereist sei, gab der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme am 12.12.2005 an, er habe einen Reisepass besessen, welcher ihm im Jahr 2003 vom Passamt Jalandhar ausgestellt worden sei. In Moskau sei ihm dieser Reisepass vom Schlepper abgenommen worden. In der mündlichen Berufungsverhandlung gab er dagegen an, der Reisepass sei vom Schlepper organisiert worden, er könne sich an keinen Reisepass erinnern, der im Jahr 2003 ausgestellt worden sei.

 

Wenn der Beschwerdeführer nunmehr in seinem Rechtsmittel ausführt, er habe keine Gelegenheit gehabt, zu dem Vorwurf der Erstbehörde, er habe keine konkreten, detaillierten und differenzierten Angaben zum Sachverhalt darlegen können, Stellung zu nehmen, so ist ihm zunächst entgegen zu halten, dass ihm von der Erstbehörde mehrmals vorgehalten wurde, dass sein Vorbringen unsubstanziiert sei, wobei er aufgefordert wurde, Einzelheiten auszuführen. Der Beschwerdeführer meinte hierzu lediglich, er habe alles gesagt (vgl. AS 73f). Dem Beschwerdeführer wurde bereits von der Erstbehörde hinreichend Gelegenheit gegeben, seine Fluchtgründe ausführlich darzulegen. Zudem hätte der Beschwerdeführer nunmehr im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit gehabt, zu diesen Widersprüchen Stellung zu nehmen und nähere Details seiner Festnahmen und der Umstände der Verfolgung seines Onkels zu schildern, wovon der Beschwerdeführer jedoch nicht Gebrauch gemacht hat, sondern - abgesehen von sich darüber hinaus ergebenden Widersprüchen - sein Vorbringen im Wesentlichen wiederholt hat und diesem auch auf Nachfrage keine wesentlichen Ausführungen hinzuzufügen hatte.

 

Vor diesem Hintergrund erscheint das Vorbringen des Beschwerdeführers sohin nicht schlüssig nachvollziehbar und bleibt im Übrigen unsubstanziiert und vage und kann seinen Angaben daher kein Glauben geschenkt werden.

 

Zu der Lage in Indien wird Folgendes festgehalten:

 

Indien ist ein demokratischer Rechtsstaat mit einem Mehrparteiensystem, der mit Einschränkungen gut funktioniert. Die Parteienlandschaft ist vielfältig. Die Presse ist im Wesentlichen frei.

 

Verfassungs- und Rechtsordnung garantieren die grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten. Die Justiz ist unabhängig. Die Verfahrensdauer ist allerdings häufig extrem lang; Korruption im Einzelfall kann nicht ausgeschlossen werden. Es gibt menschenrechtsverletzende Übergriffe von Polizei- und Sicherheitskräften, eine Systematik ist dabei nicht erkennbar. Zu Menschenrechtsverletzungen kommt es im besonderen Maße in den Unruhegebieten. Besonders gefährdet sind sozial niedrige Schichten und auch Frauen. Berichte über politische Gefangene gibt es nicht.

 

Im Mai 2004 wurde die von der hindunationalen BJP geführte NDA ("National Democratic Alliance") Koalitionsregierung durch eine Koalition der UPA ("United Progressive Alliance") unter Führung der Kongress-Partei abgelöst. Ein wichtiges Ziel der neuen Regierung ist die Stärkung des Säkularismus und der Harmonie zwischen den Religionsgruppen. Sie zeigt sich auch an der Verbesserung der Menschenrechtslage interessiert. So wurde im September 2004 das umstrittene Terrorbekämpfungsgesetz POTA außer Kraft gesetzt.

 

Was die Provinz Punjab anbelangt, so ist, nachdem der Terrorismus im Punjab, der sich die Unabhängigkeit von "Khalistan" auf die Fahnen geschrieben hatte, in den 1980er Jahren niedergeschlagen wurde, die terroristische Gewalt im Punjab seit 2000 nahezu vollständig zum Erliegen gekommen, die Situation hat sich normalisiert. Ein Anschlag auf ein Kino in Neu Delhi im Mai 2005, der der B. K. zugeschrieben wird, hat zu keiner weiteren Gewalt geführt. Die Sikhs, 60 % der Bevölkerung des Punjabs, stellen im Punjab einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen offen. Die Angehörigen der verschiedenen militanten Gruppen haben Punjab verlassen und operieren aus anderen Bundesstaaten oder Pakistan. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von Sikh- Exilgruppierungen im westlichen Ausland.

 

Laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen ist es im Zuge der Bekämpfung der Militanz zwischen 1984 und 1994 zu ungesetzlichen Maßnahmen und Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei gekommen, der in der Vergangenheit vor allem extralegale Tötung, willkürliche Verhaftung, Inhaftierung ohne richterliche Kontrolle, Folter und Verschwindenlassen vorgeworfen wurde.

 

Die NHRC untersuchte im Jahr 2005 weiterhin 2.097 Fälle von illegalen Tötungen sowie Verbrennungen zur Vertuschung während der zehnjährigen Unruhen, bislang ohne nennenswerte Ergebnisse. Menschenrechtsgruppen schätzen die Zahl der Personen, die seit Mitte 1995 in Befragungszentren von Militärs und Paramilitärs in den Unruhegebieten langfristig ohne offizielles Verfahren inhaftiert sind, auf mehrere hundert. Die derzeitige indische Regierung unter Premierminister Singh setzt sich verstärkt gegen Menschenrechtsverletzungen in der Region ein und forderte u. a. eine Überprüfung sämtlicher Inhaftierungsfälle.

 

Grundsätzlich gibt es im Punjab keine Sicherheitsprobleme mehr.

 

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern. Volle Bewegungsfreiheit ist gewährleistet. Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem für indische Bürger. Die Bürger besitzen in der Mehrzahl keine Ausweise. Wer sich verfolgt fühlt, kann sich demnach in einem anderen Landesteil niederlassen.

 

Die indische Verfassung garantiert indischen Staatsangehörigen das Recht auf Bewegungsfreiheit im Staatsgebiet sowie das Recht auf Niederlassung und Aufenthalt in jedem Teil des Landes. Diese Rechte unterliegen gewissen Einschränkungen im öffentlichen Interesse. Es gibt keine Überprüfungen von Personen, die neu aus einem Teil von Indien in einen anderen Teil von Indien ankommen, auch wenn es sich um einen Sikh aus dem Punjab handelt. Die lokalen Polizeidienststellen haben weder die Ressourcen noch die sprachlichen Fähigkeiten, um Hintergrundüberprüfungen über Personen, die aus anderen Teilen von Indien eintreffen, durchzuführen. Es gibt kein allgemeines Meldewesen und häufig haben die Menschen auch keine Identitätsausweise.

 

Auch bei strafrechtlicher Verfolgung ist in der Regel ein unbehelligtes Leben in ländlichen Gebieten in anderen Teilen Indiens möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss. In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. In Neu Delhi wurden Separatisten aus dem Punjab nach mehreren Jahren friedlichen Aufenthaltes aufgespürt und verhaftet.

 

Allerdings besteht die Gefahr, von staatlichen Behörden (strafrechtlich) verfolgt zu werden, in der Regel für hochrangige Führungspersonen separatistischer Bewegungen oder militanter Organisationen ("high profile activists") oder ihre Familienangehörige und weniger für "low profile activists".

 

Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts hat das Stellen eines Asylantrags allein keine nachteiligen Konsequenzen für abgeschobene indische Staatsangehörige. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme von Seiten des indischen Staates zu befürchten. Gesuchte Personen werden allerdings den Sicherheitsbehörden übergeben.

 

In Indien besteht ein freier, kostenloser Zugang zu medizinischer Versorgung. Medizinische Behandlungen durch private Institutionen, welche zumeist ein größeres Spektrum abdecken, und Medikamente werden - vergleichsweise zum United Kingdom - zu sehr günstigen Preisen angeboten. In den größeren Städten befinden sich Spitäler mit einem breit gefächerten Angebot von medizinischer Versorgung in vielen speziellen Bereichen. Grundsätzlich ist im städtischen Bereich eine bessere medizinische Versorgung verfügbar als in den ländlichen Bereichen, jedoch ist sie in Form von Spitälern in den meisten Distrikten gegeben. Fast alle gängigen Medikamente sind in Indien auf dem Markt erhältlich. Die Einfuhr von Medikamenten, auch aus Deutschland, ist möglich.

 

In Indien lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung unter dem veranschlagten Existenzminimum der Vereinten Nationen. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine das Überleben sichernde Nahrungsversorgung auch der untersten Schichten der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe gibt es nicht, die Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder Privater angewiesen.

 

Indien galt lange Zeit als armes Land, das Entwicklungshilfe bezog. Der Wandel in der Wirtschaft hat aber ungeheure Potenziale freigesetzt. Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass Indien und China führende Wirtschaftsmächte des 21. Jahrhunderts sein werden. Die indische Regierung fördert Hilfe für Landlose indirekt durch Nichtregierungsorganisationen in den Bereichen der ökonomischen Verbesserung, Bildung und Gesundheitsfürsorge. Gezielte Hilfe durch supranationale Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und die indische Regierung brachte vor allem in der Landwirtschaft Fortschritte.

 

Diese Ausführungen gründen sich auf folgende Berichte, die in das Verfahren eingeführt wurden:

 

Auswärtiges Amt, "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien", 19.11.2006

 

UK Home Office, India Country Report, April 2005

 

UK Home Office, Bericht zur allgemeinen, politischen und menschenrechtlichen Situation (Operational Guidance Note India), März 2006

 

UK Home Office, Country of Origin Information Report India, 11.5.2007

 

Human Rights Watch, Country Summary India, January 2006

 

US Department of State, India, Country Report on Human Rights Practices - 2005, 8.3.2006

 

Mag. Christian Brüser, Gutachten Indien, Oktober 2003

 

BAA Staatendokumentation, Länderfeststellungen zu Indien, März 2006

 

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Indien - vom Reisfeld zur Boomtown - Binnenmigration und wirtschaftlicher Aufstieg, Juli 2007.

 

BAA, Anfragebeantwortung zur Behandlungsmöglichkeit von Diabetes in Indien, 5.10.2006

 

Rechtlich ist auszuführen:

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und sich nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obige Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 6.10.1999. Zl.99/01/0279, mwN).

 

Wie bereits festgestellt ist das Vorbringen des Beschwerdeführers von mehreren Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten geprägt und sohin als unglaubwürdig zu werten.

 

Darüber hinaus war dem Begehren des Beschwerdeführers auf Asylgewährung auch deshalb kein Erfolg beschieden, da sich selbst für den Fall, dass er mit asylrechtlich relevanter Verfolgung in seinem Heimatgebiet zu rechnen hätte, sich diese Verfolgungsgefahr auf das gesamte Staatsgebiet des Herkunftsstaates beziehen müsste. Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen die Inanspruchnahme des Schutzes ihres Herkunftsstaates auch zumutbar ist, bedürfen sie nicht des Schutzes durch die beantragte Gewährung von Asyl. Den Feststellungen zur Lage in Indien und den Angaben des Beschwerdeführers kann nicht entnommen werden, dass der Beschwerdeführer in anderen Landesteilen Indiens außerhalb seines engeren Herkunftsgebietes keinerlei behördlichen Schutz vor rechtswidrigen Übergriffen erlangen würde. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer das reale Risiko trägt, in ganz Indien einer - rechtswidrigen - Verfolgung durch die Polizei ausgesetzt zu sein bzw. in ganz Indien keinerlei Schutz durch indische Behörden vor allfälligen rechtswidrigen Übergriffen zu erlangen.

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist auch nicht geeignet, diese Feststellungen zu entkräften. Im Rahmen seiner Einvernahmen vor dem Bundesasylamt brachte der Beschwerdeführer zu seinen Rückkehrhindernissen befragt vor, er habe sich nicht in einem anderen Landesteil Indiens aufhalten können, weil er Angst vor der Polizei gehabt habe. Im Falle einer Rückkehr erwarte er, dass ihn die Polizei wieder festnehmen und ihm Probleme machen könnte. In der weiteren Einvernahme am 18.4.2007 hat der Beschwerdeführer dieses Vorbringen wiederholt und ausgeführt, im Falle einer Rückkehr könne ihm die Polizei im Punjab Schwierigkeiten machen, ihn falsch beschuldigen und ihn einsperren. Auch an einem anderen Ort in Indien könnte er festgenommen werden, die Gesetze in Indien seien überall gleich und hätte er überall Angst haben müssen. In der mündlichen Berufungsverhandlung brachte der Beschwerdeführer vor, die Polizei habe Anzeige gegen ihn erstattet und hätte ihn suchen können, auch wenn er woanders gewohnt hätte. Im Falle einer Rückkehr würde die Polizei den Akt ausheben und ihn festnehmen und auch schlagen. Man könne ihn sicherlich überall finden, da es Registrierungen gebe und es überall Computer gebe.

 

Dieses Vorbringen deckt sich jedoch nicht mit den auf glaubwürdigen Quellen basierenden Feststellungen zur Situation in Indien. Danach werden Personen, die sich in einem anderen Landesteil niederlassen, zunächst weder routinemäßig überprüft noch sind lokale Polizeibehörde mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet, um Hintergrundüberprüfungen über Personen, die aus anderen Teilen von Indien eintreffen, durchzuführen. Darüber hinaus gibt es auch kein allgemeines Meldewesen, sodass es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, unentdeckt zu bleiben. Nach den internationalen Berichten gilt dies auch für Fälle strafrechtlicher Verfolgung.

 

In der Regel besteht zudem die Gefahr der Verfolgung durch staatliche Behörden auch eher für hochrangige Führungspersonen separatistischer Bewegungen oder militanter Organisationen ("high profile activists") oder ihre Familienangehörige, zu denen der Berufungswerber aufgrund seines Vorbringens, wonach er mit den Terroristen nicht einmal in Kontakt gewesen sei, keineswegs zu zählen ist.

 

Im gesamten Verfahren haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage wäre, sich in einem anderen Landesteil Indiens eine neue Existenz aufzubauen. Zudem hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er von 1996 bis 2005 in der Landwirtschaft seiner Eltern gearbeitet hat, sodass davon ausgegangen werden kann, dass er aufgrund seiner Erfahrung auch eine Anstellung im Bereich der Landwirtschaft an einem anderen Ort Indiens finden kann.

 

Überdies ist darauf hinzuweisen, dass die Eltern des Beschwerdeführers weiterhin im Heimatort leben, und hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er bis zu seiner Ausreise von den Einkünften der elterlichen Landwirtschaft gelebt habe, sodass davon auszugehen ist, dass sie den Beschwerdeführer beim Aufbau einer Existenz in einem anderen Teil des Landes unterstützen könnten und nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine Notlage geraten würde, und ihm daher eine Übersiedlung in einen anderen Landesteil auch zumutbar ist.

 

Ist ein Asylantrag abzuweisen, hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 Fremdengesetz 1997; nunmehr § 50 FPG 2005).

 

Nach den gesetzlichen Bestimmungen des Fremdenrechts ist eine Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Gemäß § 50 Abs. 2 und 4 FPG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung, oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33 Z 1 Genfer Flüchtlingskonvention).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291; vom 17.07.1997, Zl. 97/18/0336 und vom 05.04.1995, Zl. 93/18/0289 ua). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (vgl. VwGH vom 30.09.1993, Zl. 93/18/0214). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen. Die bloße Möglichkeit einer die in Artikel 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenen Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH vom 27.02.2001, Zl. 98/21/0427 sowie VwGH vom 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).

 

Dem Beschwerdeführer gelang es nicht, eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darzutun. Auch aus den internationalen Berichten über die Sicherheitslage in Indien ergibt sich, dass sich die Situation in der Provinz Punjab normalisiert hat und selbst ein Anschlag im Jahr 2005 keine weiteren Gewaltausbrüche zur Folge hatte. Auch die derzeitige Regierung setzt sich nach den Berichten verstärkt gegen Menschenrechtsverletzungen in der Region ein und forderte u. a. eine Überprüfung sämtlicher Inhaftierungsfälle. Im Punjab gibt es demnach keine Sicherheitsprobleme mehr.

 

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Berufung auf den Bericht von Amnesty International von 2006 (Berichtszeitraum 2005) verweist, so ist ihm zu entgegnen, dass dieser Bericht im Bezug auf den Punjab im Wesentlichen die Nachwirkungen der Ausschreitungen der 90er Jahre beschreibt. Auch wenn allgemein festgehalten wird, dass es Berichte über Übergriffe durch Polizeiorgane gibt, so kann daraus dennoch keineswegs abgeleitet werden, dass es systematische und gezielte zu Menschenrechtsverletzungen kommen würde, und dass der Beschwerdeführer daher individuell Gefahr laufen würde, davon betroffen zu werden.

 

Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Indien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr ausgesetzt wäre, in seinem Heimatgebiet willkürlichen Übergriffen ausgesetzt zu sein, die einer dem Art. 3 EMRK widerstreitenden Behandlung gleichkämen.

 

Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Indien dort die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikels 3 EMRK überschritten wäre.

 

Im Heimatland befinden sich noch die Eltern des Beschwerdeführers, die dort eine Landwirtschaft betreiben. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland die Unterstützung seiner Familie in Anspruch nehmen könnte, zumal der Beschwerdeführer auch bis zu seiner Ausreise in der elterlichen Landwirtschaft gearbeitet hat.

 

Weiters ist festzuhalten, dass bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers in sein Heimatland die Tatsache der Asylantragstellung keine Verfolgung zur Folge hat.

 

Zumal sich im gesamten Vorbringen des Beschwerdeführers sohin auch keine Anhaltspunkte für ein Vorliegen einer der Tatbestandsvoraussetzungen des § 50 FPG ergeben haben und - wie oben bereits festgestellt - der Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er einen Asylantrag gestellt hat, keine Sanktionen zu erwarten hat, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Das Verfahren war gemäß der Bestimmung des § 75 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005, des § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 und der Bestimmung des § 23 Asylgerichtshofgesetz, BGBl I Nr. 4/2008, zu führen.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, Identität, Lebensgrundlage, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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