S9 400.716-1/2008/5Z
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde der A.Z., geb. 00.00.1981, StA. Russische Föderation, vertreten durch Michael GENNER, Asyl in Not, 1090 Wien, Währingerstraße 59/2, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.07.2008, FZ. 08 04.681 - EAST Ost, beschlossen:
Der Beschwerde wird gemäß § 37 Absatz 1 AsylG 2005;. BGBl. I Nr. 100/2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, vom 01.07.2008, Zahl: 08 04.681 - EAST Ost, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art 14 der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung nach Polen zulässig sei.
2. Der nähere erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Es ergeben sich verfahrensrechtliche Fragen hinsichtlich der Zulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung im Lichte des Art. 8 EMRK.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und beantragte u.a., dass der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt, der Beschwerde stattgegeben und das Verfahren zugelassen werde.
4. Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen vor, dass die Eltern sowie die Geschwister seiner Ehegattin als anerkannte Flüchtlinge in Österreich leben. Aufgrund der neurologischen Probleme seiner Ehegattin sei sie auf die Hilfe ihrer Mutter angewiesen, mit der sie in engen Kontakt stehe.
5. Die Beschwerde langte am 28.07.2008 beim Asylgerichtshof ein. Eine Zustimmung von Polen zur Übernahme nach der VO 343/2003 des Rates war am 04.06.2008 bei der Erstbehörde eingelangt.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Mit Datum 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005 idF BGBL. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz am 28.05.2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG 2005 idF: BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 hat der Asylgerichtshof einer Beschwerde gegen eine mit einer zurückweisenden Entscheidung (§§ 4 und 5 AsylG 2005 oder § 68 Abs. 1 AVG) verbundenen Ausweisung, binnen sieben Tagen ab Beschwerdevorlage die aufschiebende Wirkung zuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 37 Abs. 2 AsylG 2005 ist bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung nach § 5 AsylG 2005 verbunden ist, die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, auch auf die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Art. 19 Abs. 2 und 20 Abs. 1 lit. e der Dublin-II-VO und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts Bedacht zu nehmen.
Nach herrschender Literatur ist hier auch Art. 8 EMRK maßgeblich (Vogl/Taucher/Bruckner/Marth/Doskozil, Fremdenrecht, 6. Anm. - analogen - Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG, 155;
Frank/Anerinhof/Filzwieser AsylG 2005, K3 zu § 37 Abs. 1 AsylG, 512 und K 8 zu § 38 AsylG 20052005, 522f; vgl. auch Fahrner/Premiszl, "Das Fristensystem im "Dublin-Verfahren" nach dem Asylgesetz 2005", Migralex 2/06, 69f).
2. Nach der Aktenlage befinden sich die Eltern sowie die Geschwister der Ehegattin des Beschwerdeführers als anerkannte Flüchtlinge in Österreich, zu welchen - nach den Angaben in der Beschwerdeschrift - eine sehr enge Beziehung besteht. Insgesamt kann aus der dem Asylgerichtshof zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Aktenlage eine Verletzung des Art. 8 EMRK bei Überstellung des Beschwerdeführers nach Polen nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Es erscheint insbesondere notwendig, nähere Erwägungen zu den in Österreich lebenden Verwandten und deren Beziehung zum Beschwerdeführer anzustellen.
2.1. Der Asylgerichtshof wird sodann, nach näheren Erhebungen, unter Berücksichtigung aller Verfahrensakte der Familie, gemeinsam über alle anhängigen Beschwerden der Kernfamilie des Beschwerdeführers entscheiden.
Der Asylgerichtshof war im Ergebnis jedenfalls zwingend gehalten, gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 vorzugehen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 entfallen.