TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/04 A2 312957-1/2008

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Veröffentlicht am 04.08.2008
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Spruch

A2 312.957-1/2008/7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerde des B.S. alias M.D., geb. ungeklärt, StA. Guinea, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.06.2007, Zl. 06 11.024-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.02.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 (1), 8 (1) Z 1, 10 (1) Z 2 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 15.10.2006 in Österreich den verfahrensgegenständlichen Asylantrag. Bei der Antragstellung ergab sich aufgrund eines Eurodac-Treffers, dass der Beschwerdeführer bereits am 09.04.2003 in Oldenburg in Deutschland einen Asylantrag gestellt hatte (siehe Aktenseite 33 BAA). Der Beschwerdeführer gab bei der Antragstellung an, am 00.00.1990 geboren zu sein und aus Italien illegal mit dem Zug eingereist zu sein. Der Beschwerdeführer wurde am 16.10.2006 einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen (Aktenseite 37 bis 47 BAA). Am 24.10.2006 erfolgte die erste Einvernahme vor dem Bundesasylamt in Gegenwart eines gesetzlichen Vertreters aufgrund der angegebenen Minderjährigkeit (Aktenseite 55 bis 63 BAA). In der Folge leitete das Bundesasylamt Konsultationen mit Deutschland im Sinne der Dublin-Verordnung ein. Am 06.11.2006 fand eine ergänzende Einvernahme des nunmehrigen Beschwerdeführers vor der Erstbehörde statt (Aktenseite 85 bis 101 BAA). Nachdem dem Beschwerdeführer verschiedene Widersprüche im Zusammenhang mit seinem Fluchtweg vorgehalten worden waren, wurde ihm mitgeteilt, dass aufgrund Informationen aus Deutschland er dort mit einem Geburtsdatum von 1986 um Asyl angesucht hatte. Auch seine sonstigen Angaben zur Identität seien unterschiedlich. Das Bundesasylamt gehe daher davon aus, dass der Beschwerdeführer die Behörde getäuscht hätte und bereits volljährig wäre. Die Volljährigkeit würde festgestellt. Der Rechtsberater entfernte sich in der Folge von der Einvernahme (Aktenseite 93 BAA). Eine im Akt inliegenden Auskunft des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 26.10.2006 ist zu entnehmen, dass dort für den Beschwerdeführer vier Alias-Daten aufliegen. Als Geburtsdatum war den deutschen Behörden der 24.01.1986 bekannt. Der Beschwerdeführer hatte damals angegeben, Staatsangehöriger der Elfenbeinküste zu sein (Aktenseiten 105 bis 107 BAA).

 

In der Folge wurde der nunmehrige Beschwerdeführer am 23.11.2006 noch einmal durch das Bundesasylamt befragt (Aktenseite 113 bis 121 BAA). In dieser Einvernahme machte er Angaben zu seinen Fluchtgründen und wurde sein Verfahren in der Folge zugelassen.

 

Die deutschen Behörden hatten einer Aufnahme des Beschwerdeführers nach der Dublin-Verordnung nicht zugestimmt, da dieser seit dem 22.04.2004 aus Deutschland ausgereist sei und daher Zweifel daran bestünden, dass er nicht zwischenzeitig einen Asylantrag in einem Drittstaat gestellt oder das Gebiet der Dublin-Staaten verlassen habe.

 

Mit Urteil des LG Wiener Neustadt vom 00.00.2007 wurde der Beschwerdeführer wegen Suchtmitteldelikten zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten bedingt auf drei Jahre rechtskräftig verurteilt (Aktenseite 209 BAA). Die Bezirkshauptmannschaft Mödling übermittelte der Erstbehörde in der Folge einen Beschluss des Bezirksgerichtes Mödling vom 17.01.2007, wonach die Obsorge des minderjährigen Beschwerdeführers an die Bezirkshauptmannschaft Mödling übertragen worden ist. Aus der Begründung geht nicht hervor, dass das Bezirksgericht Mödling Informationen über den Ablauf des Asylverfahrens und der dortigen Einschätzung der Asylbehörde über die Unrichtigkeit der behaupteten Minderjährigkeit des Beschwerdeführers gehabt hätte (Aktenseite 223 BAA).

 

Am 10.05.2007 wurde der Beschwerdeführer in der Folge in der Außenstelle Traiskirchen des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen (Aktenseite 225 bis 233 BAA).

 

Zu Beginn der Niederschrift ist bemerkt, dass der Antragsteller seinem Vertreter, Herrn Mag. Jedliczka, Vollmacht für die Vertretung "bei dieser Einvernahme" erteilt hatte. Der Beschwerdeführer führte darin aus, in Deutschland gewesen zu sein, aber dort keinen Alias-Namen verwendet zu haben. Auf Vorhalt, warum er in Deutschland angegeben hätte Staatsangehöriger der Elfenbeinküste zu sein, erwiderte er, seine Mutter käme von dort, sein Vater wäre dort gewesen, deswegen hätte er gesagt, dass er von der Elfenbeinküste stamme. Er käme aus Guinea Conakry. In Deutschland sei er nur fünf Monate gewesen und dann in seine Heimat zurückgekehrt. Er hätte dort am 13.03.2003 um Asyl angesucht und wäre im September 2003 wieder nach Guinea gereist. Er wäre damals 14 oder 13 Jahre alt gewesen. Auf Vorhalt, nach dem von ihm im gegenständlichen Asylverfahren angegebenen Geburtsdatum hätte sein damaliges Alter 12 Jahre betragen, führte der Beschwerdeführer aus, er wäre fast 13 gewesen. Er hätte auch in Deutschland sein Geburtsdatum mit 00.00.1990 angegeben. Auf Vorhalt, in Deutschland lägen Geburtsdaten mit 00.00.1980 und 00.00.1986 vor, erwiderte der Beschwerdeführer das von ihm angegebene Geburtsdatum hätte man in Deutschland nicht geglaubt. Auf Frage, welchen Fluchtgrund er in Deutschland angegeben hätte, erklärte der Beschwerdeführer, dies vergessen zu haben. In der Folge wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt.

 

Die Erstbehörde holte sodann mit Zustimmung des Beschwerdeführers Auszüge aus dessen deutschem Asylakt ein, welche von den deutschen Behörden am 29.05.2007 auch übermittelt wurden (Aktenseiten 253 bis 301 BAA). Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer am 28.04.2003 ausführlich zu seiner Person und seinen Fluchtgründen einvernommen worden war und ein Geburtsdatum00.00.1986 sowie die Identität M.D. angegeben hatte. Einen Bezug zu Guinea hatte der Beschwerdeführer in dieser Befragung überhaupt nicht angegeben. Er führte aus, sein Vater stamme aus Sierra Leone und seine Mutter aus der Elfenbeinküste. Als Fluchtgrund führte er aus, dass seine Eltern getötet worden wären und er daher sein Leben habe retten müssen. Die Mörder seien Rebellen gewesen. Sein Fluchtgrund liege im Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste begründet. In der Folge leitete die deutsche Asylbehörde eine Sprachanalyse ein, um zu überprüfen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich Staatsangehöriger der Elfenbeinküste sei. Mit Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers sodann am 23.07.2002 erstinstanzlich als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Daraus ist ersichtlich, dass die Angaben des Beschwerdeführers als offensichtlich falsch eingestuft worden waren. Die Sprachanalyse hatte ergeben, dass der Antragsteller aus Guinea stamme. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer ein Rechtsmittel erhoben und wurde seine diesbezügliche Klage mit Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 30.09.2003 abgewiesen.

 

2. Das Bundesasylamt hat den Antrag auf internationalen Schutz mit angefochtenem Bescheid vom 06.06.2007, Zl. 06 11.024 BAT, gemäß § 3 AsylG abgewiesen und unter einem festgestellt, dass gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea nicht zuerkannt wird. Gleichzeitig wurde der Antragsteller gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Guinea ausgewiesen.

 

Das Bundesasylamt traf darin Feststellungen zur aktuellen politischen Situation, zur Sicherheitslage und zu den Menschenrechten in Guinea, ferner wurden Hilfsorganisationen dargestellt und Feststellungen zur Versorgungslage und Bewegungsfreiheit getroffen (Seiten 24 bis 31 des Erstbescheides). Beweiswürdigend wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit abgesprochen. Zur vorgegebenen Minderjährigkeit wurde ausgeführt, der Antragsteller sei bereits im Jahre 2003 vor den deutschen Behörden als volljährig erachtet worden, die von ihm im deutschen Asylverfahren getätigten Aussagen könnten wohl nicht von einem Menschen im Alter von 12 Jahren stammen. Jedenfalls wäre davon auszugehen, dass der Organwalter des deutschen Bundesamtes die Anhörung mit einem augenscheinlich Unmündigen anders gestaltet hätte, als sie tatsächlich durchgeführt worden sei. Der Antragsteller dürfte daher etwa im Jahr 1980 geboren sein. Es könne jedenfalls eindeutig feststellt werden, dass der Antragsteller bereits bei Stellung des gegenständlichen Asylantrages in Österreich das 18. Lebensjahr vollendet hatte und volljährig gewesen sei, dem vom Antragsteller vorgegebenen Geburtsdatum 00.00.1990 sei keinerlei Glaube zu schenken. Der Antragsteller wäre nicht bereit gewesen am Verfahren durch wahrheitsgemäße Angaben mitzuwirken. Er hätte selbst erwiesene Tatsachen bestritten und die Richtigkeit der Vorhalte des Bundesasylamtes erst eingeräumt, wenn keine Möglichkeit mehr bestanden hätte, diese zu leugnen. Es sei dem Antragsteller nicht gelungen, glaubwürdig dazulegen, dass er nach seinem Aufenthalt in Deutschland den europäischen Raum verlassen hätte. Seine Angaben, sich von Deutschland nach Paris begeben zu haben und ohne Dokumente in die Hauptstadt von Guinea geflogen zu sein, können nicht gefolgt werden, als die strengen Sicherheitskontrollen auf internationalen europäischen Flughäfen notorisch seien. Bei der letzten Einvernahme hätte der Antragsteller sogar angegeben nicht zu wissen, von welchem Flughafen er nach Conakry geflogen zu sein. Da davon auszugehen sei, dass der Antragsteller nach dem Jahre 2003 nicht mehr in Guinea aufhältig gewesen sei, könne auch seinem Fluchtvorbringen nicht gefolgt sein. Die gegenständliche Antragstellung sei daher in rechtsmissbräuchlicher Absicht erfolgt. Dementsprechend sei weder Asyl noch substitärer Schutz zu gewähren gewesen. Zu Spruch Punk II. führte die Erstbehörde noch aus, es handle sich beim Anragsteller um einen volljährigen jungen Mann, weshalb davon ausgegangen werden könne, dass in seiner Heimat in der Lage sei, seine existenziellen Lebensbedürfnisse zu befriedigen. Zu Spruch III. ergänzte die Erstbehörde, dass sich keine Anhaltspunkte für ein schutzbedürftiges Privatleben in Österreich ergeben würden.

 

Dieser Bescheid wurde dem Antragsteller an seiner Zustelladresse zugestellt. Hiezu langte am 25.06.2007 eine Berufung (nunmehr als Beschwerde zu bewerten) des behaupteten gesetzlichen Vertreters, der BH Mödling, vertreten durch die Diakonie, Mag. Jedliczka, ein. Zur Frage der Altersfeststellung wurde darin ausgeführt, dass sich aus der Sicht der Betreuungseinrichtung keine Zweifel am angegebenen Alter des Beschwerdeführers ergeben. Weiters wurde auf dem Obsorgebeschluss des BG Mödling verwiesen. Die Richtigkeit der Rückreise des Beschwerdeführers von Deutschland nach Guinea wurde bekräftigt. Die dortige Menschenrechtslage sei sehr schlecht, insbesondere für Kinder und Jugendliche wie der Beschwerdeführer einer sei.

 

3. Am 21.02.2008 führte der Unabhängige Bundesasylsenat eine Berufungsverhandlung durch, welche folgenden Verlauf nahm (Berufungswerber=BW):

 

"(...)

 

Die Verhandlung wird eröffnet.

 

Der VL stellt fest, dass die Parteien des Verfahrens und die Dolmetscherin zur Verhandlung rechtzeitig durch persönliche Verständigung geladen wurden. VL gibt bekannt, dass seitens der Berufungsbehörde bezüglich des Alters des BW davon ausgegangen wird, dass dieser zum Zeitpunkt des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens bereits volljährig war. In dieser besonderen Konstellation (Vorverfahren in Deutschland) bedarf es aus vorläufiger Sicht der Berufungsbehörde auch unter Berücksichtigung der aktuellen Judikatur des VwGH keiner zusätzlichen gutachterlichen Abklärung. Eine Bindung der Berufungsbehörde an gerichtliche Obsorgebeschlüsse oder die Rechtsmeinung der BH Mödling, die offenbar ohne volle Kenntnis der deutschen Vorakte ergangen ist, besteht in dieser Konstellation ebenfalls nicht.

 

Die Zustellung des Erstbescheides erfolgte daher rechtskonform.

 

Unter Zugrundelegung der oben gemachten rechtlichen Ausführungen bedarf es aber zunächst zur Fortführung des Berufungsverfahrens einer Genehmigung der Berufung von Mag. Jedliczka vom 25.06.2007, da mangels gesetzlichen Vertretungsverhältnisses auf die bloß für die Einvernahme am 10.05.2007 erteilte gewillkürte Vertretung für Mag. J. verwiesen werden kann.

 

BW: Die Berufung von Mag. J. wird genehmigt.

 

Ferner kann auch eine allfällige Vollmacht für Mag. Wollinger nur gewillkürt erfolgen.

 

Mag. WOLLINGER: Für den Fall, dass der BW tatsächlich volljährig ist, berufe ich mich auf eine am heutigen Tag erteilte mündliche Vollmacht zur gewillkürten Vertretung.

 

Der amtsbekannte Dolmetscher wird im gegenständlichen Verfahren als solche bestellt und beeidet, wogegen kein Einwand erhoben wird; es bestehen keine Befangenheitsgründe gemäß §§ 39a, 53 AVG.

 

Die berufende Partei gibt an, dass sie den Dolmetscher gut versteht; Einwände gegen seine Person bestehen nicht.

 

Der VL bezeichnet den Gegenstand der Verhandlung und fasst den bisherigen Gang des Verfahrens zusammen.

 

Der VL gibt den Parteien Gelegenheit, sich zum Gegenstand der Verhandlung zu äußern. Keine Äußerung.

 

Die Beweisaufnahme wird eröffnet.

 

BW gibt nach Wahrheitserinnerung (unrichtige Angaben werden im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt) und Belehrung gem. § 49 iVm § 51 AVG sowie nach Belehrung über die Geltendmachung von Kosten als Beteiligter (§ 51a, d AVG) vernommen an:

 

VL: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage an der Verhandlung teilzunehmen ?

 

BW: Ich bin fit für die Verhandlung.

 

VL: Ist Ihre dem bisherigen Verfahren zugrundegelegte Identität richtig ? Auf § 119 Abs 2 FPG wird hingewiesen.

 

BW: Mein Name ist B.S., ich bin am 00.00. 1990 geboren.

 

VL: Waren Ihre Aussagen im erstinstanzlichen Verfahren richtig und bleiben diese aufrecht ?

 

BW: Ich habe immer die Wahrheit erzählt.

 

VL: Aus den Bezug habenden Niederschriften sind keine Hinweise darauf ersichtlich, dass Sie Verständigungsprobleme mit den Dolmetschern für die französische Sprache gehabt hätten. Wie würden Sie selbst Ihre Französisch-Kenntnisse beschreiben ?

 

BW: Ich konnte mich mit den jeweiligen Dolmetschern in der französischen Sprache problemlos verständigen. Ich kann eigentlich Französisch und Fulla gleich gut, nur kann ich in Französisch nicht schreiben.

 

Auf Nachfrage: Ob eine Einvernahme in Französisch oder in Fulla stattfindet, ist mir gleichgültig.

 

VL: In welcher Sprache kommunizieren Sie mit Ihren BetreuerInnen und/oder sonstigen Bezugspersonen in Österreich ?

 

BW: Meistens kommuniziere ich Englisch, weil die meisten Leute Englisch in Österreich verstehen.

 

BWV: Der BW hat mich am 07.02.2008 gebeten, beim UBAS zu beantragen, dass eine Einvernahme in Fulla durchgeführt werde. Auch der Betreuer des BW, B., hat mich schon im Vorfeld um dasselbe ersucht.

 

VL an BWV: Ist Ihnen der an den BW zugestellte erstinstanzliche Bescheid betreffend den BW bekannt ? Wie haben Sie bzw die BH Mödling davon Kenntnis erlangt ?

 

BWV: Der Bescheid befand sich, als ich den Fall von Mag. JEDLICKA übernommen hatte, im Akt; auch der an den BW gerichtete Rückschein. Einem handschriftlichen Vermerk auf S 1 des Bescheides zufolge dürfte der Bescheid am 11. Juni 2007 eingelangt sein.

 

VL verliest As. 255-301 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes und zieht daraus folgende vorläufige verfahrensrelevante Schlussfolgerungen:

 

1. BW hat damals ein konkretes Geburtsdatum (00.00.1986) angegeben. Es kann nicht davon die Rede sein, dass die deutschen Behörden willkürlich dieses Datum angenommen hätten.

 

2. Der angegebene Fluchtgrund war, dass Rebellen die ganze Familie des BW getötet hätten. Dies wurde von den deutschen Organen (auch im Instanzenweg) als unglaubhaft gewertet.

 

3. Der BW hat angegeben, StA der Elfenbeinküste zu sein. Eine Sprachanalyse in Deutschland ergab dagegen, eine Herkunft aus Guinea.

 

4. Die Befragung am 28.04.2003 dauerte von 08:50 bis 11:00 in Fulla. Dass der BW damals 13 Jahre alt gewesen wäre, erscheint nach Inhalt und Verlauf dieser Befragung ausgeschlossen.

 

BW: Ich nannte in Deutschland einfach ein Geburtsdatum; ich hatte keinen Ausweis, mit dem ich mein richtiges Geburtsdatum beweisen konnte.

 

VL: Warum Sie haben dann das Jahr 1986 angegeben, wenn Sie doch 1990 geboren sind ?

 

BW: Ich habe es einfach so gesagt. Es ist das erste, was mir eingefallen ist.

 

VL: Warum haben Sie gesagt, enge Familienangehörige seien von Rebellen in der Elfenbeinküste getötet worden ?

 

BW: Ich habe nicht angegeben, dass meine Eltern von Rebellen getötet wurden, sondern dass ein Onkel und ein Bruder von Banditen ermordet worden wären.

 

BWV: Nach Durchsicht der Niederschrift vom 11.03.2003 in Oldenburg, könnte ich nicht sagen, dass ein 13jähriger nicht in der Lage sei, so eine Einvernahme zu führen. Die Antworten sind sehr einfach. Ich bezweifle das Geburtsjahr 1990 nicht.

 

Kopien der Einvernahme durch das BAFL werden der BWV ausgefolgt.

 

VL: Haben Sie alle Beweismittel in Vorlage gebracht ? Möchten Sie noch irgendwelche verfahrensrelevante Dokumente bzw. Beweismittel vorlegen ?

 

BW: Neue Beweismittel gibt es nicht.

 

VL: Haben Sie seit Ihrer Ankunft in Österreich Kontakt zu jemandem in Guinea ?

 

BW: Nein.

 

VL; Haben Sie hier in Österreich jemanden kennen gelernt, den Sie schon aus Guinea kannten ?

 

BW: Ich habe hier niemanden diesbezüglich kennen gelernt; sonst hätte ich diesen schon längst der erkennenden Behörde mitgeteilt.

 

VL: Die Entscheidung des VG Osnabrück in Ihrer Angelegenheit erging Ende September 2003. In welchen Ländern haben Sie sich dann in welchen Zeiträumen bis Oktober 2006 aufgehalten ?

 

BW: Ich war in Guinea.

 

VL: Können Sie versuchen, die Frage genauer zu beantworten ?

 

BW: Ich habe im April 2004 Deutschland verlassen und bin mit dem Zug nach Paris. Dort traf ich einen Fulla-sprechenden Landsmann. Gegen eine Summe von 100 Euro beschaffte er mir einen Laissez-Passer und bin ich mit dem Flugzeug von Paris nach Guinea geflogen. Es war mein freier Entschluss, nach Guinea zurückzukehren.

 

VL verliest nun die Angaben des BW zu seinen Fluchtgründen in der Einvernahme am 10.05.2007, AS 229 BAA). Sind diese Angaben richtig, wollen Sie Ergänzungen machen ?

 

BW: Der Ort hieß richtig: D.. Meine vorgehaltenen Aussagen sind korrekt.

 

VL: Dieser Mann, welcher Ethnie gehört er an ?

 

BW: Seine ethnische Zugehörigkeit ist mir nicht bekannt.

 

VL: Wissen Sie sonst etwas über diesen Mann, zum Beispiel über sein Aussehen oder seine soziale Stellung ?

 

BW: Er war groß, 1,80m. Er war ganz dunkel.

 

VL: Hatten Sie ihn schon vorher einmal gesehen ?

 

BW: Er war etwas betrunken und ist einfach auf mich losgegangen. Vorher habe ich ihn nie gesehen.

 

VL: Haben Sie Ihre Freundin gefragt, ob sie diesen Mann kennt ?

 

BW: Sie hat auch gesagt, dass sie ihn nicht kennt. Der Mann wollte eigentlich nur Streit provozieren.

 

VL: Wissen Sie noch, wann der Vorfall war, als Ihre Freunde den Mann mit dem Messer niedergestochen haben ?

 

BW: Ich habe das Datum vergessen.

 

VL: Wie lange war es vor Ihrer Ankunft in Österreich ?

 

BW: Das war nachts, im September 2006.

 

VL: Warum sind Sie eigentlich zu dem Treffen mit dem Mann gegangen, wenn Sie doch keine Schwierigkeiten haben wollten ?

 

BW: Ich bin mitgegangen, um meinen Freunden zu helfen, wenn der Mann mit anderen Leuten gekommen wäre.

 

VL: Sind Sie und Ihre Freunde gemeinsam zum Treffen gegangen ?

 

BW: Wir sind gemeinsam hingegangen. Ich habe mich zwar kurz versteckt, weil ich nicht wollte, dass mich der Mann erkennt. Als das Ganze losgegangen ist, bin ich aus dem Versteck herausgekommen.

 

VL: War das auf der Straße, wo war das ?

 

BW: Es war ein abgelegener Ort, nicht auf der Straße, im G..

 

Auf Nachfrage: G.und D. sind 2 verschiedene Viertel von Conakry.

 

VL: Sind Sie bei der Rauferei nur dabeigestanden oder haben Sie mitgewirkt ?

 

BW: Ich habe dem Mann am Arm verletzt. Ich war nicht an den tödlichen Messerstichen verletzt.

 

VL: Wie haben Sie ihn am Arm verletzt ?

 

BW: Mit dem Messer, ich hatte beim anderen Mann kein Messer gesehen.

 

VL: Wohin gingen die tödlichen Messerstiche Ihrer Freunde ?

 

BW: In den Bauch.

 

VL: Trennten Sie sich gleich nach dem Messerangriff von Ihren Freunden ?

 

BW: Nachdem wir den Mann mit dem Messer attackierten, habe ich festgestellt, dass die Situation schlimm ist, ich habe die anderen zurückgelassen. Ich bin dann geflüchtet. Ich habe mich dort versteckt.

 

VL: Wie haben Sie sich versteckt ?

 

BW: Bei einem Freund in der Wohnung.

 

VL: Warum haben Sie Ihre Freunde, welche zugestochen haben, zurückgelassen ?

 

BW: In diesem Moment dachte ich nur an meine eigene Sicherheit.

 

VL: Was ist dann später mit Ihren Freunden geschehen ?

 

BW: Ich habe dann vom Freund, bei welchem ich Unterschlupf gefunden habe, erfahren, dass die Freunde von der Polizei verhaftet wurde und in das Sicherheitsgefängnis gekommen sind.

 

VL: Wissen Sie, was aus Ihren Freunden geworden ist ?

 

BW: Ich habe nichts mehr von ihnen gehört.

 

VL: Was würde geschehen, wenn Sie jetzt in Ihr Heimatland zurückkehren müssten?

 

BW: Ich befürchte bei einer Rückkehr, dass die Angehörigen des jungen Mannes, welcher ums Leben gekommen ist, sich an mir rächen würden.

 

VL: Haben Sie auch Befürchtungen vor der Polizei ?

 

BW: Ich fürchte mich auch vor der Polizei. Bei einer Rückkehr würde auch die Polizei nach mir suchen.

 

VL: Glauben Sie, hatten Ihre Freunde die Absicht, den Mann zu töten, oder ist das im Zuge der Rauferei mehr oder minder "geschehen" ?

 

BW: Es war kein beabsichtigter Mord, es ist im Zuge der Rauferei passiert.

 

VL: Wie konnte das so "passieren", wenn das Opfer unbewaffnet war und es drei Angreifer gab ?

 

BW: Das kann bei jedem Streit passieren, wenn man zornig ist, kann man unüberlegt handeln.

 

VL: Haben Sie noch andere Probleme in Guinea gehabt, welche Sie hätten, wenn Sie wieder zurückkehren oder hatten Sie die "Probleme nur mit diesem Mann ?"

 

BW: Ich habe keine weiteren Probleme.

 

VL: Wie haben Sie festgestellt, dass der Mann tot ist ?

 

BW: Ich habe das von dem Freund erfahren, bei welchem ich mich aufgehalten habe. Dort habe ich nur die schwere Verletzung bemerkt.

 

VL: Nach Ihren heutigen Angaben, wonach Sie auch selbst mit dem Messer zu gestochen haben, wäre Ihre Tat auch nach österreichischem Recht ein schweres strafrechtliches Delikt. Ist Ihnen das klar ?

 

BW: Ich weiß das.

 

VL: Bei der letzten Einvernahme in Traiskirchen, haben Sie ausdrücklich verneint, dass Sie zugestochen haben ?

 

BW: Es stimmt, dass ich ihn verletzt habe.

 

Auf Vorhalt AS 229 Mitte: Ich führe das auf einen Verständigungsfehler zurück. Alle Dolmetscher sind nicht so kompetent, dass sie alles richtig verstehen.

 

VL: Wie haben Sie 2005/2006 nach der Rückkehr aus Deutschland Ihren Lebensunterhalt bestritten ?

 

BW: Ich habe bei meinen Eltern gelebt. Diese sorgten für mich.

 

VL: Wovon lebten Ihre Eltern ?

 

BW: Meine Eltern waren Händler.

 

VL: Womit handelten Ihre Eltern ?

 

BW: Sie hatten Läden, wo beispielsweise Lebensmittel, wie Reis, verkauft wurde.

 

VL: Sind Sie hier in Österreich wegen einer schweren Krankheit in Spitalsbehandlung gewesen ?

 

BW: Nein.

 

VL: Gibt es besondere Gründe (zB Familienbezug in Österreich), die ihre Ausweisung aus Österreich als unzulässig erscheinen lassen ?

 

BW: Ich habe eine Freundin. Konkrete Heiratsabsichten gibt es nicht. Ich kann mich mit der deutschen Sprache schon durchschlagen. Ich gehe normalerweise spazieren.

 

BWV: Keine weiteren Fragen.

 

BWV: Zur Frage der Integration könnte ich einen Sozialbericht in der nächsten Kalenderwoche nachreichen.

 

VL: Aufgrund der nachfolgenden im Akt zur Einsicht befindlichen Erkenntnisquellen, die der VL erörtert, werden bezüglich Ihres

Verfahrens folgende entscheidungsrelevante Feststellungen getroffen:

 

USDOS, Country Reports on Human Rights Practices, 06.03.2007, Guinea

 

*) Home Office, BIA, Country of Origin Key Documents, 24.05.2007

 

*) verschiedene Auszüge von IRIN-News zu Guinea aus 2007

 

*) Basisinformationen Dt. Auswärtiges Amt, Guinea, 2007

 

(Ausfertigungen der Berichte werden der BWV übergeben)

 

Daraus folgt, sofern im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevant:

 

Nach Unruhen zu Beginn des Jahres 2007 hat sich die allgemeine Lage nun wieder beruhigt. Menschenrechtsverletzungen, insbesondere auch durch staatliche Sicherheitsorgane, setzen sich fort, verschiedene Reformen wurden jedoch eingeleitet. Haftbedingungen sind sehr schlecht bzw lebensbedrohend. Die Wirtschaftslage ist schlecht, die Existenzsicherung in der Regel aber gewährleistet

 

Stellungnahme BW: Ich kann nur sagen, dass die politische Lage für mich bei meiner Flucht nicht ausschlaggebend war. Ich hatte mich frei entschlossen, von Deutschland nach Guinea zurückzugehen. Ich wollte das Land nicht verlassen. Der tragische Vorfall hat mich veranlasst, das Land zu verlassen.

 

VL: Gibt es noch etwas, dass Sie angeben möchten, damit ich mir ein vollständiges Bild von Ihrer Person und Ihren Lebensumständen machen kann ?

 

BW: Ich habe nichts hinzuzufügen.

 

Auf Befragen des VL, ob der BW alles verstanden und alles vorgebracht hat, gibt dieser an:

 

BW: Ich habe alles verstanden, alles vorgebracht und nichts mehr hinzuzufügen.

 

Ende der Vernehmung.

 

Weitere Beweisanträge oder sonstige Stellungnahmen: keine.

 

Der BWV wird eine Frist bis zum 03.03.2008 eingeräumt, um allfälligerweise einen Sozialbericht vorzulegen und allfälligerweise Stellung zu den deutschen Verfahrensauszügen abzugeben, oder auch eine Stellungnahme zur Ländersituation in Guinea zu erstatten.

 

Das Beweisverfahren wird gemäß § 39 Abs 3 AVG vorbehaltlich der Stellungnahme der BWV geschlossen.

 

(...)".

 

4. Am 28.02.2008 langte bei der damaligen Berufungsbehörde sodann ein Sozialbericht und eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen seitens der Vertreterin des Beschwerdeführers, Mag. Wollinger, ein. Zu den Länderfeststellungen wurde bemerkt, dass Guinea zu den ärmsten Ländern der Welt zähle und die Menschenrechtslage gravierende Defizite aufweise. Es wurde ein Bericht von Human Rights Watch vom Jänner 2008 auszugsweise wiedergegeben. Ferner wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer an Depressionen leide und aufgrund eines erhöhten Betreuungsbedarfs und Erfordernisses von Therapiegesprächen in Österreich betreut werde, was in seiner Heimat nicht möglich sei. Er hätte dort kein faires Verfahren zu erwarten und befürchte unmenschliche, lebensgefährliche Haftbedingungen. Im Sozialbericht eines Sozialarbeiters ist ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit März 2007 in der Jugendbetreuungsstelle M. aufhältig sei. Er nehme am Geschehen im Haus regen Anteil, erfülle seine Aufgaben und gehe freundlich mit Mitbewohnern und Betreuern um. Er habe immer wieder depressive Episoden, die einerseits mit seinen Fluchtgründen und andererseits mit seiner ungewissen Zukunft im Zusammenhang stehen. In Stresssituationen lege er Vermeidungsverhalten an den Tag. Momentan könne er seine Termine einhalten und zeige sich an seiner Situation interessiert. Bei ihm seien gerade in den letzten Wochen Fortschritte in einigen Gebieten festzustellen. Problembewusstsein und Lösungsstrategien müssten weiter erarbeitet werden.

 

Am 22.04.2008 langte bei der damaligen Berufungsbehörde sodann eine Mitteilung der Erstbehörde ein, woraus sich ergibt, dass der nunmehrige Beschwerdeführer mit Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 04.04.2008 wegen § 287 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt worden ist. Die im Vorverfahren gewährte bedingte Strafnachsicht wurde nicht widerrufen, jedoch die Probezeit dazu auf fünf Jahre verlängert.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter; ebenso entscheidet der Asylgerichtshof gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 durch Einzelrichter, wenn im vor dem 1.7.2008 anhängigen Verfahren bereits vor diesem Zeitpunkt eine Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat stattgefunden hatte; dies ist im vorliegenden Verfahren der Fall, sodass der erkennende Richter als Einzelrichter zur Entscheidung zuständig war. Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.

 

2. Festgestellt wird:

 

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Guinea, zugehörig zur Volksgruppe der Fula. Er war bereits zum Zeitpunkt seiner Antragstellung in Österreich volljährig. Darüber hinaus kann seine Identität nicht festgestellt werden. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe werden der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit nicht zugrunde gelegt.

 

2.2. Zum Herkunftsstaat Guinea:

 

Zur Lage in Guinea werden die in der mündlichen Verhandlung vor dem UBAS am 21.02.2008 vorgehaltenen entscheidungsrelevanten Feststellungen aus den in der mündlichen Verhandlung vorgehaltenen Quellen zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhoben.

 

3. Beweiswürdigung:

 

Der Asylgerichtshof hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt und die am 21.02.2008 durchgeführte mündliche Verhandlung Beweis erhoben.

 

3.1. Was das Geburtsdatum des Beschwerdeführers angeht, hat sich die erstinstanzliche Einschätzung aus Überzeugung des Asylgerichtshofs als richtig erwiesen und ist jedenfalls davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung in Österreich das 18. Lebensjahr bereits überschritten gehabt hat. Die in Deutschland angegebenen Geburtsdaten 1980 und 1986 können dagegen als plausibel gewertet werden. Diese Einschätzung steht nicht im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshof, als sie nicht primär aufgrund eines äußerlichen Eindrucks des Beschwerdeführers ergangen ist, sondern aufgrund dessen widersprüchlicher Angaben in einer Gesamtschau des Verwaltungsaktes. Wie bereits in der Berufungsverhandlung vom 21.02.2008 durch den seinerzeitigen Unabhängigen Bundesasylsenat dargetan, ist es gänzlich lebensfremd anzunehmen, dass der Beschwerdeführer im Jahre 2003 im Alter von 13 Jahren im deutschen Asylverfahren in 2 Instanzen (einschließlich verwaltungsgerichtliche Verhandlung) die dortigen Angaben getätigt hat. Es ist ferner auszuschließen, dass die deutschen Behörden quasi auf Verdacht irgendein Geburtsdatum in den Akt aufgenommen hätten, wenn der Asylwerber dort auch nur ansatzweise geäußert hätte, erst 13 Jahre alt zu sein. Die bezughabenden deutschen Niederschriften sind nach Rückübersetzung vom Beschwerdeführer unterfertigt worden und besteht auch sonst keinerlei Anlass an der Integrität des Verfahrens einschließlich des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens zu zweifeln. Gegenteilige Hinweise, wonach der Beschwerdeführer tatsächlich 1990 geboren ist, haben sich dagegen nicht ergeben. Der Umstand, dass im individuellen Fall ein gerichtlicher Obsorgebeschluss des BG Mödling vorliegt, kann nicht als solcher gewertet werden, da es der Aktenlage nach nahe liegt, dass das BG Mödling keine Kenntnis von den Vorgängen im Asylverfahren hatte, jedenfalls aus der entsprechenden Begründung dies nicht hervorgeht. Eine Bindung des Asylgerichtshof an der Einschätzung des Bezirksgerichtes Mödling kann daher im individuellen Fall nicht bestehen. Ferner hat der Asylgerichtshof auch in die Würdigung einfließen lassen, dass im übermittelten Sozialbericht keine Ausführung dahingehend getätigt werden, dass der Beschwerdeführer jugendlich wirkt oder die sonst darauf hindeuten, dass Minderjährigkeit jedenfalls vorliegt. Die entsprechenden Ausführungen der Vertretung des Beschwerdeführers im Verfahren, wonach sie von Minderjährigkeit ausginge, sind nicht näher begründet und daher ebenfalls kein ausschlaggebendes Argument der Einschätzung des Asylgerichtshof zu widerlegen. Der Beschwerdeführer hat auch sonst in seinen Befragungen zu seiner Lebensgeschichte und seinen Familienverhältnissen keinen glaubwürdigen Eindruckt erweckt. Er konnte niemals plausibel machen, warum er im deutschen Verfahren sich als Staatsangehöriger der Elfenbeinküste ausgegeben hat und eine völlig andere Begründung hinsichtlich seiner Fluchtgründe vorgetragen hat. Auf die sonstigen vagen Angaben zu seinem Alter (vergleiche Aktenseite 227 BAA unten) ist nur ergänzend hinzuweisen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass aufgrund der Aktenlage eindeutig davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer wesentlich älter ist, als von ihm angegeben und er zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung in Österreich das 18. Lebensjahr bereits vollendet hatte. Dass er als knapp 13-jähriger 2003 in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, dort ein Beschwerdeverfahren betrieben hat und niemals aufgefallen ist, dass er unmündig ist bzw. 1990 geboren, kann als ausgeschlossen angenommen werden. Wie dargestellt haben sich auch sonst keinerlei Hinweise ergeben, dass das behauptete Geburtsdatum 1990 richtig ist. Ein substantiiertes konkretes Vorbringen des Beschwerdeführers oder seiner Vertretung hiezu ist ebenfalls nicht ergangen. Sein Vorbringen dazu war darüber hinaus mit Widersprüchen behaftet. Weiterer diesbezüglicher Erhebungsbedarf ergab sich für die Behörde daher abschließend nicht.

 

Die verfahrensrechtlichen Konsequenzen wurden bereits eingangs der Berufungsverhandlung durch den seinerzeitigen UBAS vom 21.02.2008 erörtert. Der erstinstanzliche Bescheid wurde demnach richtigerweise den zu diesem Zeitpunkt unvertretenen nunmehrigen Beschwerdeführer persönlich zugestellt. Nunmehr besteht unstrittigerweise eine gewillkürte Vertretung für Frau Mag. Wollinger.

 

3.2. Die Angaben zu den Fluchtgründen sind für den Asylgerichtshof nicht glaubwürdig.

 

3.2.1. Die Aussage des Asylwerbers stellt im Asylverfahren zweifellos das Kernstück dar. Hierbei ist es nach Ansicht des VwGH Sache des Asylwerbers, entsprechende, seinen Antrag untermauernde Tatsachenbehauptungen aufzustellen und diese glaubhaft zu machen.

 

Die Behörde kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens vor den verschiedenen Instanzen im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubwürdig könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, Zl. 95/20/0650).

 

3.2.2. Zunächst schließt sich der Asylgerichtshof der Einschätzung des Bundesasylamtes, wonach der nunmehrige Beschwerdeführer nicht glaubwürdig darlegen konnte, nach seinem Aufenthalt in Deutschland nach Guinea zurückgekehrt zu sein, an (Seite 31 unten des Erstbescheides). Die diesbezüglichen Erklärungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde, bzw. die Ausführungen in der Berufungsverhandlung (Seite 4 unten der bezughabenden Verhandlungschrift) sind weiterhin vage und ist es letztlich nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer gegen eine Zahlung von ¿ 100,-- Dokumente bekommen hätte, die es ihm erlaubt hätten von Paris nach Guinea zu gelangen. Zutreffendenfalls hätte er die diesbezüglichen Angaben auch konsistent gemacht, was ebenfall offensichtlich nicht erfolgt ist. Daraus folgt aber, wie es die Erstbehörde bereits richtig ausgeführt hat, dass der angegebene fluchtauslösende Vorfall im Jahre 2006 in Guinea nicht stattgefunden haben kann und daher dem entsprechenden Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers der Boden entzogen ist.

 

Selbst, wenn man aber zugunsten des Beschwerdeführers davon ausginge, dass er sich tatsächlich noch 2006 in Guinea aufgehalten habe, könnten seine Angaben ebenso nicht als glaubwürdig erachtet werden, dies aus folgenden näheren Erwägungen: So war der Beschwerdeführer niemals in der Lage den Zeitpunkt des angeblich fluchtauslösenden Ereignisses genau zu bestimmen. Bei einem derart dramatischen Ereignis wäre aber derartiges wohl zu erwarten. Auch den Angreifer bzw. das spätere Opfer näher zu beschreiben war der Beschwerdeführer nicht in der Lage (vergleiche nur Seite 5 der Verhandlungsschrift des UBAS vom 21.02.2008). Den angeblich fluchtauslösenden Vorfall stellte der Beschwerdeführer darüber hinaus widersprüchlich dar. Bei seiner Erstbefragung am 16.10.2006 vermittelte er den Eindruck, dass nur er den Mann mit dem Messer niedergestochen habe (siehe Aktenseite 45 BAA). Am 06.11.2006 sprach der nunmehrige Beschwerdeführer dagegen davon, dass primär seine Freunde diesen angegriffen hätten. Er hätte ihm "nur einen Messerstich verpasst" (siehe Aktenseite 95 BAA). Am 23.11.2006 bekräftigte der Beschwerdeführer, dass er das Opfer auf den rechten Ellenbogen gestochen hätte. Damit völlig unvereinbar führte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vom 10.05.2007 ausdrücklich aus, dem Opfer keinen Messerstich zugefügt zu haben obwohl er ein Messer dabei gehabt hätte. Wiederum anders führte der Beschwerdeführer in der Berufungsverhandlung vom 21.02.2008 aus, das Opfer mit dem Messer am Arm verletzt zu haben. Derartige schwerwiegende Widersprüche in zentralen Geschehnisabläufen deuten eindeutig auf die Konstruiertheit des Vorbringens. Die diesbezüglichen Darstellungen des Beschwerdeführers, es habe sich um Verständigungsfehler gehandelt, vermögen nicht zu überzeugen; dies zum Einem, als der Beschwerdeführer in der Berufungsverhandlung vom 21.02.2008 ausdrücklich bekräftigt hatte, dass auch in Französisch eine Verständigung problemlos erfolgen könne (siehe Seite 3 der Verhandlungsschrift vom 21.02.2008) und andererseits aufgrund des Umstandes, dass sämtliche Einvernahmen wie auch die Verhandlungsschrift vor dem UBAS dem Beschwerdeführer rückübersetzt wurden und er die Richtigkeit der Übersetzung jeweils mit seiner Unterschrift bestätigt hat.

 

Es genügt zu ergänzen, dass auch die gesamte Darstellung des Beschwerdeführers über die entsprechenden Geschehnisabläufe wenig plausibel erscheint. So konnte er nicht nachvollziehbar erklären, warum er sich, wenn er doch gar keinen Streit wollte, an einer Messerattacke auf eine unbewaffnete Person beteiligt hat. Auch wie dieser Streit derart eskalieren konnte, dass die Freunde des Beschwerdeführers das unbewaffnete Opfer durch Messerstiche auf den Bauch töteten, wurde vom Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar dargestellt. Wie es ferner möglich war, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinen Freunden zum Tatort gegangen ist, sich aber dort zunächst "versteckt" hielt, dann aber doch zu dem Streit hinzugekommen ist, wurde gleichfalls nicht nachvollziehbar darstellt. Dass der Beschwerdeführer danach, völlig ohne auf seine Freunde zu achten geflüchtet ist, erscheint ebenso schwer vorstellbar.

 

In Zusammenschau mit der oben dargestellten völligen Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zu seiner Person und zu seiner Lebensgeschichte vermochte er daher auch die angegebenen Fluchtgründe nicht glaubhaft darzulegen, selbst wenn man entgegen der Ansicht des Asylgerichtshofs davon ausginge, er wäre 2006 tatsächlich in Gambia gewesen. Die vagen Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtweg nach Europa bestätigen diese Ansicht nur.

 

Nur vollständigkeitshalber ist anzuführen, dass der Beschwerdeführer einen ethnischen Zusammenhang oder einen politischen Konnex der angegebenen Verfolgung nicht einmal behauptet hat.

 

3.3. Die Feststellungen zum Herkunftsstaat Guinea gründen sich auf die genannten als unbedenklich erachteten objektiven und aktuellen Quellen, die im Übrigen im Ergebnis auch mit den im Erstbescheid herangezogenen Erkenntnisquellen in Übereinstimmung stehen. Den in das Verfahren eingeführten Quellen konnte der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Die Stellungnahmen zu den Länderfeststellungen der Vertreterin des Beschwerdeführers vom 27.02.2008 vermochte die Einschätzung des Asylgerichtshofs nicht zu relativieren. Unbestritten ist, dass in Guinea Menschenrechtsprobleme bestehen und dass es zu Beginn des Jahres 2007 zu Unruhen, insbesondere in der Hauptstadt Conakry, gekommen ist. Es ist auch unbestritten, dass die wirtschaftliche Lage schlecht ist. Eindeutig ergibt sich aber aus allen konsultierten Quellen, dass nicht von einer allgemeinen Bürgerkriegssituation wie etwa in Somalia gesprochen werden kann und ergeben sich auch keine Hinweise auf eine Gruppenverfolgung irgendeines Bevölkerungsteils in Guinea aus asylrelevanten Motiven. Dass die existenzielle Grundversorgung nicht gewährleistet wäre, dass also im Land Hungersnöte vorkämen, die eine Rückkehr allgemein unzumutbar erschienen lassen, ergibt sich auch aus der Stellungnahme der Vertreterin des Beschwerdeführers nicht.

 

Sofern die Vertreterin des Beschwerdeführers in ihrer Stellungnahme vom 27.02.2008 schließlich davon spricht, dass der Beschwerdeführer an Depressionen leide und Therapiegespräche erforderlich seien, wurde dieser Vorbringensaspekt nicht durch konkrete diesbezügliche Beweismittel substantiiert. Das Vorliegen einer schweren Krankheit, die in den Schutzbereich des Artikel 3 EMRK fiele, konnte keinesfalls aus der Aktenlage nachvollzogen werden und waren daher auch keine dementsprechenden Feststellungen in das gegenständliche Erkenntnis aufzunehmen.

 

4. Rechtliche Würdigung

 

4.1. Spruchpunkt I (des Bescheides des BAA)

 

Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH vom 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH vom 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH E vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH E vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH E vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlings-konvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

Erachtet nämlich die Behörde - wie im gegenständlichen Fall - im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 09.05.1996, Zl.95/20/0380).

 

Vollständigkeitshalber ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, selbst wenn man es wahr unterstellte, einen asylrelevanten Konnex vermissen ließe. Diesfalls hätte der Beschwerdeführer ein schweres Gewaltdelikt begangen, ein asylrelevanter Zusammenhang ist nicht ersichtlich.

 

4.2. Spruchpunkt II (des Bescheides des BAA)

 

Dem Bundesasylamt ist ferner auch dahingehend zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).

 

Eine positive Feststellung nach dieser Bestimmung erfordert das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG (§ 50 FPG) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im hier relevanten Sinne glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

4.2.1. Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 13669/03).

 

4.2.2. Wie bereits oben unter II.3. ausgeführt, gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine Verfolgung im Sinne der GFK darzutun, daher bleibt zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, der Beschwerdeführer liefe Gefahr, in Guinea, einer Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG unterworfen zu werden.

 

4.2.3. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer, ein Angehöriger einer in Guinea verbreiteten Volksgruppe - im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland - insbesondere auch in Städte außerhalb seiner Herkunftsregion - einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein könnte, sodass die Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK bedeuten würde. Die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse kann aus den Feststellungen für einen jungen gesunden Mann wie den Beschwerdeführer ohne gesicherte Hinweise auf eine besondere Vulnerabilität als gesichert angenommen werden. Aus diesem Grund kann auch die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden. Auf die

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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