D14 247575-0/2008/4E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Windhager als Einzelrichter über die Beschwerde des S.G., 00.00.1977 geb., StA.:
Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.02.2004, FZ. 04 02.850-BAW, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde von S.G. wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, i.d.g.F. abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
I. Dem erstinstanzlichen Verfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Asylwerber, seinen Angaben zufolge Staatsangehöriger von Georgien, stellte am 12.09.2002 einen ersten Antrag auf Gewährung von Asyl. Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vom 25.02.2003 schilderte der Antragsteller, dass er tatsächlich im Bundesgebiet bereits unter zahlreichen anderen Identitäten aufgetreten war und bereits vorangehend drei andere Asylanträge unter der Identität G. und M. gestellt hatte, all diese Anträge seien "Lügen und daher ziehe er alle anderen Anträge zurück". Der Asylgrund, den er aufrecht erhalten wolle, liege - verkürzt wiedergegeben - darin, dass im Jahr 2002 zwei mit ihm näher befreundete Georgier von einem georgischen Polizisten weggebracht worden seien. Der PKW mit diesem Polizisten namens G. habe vor dem Haus gehalten, dieser habe mit seinen Bekannten gesprochen und nach einiger Zeit sei es dem G. gelungen, seine beiden Freunde zu überreden, sich in das Auto zu setzen. Das Auto sei davongefahren, inzwischen seien drei Jahre vergangen und niemand habe jemals wieder etwas von seinen beiden Freunden erfahren. Er sei unter Druck gesetzt und gefragt worden, wer dieser Mann gewesen sei, der die beiden Burschen mitgenommen habe, das habe er natürlich angegeben, und sei in der Folge der G. zu ihm nachhause gekommen und habe ihn aufgefordert, mitzukommen. Seine Mutter habe gemeint, dass er nicht mitgehen solle, da es auch eine Anzeige der Mutter der verschwundenen Brüder gegeben habe, habe er sich entschlossen, das Land zu verlassen. Es habe Drohanrufe gegeben, deshalb habe er Georgien verlassen müssen. Er habe deshalb Probleme mit der Polizei, weil ja auch dieser G. bei der Polizei sei. Auf die Frage, warum er bei dem anderen Antrag angegeben habe, dass er deshalb Georgien verlassen habe, weil die Polizei von seiner Familie Schutzgeld verlange, gab der Antragsteller an, dass er ursprünglich seine wahren Fluchtgründe nicht in Österreich, sondern in Deutschland schildern wollte.
Mit Bescheid vom 28.02.2003,wurde dieser erste Asylantrag des Antragstellers vom 12.09.2002 gem. § 7 AsylG abgewiesen und zugleich die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des nunmehrigen Beschwerdeführers nach Georgien gem. § 8 AsylG für zulässig erklärt. Das Bundesasylamt begründete diese seinerzeitige Entscheidung damit, dass das Vorbringen des Antragstellers unglaubwürdig sei, als er doch in zahlreichen anderen Asylanträgen unter anderer Identität aufgetreten sei und dabei auch, wie dargelegt, andere Fluchtgründe geschildert habe. So habe er einerseits die behaupteten Probleme im Zusammenhang mit Schutzgelderpressung behauptet, in einem anderen Asylverfahren sei er als angeblicher minderjähriger Flüchtling aufgetreten, weiters sei er in einem anderen Asylverfahren als angeblicher tschetschenischer Flüchtling aufgetreten.
Das Bundesasylamt vermeinte somit damals im Rahmen der Beweiswürdigung, dass das ständige Austauschen der Identitäten und auch der Fluchtgründe dazu führe, dass das Vorbringen nicht glaubhaft sei, weshalb auch dieses Vorbringen der rechtlichen Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden könne.
Der Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.02.2003, Zl. 02 25.827-BAW, wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer an der von ihm im Verfahren angegebenen Adresse durch Hinterlegung am 04.03.2003 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.
Am 29.01.2004 stellte der nunmehrige Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag, den er im Rahmen einer schriftlichen Eingabe dahingehend begründete, dass er " in Gefahr der physischen Vernichtung" sei. Er habe im Frühling 2000 die Gebrüder L. und G. im Fußballstadion im Stadtzentrum zufällig getroffen, sie seien gemeinsam aus dem Fußballstadion auf die Straße gegangen und es sei auf einmal ein Auto stehen geblieben. Ein Polizist namens S. habe die Brüder zu sich ans Auto gerufen, diese seien sehr ungern zu ihm gegangen und hätte S. mit einem Komplizen die Gebrüder in den Wagen gezerrt und sei das Auto weggefahren. Er habe auf Nachfrage den Eltern am nächsten Tag erzählt, was geschehen sei, diese hätten ihn nach einiger Zeit gebeten, in einem Gerichtsverfahren auszusagen, seit dieser Entführung bekomme er Drohanrufe.
Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 20.02.2004 den Folgeasylantrag vom 29.01.2004 gem.
§ 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und begründete diese Entscheidung damit, dass der Antragsteller nur seine ursprünglichen Fluchtgründe vervollständigt habe, über das ursprüngliche Vorbringen sei jedoch bereits rechtskräftig negativ entschieden.
Gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.02.2004 richtet sich die gegenständliche Beschwerde, zu welcher der Asylgerichtshof wiefolgt erwogen hat:
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 01.07.2008 außer Kraft.
2. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
§ 61 Abs. 3 Z. 1 AsylG sieht eine Einzelrichterentscheidung im Fall einer zurückweisenden Entscheidung wegen 1. Drittstaatsicherheit gemäß § 4 AsylG, 2. Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 AsylG, 3. entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, sowie gemäß Z. 2 bei einer mit diesen Entscheidungen verbundenen Ausweisung vor.
3. Gemäß § 23 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungs- verfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß 75 Abs. 1 AsylG sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gem. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH v. 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321). "Entschiedene Sache" i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; VwGH v. 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH v. 10.06.1998, Zl. 96/20/0266).
"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).
Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens i.S.d. § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gem. § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Antragsteller auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH v. 20.03.2003, Zl. 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).
Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321); in der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. z.B. VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; 15.10.1999, Zl. 96/21/0097; 04.04.2001, Zl. 98/09/0041; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH v. 16.07.2003, Zl. 2000/01/0237, mwN).
Unbestrittenermaßen bringt der Beschwerdeführer im Folgeantrag vom 29.01.2004 erneut jene angeblichen Fluchtgründe vor, die ihn bereits im Zusammenhang mit dem ersten Antrag im Bundesgebiet zur Flucht aus Georgien veranlasst haben sollen. Unzweifelhaft begehrt der Beschwerdeführer somit eine nochmalige Auseinandersetzung mit seinen bereits im vorausgegangenen und rechtskräftig beendeten Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründen, vor dem Hintergrund der rechtskräftigen Entscheidung im ersten Asylverfahren ist eine solche nochmalige Überprüfung jedoch nicht möglich. Ergänzend ist einzig anzumerken, dass das Vorbringen des Antragstellers nicht nur im ersten Verfahrensgang durch das Bundesasylamt aus durchaus plausiblen Gründen - nämlich in Zusammenhang mit den wechselnden Identitäten und den verschiedenen Fluchtgründen - als unglaubwürdig gewertet wurde, auch die Widersprüche verglichen mit den nunmehrigen Angaben im Folgeantrag sind dermaßen gravierend, dass das Vorbringen für sich genommen vollkommen unglaubwürdig ist und bereits auch aus diesem Grund der Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden könnte. So fällt auf, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seines Antrages vom 12.09.2002 die Entführung dahingehend geschilderte hatte, dass er mit den beiden entführten Bekannten "in den Hof" gegangen sei und ein PKW vor dem Haus angehalten habe, worauf der genannte Polizist ausgestiegen sei und die beiden Brüder überredet habe, sich in das Auto zu setzen. Die Variante, die der Beschwerdeführer dem neuerlichen Antrag vom 29.01.2004 zugrunde gelegt hat, lautet jedoch ganz anders, in der nunmehrigen Erzählung soll der ganze Vorfall nicht zuhause im Hof vor dem Wohnhaus, sondern nach dem Besuch eines Fußballspiels auf dem Nachhauseweg stattgefunden haben, wobei der behauptete Polizist die beiden Brüder in den Wagen gezerrt haben soll. Wenn jedoch bereits bei den Umständen bzw. beim Ort der Entführung dermaßen gravierende Widersprüche aufscheinen, bedarf es keiner weitwendigen Überlegungen, dass der Beschwerdeführer, der, wie dargelegt, in der Vergangenheit unter den verschiedensten Identitäten und mit den verschiedensten Fluchtgründen aufgetreten ist, erkennbar nur ein Fantasievorbringen erstattet hat, um eine nochmalige Überprüfung seines ursprünglichen Begehrens zu erwirken. Da das Vorbringen jedoch aus den dargestellten Gründen auch aus Sicht des Asylgerichtshofs vollkommen unglaubwürdig ist, zudem die Rechtskraftwirkung der abweisenden Entscheidung des Bundesasylamtes vom 28.02.2003 eine nochmalige inhaltliche Entscheidung verbietet, erweist sich die Zurückweisung des neuerlichen Antrages im Grunde des § 68 Abs. 1 AVG als rechtmäßig, sodass die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.