TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/06 E11 311435-1/2008

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Veröffentlicht am 06.08.2008
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Spruch

E11 311.435-1/2008-19E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Friedrich KINZLBAUER als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Bettina BIRNGRUBER über die Beschwerde des O.F., geb. 00.00.1986, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.04.2007, FZ. 06 12.856-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs.1, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 (AsylG 2005) als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. VERFAHRENSGANG UND SACHVERHALT Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), seinen Angaben nach ein Staatsangehöriger der Türkei und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, stellte am 27.11.2006 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens brachte er (zusammengefasst dargestellt) als Fluchtgrund im Wesentlichen vor, dass er von unbekannten Personen aufgefordert worden sei, sich als Dorfschützer zur Verfügung zu stellen. Als er sich geweigert habe, sei er bedroht worden. Die Musterung für den Militärdienst habe er schon absolviert, bisher aber keinen Einberufungsbefehl erhalten. Er sei nicht bereit den Militärdienst leisten.

 

Das Bundesasylamt (BAA) erachtete sein fluchtkausales Vorbringen zu den Fluchtgründen unter näherer Darlegung der Widersprüche als nicht glaubwürdig. Einer möglichen Einberufung fehle es an Asylrelevanz.

 

In Folge wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz vom BAA gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen. Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei verfügt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

 

Mit Schreiben vom 15.10.2007 hat der Unabhängige Bundesasylsenat das Berufungsverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG eingestellt und gleichzeitig dem BAA mitgeteilt, dass das Ausweisungsverfahren gegen den BF gemäß § 27 Abs. 1 Z 2 AsylG ex lege als eingeleitet gelte. Mit Schreiben vom 7.11.2007 teilte der Unabhängige Bundesasylsenat dem BAA mit, dass das gemäß § 27 Abs. 1 Z 2 AsylG ex lege eingeleitete Ausweisungsverfahren gemäß § 27 Abs. 4 AsylG eingestellt worden sei und das Verfahren des BF gemäß § 24 Abs. 2 AsylG fortgesetzt werde.

 

Mit Schreiben vom 18.03.2008 teilt das Bundesasylamt dem entscheidenden Gericht mit, dass der BF am 00.01.2008 und am 00.03.2008 neuerlich wegen des Verbrechens nach § 28 Suchtmittelgesetz (SMG) bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt angezeigt worden ist.

 

Mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 00.03.2008, wurde der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 1 und 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten verurteilt, davon wurden 9 Monate für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

 

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt vom 00.04.2008, wurde über den Beschwerdeführer gem. § 63 Abs. 1 FPG ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen.

 

Mit Schreiben vom 25.04.2008 langte am gleichen Tag per Telefax beim Bundesasylamt eine vom Beschwerdeführer am 25.04.2008 erteilte Zustellvollmacht für den SPRAKUIN Integrationsverein, sowie eine eingeschränkte Vertretungsvollmacht an Hrn. Dr. KLODNER und Hrn. Mag. KAYA ein.

 

Die im angefochtenen hier gegenständlichen Bescheid bereits enthaltene Sachverhaltsdarstellung wird - ohne sie wiederholen zu müssen - hiermit zum Inhalt dieses Erkenntnisses erklärt (zur Zulässigkeit dieses Vorgehens vgl zB. VwGH 4.10.1995, 95/01/0045; 24.11.1999, 99/01/0280).

 

Hinsichtlich des Verfahrensherganges und Parteienvorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. BEWEISWÜRDIGUNG

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes einschließlich der Beschwerdeschrift Beweis erhoben. Der Asylgerichtshof ist der Ansicht, dass das Bundesasylamt den maßgeblichen Sachverhalt feststellte.

 

Der Beschwerdeführer schilderte im erstinstanzlichen Verfahren ein Ereignis, von dem er selbst betroffen gewesen sein soll und welches kausal für das Verlassen seines Heimatlandes gewesen sei, sehr unterschiedlich.

 

Die von der Erstbehörde vorgenommene Beweiswürdigung hinsichtlich der Nichtglaubhaftmachung der vorgetragenen fluchtkausalen Ereignisse ist nach Ansicht des Asylgerichtshofes im Rahmen der nachfolgend dargestellten Gründe ausreichend tragfähig um zu diesem Ergebnis zu gelangen. So machte der BF bezüglich der Tatausführenden Personen und dem Zeitpunkt des fluchtkausalen Ereignisses widersprüchliche und vage Angaben.

 

Während der BF in der Erstbefragung durch Organe des Sicherheitsdienstes und bei der ersten niederschriftlichen Einvernahme die Tatausführenden Personen als Gendarmen bezeichnet habe, seien es in einer weiteren Einvernahme PKK Kämpfer, Mitglieder der PKK bzw. Angehörige des Militärs gewesen, die gewollt hätten, dass er sich als Dorfschützer zur Verfügung stelle.

 

Auch zum Zeitpunkt der Tatausführung habe der BF widersprüchliche Angaben gemacht. Einmal sei er zweieinhalb Monate vor seiner Ausreise zum Dorfschützer bestimmt worden, während es ein anderes Mal einen Monat vor seiner Ausreise gewesen sei.

 

Im Ergebnis ist das BAA zur Erkenntnis gelangt, dass das fluchtkausale Vorbringen, insbesondere auf Grund der aufgetretenen Widersprüche, nicht glaubhaft gemacht werden konnte.

 

Die von der Erstbehörde vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig und steht auch im Einklang mit den vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Kriterien für die Glaubhaftmachung. Demnach kann die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubwürdig können Fluchtgründe im Allgemeinen somit nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Der Asylgerichtshof schließt sich der erstinstanzlichen Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erklärt sie - ohne sie hier vollständig wiederholen zu müssen - zum Inhalt dieses Erkenntnisses (zur Zulässigkeit dieses Vorgehens vgl. zB uva VwGH 4.10.1995, 95/01/0045; 24.11.1999, 99/01/0280).

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für einer derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten Prämissen, für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das fluchtkausale Vorbringen des Beschwerdeführers im Ergebnis als nicht glaubhaft qualifiziert und davon ausgeht, dass diese Angaben des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entsprechen.

 

Der Beschwerdeführer behauptet in der Beschwerde erstmals, dass er auch aufgrund einer "Blutrachefehde" sein Heimatland verlassen habe. Derartiges hat er bislang im erstinstanzlichen Verfahren nie konkret behauptet, obwohl er in 3 (!) niederschriftlichen Einvernahmen dazu Gelegenheit gehabt hätte und im Zuge dessen mehrmals nach seinen Fluchtgründen und seinen Befürchtungen im Falle einer Rückkehr befragt wurde. In der Einvernahme vor dem Bundesasylamt hat der Beschwerdeführer vorgebracht, er wolle deshalb nicht den Militärdienst ableisten, weil er nicht gegen sein Volk kämpfen will. Eine Diskriminierung und erniedrigende Behandlung beim Wehrdienst hat der BF in den Einvernahmen nicht vorgebracht. Das Verschweigen der Blutrache versucht er mit dem untauglichen Versuch, seine Familie habe nicht gewollt, dass er über die Blutrache etwas erzähle, zu erklären.

 

Im Ergebnis handelt es sich bei diesem bescheinungslos gebliebenen und im Berufungsverfahren erstmals behaupteten Tatsachenvorbringen um unzulässige Neuerungen.

 

In Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesasylamtes dürfen nur eingeschränkt neue Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden.

 

Die dafür maßgebliche Norm des § 40 Asylgesetz 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 lautet:

 

"(1) In einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des Bundesasylamtes dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur vorgebracht werden,

 

1. wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, nach

 

der Entscheidung erster Instanz entscheidungsrelevant geändert hat;

 

2. wenn das Verfahren erster Instanz mangelhaft war;

 

3. wenn diese dem Asylwerber bis zum Zeitpunkt der Entscheidung

 

erster Instanz nicht zugänglich waren (nova reperta) oder

 

4. wenn der Asylwerber nicht in der Lage war, diese vorzubringen.

 

(2) Über die Zulässigkeit des Vorbringens neuer Tatsachen und Beweise muss nicht entschieden werden, wenn diese für die Entscheidung des Asylgerichtshofes nicht maßgeblich sind

 

Das gegenständliche Verfahren hat keinen hinreichenden Anhaltspunkt für das Vorliegen auch nur eines dieser Ausnahmetatbestände hervorgebracht, zumal dem Beschwerdeführer einerseits seitens der Erstbehörde im Zuge der Einvernahmen mehrfach die Möglichkeit eingeräumt worden ist, alle ausreiserelevanten Geschehnisse und sonstige Probleme vollumfänglich darzulegen und andererseits es sich bei diesen erstmals vorgebrachten bescheinigungslosen Tatsachen um solche Befürchtungen handelt, die der subjektiven Einschätzung des Beschwerdeführers entspringen und welche er wohl auch bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens gehabt haben muss und nicht erst nach der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides innerhalb der kurzen Beschwerdefrist entstanden sind. Auch sind keine Anhaltspunkte zutage getreten, die darauf hindeuten, dass der Beschwerdeführer zur Äußerung nicht in der Lage gewesen wäre.

 

Im Ergebnis erhellt sich aus der Aktenlage kein hinreichender Umstand, der auf das Vorliegen eines der gegenständlich in Betracht kommenden Ausnahmetatbestände des § 40 Absatz 1 Ziffer 1 - 4 Asylgesetz hindeuten würde bzw. hat die Beschwerde auch keinen Versuch unternommen, einen solchen hinreichend darzutun. Am Boden der zu dieser Bestimmung ergangenen und für deren Auslegung maßgeblichen Judikatur der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (siehe VfGH 15.10.2004, Zahl G237/03 ua., Punkt III.4.7.4.2.; VwGH 27.09.2005, Zahl 2005/01/0313) ist in diesem Kontext noch zu beurteilen, ob diese später, trotz gegebener Äußerungsmöglichkeit schon im erstinstanzlichen Verfahren, erst im Stadium der Beschwerde erfolgte Tatsachenbehauptung von dem Versuch gekennzeichnet ist, das Asylverfahren missbräuchlich zu verlängern. Im Rahmen einer gesamthaften Abwägung gelangt der Asylgerichtshof angesichts der oben dargelegten Ausführungen zu der Ansicht, dass im Falle des BF das Vorliegen eines Missbrauchs zu bejahen ist.

 

Auch seine spekulative Behauptung bei Absolvierung seines Militärdienstes einer Diskriminierung und erniedrigenden Behandlung aufgrund seiner kurdischen Volksangehörigkeit ausgesetzt zu sein, stellt im Ergebnis eine unzulässige Neuerung dar, zumal der Beschwerdeführer dies trotz Möglichkeit - auch im Hinblick auf den Inhalt der ihm erteilten Belehrungen - nicht vorgetragen hat und das erstinstanzliche Verfahren auch keinen relevanten Mangel aufweist, der ihn daran gehindert hätte, dies nicht schon beim BAA vorzutragen. Ein Vorliegen eines der anderen Ausnahmetatbestände des § 40 leg cit ergibt sich im Verfahren nicht bzw. wird ein solcher auch in der Beschwerde nicht konkret dargetan. Auch hier gelangt der Asylgerichtshof zur Ansicht, dass dieses neue Beschwerdevorbringen in Missbrauchsabsicht erstattet wurde. Dies erhellt sich aus seinen Angaben vor dem BAA, wo er vorbringt, keinen Militärdienst leisten zu wollen, "weil er nicht gegen sein Volk kämpfen will" (Aktenseite (folgend kurz AS) 79 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes). Er stimmt dem Einvernehmenden sogar zu, als ihm dieser erklärt, dass Wehrdienstverweigerung im gegenständlichen Fall keinen Asylgrund darstellt (AS 79). Auf oa. allgemeine Ausführungen zum Neuerungsverbot wird verwiesen.

 

Der BF beantragt im Beschwerdeschriftsatz unter Hinweis auf einen Ländebericht der International Helsinki Federation (IHF Report 2007 Human Rights in the OSZE Region) und eines Gutachtens von Amnesty International vom September 2005 zum Beweis, dass er aufgrund seiner ethnischen Herkunft in Zusammenschau mit seinem Vorbringen, einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei, eine nochmalige persönliche Einvernahme.

 

Der BF ist den vom BAA herangezogenen maßgeblichen Argumenten in der Beweiswürdigung in der Beschwerde nicht konkret und substantiiert entgegen getreten. Im Beschwerdeschriftsatz hat er auch nicht dargelegt was eine weitere 4. persönliche Einvernahme an den im erstinstanzlichen Verfahren zu Tage getretenen Widersprüchen bzw. Unplausibilitäten ändern hätte können. Auch hat er nicht einmal ansatzweise dargelegt, was dabei an entscheidungsrelevantem Sachverhalt noch hervor kommen hätte können. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat aber der BF schon in der Beschwerdeschrift darzulegen, was seine ergänzende Einvernahme an diesen Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Da die Erstbehörde in einem ordnungsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahren den maßgeblichen Sachverhalt festgestellt hat, besteht unter Berücksichtigung oa. Argumente keine Verpflichtung zur Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens, weshalb diesem Antrag nicht nachzukommen war.

 

Der BF stellt im Beschwerdeschriftsatz, ohne dies näher zu konkretisieren, dar, dass er bei einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung unterworfen zu sein, weswegen ihm gemäß § 8 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre.

 

Dem BF ist es mit seiner Berufung nicht gelungen eine maßgebliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung darzustellen. Auch der Asylgerichtshof sieht - unter Berücksichtigung seines Beschwerdevorbringens - keinen hinreichenden Grund diese als unschlüssig zu betrachten, womit nunmehr davon auszugehen ist, dass ihm die Glaubhaftmachung der dargestellten Bedrohung nicht gelungen ist. In seinen oa. Ausführungen gibt er nicht konkret kund, wodurch eine reale Gefahr des Eintrittes einer ihn persönlich treffenden Gefährdungslage gegeben sein sollte. Überdies ist anzumerken, dass die Verpflichtung der Behörde zur Ermittlungspflicht nicht so weit geht, dass sie in jeder denkbaren Richtung Ermittlungen durchzuführen hätte, sondern sie besteht nur insoweit, als konkrete Anhaltspunkte aus den Akten (etwa das Vorbringen der Partei, VwSlg 13.227 A/1990) dazu Veranlassung geben (VwGH 4.4.2002, 2002/08/0221), was aber im vorliegenden Fall nicht gegeben ist.

 

Den vom Bundesasylamt herangezogenen Berichten wurde - soweit dies infolge des Neuerungsverbotes zu berücksichtigen war - im Verfahren nicht konkret und substantiiert entgegen getreten. Eine maßgebliche Änderung der entscheidungsrelevanten Lage in der Türkei ist weder notorisch noch entspricht dies dem Amtswissen, weshalb die dargestellte Lage - sofern sie entscheidend ist - als aktuell anzusehen ist.

 

Auch geht die Beschwerde dahingehend ins Leere, wenn der Beschwerdeführer vermeint, es wäre ihm das Parteiengehör versagt worden, indem ihm keine Gelegenheit zur beabsichtigten Ausweisung Stellung zu nehmen, gegeben wurde.

 

Gemäß der Rechtssprechung des VwGH (VwGH 10.10.1996, 95/20/0269) wird das Parteiengehör verletzt, wenn sich ein Bescheid auf Beweismittel stützt, die der Partei nicht zugänglich gemacht worden sind. Dies ist im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall. Das Parteiengehör dient nicht dazu der Partei seine eigenen Angaben oder selbst vorgelegte Beweismittel nochmals zu Gehör zu bringen. Die Beweiswürdigung und Rechtsfragen sind kein Gegenstand des Parteiengehörs. Es steht der Behörde frei aus widersprüchlichen oder nicht plausiblen Angaben beweiswürdigende Schlüsse zu ziehen, die sie aber nicht vorhalten muss (vgl. zB. VwGH 26.4.2001, 98/16/0265).

 

Im Ergebnis ist es dem Beschwerdeführer mit dessen Beschwerde weder gelungen eine wesentliche Unschlüssigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen, noch ist er dieser im Rahmen der Anfechtungsbegründung, soweit diese infolge partiell unzulässiger Neuerung überhaupt zu berücksichtigen ist, in substantiierter Form entgegengetreten. Hiezu wäre es erforderlich gewesen, dass der Beschwerdeführer entweder in begründeter Form eine maßgebliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung dargetan oder Argumente vorgebracht hätte, die einerseits zu einer anderen Gewichtung oder Bewertung der verfahrensgegenständlichen Beweismittel führen würden oder aus denen andererseits im Rahmen der allgemeinen Denklogik eine Prävalenz des von ihm dargestellten Geschehnisablaufes gegenüber jenem von der Erstbehörde angenommenen hervorleuchtet, was im Ergebnis zu einer anders gelagerten Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des der weiteren rechtlichen Würdigung zugrunde zu legenden historisch-empirischen Sachverhaltes führen würde.

 

III. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN

 

Gemäß dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, wurde der Asylgerichtshof - bei gleichzeitigem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes über den unabhängigen Bundesasylsenat - eingerichtet und treten die dort getroffenen Änderungen des Asylgesetzes mit 01.07.2008 in Kraft; folglich ist das AsylG 2005 ab diesem Zeitpunkt in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden.

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof gem. § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Rechtliche Würdigung:

 

Nichtgewährung von Asyl gemäß § 3 Asylgesetz

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Der Antrag auf Internationalen Schutz ist gem. § 3 Abs 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine glaubhafte und aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) angeführten Grund, nicht gegeben.

 

Erachtet das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung die fluchtkausalen Angaben des Asylwerbers wie hier grundsätzlich als nicht glaubhaft, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Im Ergebnis sind hier die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten mangels Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen nicht gegeben und es war die Entscheidung des Bundesasylamtes zu bestätigen.

 

Nach Ansicht des Asylgerichtshofes sind daher die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine glaubhafte und aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund, nicht gegeben und hat das Bundesasylamt den Status des Asylberechtigten daher zu Recht nicht zuerkannt.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes war somit abzuweisen.

 

Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 1 Asylgesetz in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei

 

Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine "reale Gefahr" einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs 2 leg cit). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vg. Etwa VwGH 99/20/0573 v. 19.2.2004 mwN auf die Judikatur des EGMR)

 

§ 8 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Kann dieser nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bzgl. des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen (Abs 6 leg cit).

 

Nach der auch hier anwendbaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich-Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( zB EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

 

Im gegenständlichen Fall liegt die vorgebrachte Bedrohung im Sinne von § 8 Abs 1 AsylG 2005 schon deshalb nicht vor, weil der Beschwerdeführers die behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte.

 

Wenn auch eine wirtschaftlich schwierige Situation in der Türkei besteht, so ist in einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers festzuhalten, dass im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat von einer über die bloße Möglichkeit hinausgehenden "realen Gefahr" des Eintrittes einer lebensbedrohenden Notlage im Herkunftsstaat, welche eine unmenschliche Behandlung iSd Art 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht der erkennenden Behörde nicht gesprochen werden kann. Der BF ist erwachsen und leidet der Aktenlage nach unter keinen entscheidungsrelevanten behandlungsbedürftigen Erkrankungen. Er hat in der Türkei noch seine Eltern, Geschwister, Onkel und Tanten, Cousin und Cousinen. Der BF hat durch sein Verhalten in Österreich wiederholt gezeigt, dass er für den Handel - wenngleich auch verwerflicherweise mit verbotenen Substanzen - eine besondere Vorliebe hat.

 

Es ist dem Beschwerdeführer zumutbar, durch eigene Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite, zB. Familie, Verwandte, Freunde - erforderlichenfalls unter Anbietung seiner gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - für seinen notwendigen Lebensunterhalt selbst aufzukommen. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer 'Schatten- oder Nischenwirtschaft' stattfinden. Auf kriminelle Tätigkeiten wird vom Asylgerichtshof hiermit nicht verwiesen.

 

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 67 AsylG 2005 zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über die Rückkehrhilfe wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung seines bisherigen Lebens in der Türkei gewährt werden kann. RückkehrerInnen werden auf Basis dieser gesetzlichen Grundlage vom ersten Informationsgespräch bis zur tatsächlichen Rückreise in einer Einrichtung beraten, begleitet und umfassend unterstützt. Die Bereitschaft zur Rückkehr ist darüber hinaus eng verbunden mit der Schaffung von Überlebensgrundlagen im Heimatland. Abgestimmt auf die individuelle Situation der Rückkehrenden sind verschiedene Formen der Unterstützung notwendig bzw möglich:

Schaffung des Zugangs zu Wohn-, Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeiten; Beschaffung von Arbeitsgeräten; Vermittlung zu den Hilfsorganisationen im Heimatland; finanzielle Unterstützung. Durch den Aufbau eines Netzwerkes von Kontakten zu Hilfsorganisationen in den jeweiligen Rückkehrländern soll der

 

Neubeginn der rückkehrenden, in der Regel entwurzelten Menschen während der Anfangsphase erleichtert werden (http://www.caritas-wien.at/rueckkehrhilfe_665.htm).

 

Im Endergebnis kann unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände eine über die bloße Möglichkeit hinausgehende "reale Gefahr" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Verwirklichung einer Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt im Falle einer Rückkehr nicht erkannt werden.

 

Aufgrund der getroffenen Feststellungen deutet bei Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen auch nichts darauf hin, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat als Zivilperson der realen Gefahr einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt wäre.

 

Im Ergebnis war dem Beschwerdeführer mangels Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat nicht zuzuerkennen und die Entscheidung des Bundesasylamtes zu bestätigen.

 

Ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG liegt somit nicht vor und war daher im Sinne einer Gesamtschau auch die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides abzuweisen.

 

Zulässigkeit der Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 2 Asylgesetz

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung in Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH 17.03.2005, G 78/04 ua.).

 

Nach Absatz 2 dieser Bestimmung sind Ausweisungen nach Abs. 1 leg cit unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt - Anhaltspunkte dafür sind jedoch im bisherigen Verfahren nicht hervorgekommen - oder diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würde.

 

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung idF BGBl I Nr. 75/2007 ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würden und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Nach Absatz 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen und auch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten war nicht zuzuerkennen. Ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Der Beschwerdeführer hält sich daher nach Erlassung dieses Bescheides nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Bei Ausspruch der Ausweisung kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienleben vorliegen (Art. 8 Abs 1 EMRK). Eine Verletzung von Art 8 EMRK würde eine Ausweisung unzulässig machen.

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).

 

Mangels Vorliegen eines relevanten Familienlebens in Österreich stellt die Ausweisung keinen Eingriff in dieses Grundrecht dar und es bedarf daher auch keiner Abwägung gem. Art 8 Abs 2 EMRK. Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u. a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

Solche vergleichbaren Umstände liegen im gegenständlichen Fall jedoch nicht vor, zumal sich der Beschwerdeführer erst seit rund eineinhalb Jahren in Österreich aufhält und überdies bereits eine strafgerichtliche Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) aufweist. Sonstige besondere Bindungen hat der Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht. Daher ist durch die Ausweisung auch kein relevanter Eingriff in das Recht auf Privatleben gegeben und es bedarf daher auch keiner Abwägung gem. Art 8 Abs 2 EMRK. Es ergaben sich im Verfahren auch keine begründeten Hinweise auf die Notwendigkeit eines Aufschubs, weil etwa die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer wären (§ 10 Abs 3 AsylG 2005).

 

Ein Eingriff in das Familien und/oder Privatlegen des BF kann daher im Falle einer Ausweisung in die Türkei nicht festgestellt werden, weshalb es einer Interessensabwägung im Sinne des Artikel 8 Absatz 2 EMRK nicht bedarf.

 

Folglich ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt III des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG.

 

Der Sachverhalt konnte aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden, da dieser nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt und dieser in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen.

 

Im konkreten Fall wurde im Rahmen der Beweiswürdigung auch dargestellt, dass sich aus den bisherigen Ermittlungen für den erkennenden Asylgerichtshof zweifelsfrei ergab, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Der Asylgerichtshof war nicht angehalten, den Asylwerber zu Widersprüchen in seinen eigenen Angaben in Ansehung seines Asylantrages zu hören, weil keine Verpflichtung besteht, ihm im Wege eines behördlichen Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche vorhanden seien, die im Rahmen der gemäß § 45 Abs 2 AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grunde eine Stellungnahme hiezu zu ermöglichen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560; 20.6.1990, 90/01/0041; 30.1.1998, 95/19/1713; 26.4.2001, 98/16/0265; siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 29 zu § 45). Es konnte daher eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, Neuerungsverbot, non refoulement, soziale Verhältnisse, strafrechtliche Verurteilung, Volksgruppenzugehörigkeit
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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