E2 244.428-0/2008-21E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde des B.O., geb. 00.00.1975, StA. Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.11.2003, FZ. 02 17.948-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.05.2008 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG), als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 8 Abs 1 AsylG wird B.O. der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 AsylG wird B.O. alias Orgilbaatar eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 06.08.2009 erteilt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (vormals Berufungswerber und im Folgenden "BF") stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 08.07.2002 unter dem Namen B.O. einen Asylantrag.
2. Bei der ersten, am 31.10.2002 erfolgten niederschriftlichen Vernehmung vor dem Bundesasylamt führte der BF aus, sich am 24.03.2002 entschlossen zu haben, seine Heimat zu verlassen, was er in der Nacht auf den 15.06.2002 tatsächlich getan habe. Er habe die mongolische Grenze zu Fuß und illegal Richtung Irkutsk überquert und sei über Kasachstan und die Türkei mit Unterstützung durch Schlepper nach Österreich gereist. Seine Ehegattin und sein Kind seien noch bis März 2002 an der früheren gemeinsamen Wohnadresse geblieben, an welcher auch er bis zur Einberufung zum Militär gelebt habe.
Zur Begründung seines Antrages gab der BF an, er habe ab 00.10.2001 seinen Militärdienst geleistet. Am 00.12.2001 sei er mit anderen Soldaten seiner Einheit zur Beschaffung von Nahrungsmitteln im Gelände unterwegs gewesen. Es sei eine gemeinsame Jagd auf Gazellen durchgeführt worden. Man habe mit Scheinwerfern von fahrenden Fahrzeugen aus die Tiere aufgespürt und auf sie geschossen. Weil das Fahrzeug in ein Schlagloch gefahren war, habe der BF einen ebenfalls auf der Ladefläche stehenden Soldaten versehentlich angeschossen. Der Soldat sei an der Schussverletzung verstorben. Unmittelbar nach dem Unfall sei der BF festgenommen und in Untersuchungshaft genommen worden. Man habe ihm absichtliche Tötung des Soldaten vorgeworfen, zumal dieser aus einer mongolisch/chinesischen Mischehe stammt und der BF schon vorher nationalistische Äußerungen gegenüber diesen Soldaten getätigt bzw. Scherze über diese Minderheit gemacht habe. Der BF sei dann am 00.00.2002 aus der Untersuchungshaft geflohen. Sein Vater habe Schmiergeld an das Wachpersonal bezahlt und der BF hätte dadurch Ausgang aus dem Gefängnis erhalten. Diesen Ausgang habe er benützt, um zu fliehen. Im Falle der Rückkehr befürchte er Bestrafung wegen Flucht aus der Untersuchungshaft und wegen der absichtlichen Tötung eines Soldaten. Die Eltern des getöteten Soldaten würden die Höchststrafe verlangen.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.11.2003, Zahl 02 17.948-BAL, wurde der Asylantrag des BF gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.); weiters wurde gem. § 8 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Mongolei für zulässig erklärt.
Begründend führt die Erstbehörde aus, dass sich weder aus dem Vorbringen noch aus dem Amtswissen irgendwelche Hinweise ergeben, die den Schluss zuließen, dass im Falle der Ermittlungen, des Strafprozesses oder -vollzuges der Antragsteller schlechter behandelt werden würde als andere Staatsangehörige der Mongolei in einem vergleichbaren Fall.
Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesasylamt aus, dass nichts darauf hinweise, dass der Rechtfertigung des Antragstellers zu der ihm zur Last gelegten Straftat nicht gefolgt werden oder ihm ein nicht faires Verfahren zuteil werden würde. Die Möglichkeit der Verhängung der Todesstrafe werde ausgeschlossen. Die übrigen Strafrahmen des mongolischen Strafrechts seien nicht unverhältnismäßig hoch, so dass keine Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK abgeleitet werden könne. Es könne nicht gesagt werden, dass gleichsam jedermann, der sich in der Mongolei in Strafhaft befindet, schon alleine deswegen einer Gefahr gem. § 57 FrG ausgesetzt sehe.
4. Gegen diesen Bescheid hat der BF mit Schriftsatz vom 24.11.2003 fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhoben.
5. Der Asylgerichtshof führte am 06.12.2007 und am 20.05.2008 eine mündliche Verhandlung durch, an welcher eben der BF und seine Familienangehörigen teilnahmen, sich das Bundesasylamt jedoch entschuldigen ließ.
Der BF benützte während seines Aufenthaltes als Asylwerber zunächst einen auf den von ihm im Asylverfahren angegebenen Namen lautenden mongolischen Führerschein. Dieses Dokument wurde über Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Gmünd einer kriminaltechnischen Untersuchung unterzogen und es stellte sich als Totalfälschung heraus. Im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens (resp. Berufungsverfahrens) wurde mit Schreiben vom 30.08.2007 (OZ 5) vom BF die Richtigstellung seiner Identität verlangt und zu diesem Zwecke legte er mongolische Personalausweise, ausgestellt auf sich und seine Ehegattin, einen mongolischen Führerschein, ebenfalls auf den BF ausgestellt, sowie die Kopie einer Heiratsurkunde, einer Geburtsurkunde betreffend seines in der Mongolei geborenen Kindes, und Kopien einer Gerichtsladung, eines Gerichtsurteils und eines Richterbeschlusses vor. Mit gleichem Schreiben beantragte er die Änderung der Identitätsdaten auf:
L.N., geb. am 00.00.1978
B.S., geb. am 00.00.1977
N.K., geb. am 00.00.2000
N.B., geb. am 00.00.2005
Der BF bezeichnete diese Identitäten als die richtigen. Über Aufforderung des Asylgerichtshofes legte der BF die Dokumente dann auch im Original vor. Die kriminaltechnische Überprüfung dieser Dokumente ergab keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung.
In der mündlichen Verhandlung am 06.12.2007 legte der BF auch eine Bestätigung der Fa. S. vor, wonach der BF eine Ausbildung absolvierte. Außerdem wurde eine Bestätigung der Sport Union H. vorgelegt, wonach seine Ehegattin einen Kurs für Schüler anbietet; außerdem wurden Schulzeugnisse des Sohnes des BF von der Volksschule H. beigebracht.
6. Der Asylgerichtshof (resp. Unabhängige Bundesasylsenat) bestellte Hrn. B.B. zum länderkundigen Sachverständigen und beauftragte diesen mit der Verifizierung der Angaben des BF, die dieser in der ersten mündlichen Verhandlung erstattet hatte. Der Sachverständige legte ein Gutachten mit 28.03.2008 (OZ 14), welches bei der zweiten mündlichen Verhandlung erörtert wurde.
7. Weiters wurden folgende Berichte verlesen und zum Akt genommen:
Bericht des Sonderberichterstatters der UNO betreffend Folter, grausame unmenschliche Behandlung, Manfred Nowak vom 20.12.2005.
Accord Anfragebeantwortung vom 08.03.2007 , 05.02.2007 und 02.05.2005
Anfragebeantwortung der österreichischen Botschaft in Peking GZ: 4.100.700/0003 v. 12.09.2006.
Aktuelle Länderfeststellungen zur Mongolei des BAA.
§ 65 österreichisches Strafgesetzbuch.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch
Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt des BF sowie in die Verwaltungsakte seiner Gattin und der minderjährigen Kinder;
Einsichtnahme in die vorgelegten Urkunden, nämlich Personalausweis und Führerschein des BF, Personalausweis seiner Gattin, Heiratsurkunde, Geburtsurkunde, Gerichtsladung, Gerichtsentscheid, Vorführungsanordnung des Gerichts;
Einholung eines Gutachtens des Länder-Sachverständigen B.B. sowie
Einvernahme des BF und seiner Gattin in zwei mündlichen Verhandlungen vor dem Asylgerichtshof
Erörterung der oben angeführten Länderberichte
Der Asylgerichtshof stellt nach Würdigung der Beweise folgenden Sachverhalt fest:
2.1. Zur Person des BF und seinen Fluchtgründen:
Der BF trug im erstinstanzlichen Verfahren den Namen B.O., geb. am 00.00.1975, und änderte diesen im Laufe des Beschwerdeverfahrens auf L.N., geb. am 00.00.1978, was er durch Vorlage eines mongolischen Personalausweises und (diesmal) unbedenklichen Führerscheines belegte. Er ist Staatsangehöriger der Mongolei. Seit 00.00.1999 ist er mit der mongolischen Staatsangehörigen B.S., geboren 00.00.1977, verheiratet und hat mit dieser gemeinsam zwei minderjährige Söhne namens N.K., geboren 00.00.2000 und N.B.. Letzterer ist am 00.00.2005 in Österreich geboren .
Der BF beteiligte sich während seines Militärdienstes in T., an einer Gazellenjagd zur Beschaffung von Nahrungsmittel für seine militärische Einheit. Die Jagd wurde zur Nachtzeit von der Ladefläche eines fahrenden Geländefahrzeugs aus durchgeführt. Der BF verletzte dabei versehentlich einen anderen auf der Ladefläche stehenden Soldaten durch einen Schuss. In der Folge wurde der BF festgenommen und über ihn die Untersuchungshaft verhängt. Der verletzte Soldat ist später an der Schussverletzung verstorben. Im März 2002 wurde der BF nach Bezahlung von Schmiergeld durch die Verwandten an das Wachpersonal für einige Stunden aus der Untersuchungshaft entlassen. Diese vorübergehende Entlassung nützte der BF zur Flucht. Er setzte sich in die Provinz Khubsgul ab und flüchtete im Juni 2002 über Russland, Kasachstan und die Türkei nach Österreich.
Nach dem BF wird in der Mongolei gefahndet. Es droht ihm eine Anklage wegen der Tötung eines Soldaten. Ob ihm dabei eine fahrlässige oder vorsätzliche Tötung zu Last gelegt wird, konnte nicht geklärt werden. Insgesamt ist mit einer mehrjährigen Haftstrafe zu rechnen. Sollte es dem BF im Strafverfahren nicht gelingen zu beweisen, dass er nicht vorsätzlich gehandelt hat, droht ihm eine Gefängnisstrafe von mindestens 11 bis 15 Jahre (Art. 91 mongolisches Strafgesetzbuch), wobei eine zusätzliche Bestrafung wegen der Flucht aus der Untersuchungshaft ins Kalkül zu ziehen ist.
2.2. Zur Situation in der Mongolei stellt der Asylgerichtshof fest:
Haftbedingungen
Der UN-Sonderberichterstatter Manfred Nowak berichtet in der Zusammenfassung des Berichtes über die Mission to Mongolia vom 20.12.2005 (der auszugsweise in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde), dass Folter vor allem in Polizeistationen und Untersuchungsgefängnissen existiert. In zwei jüngsten Fällen seien Angehaltene sogar bis zum Tode gefoltert worden. Im Strafrecht gibt es keine Definition von Folter, es fehlen effektive Mechanismen für Anzeigen und Untersuchungen wegen Folter oder Misshandlung, es fehlt das Bewusstsein über internationale Standards betreffend Verhinderung von Folter bei juristischem Personal und daher bleiben Foltervergehen und Misshandlungen weitgehend ungestraft. Der UN-Sonderberichterstatter ist auch betroffen von den überbelegten Zellen und der gemischten Anhaltung von Verurteilten und Untersuchungshäftlingen. Die Umstände betreffend die Todesstrafe, besonders die totale Geheimhaltung, wird vom UN-Berichterstatter betont. Die zum Tode Verurteilen werden in völliger Isolationshaft an Händen und Füßen gefesselt und bei Verweigerung angemessener Nahrung angehalten.
Konkret führte der UN-Sonderberichterstatter aus, dass die Mongolei die meisten UN-Verträge betreffend die Verhinderung von Folter und Misshandlung unterzeichnet hat. In der Verfassung wird Folter, unmenschliche, grausame oder erniedrigende Behandlung verpönt. Dennoch ist aus verschiedensten, im Bericht angeführten Gründen das Risiko von Folter oder Misshandlung sehr real. Obwohl rechtliche Rahmenbedingungen für Beschwerden von Folteropfern bestehen, funktioniert das System in der Praxis nicht.
Zu den Haftbedingungen ist aus dem Bericht des UN-Sonderberichterstatters auch zu schließen, dass wegen der Überbelegung von Haftanstalten unmenschliche Bedingungen entstehen ("...more than the half the detainees were forced to sleep on the floor.... One meeting room of 8 x 6 m was even used as sleeping quarters for over 100 detainees" - Pkt. 44). Für Langzeithäftlinge gibt es spezielle Isolationshaft mit der Möglichkeit sich maximal 2 Mal wöchentlich für jeweils eine Stunde im Freien aufzuhalten und 2 Mal im Jahr für wenige Stunden Besuch zu erhalten. Im Besonderen sind die zu 30 Jahren Verurteilten 24 Stunden in ihren Zellen ohne die Möglichkeit einer Beschäftigung, Bildung oder beruflichen Aktivität. Die gesamte Philosophie der speziellen Isolationshaft verstößt aus Sicht des UN-Sonderberichterstatters gegen Art. 10 Abs. 3 der UN-Konvention gegen Folter, welcher die Resozialisierung von Häftlingen zum Ziel hat. Die Isolationshaft ist nicht aus Gründen der Sicherheit verhängt, sondern sie hat den Anschein einer zusätzlichen Bestrafung. Nach den Schlussfolgerungen des UN-Sonderberichterstatters ist das gesamte System mit grausamer und unmenschlicher Behandlung gem. Art. 1 der UN-Konvention gegen Folter, wenn nicht mit Folter an sich gleichzusetzen.
Im Besonderen wird auch die unmenschliche Behandlung von Angehaltenen aufgezeigt, die zum Tode verurteilt wurden und betont, dass dem UN-Sonderberichterstatter der Zugang zu diesen Haftstationen verweigert wurde.
Aus der Anfragebeantwortung von ACCORD vom 08.03.2007 ist abzuleiten, dass die Möglichkeit der Entlassung auf Kaution auch bei Mordverdacht besteht, zumal dies weder die mongolische Strafprozessordnung noch das mongolische Strafgesetzbuch verbietet. Für Verstöße und Verbrechen in Zusammenhang mit militärischem Personal kämen nach der genannten Anfragebeantwortung das Zivilgesetzbuch, das Strafgesetzbuch und das Gerichtsgesetz zur Anwendung. Ein gesondertes Militärgericht bestehe nicht. Nach einer weiteren Anfragebeantwortung von ACCORD vom 02.05.2005 zum Thema Untersuchungshaft knüpft die mongolische Rechtsordnung die Verhaftung und Anhaltung von Menschen grundsätzlich an eine richterliche Verfügung . Nur in Ausnahmefällen ("Notfällen") dürfte eine Verhaftung auch von einem zuständigen Untersuchungsbeamten ausgesprochen werden, wobei dies innerhalb einer Frist von 24 Stunden dem Gericht bekanntzugeben ist, das seinerseits wiederum binnen 48 entscheidet oder binnen 72 Stunden entweder einen Haftbefehl erlässt oder der Verdächtige ansonsten wieder freizulassen ist. Verdächtige können bis zu 14 Tagen - in Untersuchungshaft bis zu 2 Monaten - festgehalten werden. Eine Verlängerung durch Gerichtsentscheid bis maximal 24 Monate, für einige besonders schwere Verbrechen (z.B. Terrorismus, Mord, vorsätzlicher Totschlag usw.) um weitere 6 Monate, ist möglich. Trotz dieser Regelungen kommt es nach Berichten der Nationalen Menschenrechtskommission zu einem Ansteigen der Anzahl an Personen, welche ohne legale Basis verhaftet oder festgenommen werden, zur Erzwingung von Geständnissen in Untersuchungshaft durch physischen und psychischen Zwang. Die Zellen würden rechtlichen Standards nicht entsprechen und seien gesundheitsgefährdend. Trotz der öffentlichen Bekanntmachung dieser Umstände durch die nationale Menschenrechtskommission werde nichts dagegen unternommen. Es seien überdies die Untersuchungshaftanstalten stark überbelegt. Festgenommene könnten laut US-Departement of States (USDOS) auf Kaution freigelassen werden, wenn der Staatsanwalt eine Einwilligung gibt. Es sei auch eine Entschädigung für fälschliche Inhaftierung oder Anklage vorgesehen, dies werde in der Praxis aber selten befolgt. Probleme im Justizsystem seien auch Korruption und Einflussnahme und die verfassungsmäßig garantierte Unschuldsvermutung werde in der Praxis von den Gerichten selten berücksichtigt.
Die Österreichische Botschaft in Peking verweist unter GZ 4.100.700/00003 vom 12.09.2006 zur Frage von Folter und Misshandlung in der Mongolei in erster Linie auf die Kritik des UN-Sonderberichterstatters Manfred Nowak anlässlich seiner "Mission to Mongolia". In sechs Fällen sei die Verhängung der Todesstrafe vorgesehen: Mord, Vergewaltigung, Banditenunwesen, Genozid, Terrorismus und bewaffneter Raub. Haftbedingungen in Polizeistationen und Gefängnissen seien im Vergleich mit internationalen Standards sehr schlecht bis unmenschlich. Die Zellen seien überbelegt und der Zugang zu ausreichendem Essen, Heizung, medizinischer Versorgung und sanitären Einrichtungen sei ungenügend. Generell seien die Haftbedingungen außerhalb der Hauptstadt sehr schlecht. Seit 2004 würden alle 22 Staatsgefängnisse kameraüberwacht und der Missbrauch der Gefangenen habe deutlich abgenommen, trotzdem sei - entgegen der Gefängnisverwaltungsberichte - mindestens ein gewaltsamer Tod registriert.
Das Bundesasylamt streicht in seinen aktuellen Länderfeststellungen zur Mongolei stattgehabte Verbesserungen bei den Haftbedingungen und die rechtlichen Rahmenbedingungen bei Festnahmen und Anhaltungen unter Berufung auf den Jahresbericht 2004 von Amnesty International, auf den "Quarterly Report Nov. 2003 - Feb. 2004 von UNHCR Field Office Mongolia hervor.
Das vom Ländersachverständigen vorgelegte Gutachten nimmt kurz zur Situation in mongolischen Gefängnissen Stellung und spricht ebenfalls von einer Überbelegung des Gefängnisses "Gants Khudag" sowie von in Haft gehaltenen Kindern. Die Zellenfenster seien nach Norden gerichtet und es fehle an Tageslicht. Verbesserungen gebe es durch Einbau von Baderäumen und Austausch von Holzpritschen. Todesfälle wegen Hunger und Tuberkulose gehörten der Vergangenheit an. Es gebe jedoch immer noch Gewalt und Folter einerseits von Gegangenen gegen Gefangene und andererseits von Aufsichtspersonal gegen Gefangene. Die Gefängnisverwaltung sei bestrebt, Maßnahmen zur Verbesserung der Kontrollmechanismen in den Gefängnissen sowie zur Fortbildung und Schulung für Soldaten und Offiziere zu ergreifen.
Beweiswürdigung:
3.1. Die Feststellung zur Identität des BF resultiert aus dem von ihm vorgelegten mongolischen Personalausweis und dem nationalen Führerschein. Die Dokumente wurden auf ihre Echtheit überprüft und es konnten keine Fälschungshinweise festgestellt werden. Die sich daraus ergebenden Angaben wurden vom länderkundigen Sachverständigen verifiziert, die Feststellungen zur Identität der Familienangehörigen des BF ergeben sich aus deren Verwaltungsakten bzw. wurden diese ebenfalls vom Sachverständigen bestätigt. Dass die Ehe zwischen dem BF und seiner Gattin 1999 geschlossen worden war, ergibt sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde.
3.2. Hinsichtlich des fluchtkausalen Vorbringens des BF konnte dessen Angaben in oben festgestelltem Umfang Glauben geschenkt werden, zumal durch das Sachverständigengutachten insbesondere bestätigt wurde, dass der BF infolge seiner Flucht aus der Untersuchungshaft in der Mongolei von der Polizei gesucht wird. Das vorgetragene Ereignis, welches zur Inhaftierung des BF geführt hatte, wurde vom Sachverständigen ebenfalls verifiziert und als mit der Realität übereinstimmend bezeichnet. Der Asylgerichtshof folgt diesem Sachverständigen-Gutachten, das schlüssig ist und keine Anhaltspunkte enthält, die für eine unrichtige oder tendenziöse Darstellung der Lage sprechen.
Das Vorbringen des BF steht insbesondere auch in Einklang mit den getroffenen Länderfeststellungen, welche zum einen auf dem eingeholten Sachverständigengutachten und zum anderen auf den im Verfahren erörterten Länderberichten beruhen. Die Länderberichte stammen aus verschiedenen Quellen, sind ausgewogen und geben ein abgerundetes Bild über die derzeit in der Mongolei bestehende Lage, insbesondere die Haftbedingungen. Ihre Übereinstimmung mit den tatsächlichen Gegebenheiten ist nicht in Zweifel zu ziehen.
Rechtlich folgt:
4.1. Gemäß dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, wurde der Asylgerichtshof - bei gleichzeitigem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes über den unabhängigen Bundesasylsenat - eingerichtet und treten die dort getroffenen Änderungen des Asylgesetzes mit 01.07.2008 in Kraft; folglich ist das AsylG 2005 ab diesem Zeitpunkt in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden. Dieses wiederum erklärt gem. § 75 Abs. 1 AsylG 2005 für alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren, dass jene nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen sind und § 44 AsylG 1997 zu gelten habe.
Gemäß § 44 Absatz 1 Asylgesetz 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 126/2002 geführt.
Gem. § 44 Abs. 3 AsylG sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden.
4.2. Gemäß § 75 Abs 7 AsylG 2005 idF BGBl I Nr 4/2008 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenats, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
[...]
Im Rahmen der Interpretation des § 75 Abs 7 AsylG ist mit einer Anhängigkeit der Verfahren beim Unabhängigen Bundesasylsenat mit 30.6.2008 auszugehen (vgl. Art. 151 Abs 39 Z 1 B-VG). Der in dieser Übergangsbestimmung erwähnte 1. Juli 2008 ist im Sinne der genannten Bestimmung des B-VG zu lesen.
4.3. Das gegenständliche Verfahren war am 30.06. bzw. 01.07.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig. Der erkennende Richter des Asylgerichtshofes war Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenats und es hat am 06.12.2007 und am 20.05.2008 bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Gemäß der zitierten Bestimmung des § 75 Abs 7 Z 1 AsylG 2005 ergibt sich daher die Zuständigkeit des erkennenden Richters, das Verfahren als Einzelrichter weiterzuführen.
4.4. Zur Nichtgewährung von Asyl gem. § 7 AsylG 1997:
4.4.1. Gem. § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
4.4.2. Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Verfolgung kann nur von einem Verfolger ausgehen. Verfolger können gemäß Art 6 Statusrichtlinie der Staat, den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschende Parteien oder Organisationen oder andere Akteure sein, wenn der Staat oder die das Staatsgebiet beherrschenden Parteien oder Organisationen nicht in der Lage oder nicht Willens sind, Schutz vor Verfolgung zu gewähren.
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.
4.4.3. Im gegenständlichen Fall wurde der BF nach den getroffenen Feststellungen wegen eines Tötungsdeliktes festgenommen und in Untersuchungshaft angehalten. Er ist aus der Haft geflüchtet. Im Falle der Rückkehr droht ihm die Verhaftung und weitere Anhaltung in Haft sowie zusätzliche Bestrafung wegen der Flucht. Hinweise darauf, dass der BF aus rassistischen, religiösen, nationalistischen, politischen oder wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird, haben sich im Ermittlungsverfahren nicht ergeben. Es mangelt daher im vorliegenden Fall am notwendigen Kausalzusammenhang mit einem Konventionsgrund, zumal nicht feststeht, dass der BF aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt wird. Strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen sind nur dann asylrelevant, wenn gegen den Betroffenen aus den genannten Gründen vorgegangen wird oder eine strengere Strafe aus diesen Gründen droht (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, 101). Der vorliegende Sachverhalt lässt aber keinen Schluss zu, dass die Verfolgung des BF auf anderen Gründen als der gewöhnlichen Strafverfolgung wegen der Begehung eines strafbaren Deliktes beruht. Auch wenn ihn eine unangemessen hohe Strafe erwarten würde, liegt noch kein Konventionsgrund vor, da jegliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Motivs fehlen.
Es liegt daher dieses - für eine Asylgewährung erforderliche - Tatbestandselement eines Konventionsgrundes nicht vor. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war somit abzuweisen.
4.5. Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung:
4.5.1. Gem. § 8 Abs. 1 AsylG hat die Behörde von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG), wenn ein Asylantrag abzuweisen ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Wenn der Asylantrag abzuweisen ist und die Überprüfung gem. Abs. 1 ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde gem. Abs. 2 leg. cit. diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden. § 8 AsylG ist gem. § 44 Abs. 3 AsylG auch auf Fälle anzuwenden, bei denen der Asylantrag - wie vorliegend - bis zum 30.04.2004 eingebracht wurde.
4.5.2. Gem. § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBL I Nr. 100/2005, treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verweisen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes. Im § 8 Abs. 1 AsylG 1997 wird auf die Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen. Folglich ist hinsichtlich der Prüfung des Refoulements auf § 50 FPG abzustellen.
4.5.3. Gem. § 50 Abs. 1 FPG 2005 ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
4.5.4. Gem. Abs. 2 leg. cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
4.5.5. Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 99/20/0573 v. 19.2.2004 mwN auf die Judikatur des EGMR).
4.5.6. Laut den getroffenen Feststellungen ist der BF in seinem Herkunftsstaat Mongolei - mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit - von Festnahme und Inhaftierung bedroht. Es besteht aufgrund des ihm unterstellten Tötungsdeliktes, sofern ihm eine vorsätzliche Begehung zur Last gelegt wird, die Androhung einer Haftstrafe von mehreren Jahren (gem. Art. 91 mongolisches Strafgesetzbuch: 11 bis 15 Jahre) und eine zusätzliche Bestrafung wegen der Flucht aus dem Gefängnis.
In einem derartigen Fall sind die zu erwartenden Haftbedingungen ins Kalkül zu ziehen, zumal unmenschliche oder erniedrigende Haftbedingungen gegen Art 3 EMRK verstoßen können (vgl. Putzer/Rohrböck, Leitfaden Asylrecht, Rz 188).
Laut den getroffenen Feststellungen gelten in der Mongolei die Haftbedingungen in Polizeistationen und Gefängnissen heute als grausam und unmenschlich. Die Zellen sind überbelegt und der Zugang zur medizinischen Versorgung und zu sanitären Einrichtungen unzureichend. In den Haftanstalten existieren Folter und Misshandlungen. Unter den derzeitigen Bedingungen könnte in der Mongolei eine Gefängnisstrafe schwere gesundheitliche Schäden mit sich bringen, wobei auch eine reale Todesgefahr nicht ausgeschlossen werden kann.
Aus diesen Gründen würde die Rückverbringung des BF in seinen Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen (bzw. besteht ein reales Risiko hiefür) und ist daher unzulässig.
Der Beschwerde (Berufung) gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war somit Folge zu geben. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in die Mongolei ist nicht zulässig.
4.6. Vorläufige Aufenthaltsberechtigung:
4.6.1. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG ist Fremden, deren Asylantrag aus anderen Gründen als den Asylausschlussgründen (§ 13) abgewiesen wurde, von jener Asylbehörde mit Bescheid eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, von der erstmals festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist. §§ 8 und 15 AsylG sind gem. § 44 Abs. 3 AsylG auch auf Verfahren anzuwenden, in denen der Asylantrag bereits vor dem 01.05.2004 eingebracht wurde.
4.6.2. Gemäß § 15 Abs. 2 AsylG ist die befristete Aufenthaltsberechtigung für höchstens ein Jahr und nach der ersten Verlängerung für höchsten fünf Jahre zu bewilligen. Die Aufenthaltsberechtigung behält bis zur Entscheidung über die Verlängerung durch das Bundesasylamt Gültigkeit. Gem. § 15 Abs. 1 AsylG obliegt die Verlängerung befristeter Aufenthaltsberechtigungen gem. § 8 Abs. 3 sowie deren Widerruf dem Bundesasylamt.
4.6.3. Der Asylantrag des BF wurde nicht wegen des Vorliegens eines Asylausschlussgrundes sondern aus anderen Gründen abgewiesen. Der Asylgerichtshof stellt erstmals fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist. Somit ist dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, die vorläufig gesetzlich für höchstens ein Jahr festzusetzen ist.