TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/06 E2 244424-0/2008

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Veröffentlicht am 06.08.2008
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Spruch

E2 244.424-0/2008-14E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde des N.K., geb. 00.00.2000, StA. Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.11.2003, FZ. 02 29.980-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.05.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 10, 11 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 (AsylG), als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Für den minderjährigen Beschwerdeführer (vormals Berufungswerber und im Folgenden "BF") wurde nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Begleitung seiner Mutter (B.S., geb. am 00.00.1977 alias B.E., geb. am 00.00.1977, ho. GZ E2 244427) am 13.10.2002 unter dem Namen O.K., geb. am 00.00.2000 durch seine Eltern als gesetzliche Vertreter ein Antrag auf Erstreckung des seinem Vater, N.L., geb. am 00.00.1978 alias B.O., geb. am 00.00.1975 (ho. GZ E2 224428) zu gewährenden Asyls. Sein Vater reiste bereits am 08.07.2002 illegal nach Österreich ein und stellte am Tag seiner Einreise einen Asylantrag. Am 00.00.2005 wurde den beiden Ehegatten in Österreich der Sohn O.B. geboren.

 

2. Bei der ersten, am 31.10.2002 erfolgten niederschriftlichen Vernehmung des Vaters des BF vor dem Bundesasylamt führte dieser unter Hinweis auf das gesetzliche Vertretungsverhältnis zu seinem Sohn lediglich aus:

 

".....Bezüglich der möglichen Anträge wurde ich erschöpfend beraten. Aufgrund dieses Wissensstandes führe ich an, dass mein Sohn nicht verfolgt ista und ich daher lediglich einen Erstreckungsantrag gem. § 10 iVm § 11 AsylG 1997 stelle.

 

Der Antrag wird auf den Vater, also auf mich, Zl. 02 17.948-BAL erstreckt. Auf die Umwandlung des Erstreckungsantrages gem. § 10 iVm § 11 AsylG 1997 auf einen Asylantrag gem. § 3 AsylG 1997 verzichte ich und nehme zur Kenntnis, dass ich nicht die Möglichkeit habe, innerhalb von 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft der den Asylerstreckungsantrag abweisenden Entscheidung einen Antrag gem. § 3 AsylG 1997 zu stellen."

 

Sonstige asylbezogene Angaben wurden im gesamten erstinstanzlichen Verfahren nicht gemacht.

 

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.11.2003, Zahl 02 29.980-BAL, zugestellt am 12.11.2003 an den Vater des BF als gesetzlichen Vertreter, wurde der Asylerstreckungsantrag des BF gemäß § 10 iVm § 11 AsylG 1997 BGBl I Nr. 76/1997 idgF abgewiesen.

 

4. Gegen diesen Bescheid hat die BF mit Schriftsatz vom 24.11.2003 fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhoben. Die Berufungsbegründung ist gleichlautend mit jener, die in der Berufung des Vaters des BF enthalten ist und enthält keinerlei auf den BF bzw. dessen Asylerstreckungsantrag bezogene Ausführungen.

 

5. Der Asylgerichtshof führte am 06.12.2007 und am 20.05.2008 eine mündliche Verhandlung durch, an welcher eben die Eltern des BF teilnahmen, sich das Bundesasylamt jedoch entschuldigen ließ.

 

Für den BF wurde während seines Aufenthaltes als Asylwerber zunächst der Name O.K. benutzt. Im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens (resp. Berufungsverfahrens) wurde mit Schreiben vom 30.08.2007 (OZ 3) von den BF die Richtigstellung ihrer Identitäten verlangt und zu diesem Zwecke legten sie mongolische Personalausweise, ausgestellt auf die Eltern des BF, einen mongolischen Führerschein, auf den Vater des BF ausgestellt, sowie die Kopie einer Heiratsurkunde, einer Geburtsurkunde des BF, einer Gerichtsladung, eines Gerichtsurteils und eines Richterbeschlusses betreffend den Vater des BF vor. Mit gleichem Schreiben beantragten sie die Änderung der Identitätsdaten auf:

 

N.L., geb. am 00.00.1978

 

B.S., geb. am 00.00.1977

 

N.K., geb. am 00.00.2000

 

N.B., geb. am 00.00.2005

 

Die BF bezeichneten diese Identitäten als die richtigen. Über Aufforderung des Asylgerichtshofes legten die BF die Dokumente dann auch im Original vor. Die kriminaltechnische Überprüfung der Dokumente ergab keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung.

 

In der mündlichen Verhandlung am 06.12.2007 legten die BF weiter Bestätigungen und Unterlagen vor. Darunter befand sich eine Bestätigung der Fa. S. , wonach der Vater des BF eine Ausbildung absolvierte. Außerdem wurde eine Bestätigung der Sport Union H. vorgelegt, wonach die Mutter des BF einen Kurs für Schüler anbietet; außerdem wurden Schulzeugnisse des BF von der Volksschule H. beigebracht.

 

6. Der Asylgerichtshof (resp. Unabhängige Bundesasylsenat) bestellte im Beschwerdeverfahren Hrn. B.B. zum länderkundigen Sachverständigen und beauftragte diesen mit der Verifizierung der Angaben der BF, die diese in der ersten mündlichen Verhandlung erstattet haben. Der Sachverständige legte ein Gutachten mit 28.03.2008 (OZ 14), welches bei der zweiten mündlichen Verhandlung erörtert wurde.

 

7. Weiters wurden folgende Berichte verlesen und zum Akt genommen:

 

Bericht des Sonderberichterstatters der UNO betreffend Folter, grausame unmenschliche Behandlung, Manfred Nowak vom 20.12.2005.

 

Accord Anfragebeantwortung vom 08.03.2007 , 05.02.2007 und 02.05.2005

 

Anfragebeantwortung der österreichischen Botschaft in Peking GZ: 4.100.700/0003 v. 12.09.2006.

 

Aktuelle Länderfeststellungen zur Mongolei des BAA.

 

§ 65 österreichisches Strafgesetzbuch.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Beweis wurde erhoben durch

 

Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt der BF sowie in die Verwaltungsakte der Eltern und des Bruders des BF;

 

Einsichtnahme in die vorgelegten Urkunden, nämlich Personalausweise und Führerschein, Heiratsurkunde, Geburtsurkunde, Gerichtsladung, Gerichtsentscheid, Vorführungsanordnung des Gerichts;

 

Einholung eines Gutachtens des Länder-Sachverständigen B.B. sowie

 

Einvernahme der Eltern des BF als gesetzliche Vertreter in zwei mündlichen Verhandlungen vor dem Asylgerichtshof

 

Erörterung der oben angeführten Länderberichte

 

Der Asylgerichtshof stellt nach Würdigung der Beweise folgenden Sachverhalt fest:

 

2.1. Zur Person der BF:

 

Die BF trugen im erstinstanzlichen Verfahren falsche Namen und änderten diesen im Laufe des Beschwerdeverfahrens, was sie durch Vorlage mongolischer Personalausweise und einer Geburtsurkunde belegten. Sie sind Staatsangehörige der Mongolei. Seit 00.00.1999 sind die Eltern des BF verheiratet. Der BF, der seit der Berichtigung seines Namens N.K. heißt, ist deren gemeinsamer Sohn. Am 00.00.2005 ist in Österreich der Bruder des BF (N.B.) geboren.

 

Für den BF wurden keine eigenen Asylgründe geltend gemacht.

 

Beweiswürdigung:

 

3.1. Die Feststellung zur Identität der Eltern des BF resultiert aus dem von diesen vorgelegten mongolischen Personalausweisen, der nach erkennungsdienstlicher Überprüfung nicht als Fälschung erkannt werden konnte. Die sich daraus ergebenden Angaben wurden vom länderkundigen Sachverständigen verifiziert, die Feststellungen zur Identität der Familienangehörigen des BF ergeben sich aus deren Verwaltungsakten bzw. wurden ebenfalls vom Sachverständigen bestätigt. Dass die Ehe zwischen den Eltern des BF 1999 geschlossen worden war, ergibt sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde.

 

3.2. Zur Würdigung der für das Asylverfahren des Vaters des BF herangezogenen Beweise wird auf die Ausführungen in dem am gleichen Tag an diesen ergangenen Erkenntnis des Asylgerichtshofes verwiesen.

 

Rechtlich folgt:

 

4.1. Gemäß dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, wurde der Asylgerichtshof - bei gleichzeitigem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes über den unabhängigen Bundesasylsenat - eingerichtet und treten die dort getroffenen Änderungen des Asylgesetzes mit 01.07.2008 in Kraft; folglich ist das AsylG 2005 ab diesem Zeitpunkt in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden. Dieses wiederum erklärt gem. § 75 Abs. 1 AsylG 2005 für alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren, dass jene nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen sind und § 44 AsylG 1997 zu gelten habe.

 

Gemäß § 44 Absatz 1 Asylgesetz 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 126/2002 geführt.

 

4.2. Gemäß § 75 Abs 7 AsylG 2005 idF BGBl I Nr 4/2008 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenats, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

[...]

 

Im Rahmen der Interpretation des § 75 Abs 7 AsylG ist mit einer Anhängigkeit der Verfahren beim Unabhängigen Bundesasylsenat mit 30.6.2008 auszugehen (vgl. Art. 151 Abs 39 Z 1 B-VG). Der in dieser Übergangsbestimmung erwähnte 1. Juli 2008 ist im Sinne der genannten Bestimmung des B-VG zu lesen.

 

4.3. Das gegenständliche Verfahren war am 30.06. bzw. 01.07.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig. Der erkennende Richter des Asylgerichtshofes war Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenats und es hat am 06.12.2007 und am 20.05.2008 bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Gemäß der zitierten Bestimmung des § 75 Abs 7 Z 1 AsylG 2005 ergibt sich daher die Zuständigkeit des erkennenden Richters, das Verfahren als Einzelrichter weiterzuführen.

 

4. 4. Zur Abweisung des Antrages auf Asylerstreckung:

 

4.4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 1997 BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 begehren Fremde mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung das einem Angehörigen aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyl.

 

Gemäß Abs. 2 leg.cit. können Asylerstreckungsanträge frühestens zur selben Zeit wie der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährigen unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten über dies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, BGBl Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. können Fremde, die einen Asylerstreckungsantrag eingebracht haben, im Verfahren über den Asylantrag ihres Angehörigen aus eigenem alles vorbringen, was ihnen für dieses Verfahren maßgeblich erscheint. Wird der Asylantrag als unzulässig zurückgewiesen oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen, so gelten die der Sache nach damit verbundenen Asylerstreckungsanträge, sofern der Betroffene nach Belehrung über die Folgen nicht ausdrücklich darauf verzichtet, als Asylanträge. Die Behörde hat über diese Anträge unverzüglich zu entscheiden; im Fall eines Verzichtes sind Asylanträge dieser Fremden innerhalb von 30 Tagen nach Rechtskraft der die Asylerstreckungsanträge abweisenden Entscheidung unzulässig.

 

Die Berufungsbehörde (im vorliegenden Fall: der Asylgerichtshof) hat grundsätzlich von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen (VwSlg 9315A/1977, VwGH vom 30.10.1990, 90/04/0133, VfSlg 13.947/1994; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren 2, 929ff mit zahlreichen weiteren Hinweisen).

 

Nachdem dem Vater des BF nunmehr rechtskräftig mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom kein Asyl gewährt wurde, konnte gemäß § 10 Abs. 1 Asylgesetz dieses nicht gewährte Asyl auch nicht auf den BF erstreckt werden, so dass unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt die Beschwerde abzuweisen war.

 

Zu den Beschwerdeausführungen wird bemerkt, dass Asylerstreckungswerber wie der BF gemäß § 11 Abs. 2 Asylgesetz im Verfahren über den Asylantrag seines Angehörigen (als Beteiligte) aus eigenem alles vorbringen können, was ihnen für dieses Verfahren maßgeblich erscheint. Von diesem Recht haben die gesetzlichen Vertreter des BF Gebrauch gemacht. Der Asylgerichtshof ist jedoch auf das diesbezügliche Vorbringen seines Vaters bereits in dem ihn betreffenden Erkenntnis eingegangen.

 

Zu dem in der Beschwerdeverfahren erstmals erstatteten Vorbringen über Nachforschungstätigkeit der Behörden bei der Mutter des BF nach der Ausreise des Vaters des BF, die 4 Monate früher als die des BF mit seiner Mutter stattfand, ist festzuhalten, dass dieses im vorliegenden Verfahren, das ausschließlich auf Erstreckung des von seinem Vater beantragten Asyls gerichtet ist, nicht berücksichtigt werden kann.

 

Die Fremdenbehörden sind jedoch verhalten, die der BF aus Artikel 8 EMRK im Hinblick auf die rechtskräftige positive Entscheidung gemäß § 8 Asylgesetz (Refoulement-Verbot) hinsichtlich des Vaters erfließenden Rechte unter Anwendung des Fremdenpolizeigesetzes zu wahren.

Schlagworte
Asylerstreckung
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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