TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/06 E2 265661-0/2008

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Veröffentlicht am 06.08.2008
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Spruch

E2 265.661-0/2008-14E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde des N.B., geb. 00.00.2005, StA. Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.10.2005, FZ. 05 16.313-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.05.2008 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 AsylG BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG) hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gemäß § 8 Abs 1 AsylG wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von N.B. in die / den / nach Mongolei nicht zulässig ist.

 

III. Gemäß § 8 Abs 3 iVm § 15 Abs. 2 AsylG wird N.B. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 06.08.2009 erteilt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer (vormals Berufungswerber und im Folgenden "BF") ist laut Geburtsurkunde des Standesamtes G. vom 00.00.2005, am 00.00.2005 in G. geboren. Seine Eltern, L.N., geb. am 00.00.1978 alias B.O., geb. am 00.00.1975 (ho. GZ E2 224428) und B.S., geb. am 00.00.1977 alias B.E., geb. am 00.00.1977 (ho. GZ E2 244427) stellten als gesetzliche Vertreter mit Schriftsatz vom 03.10.2005 für den BF einen Asylantrag, verwiesen auf das laufende, eigene Asylverfahren und stützten den Antrag ihres nachgeborenen Sohnes auf die für den Vater geltend gemachten Asylgründe sowie auf den Umstand des Familienverbandes.

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.10.2005, Zahl 05 16.313-BAL, wurde der Asylantrag des BF gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idgF (gemeint: BGBl. I Nr. 101/2003) abgewiesen (Spruchpunkt I.); weiters wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Mongolei gem. § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt und der BF gem. § 8 Abs 2 AsylG aus dem Bundesgebiet von Österreich in die Mongolei ausgewiesen.

 

Der Bescheid wurde am 27.10.2005 zu Handen des Vaters als gesetzlichen Vertreter durch Hinterlegung zugestellt.

 

3. Gegen diesen Bescheid wurde für den BF mit Schriftsatz vom 03.11.2005 fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet) erhoben. Zur Begründung der Beschwerde wurde lediglich auf die Angaben in der Beschwerde des Vaters gegen dessen abweisenden Bescheid verwiesen.

 

5. Der Asylgerichtshof führte am 06.12.2007 und am 20.05.2008 eine mündliche Verhandlung durch, an welcher die Eltern des BF teilnahmen, sich das Bundesasylamt jedoch entschuldigen ließ.

 

Für den BF wurde zunächst der Name O.B. angegeben. Im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens (resp. Berufungsverfahrens) wurde mit Schreiben vom 30.08.2007 (OZ 3) von den Eltern des BF die Richtigstellung seiner Identität verlangt und zu diesem Zwecke legten diese mongolische Personalausweise zum Nachweis ihrer eigenen Identität, einen mongolischen Führerschein, sowie die Kopie einer Heiratsurkunde, einer Geburtsurkunde betreffend ihres in der Mongolei geborenen Kindes, sowie die Kopien einer Gerichtsladung, eines Gerichtsurteils und eines Richterbeschlusses vor. Mit gleichem Schreiben beantragten die Eltern die Änderung der Identitätsdaten auf:

 

L.N., geb. am 00.00.1978

 

B.S., geb. am 00.00.1977

 

N.K. geb. am 00.00.2000

 

N.B., geb. am 00.00.2005

 

Die Eltern des BF bezeichneten diese Identitäten als die richtigen. Über Aufforderung des Asylgerichtshofes legten die Eltern des BF die Dokumente dann auch im Original vor. Die kriminaltechnische Überprüfung der Dokumente ergab keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung.

 

In der mündlichen Verhandlung am 06.12.2007 legte der Vater des BF weiters eine Bestätigung der Fa. S. vor, wonach der Vater des BF eine Ausbildung absolvierte. Außerdem wurde eine Bestätigung eines Vereins vorgelegt, wonach seine Mutter einen Kurs für Schüler der Volksschule anbietet; außerdem wurden Schulzeugnisse des Bruders des BF von der Volksschule H. beigebracht.

 

6. Der Asylgerichtshof (resp. Unabhängige Bundesasylsenat) bestellte Hrn. B.B. zum länderkundigen Sachverständigen und beauftragte diesen mit der Verifizierung der Angaben der Eltern des BF, die diese in der ersten mündlichen Verhandlung erstattet haben. Der Sachverständige legte ein Gutachten mit 28.03.2008 (Akt des Vaters, GZ 244428, OZ 14), welches bei der zweiten mündlichen Verhandlung erörtert wurde.

 

7. Weiters wurden folgende Berichte verlesen und zum Akt genommen:

 

Bericht des Sonderberichterstatters der UNO betreffend Folter, grausame unmenschliche Behandlung, Manfred Nowak vom 20.12.2005.

 

Accord Anfragebeantwortung vom 08.03.2007 , 05.02.2007 und 02.05.2005

 

Anfragebeantwortung der österreichischen Botschaft in Peking GZ: 4.100.700/0003 v. 12.09.2006.

 

Aktuelle Länderfeststellungen zur Mongolei des BAA.

 

§ 65 österreichisches Strafgesetzbuch.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Beweis wurde erhoben durch

 

Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt des BF sowie in die Verwaltungsakte seiner Eltern und seines Bruders;

 

Einsichtnahme in die vorgelegten Urkunden: nämlich Personalausweis und Führerschein des Vaters des BF, Personalausweis seiner Mutter, Heiratsurkunde, Geburtsurkunde, Gerichtsladung, Gerichtsentscheid, Vorführungsanordnung des Gerichts;

 

Einholung eines Gutachtens des Länder-Sachverständigen B.B. sowie

 

Einvernahme der Eltern des BF in zwei mündlichen Verhandlungen vor dem Asylgerichtshof

 

Erörterung der oben angeführten Länderberichte

 

Der Asylgerichtshof stellt nach Würdigung der Beweise folgenden Sachverhalt fest:

 

2.1. Zur Person des BF und seinen Fluchtgründen:

 

Der BF ist am 00.00.2005 in Österreich geboren und es wurde für ihn von seinen Eltern als gesetzliche Vertreter am 04.10.2005 ein Asylantrag eingebracht. Sein Vater hat bereits am 08.07.2002 einen Asylantrag eingebracht. Seine Mutter und sein Bruder stellten am 13.10.2002 jeweils einen Asylerstreckungsantrag. Die Asylverfahren der Familienmitglieder waren zum Zeitpunkt der gegenständlichen Antragstellung in zweiter Instanz anhängig, die erstinstanzlichen Bescheide ergingen am 11.11.2003 unter dem Regime des AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 76/ 1997. Ausweisungsentscheidungen wurden zu diesem Zeitpunkt in den genannten Asylverfahren mangels Zuständigkeit der Asylbehörden nicht getroffen.

 

Die Identität des BF wurde mit Schriftsatz seiner Eltern vom 30.08.2007 sowie nachfolgender Vorlage von Personalausweisen im Original berichtigt. Der BF trug im erstinstanzlichen Verfahren den Namen O.B., geb. am 00.00.2005. Der Name wurde im Laufe des Beschwerdeverfahrens auf N.B. geändert. Er ist Staatsangehöriger der Mongolei. Seine Eltern sind seit 00.00.1999 verheiratet und er hat einen in der Mongolei geborenen, aber mit der Mutter nach Österreich ausgereisten und ebenfalls im Familienverband lebenden, minderjährigen Bruder. Dieser trägt den Namen N.K. und ist am 00.00.2000 geboren.

 

Für den BF wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht. Zu den Fluchtgründen des Vaters des BF wird auf das am gleichen Tag ergangene Erkenntnis des Asylgerichtshofes, GZ. E2 244428, verwiesen, wo diese detailliert wiedergegeben sind.

 

2.2. Zur Situation in der Mongolei stellt der Asylgerichtshof fest:

 

Haftbedingungen

 

Der UN-Sonderberichterstatter Manfred Nowak berichtet in der Zusammenfassung des Berichtes über die Mission to Mongolia vom 20.12.2005 (der auszugsweise in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde), dass Folter vor allem in Polizeistationen und Untersuchungsgefängnissen existiert. In zwei jüngsten Fällen seien Angehaltene sogar bis zum Tode gefoltert worden. Im Strafrecht gibt es keine Definition von Folter, es fehlen effektive Mechanismen für Anzeigen und Untersuchungen wegen Folter oder Misshandlung, es fehlt das Bewusstsein über internationale Standards betreffend Verhinderung von Folter bei juristischem Personal und daher bleiben Foltervergehen und Misshandlungen weitgehend ungestraft. Der UN-Sonderberichterstatter ist auch betroffen von den überbelegten Zellen und der gemischten Anhaltung von Verurteilten und Untersuchungshäftlingen. Die Umstände betreffend die Todesstrafe, besonders die totale Geheimhaltung, wird vom UN-Berichterstatter betont. Die zum Tode Verurteilen werden in völliger Isolationshaft an Händen und Füßen gefesselt und bei Verweigerung angemessener Nahrung angehalten.

 

Konkret führte der UN-Sonderberichterstatter aus, dass die Mongolei die meisten UN-Verträge betreffend die Verhinderung von Folter und Misshandlung unterzeichnet hat. In der Verfassung wird Folter, unmenschliche, grausame oder erniedrigende Behandlung verpönt. Dennoch ist aus verschiedensten, im Bericht angeführten Gründen das Risiko von Folter oder Misshandlung sehr real. Obwohl rechtliche Rahmenbedingungen für Beschwerden von Folteropfern bestehen, funktioniert das System in der Praxis nicht.

 

Zu den Haftbedingungen ist aus dem Bericht des UN-Sonderberichterstatters auch zu schließen, dass wegen der Überbelegung von Haftanstalten unmenschliche Bedingungen entstehen ("...more than the half the detainees were forced to sleep on the floor.... One meeting room of 8 x 6 m was even used as sleeping quarters for over 100 detainees" - Pkt. 44). Für Langzeithäftlinge gibt es spezielle Isolationshaft mit der Möglichkeit sich maximal 2 Mal wöchentlich für jeweils eine Stunde im Freien aufzuhalten und 2 Mal im Jahr für wenige Stunden Besuch zu erhalten. Im Besonderen sind die zu 30 Jahren Verurteilten 24 Stunden in ihren Zellen ohne die Möglichkeit einer Beschäftigung, Bildung oder beruflichen Aktivität. Die gesamte Philosophie der speziellen Isolationshaft verstößt aus Sicht des UN-Sonderberichterstatters gegen Art. 10 Abs. 3 der UN-Konvention gegen Folter, welcher die Resozialisierung von Häftlingen zum Ziel hat. Die Isolationshaft ist nicht aus Gründen der Sicherheit verhängt, sondern sie hat den Anschein einer zusätzlichen Bestrafung. Nach den Schlussfolgerungen des UN-Sonderberichterstatters ist das gesamte System mit grausamer und unmenschlicher Behandlung gem. Art. 1 der UN-Konvention gegen Folter, wenn nicht mit Folter an sich gleichzusetzen.

 

Im Besonderen wird auch die unmenschliche Behandlung von Angehaltenen aufgezeigt, die zum Tode verurteilt wurden und betont, dass dem UN-Sonderberichterstatter der Zugang zu diesen Haftstationen verweigert wurde.

 

Aus der Anfragebeantwortung von ACCORD vom 08.03.2007 ist abzuleiten, dass die Möglichkeit der Entlassung auf Kaution auch bei Mordverdacht besteht, zumal dies weder die mongolische Strafprozessordnung noch das mongolische Strafgesetzbuch verbietet. Für Verstöße und Verbrechen in Zusammenhang mit militärischem Personal kämen nach der genannten Anfragebeantwortung das Zivilgesetzbuch, das Strafgesetzbuch und das Gerichtsgesetz zur Anwendung. Ein gesondertes Militärgericht bestehe nicht. Nach einer weiteren Anfragebeantwortung von ACCORD vom 02.05.2005 zum Thema Untersuchungshaft knüpft die mongolische Rechtsordnung die Verhaftung und Anhaltung von Menschen grundsätzlich an eine richterliche Verfügung . Nur in Ausnahmefällen ("Notfällen") dürfte eine Verhaftung auch von einem zuständigen Untersuchungsbeamten ausgesprochen werden, wobei dies innerhalb einer Frist von 24 Stunden dem Gericht bekanntzugeben ist, das seinerseits wiederum binnen 48 entscheidet oder binnen 72 Stunden entweder einen Haftbefehl erlässt oder der Verdächtige ansonsten wieder freizulassen ist. Verdächtige können bis zu 14 Tagen - in Untersuchungshaft bis zu 2 Monaten - festgehalten werden. Eine Verlängerung durch Gerichtsentscheid bis maximal 24 Monate, für einige besonders schwere Verbrechen (z.B. Terrorismus, Mord, vorsätzlicher Totschlag usw.) um weitere 6 Monate, ist möglich. Trotz dieser Regelungen kommt es nach Berichten der Nationalen Menschenrechtskommission zu einem Ansteigen der Anzahl an Personen, welche ohne legale Basis verhaftet oder festgenommen werden, zur Erzwingung von Geständnissen in Untersuchungshaft durch physischen und psychischen Zwang. Die Zellen würden rechtlichen Standards nicht entsprechen und seien gesundheitsgefährdend. Trotz der öffentlichen Bekanntmachung dieser Umstände durch die nationale Menschenrechtskommission werde nichts dagegen unternommen. Es seien überdies die Untersuchungshaftanstalten stark überbelegt. Festgenommene könnten laut US-Departement of States (USDOS) auf Kaution freigelassen werden, wenn der Staatsanwalt eine Einwilligung gibt. Es sei auch eine Entschädigung für fälschliche Inhaftierung oder Anklage vorgesehen, dies werde in der Praxis aber selten befolgt. Probleme im Justizsystem seien auch Korruption und Einflussnahme und die verfassungsmäßig garantierte Unschuldsvermutung werde in der Praxis von den Gerichten selten berücksichtigt.

 

Die Österreichische Botschaft in Peking verweist unter GZ 4.100.700/00003 vom 12.09.2006 zur Frage von Folter und Misshandlung in der Mongolei in erster Linie auf die Kritik des UN-Sonderberichterstatters Manfred Nowak anlässlich seiner "Mission to Mongolia". In sechs Fällen sei die Verhängung der Todesstrafe vorgesehen: Mord, Vergewaltigung, Banditenunwesen, Genozid, Terrorismus und bewaffneter Raub. Haftbedingungen in Polizeistationen und Gefängnissen seien im Vergleich mit internationalen Standards sehr schlecht bis unmenschlich. Die Zellen seien überbelegt und der Zugang zu ausreichendem Essen, Heizung, medizinischer Versorgung und sanitären Einrichtungen sei ungenügend. Generell seien die Haftbedingungen außerhalb der Hauptstadt sehr schlecht. Seit 2004 würden alle 22 Staatsgefängnisse kameraüberwacht und der Missbrauch der Gefangenen habe deutlich abgenommen, trotzdem sei - entgegen der Gefängnisverwaltungsberichte - mindestens ein gewaltsamer Tod registriert.

 

Das Bundesasylamt streicht in seinen aktuellen Länderfeststellungen zur Mongolei stattgehabte Verbesserungen bei den Haftbedingungen und die rechtlichen Rahmenbedingungen bei Festnahmen und Anhaltungen unter Berufung auf den Jahresbericht 2004 von Amnesty International, auf den "Quarterly Report Nov. 2003 - Feb. 2004 von UNHCR Field Office Mongolia hervor.

 

Das vom Ländersachverständigen vorgelegte Gutachten nimmt kurz zur Situation in mongolischen Gefängnissen Stellung und spricht ebenfalls von einer Überbelegung des Gefängnisses "Gants Khudag" sowie von in Haft gehaltenen Kindern. Die Zellenfenster seien nach Norden gerichtet und es fehle an Tageslicht. Verbesserungen gebe es durch Einbau von Baderäumen und Austausch von Holzpritschen. Todesfälle wegen Hunger und Tuberkulose gehörten der Vergangenheit an. Es gebe jedoch immer noch Gewalt und Folter einerseits von Gegangenen gegen Gefangene und andererseits von Aufsichtspersonal gegen Gefangene. Die Gefängnisverwaltung sei bestrebt, Maßnahmen zur Verbesserung der Kontrollmechanismen in den Gefängnissen sowie zur Fortbildung und Schulung für Soldaten und Offiziere zu ergreifen.

 

Beweiswürdigung:

 

3.1. Die Feststellung zur Identität des BF resultiert aus den von seinen Eltern vorgelegten mongolischen Personaldokumenten. Die Dokumente wurden auf ihre Echtheit überprüft und es konnten keine Fälschungshinweise festgestellt werden. Die sich daraus ergebenden Angaben wurden vom länderkundigen Sachverständigen verifiziert. Die Feststellungen zur Identität der Familienangehörigen des BF ergeben sich aus deren Verwaltungsakten bzw. wurden ebenfalls vom Sachverständigen bestätigt. Dass die Ehe zwischen den Eltern des BF 1999 geschlossen worden war, ergibt sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde.

 

3.2. Hinsichtlich des fluchtkausalen Vorbringens des Vaters des BF konnte dessen Angaben in oben festgestelltem Umfang Glauben geschenkt werden, zumal durch das Sachverständigengutachten insbesondere bestätigt wurde, dass der BF infolge seiner Flucht aus der Untersuchungshaft in der Mongolei von der Polizei gesucht wird. Das vorgetragene Ereignis, welches zur Inhaftierung des BF geführt hatte, wurde vom Sachverständigen ebenfalls verifiziert und als mit der Realität übereinstimmend bezeichnet. Der Asylgerichtshof folgt diesem Sachverständigen-Gutachten, das schlüssig ist und keine Anhaltspunkte enthält, die für eine unrichtige oder tendenziöse Darstellung der Lage sprechen würden.

 

Das Vorbringen des Vaters des BF steht insbesondere auch in Einklang mit den getroffenen Länderfeststellungen, welche zum einen auf dem eingeholten Sachverständigengutachten und zum anderen auf den im Verfahren erörterten Länderberichten beruhen. Die Länderberichte stammen aus verschiedenen Quellen, sind ausgewogen und geben ein abgerundetes Bild über die derzeit in der Mongolei bestehende Lage, insbesondere die Haftbedingungen. Ihre Übereinstimmung mit den tatsächlichen Gegebenheiten ist nicht in Zweifel zu ziehen.

 

Rechtlich folgt:

 

4.1. Gemäß dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, wurde der Asylgerichtshof - bei gleichzeitigem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes über den unabhängigen Bundesasylsenat - eingerichtet und treten die dort getroffenen Änderungen des Asylgesetzes mit 01.07.2008 in Kraft; folglich ist das AsylG 2005 ab diesem Zeitpunkt in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden. Dieses wiederum erklärt gem. § 75 Abs. 1 AsylG 2005 für alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren, dass jene nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen sind und § 44 AsylG 1997 zu gelten habe.

 

Gemäß § 44 Absatz 2 Asylgesetz 1997 werden Asylanträge, die ab dem 01.05.1004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der jeweils geltenden Fassung geführt.

 

4.2. Gemäß § 75 Abs 7 AsylG 2005 idF BGBl I Nr 4/2008 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenats, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

[...]

 

Im Rahmen der Interpretation des § 75 Abs 7 AsylG ist mit einer Anhängigkeit der Verfahren beim Unabhängigen Bundesasylsenat mit 30.6.2008 auszugehen (vgl. Art. 151 Abs 39 Z 1 B-VG). Der in dieser Übergangsbestimmung erwähnte 1. Juli 2008 ist im Sinne der genannten Bestimmung des B-VG zu lesen.

 

4.3. Das gegenständliche Verfahren war am 30.06. bzw. 01.07.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig. Der erkennende Richter des Asylgerichtshofes war Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenats und es hat am 06.12.2007 und am 20.05.2008 bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Gemäß der zitierten Bestimmung des § 75 Abs 7 Z 1 AsylG 2005 ergibt sich daher die Zuständigkeit des erkennenden Richters, das Verfahren als Einzelrichter weiterzuführen.

 

4.4. Familienangehörige (§ 1 Z 6) eines

 

1. Asylberechtigten;

 

2. subsidiär Schutzberechtigten (§§ 8 in Verbindung mit 15) oder

 

3. Asylwerbers

 

stellen gem. § 10 Abs. 1 AsylG einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Für Ehegatten gilt dies überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den ersten Asylantrag eingebracht hat.

 

Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid den gleichen Schutzumfang zu gewähren, es sei denn, dem Antragsteller ist gemäß § 3 Asyl zu gewähren. Abs. 2 gilt.

 

Die Behörde hat gem. § 10 Abs. 5 AsylG Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Dies ist entweder die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz, wobei die Gewährung von Asyl vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Antragsteller erhält einen gesonderten Bescheid

 

Familienangehörige sind gem. § 1 Z. 6 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.

 

4.5. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG ist Fremden, deren Asylantrag aus anderen Gründen als den Asylausschlussgründen (§ 13) abgewiesen wurde, von jener Asylbehörde mit Bescheid eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, von der erstmals festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist.

 

Gemäß § 15 Abs. 2 AsylG ist die befristete Aufenthaltsberechtigung für höchstens ein Jahr und nach der ersten Verlängerung für höchsten fünf Jahre zu bewilligen. Die Aufenthaltsberechtigung behält bis zur Entscheidung über die Verlängerung durch das Bundesasylamt Gültigkeit. Gem. § 15 Abs. 1 AsylG obliegt die Verlängerung befristeter Aufenthaltsberechtigungen gem. § 8 Abs. 3 sowie deren Widerruf dem Bundesasylamt. Gem. Abs. 3 leg. cit. ist die befristete Aufenthaltsberechtigung, die in Familienverfahren gem. § 10 Abs. 1 Z 2 erteilt wird, für alle Familienangehörigen mit der gleichen Gültigkeitsdauer zu erteilen. Abs. 2 erster Satz gilt mit der Maßgabe, dass die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung eines Familienangehörigen sich nach der Gültigkeitsdauer der am längsten gültigen Aufenthaltsberechtigung richtet.

 

4.6. Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist der BF minderjähriger Sohn von L.N. und B.S.. Dem Vater des BF wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes gleichen Datums, GZ: E2 244428 subsidiärer Schutz gewährt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Die Beschwerden der Mutter und des Bruders des BF im Hinblick auf die Gewährung von Asylerstreckung wurden mit Erkenntnis gleichen Datums, GZ. E2 244427 und GZ E2 244424 abgewiesen.

 

4.6.1. Für den BF wurden keine eigenen Asylgründe geltend gemacht. Weder dem Vater noch den sonstigen Familienangehörigen des BF wurde Asyl gewährt. Es konnte somit dem BF mangels eigener Asylgründe nicht originär, mangels Asylgewährung für eines seiner Familienmitglieder aber auch nicht von diesem abgeleitet Asyl gewährt werden.

 

4.6.2. Mit gleichem Bescheid ist ihm jedoch Refoulement-Schutz zu gewähren und eine Aufenthaltsberechtigung bis zum 06.08.2009 zu erteilen. Familienangehörige erhalten den gleichen Schutzumfang und dies ist im vorliegenden Fall die Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in die Mongolei unzulässig ist. Die Aufenthaltsberechtigung ist dem BF gem. § 8 Abs. 3 AsylG vom Asylgerichtshof und gem. § 15 Abs. 3 AsylG bis zum 06.08.2009 zu erteilen

Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung, Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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