E2 244.427-0/2008-14E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde der B.E., geb. 00.00.1977, StA. Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.11.2003, FZ. 02 29.889-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.05.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 10, 11 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 (AsylG), als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin (vormals Berufungswerberin und im Folgenden "BF") stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Begleitung ihres minderjährigen Sohnes am 13.10.2002 unter dem Namen B.E., geb. am 00.00.1977 einen Antrag auf Erstreckung des ihrem Ehegatten, L.N., geb. am 00.00.1978, alias B.O. geb. am 00.00.1975, (ho. GZ E2 224428) zu gewährenden Asyls. Ihr Ehegatte reiste bereits am 08.07.2002 illegal nach Österreich ein und stellte am Tag seiner Einreise einen Asylantrag. Am 00.00.2005 wurde den beiden Ehegatten in Österreich der Sohn O.B. geboren.
2. Bei der ersten, am 31.10.2002 erfolgten niederschriftlichen Vernehmung vor dem Bundesasylamt führte die BF lediglich aus:
".....Ich bin nicht verfolgt und stelle daher lediglich einen Erstreckungsantrag gem. § 10 iVm § 11 AsylG 1997.
Ich erstrecke den Antrag auf meinen Gatten B.O..
Auf die Umwandlung meines Erstreckungsantrages gem. § 10 iVm § 11 AsylG 1997 auf einen Asylantrag gem. § 3 AsylG 1997 verzichte ich und nehme zur Kenntnis, dass ich nicht die Möglichkeit habe, innerhalb von 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft der den Asylerstreckungsantrag abweisenden Entscheidung einen Asylantrag gem. § 3 AslG1997 zu stellen. Betreffend meines Kindes verzichte ich ebenfalls auf die Umwandlung des Asylerstreckungsantrages auf einen Asylantrag....."
Sonstige asylbezogene Angaben wurden im gesamten erstinstanzlichen Verfahren nicht gemacht.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.11.2003, Zahl 02 29.889-BAL, wurde der Asylerstreckungsantrag der BF gemäß § 10 iVm § 11 AsylG 1997 BGBl I Nr. 76/1997 idgF abgewiesen.
4. Gegen diesen Bescheid hat die BF mit Schriftsatz vom 24.11.2003 fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhoben. Die Berufungsbegründung ist gleichlautend mit jener, die in der Berufung des Ehegatten der BF enthalten ist und enthält keinerlei auf die BF bzw. deren Asylerstreckungsantrag bezogene Ausführungen.
5. Der Asylgerichtshof führte am 06.12.2007 und am 20.05.2008 eine mündliche Verhandlung durch, an welcher eben die BF und ihre Familienangehörigen teilnahmen, sich das Bundesasylamt jedoch entschuldigen ließ.
Die BF benützte während ihres Aufenthaltes als Asylwerberin zunächst den Namen B.E. und das Geburtsdatum 00.00.1977. Im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens (resp. Berufungsverfahrens) wurde mit Schreiben vom 30.08.2007 (OZ 3) von den BF die Richtigstellung ihrer Identitäten verlangt und zu diesem Zwecke legten sie mongolische Personalausweise, ausgestellt auf die BF und deren Ehegatten, einen mongolischen Führerschein, auf den Ehegatten der BF ausgestellt, sowie die Kopie einer Heiratsurkunde, einer Geburtsurkunde betreffend ihres in der Mongolei geborenen Kindes, einer Gerichtsladung, eines Gerichtsurteils und eines Richterbeschlusses betreffend den Ehegatten der BF vor. Mit gleichem Schreiben beantragten sie die Änderung der Identitätsdaten auf:
L.N., geb. am 00.00.1978
B.S., geb. am 00.00.1977
N.K., geb. am 00.00.2000
N.B., geb. am 00.00.2005
Die BF bezeichneten diese Identitäten als die richtigen. Über Aufforderung des Asylgerichtshofes legten die BF die Dokumente dann auch im Original vor. Die kriminaltechnische Überprüfung der Dokumente ergab keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung.
In der mündlichen Verhandlung am 06.12.2007 legten die BF weiter Bestätigungen und Unterlagen vor. Darunter befand sich eine Bestätigung der Fa. S. , wonach der Ehegatte der BF eine Ausbildung absolvierte. Außerdem wurde eine Bestätigung der Sport Union H. vorgelegt, wonach die BF einen Kurs für Schüler anbietet; außerdem wurden Schulzeugnisse des Sohnes der BF von der Volksschule H. beigebracht.
6. Der Asylgerichtshof (resp. Unabhängige Bundesasylsenat) bestellte im Beschwerdeverfahren Hrn. B.B. zum länderkundigen Sachverständigen und beauftragte diesen mit der Verifizierung der Angaben der BF, die diese in der ersten mündlichen Verhandlung erstattet haben. Der Sachverständige legte ein Gutachten mit 28.03.2008 (OZ 14), welches bei der zweiten mündlichen Verhandlung erörtert wurde.
7. Weiters wurden folgende Berichte verlesen und zum Akt genommen:
Bericht des Sonderberichterstatters der UNO betreffend Folter, grausame unmenschliche Behandlung, Manfred Nowak vom 20.12.2005.
Accord Anfragebeantwortung vom 08.03.2007 , 05.02.2007 und 02.05.2005
Anfragebeantwortung der österreichischen Botschaft in Peking GZ: 4.100.700/0003 v. 12.09.2006.
Aktuelle Länderfeststellungen zur Mongolei des BAA.
§ 65 österreichisches Strafgesetzbuch.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch
Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt der BF sowie in die Verwaltungsakte ihres Ehegatten und der minderjährigen Kinder;
Einsichtnahme in die vorgelegten Urkunden, nämlich Personalausweise und Führerschein, Heiratsurkunde, Geburtsurkunde, Gerichtsladung, Gerichtsentscheid, Vorführungsanordnung des Gerichts;
Einholung eines Gutachtens des Länder-Sachverständigen B.B. sowie
Einvernahme der BF und ihres Ehegatten in zwei mündlichen Verhandlungen vor dem Asylgerichtshof
Erörterung der oben angeführten Länderberichte
Der Asylgerichtshof stellt nach Würdigung der Beweise folgenden Sachverhalt fest:
2.1. Zur Person der BF:
Die BF trug im erstinstanzlichen Verfahren den Namen B.E., geb. am 00.00.19977, und änderte diesen im Laufe des Beschwerdeverfahrens auf B.S., geb. am 00.00.1977, was sie durch Vorlage eines mongolischen Personalausweises belegte. Sie ist Staatsangehörige der Mongolei. Seit 00.00.1999 ist sie mit dem mongolischen Staatsangehörigen L.N., geboren 00.00.1978, verheiratet und hat mit dieser gemeinsam zwei minderjährige Söhne namens N.K., geboren 00.00.2000 und N.B., geboren 00.00.2005.
Beweiswürdigung:
3.1. Die Feststellung zur Identität der BF resultiert aus dem von ihr vorgelegten mongolischen Personalausweis, der nach erkennungsdienstlicher Überprüfung nicht als Fälschung erkannt werden konnte. Die sich daraus ergebenden Angaben wurden vom länderkundigen Sachverständigen verifiziert, die Feststellungen zur Identität der Familienangehörigen der BF ergeben sich aus deren Verwaltungsakten bzw. wurden ebenfalls vom Sachverständigen bestätigt. Dass die Ehe zwischen der BF und ihrem Ehegatten 1999 geschlossen worden war, ergibt sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde.
3.2. Die BF hat selbst keine Fluchtgründe geltend gemacht sondern sich ausschließlich auf die ihres Ehegatten bezogen.
Rechtlich folgt:
4.1. Gemäß dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, wurde der Asylgerichtshof - bei gleichzeitigem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes über den unabhängigen Bundesasylsenat - eingerichtet und treten die dort getroffenen Änderungen des Asylgesetzes mit 01.07.2008 in Kraft; folglich ist das AsylG 2005 ab diesem Zeitpunkt in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden. Dieses wiederum erklärt gem. § 75 Abs. 1 AsylG 2005 für alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren, dass jene nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen sind und § 44 AsylG 1997 zu gelten habe.
Gemäß § 44 Absatz 1 Asylgesetz 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 126/2002 geführt.
4.2. Gemäß § 75 Abs 7 AsylG 2005 idF BGBl I Nr 4/2008 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenats, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
[...]
Im Rahmen der Interpretation des § 75 Abs 7 AsylG ist mit einer Anhängigkeit der Verfahren beim Unabhängigen Bundesasylsenat mit 30.6.2008 auszugehen (vgl. Art. 151 Abs 39 Z 1 B-VG). Der in dieser Übergangsbestimmung erwähnte 1. Juli 2008 ist im Sinne der genannten Bestimmung des B-VG zu lesen.
4.3. Das gegenständliche Verfahren war am 30.06. bzw. 01.07.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig. Der erkennende Richter des Asylgerichtshofes war Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenats und es hat am 06.12.2007 und am 20.05.2008 bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Gemäß der zitierten Bestimmung des § 75 Abs 7 Z 1 AsylG 2005 ergibt sich daher die Zuständigkeit des erkennenden Richters, das Verfahren als Einzelrichter weiterzuführen.
4. 4. Zur Abweisung des Antrages auf Asylerstreckung:
4.4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 1997 BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 begehren Fremde mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung das einem Angehörigen aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyls.
Gemäß Abs. 2 leg.cit. können Asylerstreckungsanträge frühestens zur selben Zeit wie der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährigen unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten über dies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat.
Gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, BGBl Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. können Fremde, die einen Asylerstreckungsantrag eingebracht haben, im Verfahren über den Asylantrag ihres Angehörigen aus eigenem alles vorbringen, was ihnen für dieses Verfahren maßgeblich erscheint. Wird der Asylantrag als unzulässig zurückgewiesen oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen, so gelten die der Sache nach damit verbundenen Asylerstreckungsanträge, sofern der Betroffene nach Belehrung über die Folgen nicht ausdrücklich darauf verzichtet, als Asylanträge. Die Behörde hat über diese Anträge unverzüglich zu entscheiden; im Fall eines Verzichtes sind Asylanträge dieser Fremden innerhalb von 30 Tagen nach Rechtskraft der die Asylerstreckungsanträge abweisenden Entscheidung unzulässig.
Die Berufungsbehörde (im vorliegenden Fall: der Asylgerichtshof) hat grundsätzlich von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen (VwSlg 9315A/1977, VwGH vom 30.10.1990, 90/04/0133, VfSlg 13.947/1994; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren 2, 929ff mit zahlreichen weiteren Hinweisen).
Nachdem dem Ehegatten der BF nunmehr rechtskräftig mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom kein Asyl gewährt wurde, konnte gemäß § 10 Abs. 1 Asylgesetz dieses nicht gewährte Asyl auch nicht auf die BF erstreckt werden, so dass unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt die Beschwerde abzuweisen war.
Zu den Beschwerdeausführungen wird bemerkt, dass Asylerstreckungswerber wie die BF gemäß § 11 Abs. 2 Asylgesetz im Verfahren über den Asylantrag ihres Angehörigen (als Beteiligte) aus eigenem alles vorbringen können, was ihnen für dieses Verfahren maßgeblich erscheint. Von diesem Recht hat die BF Gebrauch gemacht. Der Asylgerichtshof ist jedoch auf das diesbezügliche Vorbringen ihres Gatten bereits in dem ihn betreffenden Erkenntnis eingegangen.
Zu dem in der Beschwerdeverfahren erstmals erstatteten Vorbringen über Nachforschungstätigkeit der Behörden bei der BF nach der Ausreise des Ehegatten des BF, die 4 Monate früher als die der BF stattfand, ist festzuhalten, dass dieses im vorliegenden Verfahren, das ausschließlich auf Erstreckung des von ihrem Gatten beantragten Asyls gerichtet ist, nicht berücksichtigt werden kann.
Die Fremdenbehörden sind jedoch verhalten, die der BF aus Artikel 8 EMRK im Hinblick auf die rechtskräftige positive Entscheidung gemäß § 8 Asylgesetz (Refoulement-Verbot) hinsichtlich des Ehegatten erfließenden Rechte unter Anwendung des Fremdenpolizeigesetzes zu wahren.