TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/06 A12 203962-3/2008

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Veröffentlicht am 06.08.2008
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Spruch

A12 203962-3/2008/2E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde des C.J., geb. 00.00.1972 alias 00.00.1979 alias 00.00.1972 alias 00.00.1982, StA. von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.07.2008, Zahl 08 05.710-EWEST, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. § 68 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1. Verfahrensgang

 

Am 25.05.1998 brachte der nunmehrige Beschwerdeführer unter Angabe des Nationales C.J., 00.00.1982 geb., StA. von Sierra Leone, einen Antrag auf Asylgewährung ein. Dieser wurde nach zweitinstanzlichem Ermittlungsverfahren mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates - als vormals zuständiger Rechtsmittelinstanz - vom 23.07.1998, Zahl: 203.962/0-XII/36/98, gem. § 7 AsylG 1997 abgewiesen sowie wurde unter einem festgestellt, dass gem. § 8 AsylG 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers nach Sierra Leone nicht zulässig ist. Aufgrund der späteren Klärung, dass der Antragsteller tatsächlich nigerianischer Staatsangehöriger ist, wurde die mit Bescheid vom 01.06.2004 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung gem. § 15 Abs. 2 leg.cit. widerrufen.

 

Mit 06.03.2007 beantragte der Genannte neuerlich die Asylgewährung und wurde dieser Antrag mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.05.2007, Zahl: 07 02.369, gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, sowie wurde weiters der Betreffende gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen und erwuchs dieser Bescheid in Rechtskraft.

 

Mit 02.08.2007 beantragte der Genannte nunmehr drittmalig die Asylgewährung und wurde dieser Antrag mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.08.2007, Zahl: 07 07.005, gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen sowie wurde der Genannte (neuerlich) gem. § 10 Abs. 1 Z 1 leg.cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

 

Mit 05.05.2008 beantragte der Genannte aus dem Stande der Schubhaft nach Verbüßung mehrerer Haftstrafen die Gewährung internationalen Schutzes. Hiebei gab der Antragsteller einerseits im Rahmen seiner Erstbefragung an, Nigeria aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben, wohingegen er im Rahmen seiner Einvernahme vom 26.05.2008 unter anderem angab, es habe Streit wegen eines Grundstückes gegeben und sei er bei der Polizei angezeigt worden, jemanden umgebracht zu haben, weshalb er geflüchtet sei.

 

Auf Vorhalt im Rahmen seiner Einvernahme, dass er bereits drei Voranträge gestellt habe, welche rechtskräftig finalisiert worden seien, sagte der Antragsteller wörtlich aus: "Ich habe noch keinen einzigen Asylantrag hier in Österreich gestellt, das ist mein erster Antrag hier in Österreich."

 

Auf Vorhalt, dass der Abgleich der Fingerabdrücke die drei bereits vormals eingebrachten Asylanträge belege, stellte der Antragsteller dies neuerlich bedauernd in Abrede.

 

Am 02.07.2008 beantragte der Genannte neuerlich die Asylgewährung und wurde er im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Erstbehörde am 08.07.2008 auf seine bisherigen gestellten Asylanträge verwiesen, woraufhin er (neuerlich) angab, bisher noch "keinen Asylantrag" gestellt habe.

 

Auf weitere Frage, wie viele Asylanträge er in Österreich schon gestellt habe, antwortete der Antragsteller, sich nicht erinnern zu können. Im Zuge der weiteren Befragung sagte der Antragsteller unter anderem aus: "...ich hatte Probleme in meinem Land, ich brauche aber kein Asyl mehr...". Weiters führte der Antragsteller aus, er würde nichts mehr befürchten und würde freiwillig nach Nigeria zurückkehren wollen.

 

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der Erstbehörde vom 15.7.2008 wurde der Antragsteller aufgefordert, allenfalls ergänzendes Vorbringen, im Hinblick auf seine bisherigen Antragstellungen zu tätigen, machte er keine substantiellen Aussagen.

 

Tenor der vormals in merito ergangenen Berufungsentscheidung bildete die behördliche Einschätzung, dass dem Vorbringen des Antragstellers zu seinen Flucht- bzw. Antragsmotiven keinerlei Glaubhaftigkeit beizumessen ist. Basis hiefür bildete das Ermittlungsergebnis, dass der Antragsteller nicht einmal über Grundkenntnisse betreffend seinen angegebenen Herkunftsstaat verfügte. Die weitergehende Entscheidung basierte auf vorliegenden aktuellen Länderdokumentationsunterlagen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.7.2008, Zl. 08 05.710-EWEST, wurde der vorliegende Asylantrag gem. § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und wurde der Asylwerber unter einem gem. § 10 Abs. 1 AsylG aus dem Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

 

Im Rahmen der letztzitierten Entscheidung wurden umfangreiche Feststellungen zur Allgemeinsituation in Nigeria getroffen.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, wobei der Antragsteller keinerlei konkrete Verfahrensfehler rügte, noch sonstige neue Sachverhaltselemente in das Verfahren einbrachte.

 

I.2. Sachverhalt:

 

Im ersten Rechtsgang bezog sich der Antragsteller unter Angabe der Identität C.J., 00.00.1982 geb., StA. von Sierra Leone, auf sich auf diesen angeblichen Herkunftsstaat beziehende Flucht- bzw. Antragsgründe. Dieses Vorbringen des ersten Rechtsganges wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23.07.1998 nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung abschließend beurteilt.

 

Im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens brachte er eine andere Identität vor sowie bezog er sich zentral darauf, Angehöriger des Staates Nigeria zu sein bzw. stellte er jegliche Verfolgungsbefürchtung in Abrede (vgl. As. 43 des Aktes des Bundesasylamtes, Zahl: 08 05.710-EAST West).

 

Der Antragsteller verfügt im österreichischen Bundesgebiet über keinerlei familiäre oder sonstige Bindungen zu dauernd aufenthaltsberechtigten Personen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, dann, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Das Bundesasylamt hat hinsichtlich beider Spruchpunkte in der Begründung des Bescheides vom 22.07.2007, Zl. 08 05.710-EAST West, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Lediglich zur Verdeutlichung wird ausgeführt, dass der Antragsteller in zwei Rechtsgängen sich auf eine angebliche Staatsangehörigkeit zu Sierra Leone bezogen hat.

 

Im gegenständlichen Rechtsgang bezog sich der Antragsteller in Abkehr davon auf eine abweichende Identität sowie auf eine Staatsangehörigkeit zu Nigeria.

 

Durch den Grundsatz "ne bis in idem" soll jedoch gerade eine solche nochmalige Auseinandersetzung mit einer bereits entschiedenen Sache, abgesehen von den Fällen der §§ 68 Abs. 2 bis 4, 69 und 71 AVG nicht erfolgen.

 

Hervorzuheben ist, dass in casu kein anderer bzw. wesentlich geänderter Sachverhalt gegenüber dem ersten Rechtsgang vorliegen kann. Die obzitierten Regelungen der sogenannten Sperrwirkung dienen zentral dazu, jedem Asylwerber (wie auch jedem anderen Antragsteller in einem Verfahren nach dem allgemein Verwaltungsverfahrensgesetz) die Möglichkeit der Rechtswohltat lediglich eines Rechtsgangs pro Sachverhalt zu bieten. Erst bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse bzw. der Rechtslage entsteht ein subjektives Recht auf neuerliche meritorische Behandlung des Anliegens.

 

Der Berufungswerber behauptet im nunmehrigen Rechtsgang keine weiteren - allenfalls geänderten - Sachverhaltselemente, welche nach rechtskräftiger Beendigung des ersten Rechtsganges entstanden wären.

 

Die tatsächlich - mit der Wirklichkeit übereinstimmenden - maßgeblichen Gründe, die den Asylwerber zum vormaligen Zeitpunkt zum Verlassen seines Heimatlandes bewogen haben, haben sich naturgemäß seit seiner ersten Asylantragstellung im Mai 1998 nicht verändert. Der einzige Unterschied zwischen seinem damaligen und dem nunmehrigen Asylantrag ist jener, dass der Berufungswerber nunmehr konkludent vorbringt, die österreichischen Asylbehörden während seines gesamten ersten und zweiten Rechtsgangs vorsätzlich über seine Staatsangehörigkeit, Ausreisegründe und seine wahre Identität getäuscht zu haben und nunmehr, basierend auf geänderten Personalien und unter Angabe eines geänderten Herkunftslandes, die Gewährung internationalen Schutzes begehrt.

 

Dies bedeutet aber, dass der Antragsteller keinen neuen Sachverhalt vorbringt, der sich nach seiner ersten Asylantragstellung bzw. rechtskräftiger Entscheidung im ersten Rechtsgang ereignet hat, sondern lediglich, dass seinem neuerlichen Asylantrag realiter derselbe Sachverhalt (derselbe Ausreisgrund) zugrunde liegt wie zum Zeitpunkt des Erstantrages, nur, dass er damals diesen Sachverhalt den Behörden (offenbar in Verschleierungsabsicht seiner wahren Identität und Staatsangehörigkeit) nicht mitgeteilt hat.

 

Die seitens des Berufungswerbers vorgelegene Motivation für seine ursprünglichen Aussagen bzw. für seine nunmehrige Abkehr von den seinerzeit getätigten Angaben vermag an der Tatsache, dass ein neuer Sachverhalt nur dann besteht, wenn sich die maßgeblichen objektiven Umstände geändert haben, nichts zu ändern; andernfalls es in der jeweiligen Ingerenz eines Asylwerbers läge, eine neuerliche meritorische Auseinandersetzung durch einfache Änderung des maßgeblichen Vorbringens zu erzwingen.

 

Hinzu tritt, dass der Beschwerdeführer im nunmehrigen Rechtsgang im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahmen einerseits angab, Nigeria lediglich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben bzw. er letztlich ausdrücklich aussprach, tatsächlich keinerlei Verfolgung zu befürchten.

 

Durch den Grundsatz "ne bis in idem" soll jedoch gerade eine solche nochmalige Auseinandersetzung mit einer bereits entschiedenen Sache, abgesehen von den Fällen der §§ 68 Abs. 2 - 4, 69 und 71 AVG, nicht erfolgen.

 

Durch die obdargestellte Sperrwirkung des § 68 Abs. 1 findet eine neuerliche Auseinandersetzung mit identem Sachverhaltsvorbringen bzw. Sachverhalt nicht statt.

 

Dass durch die ergangene Ausweisungsentscheidung der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Artikel 8 EMRK verletzt wäre, konnte in casu nicht erkannt werden.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
15.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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