S2 400.100-1/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Schnizer- Blaschka als Einzelrichterin über die Beschwerde der K.H., geb. 00.00.1984,
StA: Armenien, vertreten durch vertreten durch Hofbauer & Wagner Rechtsanwälte KG in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.06.2008, Zahl 08 02.768- EAST
Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1 iVm 10 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 4 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführerin, StA Armenien, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in Begleitung ihres Ehegatten und ihrer beiden Kindern in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 25.03.2008 bei der Erstaufnahmestelle Ost für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Verlauf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab sie an, sie sei verheiratet und gemeinsam mit ihrem Ehemann und den beiden gemeinsamen Kindern aus Armenien über Georgien mit dem PKW, weiter mit einem PKW über Ungarn in das österreichische Bundesgebiet eingereist. In Ungarn hätten sie alle Asylanträge gestellt.
Zum Fluchtgrund erklärte die Beschwerdeführerin: "Wegen der Probleme meines Mannes. Meine Kinder, K.S. und K.J. befinden sich seit ihrer Geburt ständig bei mir, es gelten daher die gleichen Fluchtgründe wie für mich. Meine Kinder haben überdies keine eigenen Fluchtgründe."
Am 02.04.2008 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen und dass seit 01.04.2008 Konsultationen mit Ungarn geführt würden (AS 41). Mit Schreiben vom 03.04.2008, übermittelt am 04.04.2008, erklärte sich Ungarn zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 16 Abs. 1 lit c der Dublin II-VO bereit (AS 19 des "Dublin-Aktes").
Im Verlauf einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 14.04.2008 in Anwesenheit einer Rechtsberaterin bestätigte die Beschwerdeführerin zunächst die Angaben aus der Erstbefragung und führte ergänzend zusammengefasst Nachstehendes aus: Alle von ihr gemachten Angaben würden auch für ihre Kinder gelten, diese hätten keine eigenen Fluchtgründe. Sie fühle sich körperlich und geistig in der Lage, die Einvernahme durchzuführen. Sie habe keine Verwandten in der EU, in Norwegen oder Island zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bestünde. Sie wolle nicht nach Ungarn, weil ihr Mann dort nicht hinwolle. Dieser könne ohne seine Eltern, vor allem ohne seine Mutter, nicht leben. Seit sie sich in Österreich befänden, hätte sich seine psychische Situation sehr verbessert. Er habe viel Alkohol getrunken, um sich zu betäuben. Er habe in Armenien mitbekommen, wie Leute im Nebenzimmer gefoltert worden seien. Er würde oft mit seinen Fäusten gegen die Wand schlagen, die Kinder würden das sehen und deswegen die ganze Nacht weinen. Die Verletzungen an den Händen wären sichtbar und seine Lage insgesamt sehr hoffnungslos. Wenn ihr Mann eine Krise habe, bekäme sie Erstickungsanfälle, überdies sei sie von Armenien traumatisiert, sodass sie nicht einmal alleine auf die Toilette gehen könne. Die Kinder hätten Angst, wenn sie Polizisten in Uniform sehen würden. Zu den Länderfeststellungen bezüglich Ungarn wolle sie nichts sagen, für ihren Mann sei es das Beste, wenn er in Österreich bliebe.
Vorgelegt wurde von der Beschwerdeführerin ein klinischpsychologischer Befund des "Heymat" vom 13.04.2008, eingelangt am 14.04.2008, in dem der Beschwerdeführerin eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde (AS 79/81).
Am 30.04.2008 unterzog sich die Beschwerdeführerin über Auftrag der Erstbehörde einer medizinischen Untersuchung iSd § 30 AsylG beim FA für Neurologie und Psychiatrie, Dr. D., bei dieser wurde diagnostiziert, dass bei der Beschwerdeführerin aus aktueller Sicht keine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung vorliege (AS 95f).
Von der Beschwerdeführerin wurde weiters ein nervenärztlicher Befund von Dr. K., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 04.06.2008 in Vorlage gebracht. Darin wird ausgeführt, dass "keine psychotischen Symptome und keine Hinweise auf eine kognitive Funktionsstörung vorliegen. Die Stimmung macht einen leicht depressiven und unsicheren Eindruck, der Antrieb ist nicht herabgesetzt. Im Vordergrund besteht ein depressives Zustandsbild mit vegetativen und psychosomatischen Beschwerden", als Therapie wurden Tabletten empfohlen (AS 103).
2. Das Bundesasylamt hat mit dem angefochtenem Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin ohne in der Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: "Dublin II-VO"), Ungarn zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen, und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Ungarn zulässig sei. Die Erstbehörde traf in diesem Bescheid ausführliche Feststellungen zum ungarischen Asylverfahren, zur Praxis des Non- Refoulement- Schutzes und der Ausweisung und zur Versorgung von Asylwerbern in Ungarn.
Begründend wurde hervorgehoben, dass die Antragstellerin keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht habe, dass sie tatsächlich Gefahr liefe, in Ungarn Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder ihr eine Verletzung der in Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Die Antragstellerin hätte in keinster Weise nachvollziehbare Gründe genannt, welche ihre Angaben, ihr Verfahren nicht in Ungarn führen zu wollen, substantiiert untermauern würden. Die Asylwerberin leide weder an einer schweren körperlichen oder ansteckenden Krankheit, noch an einer psychischen Erkrankung. Für die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO gebe es keinen Anlass. Bezüglich einer möglichen Verletzung des Artikel 8 EMRK wurde festgestellt, dass die ebenfalls in Österreich als Asylwerber aufhältigen Eltern des Ehegatten der Asylwerberin, also ihre Schwiegereltern, nicht als "Kernfamilie" gelten, ein gewisses familiäres Anknüpfungsmoment könne jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Im gegenständlichen Fall sei allerdings erwiesen, dass die Asylwerberin versuchen hätte können, ihren Aufenthalt in Österreich legal zu nehmen, bzw im Zuge ihres in Ungarn anhängigen Asylverfahrens eine Familienzusammenführung auf legalem Weg erwirken hätte können. Der Eingriff in das Privat- und Familienleben der Asylwerberin sei daher aufgrund der vorgenommenen Interessensabwägung gerechtfertigt, weil das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung deutlich überwiege und der vorgenommene Eingriff zur Erreichung des Zieles notwendig und verhältnismäßig sei.
3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 25.06.2008, eingelangt am 26.06.2008 per Postsendung Beschwerde erhoben, die samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt am 07.07.2008 beim Asylgerichtshof einlangte. Darin wird im Wesentlichen behauptet, der Gatte der Beschwerdeführerin sei psychisch krank und leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung, dies sei aus den vorgelegten medizinischen Befunden ersichtlich. Aus dem vorgelegten Schreiben des "R." ginge hervor, dass unbekannte Personen im Asyllager Debretschen den Ehemann der Beschwerdeführerin suchen würden. Es sei daher aufgrund dieses Briefes davon auszugehen, dass der Gatte der Beschwerdeführerin in Ungarn nicht verfolgungssicher sei. Auch die Beschwerdeführerin leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Das Ermittlungsverfahren der erstinstanzlichen Behörde sei mangelhaft. Die Erstbehörde hätte selbst in ihren Länderberichten darauf hingewiesen, dass die drei ungarischen Lager für Kinder und Personen mit psychischen Problemen nicht geeignet wären.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin reiste im August 2005 aus Armenien kommend über Georgien mit dem PKW nach Ungarn, wo sie am 14.02.2008 einen Asylantrag stellte. Von dort reiste sie während der Prüfung ihres Antrages mit einem weiteren PKW illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. In Österreich stellten sie, ihr Ehemann und ihre beiden Kinder am 25.03.2008 Anträge auf internationalen Schutz. Die Beschwerdeführerin verfügt in den Mitgliedstaaten der Dublin II-VO - außer den mitgereisten Familienmitgliedern - über keine Verwandten. Die Schwiegereltern der Beschwerdeführerin befinden sich als Asylwerber in Österreich und erwarten den Ausgang ihrer Beschwerdeverfahren. Ein die Beschwerdeführerin betreffendes Asylverfahren ist in Ungarn anhängig.
2. Diese Feststellungen ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin iZm der damit im Einklang stehenden Aktenlage.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1. Mit 01.01.2006 ist das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge idgF anzuwenden.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz im März 2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 zur Anwendung gelangt.
3.2. Zur Frage der Zuständigkeit eines anderen Staates (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
a) Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin II-VO dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Die Dublin II-VO sieht in den Art. 6 bis 14 des Kapitels III Zuständigkeitskriterien vor, die gemäß Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO in der im Kapitel III genannten Reihenfolge Anwendung finden. Gemäß Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der betreffende Mitgliedstaat wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen.
In Art. 16 sieht die Dublin II-VO in den hier relevanten Bestimmungen Folgendes vor:
"Art. 16 (1) Der Mitgliedstaat der nach der vorliegenden Verordnung zur Prüfung des Asylantrags zuständig ist, ist gehalten:
(...)
c) einen Antragsteller, der sich während der Prüfung seines Antrags unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates aufhält, nach Maßgabe des Artikels 20 wieder aufzunehmen.
(...)
(3) Die Verpflichtungen nach Absatz 1 erlöschen, wenn der Drittstaatsangehörige das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, der Drittstaatsangehörige ist im Besitz eines vom Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels."
Unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes, wonach die Beschwerdeführerin zunächst in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt sowie sich vor Abschluss dieses Verfahrens nach Österreich begeben, das sie seither nicht verlassen hat, und sie auch keine "Familienangehörigen" (iSd Art 7 iVm Art 2 lit i Dublin II-VO) in Österreich hat, kommt nach der Rangfolge der Kriterien der Dublin II-VO deren Art 16 Abs. 1 lit. c (iVm Art 13) als zuständigkeitsbegründende Norm in Betracht. Ungarn hat auch auf Grundlage dieser Bestimmung seine Zuständigkeit bejaht und sich zur Übernahme der Beschwerdeführerin und Behandlung ihres Antrages bereit erklärt.
Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben und ist im übrigen im Verfahren nicht bestritten worden.
b) Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05, festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Gemeinschaftsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II-VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs 2 Dublin II-VO zwingend geboten sei.
Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs 1 lit. e Dublin II-VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO, K13. zu Art 19 Dublin II-VO).
Des Weiteren hatte der Asylgerichtshof folgende Umstände zu berücksichtigen:
Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile"- Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen. Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.
Der Verordnungsgeber der Dublin II-VO, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl. insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II-VO), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen, diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der menschenrechtskonformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei ausnahmsweiser Verletzung der EMRK bei Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine Überstellung nicht stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebots (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II-VO umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren verbietet) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18ff, Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO², K8-K13. zu Art. 19).
Die allfällige Rechtswidrigkeit von Gemeinschaftsrecht kann nur von den zuständigen gemeinschaftsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat jüngst festgestellt, dass die Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (30.06.2005, Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).
Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs. 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Es trifft zwar ohne Zweifel zu, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann), und dies mitzubeachten ist (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949), dies kann aber nicht pauschal dazu führen, die vom Gesetzgeber - im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht - vorgenommene Wertung des § 5 Abs. 3 AsylG überhaupt für unbeachtlich zu erklären. Eine Rechtsprechung, die in Bezug auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte, als jene des EGMR in Bezug auf Drittstaaten wäre jedenfalls gemeinschaftsrechtswidrig.
aa) Mögliche Verletzung des Art. 8 EMRK: Es leben (mit Ausnahme des mitgereisten Ehegatten und zweier Kinder, deren Asylverfahren unter einem geführt werden) keine Familienangehörigen der Beschwerdeführerin in Österreich.
Es liegen auch sonst keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer vor (vgl. VfGH 26.02.2007, Zl 1802, 1803/06-11). Dies wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Eine Verletzung des Art. 8 EMRK ist daher nicht ersichtlich.
bb) Mögliche Verletzung des Art. 3 EMRK: Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer Beschwerdeschrift zunächst unter Verweis auf die von ihr vorgelegten Befunde, an einer posttraumatischen Belastungsstörung und einem depressiven Zustandsbild mit vegetativen und psychosomatischen Beschwerden zu leiden und macht der Sache nach aufgrund dieser gesundheitlichen Angegriffenheit die Selbsteintrittspflicht Österreichs geltend.
Dem ist zu entgegnen, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK im Zusammenhang mit der Abschiebung von Kranken im Allgemeinen kein Fremder ein Recht habe, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leide oder selbstmordgefährdet sei. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver sei, sei unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gebe. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führe die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche lägen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Bei der Ausweisung und Abschiebung Fremder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union werde auch zu berücksichtigen sein, dass dieser zur Umsetzung der Aufnahmerichtlinie verpflichtet sei. Gemäß Art. 15 dieser Richtlinie hätten die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass Asylwerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten, die zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst bzw. dass Asylwerber mit besonderen Bedürfnissen die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe erlangen. Dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauernd eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts (EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, 31246/06;
Ayegh, 07.11.2006, 4701/05; Karim, 04.07.2006, 24171/05;
Paramasothy, 10.11.2005, 14492/03; Ramadan & Ahjredini, 10.11.2005, 35989/03; Hukic, 27.09.2005, 17416/05; Kaldik, 22.09.2005, 28526/05;
Ovdienko, 31.05.2005, 1383/04; Amegnigan, 25.11.2004, 25629/04; VfGH 06.03.2008, B 2400/07; VwGH 25.04.2008, 2007/20/0720 bis 0723).
Im vorliegenden Fall ist zu den gesundheitlichen Problemen der Beschwerdeführerin - selbst für den Fall ihres Zutreffens - zu sagen, dass diese insgesamt gesehen keinesfalls jene besondere Schwere aufweisen, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK eine Überstellung nach Ungarn als eine unmenschliche Behandlung erscheinen ließe, zumal eine Krankenbehandlung erforderlichenfalls auch in diesem Mitgliedsstaat möglich ist.
Zum Einwand der Beschwerdeführerin, wonach einzelne genannte Aufnahmelager in Ungarn für Kinder und Personen mit psychischen Problemen nicht geeignet seien, ist auszuführen, dass ihre Kinder nicht allein, sondern im Schutze der Familie rückgeführt würden und zudem die geschilderten Unannehmlichkeiten selbst für den Fall, dass sie noch zutreffen sollten, die Schwelle der Eingriffsintensität des Art. 3 EMRK nicht erreichten. Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin selbst in ihren Einvernahmen keine unerträglichen Missstände in dem von ihrer Familie bewohnten ungarischen Lager vorgebracht hat.
Die Beschwerdeführerin konnte auf sich selbst bezogen auch sonst keine besonderen Gründe, die für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK in Ungarn sprächen, glaubhaft machen, weshalb die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005, wonach ein Asylwerber in einem "Dublinstaat" Schutz vor Verfolgung findet, greift.
Zusammengefasst stellt daher eine strikte Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs und die damit verbundene Überstellung der Beschwerdeführerin nach Ungarn keinesfalls ein "real risk" einer Verletzung des Art. 3 EMRK oder des Art. 8 EMRK und somit auch keinen Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes Österreichs nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO dar.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. war daher abzuweisen.
3.3. Zur Ausweisung der Beschwerdeführerin nach Ungarn (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben. Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Zu diesem Spruchpunkt sind im Beschwerdefall keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung im Sinne des § 10 Abs. 2 AsylG ersichtlich, zumal weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht aktenkundig ist noch die Beschwerdeführerin in Österreich über - die erwähnten Familienmitglieder hinausgehende - Verwandte verfügt. Darüber hinaus sind, wie bereits oben zur allfälligen Verpflichtung zum Selbsteintritt ausgeführt - auch keine Gründe für einen Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG anzunehmen.
3.4. Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Es ergeht der Hinweis, dass gegen dieses Erkenntnis innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden kann. Diese muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Bei Einbringung einer solchen Beschwerde ist eine Gebühr von EUR 220 zu entrichten.