TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/08 D13 254153-0/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.08.2008
beobachten
merken
Spruch

D13 254153-0/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Dajani als Vorsitzenden und den Richter Mag. Auttrit als Beisitzer über die Beschwerde des D.M., geb. 00.00.1980, StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.09.2004, FZ. 04 15.682-EAST Ost, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben und die Angelegenheit gem. § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Ukraine, stellte am 03.08.2004 einen Asylantrag. Daraufhin wurde er am 10.08.2004 sowie am 12.08.2004 vom Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich befragt.

 

Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, vom 13.09.2004, FZ. 04 15.682-EAST Ost, richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird.

 

Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 13.09.2004, FZ. 04 15.682-EAST Ost, den Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei (Spruchpunkt II). Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wurde der Asylwerber "aus dem österreichischen Bundesgebiet" ausgewiesen (Spruchpunkt III).

 

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde ein und brachte im Wesentlichen vor, er habe als Taxifahrer gearbeitet und habe einmal vier Männer befördert. Diese Männer hätten den Beschwerdeführer entführt und vom Besitzer des Fahrzeuges Lösegeld für den Beschwerdeführer verlangt. Er sei von ihnen vier Tage lang gefoltert worden. Der Beschwerdeführer habe diese Männer nicht gekannt, nehme jedoch an, dass diese von der Mafia stammten. Nach zwei Wochen habe er flüchten können. Nach der Flucht hätten ihm seine Eltern geraten, das Land zu verlassen, da er nicht mehr sicher leben könne und sei es ihm aus diesem Grund auch nicht möglich, in sein Heimatland zurückzukehren.

 

Zu Situation in seinem Heimatland verwies der Beschwerdeführer auf den Bericht von Amnesty International 2004 sowie auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte betreffend Folterungen und Misshandlungen durch die Behörden und in den Gefängnissen in der Ukraine.

 

Die Behörde habe es auch unterlassen, den Beschwerdeführer zu seinen Rückkehrhindernissen gezielt zu befragen, aufgrund des dargelegten Sachverhaltes drohe dem Beschwerdeführer jedoch die sofortige Verhaftung und liefe der Beschwerdeführer Gefahr, unmenschlicher Behandlung oder Strafe ausgeliefert zu werden. Entgegen der Ansicht des Bundesasylamtes sei er in seiner Heimat sehr wohl der Gefahr asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt. Eine Abschiebung in seine Heimat sei daher gemäß Art. 3 EMRK sowie gemäß Art. 33 GFK, gleichlautend mit § 57 FrG, unzulässig.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 01.07.2008 hat der Gesetzgeber den Asylgerichtshof als unabhängige Kontrollinstanz in Asylsachen eingerichtet. Die maßgeblichen verfassungsmäßigen Bestimmungen bezüglich der Einrichtung des Asylgerichtshofes befinden sich in den Art. 129c ff. B-VG. Gemäß Art. 151 Abs. 39 Z. 1 B-VG wird mit 01.07.2008 der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof. Laut Z. 4 leg. cit. sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen abweisenden Bescheid. Daher ist das Verfahren des Beschwerdeführers von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshofes weiterzuführen.

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, da der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Bezüglich der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG (außerhalb des abgekürzten Berufungsverfahrens) hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zum Verfahren vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat, ausgeführt, dass der Spielraum dafür - im Vergleich zu sonstigen Berufungsverfahren nach dem AVG - bei einem unabhängigen Verwaltungssenat eher geringer und jedenfalls nicht größer sei. Eine generelle Unzulässigkeit der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG wurde damit nicht zum Ausdruck gebracht. Weiters wird darin ausgeführt, dass die Berufungsbehörde eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts, sondern nur dann treffen darf, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich erscheint". Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG siehe auch Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).

 

Bezüglich der Gesetzmäßigkeit der Ermessensausübung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG hat der VwGH ausgeführt, dass der Gesetzgeber in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet hat, wobei dem Unabhängigen Bundesasylsenat die Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" zukommt (Art. 129c Abs. 1 B-VG). In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln, und es ist gemäß § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzgebers, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre "umfassende" Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315; VwGH vom 12.12.2002, Zl. 2000/20/0236 sowie VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0020).

 

Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes - freilich immer unter ausreichender Bedachtnahme auf das Interesse der Partei an einer raschen Erledigung des Asylverfahrens - bei der Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch einzubeziehen. Unter dem Blickwinkel einer Kostenersparnis für die Partei ist dabei vor allem auch zu beachten, dass die Vernehmung vor dem Bundesasylamt dezentral durch die Außenstellen in den Bundesländern erfolgt, während der Unabhängige Bundesasylsenat - anders als bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern, für die vergleichbares auf Landesebene gilt - als zentrale Bundesbehörde in Wien eingerichtet ist (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).

 

Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seine Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zum Unabhängigen Bundesasylsenat und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. VwGH vom 16.04.2002, Zl. 99/20/0430). Die dem Unabhängigen Bundesasylsenat in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommenden Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" (Art. 129c Abs. 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem erstinstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen des Asylwerbers sachgerecht einzugehen (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0020).

 

Der Verfassungsgesetzgeber hat nunmehr den Unabhängigen Bundesasylsenat durch den Asylgerichtshof als nachprüfendes gerichtsförmiges Kontrollorgan mit umfassender Kontrollbefugnis ersetzt. Bereits aufgrund der genannten Bestimmungen des B-VG und der in ihnen erkennbar vom Verfassungsgesetzgeber vorgesehenen Kontinuität ergibt sich, dass der Asylgerichtshof die Funktion des Unabhängigen Bundesasylsenates übernimmt. Die oben genannten Kriterien, die der Verwaltungsgerichtshof für die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren aufgestellt hat, müssen sohin auch für das vor dem Asylgerichtshof zu führende Verfahren gelten, welcher als Nachfolgebehörde des Unabhängigen Bundesasylsenat über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen erkennt und somit eine überprüfende Funktion wahrnimmt. Auch für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof gilt, dass die Funktion des Asylgerichtshofes als Kontrollorgan ausgehöhlt würde und die Einrichtung des nunmehr vorgesehenen Verfahrenszuges an den Asylgerichtshof zur Formsache würde, wenn das notwendige Ermittlungsverfahren vollständig vor den Asylgerichthof verlagert würde, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen des Asylwerbers sachgerecht einzugehen.

 

Im konkreten Fall stellt sich die Lage nun so dar, dass es das Bundesasylamt unterlassen hat, ausreichende Ermittlungen zur Situation des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat - insbesondere zu seinem Vorbringen, er sei tagelang gefangen gehalten und gefoltert worden, sowie dass sein Vater der kommunistischen Partei angehört habe - anzustellen.

 

Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 10.08.2004 angegeben, er sei von unbekannten Männern entführt und tagelang gefoltert worden. Ein seiner Einvernahmen vom 12.08.2004 fügte der Beschwerdeführer hinzu, sein Vater sei Mitglied der kommunistischen Partei gewesen und er vielleicht in Gefahr sei, weil sein Vater früher etwas getan habe. Er glaube, dass die Leute, die ihn entführt hätte, sich rächen wollten.

 

Das Bundesasylamt hat es unterlassen, sich mit den sich aus diesem Vorbringen ergebenden Fragen auseinander zu setzen und insbesondere durch ergänzende Fragestellungen an den Beschwerdeführer zu ermitteln, wie beispielsweise, was sich bei der Entführung und Folterung des Beschwerdeführer im Detail zugetragen habe, warum er sich nicht an die staatlichen Behörden gewandt habe und warum der Beschwerdeführer überhaupt annimmt, dass es aufgrund der Mitgliedschaft seines Vaters bei der kommunistischen Partei zu Übergriffen auf den Beschwerdeführer gekommen sei. Die Klärung dieser Fragen wäre jedoch notwendig gewesen, da das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen ist, dass der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 7 Asylg 1997 biete. Eine solche Einschätzung kann jedoch nur vor dem Hintergrund einer erschöpfenden Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes getroffen werden.

 

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass es das Bundesasylamt gänzlich unterlassen hat, Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zu treffen. Es wäre jedoch im vorliegenden Fall notwendig gewesen, Feststellungen zur allgemeinen Sicherheitslage in der Ukraine sowie insbesondere zur Situation früherer Mitglieder der kommunistischen Partei und deren Angehörigen sowie zur Inanspruchnahme des staatlichen Schutzes der Ukraine zu treffen, zumal der Beschwerdeführer bei seinen niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt ausdrücklich angegeben hat, er befürchte, von Unbekannten (Privatpersonen) verfolgt zu werden, wobei der Grund möglicherweise darin liegen könnte, dass sein Vater der kommunistischen Partei angehört habe. Das Bundesasylamt wäre gehalten gewesen, die Angaben des Beschwerdeführers auch anhand der maßgeblichen Informationen zur Lage im Herkunftsstaat zu überprüfen. In seiner Beschwerde hat der Beschwerdeführer darüber hinaus angegeben, die Männer, die ihn entführt haben, könnten Angehörige der Mafia gewesen sein.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19.4.2001, Zl. 99/20/0301, ausgeführt, dass zur Abgrenzung einer konkreten, von einem Asylwerber vorgebrachten Fluchtgeschichte zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat eine - je nach Fall unterschiedlich detaillierte - Ermittlung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat notwendig sei. Darüber hinaus erweise sich die Ermittlung dieser Situation auch im Bereich der Feststellung nach § 8 AsylG 1997 iVm § 57 FrG 1997 als unentbehrlich, stelle sie doch den Hintergrund für die Beurteilung der Zulässigkeit einer der dort genannten Rückbringungsmaßnahmen dar.

 

Er wäre daher im gegenständlichen Fall geboten gewesen, durch konkrete Länderermittlungen die diesbezügliche Situation in der Ukraine abzuklären.

 

Im fortgesetzten Verfahren wird das Bundesasylamt daher zum einen durch ergänzende Befragung des Beschwerdeführers die näheren Umstände des von ihm geschilderten Fluchtvorbringens zu klären haben. Zudem wird das Bundesasylamt Feststellungen zur allgemeinen Sicherheitslage in der Ukraine, sowie insbesondere zur Situation von ehemaligen Mitgliedern der kommunistischen Partei und deren Angehörigen sowie zur Möglichkeit der Inanspruchnahme staatlichen Schutzes im Falle von Übergriffen durch Privatpersonen, zu treffen haben. Hierbei wird das Bundesasylamt auch das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde, die Entführer könnten Angehörige der Mafia gewesen sein, zu berücksichtigen haben. Auf der Grundlage entsprechender Ermittlungsergebnisse wird das Bundesasylamt vor allem auch die Frage zu behandeln haben, ob ein dem Beschwerdeführer allenfalls von staatlicher Seite zuteil werdender Schutz ausreicht, um auszuschließen, dass der der Beschwerdeführer im konkreten Fall den Eintritt eines asylrelevante Intensität erreichenden Nachteils mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat.

 

Anschließend sind diese Feststellungen dem Beschwerdeführer im Rahmen einer weiteren Einvernahme gemäß § 45 Abs. 3 AVG vorzuhalten und ihm die Möglichkeit zu geben, dazu Stellung zu nehmen.

 

Da im konkreten Fall sohin der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ermittelt wurde, dass eine weitere Vernehmung des Beschwerdeführers notwendig ist, im Rahmen derer das Ermittlungsergebnis - wie im obigen Absatz angeführt - vorzuhalten ist, war der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückzuverweisen. Wenn diese Sachverhaltsmängel nicht von der Erstbehörde saniert werden, so würde das diesbezügliche Ermittlungsverfahren vor die Beschwerdeinstanz verlagert und somit der zweitinstanzliche Verfahrensgang unterlaufen werden. Mit der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG hat der Asylgerichtshof jedoch im gegenständlichen Fall die Möglichkeit, dem Abbau einer echten Zweitinstanzlichkeit des Verfahrens und der Aushöhlung seiner Funktion als Kontrollinstanz entgegenzuwirken (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084 sowie Zl. 2002/20/0315).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverband, Folter, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, politische Gesinnung, Sicherheitslage
Zuletzt aktualisiert am
14.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten