B12 311.409-1/2008/4E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Rohrböck als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn H.A., geb. 2000, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. März 2007, Zl. 06 07.057-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 8. Mai 2008 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde des Herrn H.A. gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. März 2007, Zl. 06 07.057-BAL, wird gemäß § 34 Abs. 2 AsylG stattgegeben und Herrn H.A. der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass Herr H.A. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den am 31. Dezember 2006 im Rahmen eines Familienverfahrens (§ 34 AsylG) gestellten Antrag auf internationalen Schutz des minderjährigen Beschwerdeführers unter Hinweis auf § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und ihm den Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.); weiters wurde mit diesem Bescheid dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Absatz 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15. Juni 2011 erteilt (Spruchpunkt III).
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführer ist der Sohn von Frau H.S., deren Beschwerde der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Juli 2008 Folge gegeben und Frau H.S. Asyl gewährt hat.
Dies ergibt sich aus den Asylakten des Beschwerdeführers, seiner Mutter sowie seiner Geschwister.
2. Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde im Rahmen eines Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG eingebracht.
3. Rechtlich ergibt sich folgendes:
3.1. Gemäß § 75 Abs 7 Z 1 AsylG 2005 sind Verfahren, welche am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig und einem Senatsmitglied dieser Behörde zugeteilt waren, welches als Richter des Asylgerichtshofes ernannt wurde, von diesem als Einzelrichter weiterzuführen, soweit eine mündliche Verhandlung bereits stattgefunden hat.
Gemäß §§ 73 Abs. 1 und 75 AsylG 2005 iVm § 1 AsylG 2005 ist das Asylgesetz 2005 auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 1. Jänner 2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Verfahren das neue Asylgesetz 2005 zur Anwendung gelangt.
§ 34 Abs. 1 AsylG lautet: "Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Abs. 1 Z 22) von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, es sei denn, dass 1. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist, oder 2. dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.
Gemäß Abs. 5 leg. cit. gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshof.
3.2. Familienangehörige sind gemäß § 2 Z 22 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familiengemeinschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmale sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK" und der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist.
Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil v. 13. 6. 1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).
Nach dem obzitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jener Kinder durch Art 8 MRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der MRK-Rechtssprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.
3.3. Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist der Beschwerdeführer der minderjährige Sohn von Frau H.S., welcher mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. Juli 2008 internationaler Schutz gewährt wurde. Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich somit, wie in § 2 Z. 22 AsylG gefordert, um den Familienangehörigen einer Asylberechtigten. Da überdies keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Beschwerdeführer die Fortsetzung seines Familienlebens mit dem asylberechtigten Angehörigen in einem anderen Staat möglich wäre, war dem Beschwerdeführer spruchgemäß Asyl zu gewähren.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.