TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/08 A4 234169-7/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.08.2008
beobachten
merken
Spruch

A4 234.169-7/2008/17E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Lammer als Einzelrichter über die Beschwerde des J. A., geb. 1971, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.05.2008, FZ. 05 05.740-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1 Der nunmehrige Beschwerdeführer - seinen Angaben nach Staatsangehöriger von Nigeria - stellte am 23.09.2002 einen Antrag auf Asyl.

 

Im Wesentlichen brachte der nunmehrige Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen vor, dass er in Nigeria von Moslems verfolgt werde, da er Christ sei. Er würde wegen seines Glaubens mit dem Tode bedroht.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.12.2000, FZ. 02 27.890-BAT, wurde der Antrag gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und weiters festgestellt, dass gemäß § 8 AsylG 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des nunmehrigen Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist. Die gegen diese Entscheidung mit 27.12.2000 erhobene Berufung wies der Unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 27.04.2004, GZ: 234.169/0-III/09/03, gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997 ab. Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichthofs wies dieser mit Beschluss vom 24.08.2004, Zl. 2004/01/0279-6, ab. Der Bescheid der Erstinstanz vom 20.12.2000 erwuchs sohin in Rechtskraft.

 

2. Der nunmehrige Beschwerdeführer brachte am 21.04.2005 einen neuerlichen Asylantrag ein, den er am 09.05.2005 persönlich beim Bundesasylamt einbrachte.

 

Bei seinen niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 11.05.2005 sowie am 17.05.2005 brachte der nunmehrige Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, nicht nach Nigeria zurückzukönnen, da er dort getötet werde. Er könne sich nirgends verstecken und sie werden ihn finden. Weiters wies er darauf hin, dass er im ersten Verfahren Übersetzungsfehler gegeben hätte und habe er sich wegen der Länge der Einvernahme nicht konzentrieren können. Er wolle nunmehr, dass das Verfahren nun aufgerollt werde.

 

3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.05.2005, FZ. 05 05.740-EAST Ost, wurde der am 09.05.2005 gestellte (neuerliche) Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.

 

4. Gegen diese Entscheidung erhob der nunmehrige Beschwerdeführer am 02.06.2005 Berufung (nunmehr Beschwerde).

 

II. Der Asylgerichtshof hat über diese Beschwerde wie folgt erwogen:

 

Der Asylgerichtshof geht ebenso wie im rechtskräftigen, den ersten Asylantrag abweisenden Bescheid der Erstinstanz davon aus, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Nigeria ist. Seine Identität kann nicht festgestellt werden. Der Asylgerichtshof geht - wie das Bundesasylamt - davon aus, dass der Beschwerdeführer seit seiner erstmaligen Einreise nach Österreich das Gebiet der EU-Staaten nicht mehr verlassen hat.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Es war von den im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren getroffenen Feststellungen zum Herkunftsland des nunmehrigen Beschwerdeführers auszugehen, zumal im nunmehrigen Verfahren keine Beweismittel vorgelegt wurden, die anders lautende Feststellungen nahe legen würden. Das betrifft auch den angegebenen Namen sowie das Alter des nunmehrigen Beschwerdeführers. Im nunmehrigen Verfahren hat der Beschwerdeführer keine Identitätsdokumente sowie Beweismittel für sein Vorbringen vorgelegt. Auch hat sich die persönliche und menschenrechtliche Lage in Nigeria nicht wesentlich verändert.

 

Die Feststellungen, wonach der nunmehrige Beschwerdeführer seit seiner erstmaligen Einreise das Gebiet der EU-Staaten nicht mehr verlassen hat, gründen sich aus den Angaben bei seiner Niederschrift vom 11.05.2005 vor dem Bundesasylamt (siehe erstinstanzlicher Akt Seite 59).

 

Bezüglich seines Vorbringens in seinem Heimatland von Moslems gesucht zu werden wird ausgeführt, das diese Tatsache schon vor seiner Einreise in das Bundesgebiet bestanden hat. Es ergibt sich auch nicht aus dem dem Asylgerichtshof vorliegenden Dokumentationsmaterial, dass sich die allgemeine Lage in Nigeria seit Rechtskraft des den erstinstanzlichen ersten Asylbescheid abschließenden Verfahren in relevanter Weise verändert hätte, dass etwa ein Bürgerkrieg ausgebrochen wäre oder dergleichen. Deshalb waren dazu keine neuen, geänderten Feststellungen zu treffen.

 

III. In rechtlicher Hinsicht hat der Asylgerichtshof erwogen:

 

Da das Bundesasylamt mit dem angefochtenen Bescheid den Asylantrag zurückgewiesen hat, ist Gegenstand der vorliegenden Entscheidung der erkennenden Behörde nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst (vgl. VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; 30.05.1995, 93/08/0207).

 

Bei der Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig ausgesprochenen Zurückweisung eines Antrages internationalen Schutzes hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung nicht neu geltend gemacht werden (s. z.B. VwSlg. 5642 A, VwGH 28.11.1968, 571/68, 23.5.1995, 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. aber VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind (abgesehen von hier nicht relevanten Fällen) Anbringen von Beteiligten, die die Änderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Begehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 26.9.1994, 93/10/0054). Verschiedene "Sachen" iSd § 68 Abs. 1 AVG würden vorliegen, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage (vgl. insoweit aber § 44 Abs. 5 AsylG) oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgebenden erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren (auch abgesehen von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind) abweicht (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 2 E. 80 zu § 68 AVG sowie das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 10.6.1998, Zl. 96/20/0266). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und ist in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten, so steht die Rechtskraft des ergangenen Bescheides dem neuerlichen Antrag entgegen.

 

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. z. B. VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; VwGH 15.10.1999, 96/21/0097).

 

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30.05.1995, 93/08/0207).

 

Dem geänderten Sachverhalt muss Entscheidungsrelevanz zukommen (VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16. 12. 1992, 92/12/0127; 23. 11. 1993, 91/04/0205; 26. 4. 1994, 93/08/0212; 30. 1. 1995, 94/10/0162; siehe auch VwGH 15.5.1985, 84/09/0004; 19. 3. 1986, 84/09/0148; 28. 6. 1994, 94/08/0021). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.2.1991, 90/09/0162; 10.6.1991, 89/10/0078; 4.8.1992, 88/12/0169; 18.3.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A; VwGH 5.5.1960, 1202/58; 3.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH v. 24.2.2000, Zl. 99/20/0173-6).

 

Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Antragstellers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen (VwGH v 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315).

 

Im vorliegenden Fall hat der nunmehrige Beschwerdeführer anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesasylamt keine individuellen, konkret seine Person betreffenden neuen, asylrelevanten Fluchtgründe geltend gemacht, sondern sich im Wesentlichen auf jene Probleme bezogen, die er bereits im ersten Asylverfahren angegeben hat. Der nunmehrige Beschwerdeführer stützt seinen nunmehrigen zweiten Asylantrag auf Ereignisse, die bereits vor seiner Ausreise aus Nigeria vorgefallen sein sollen. Das Vorbringen im nunmehrigen Verfahren auf Gewährung von Asyl deckt sich mit dem Vorbringen, das bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren als nicht glaubwürdig qualifiziert wurde. Der neuerliche Asylantrag dient solcherart lediglich der Überprüfung einer bereits rechtskräftigen Entscheidung und wurde vom Bundesasylamt zu Recht wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.

 

Schließlich ist noch darauf zu verweisen, dass der nunmehrige Beschwerdeführer im Zuge des nunmehrigen Verfahrens keine neu entstandenen Beweismittel vorgelegt hat, die zu einem abweichenden Verfahrensergebnis führen könnten.

 

Die auf § 68 Abs. 1 AVG gestützte Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz erweist sich sohin als rechtmäßig. Der Berufung war nicht Folge zu geben.

Schlagworte
Identität der Sache, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
20.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten