TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/08 C7 259852-0/2008

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Veröffentlicht am 08.08.2008
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Spruch

C7 259.852-0/2008/8E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HAT als Einzelrichterin über die Berufung des W.X., geb. 00.00.1971, StA. China, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.03.2005, FZ. 03 31.780-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.10.2007 zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idgF, als unbegründet abgewiesen.

 

II. W.X. wird gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idgF, aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Volksrepublik China ausgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der nunmehrige Berufungswerber, ein chinesischer Staatsangehöriger, stellte am 15.10.2003 einen Asylantrag.

 

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme beim Bundesasylamt, Außenstelle Wien, am 15.10.2003 gab der Berufungswerber im Wesentlichen an, er habe Mitte Oktober 2002 sein Heimatland legal mit dem Zug verlassen und sei am 20.03.2003 illegal in Österreich eingereist. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass die Polizei nach ihm suche, da er seit März 2002 in Falungong eingeführt worden sei. Praktiziert habe er Falungong noch nicht. Er habe ca. ein Monat Kontakt mit Anhängern von Falungong gehabt, welche ihn dann auch über die polizeiliche Suche nach ihm informiert haben. Er habe sich versteckt gehalten, und es sei ihm nicht mehr möglich gewesen, zur Arbeit zu erscheinen. Ob es einen Haftbefehl gebe, wisse er nicht. Er befürchte, verhaftet zu werden.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.03.2005, Zl. 03 31.780-BAW, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchteil I) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in die Volksrepublik China gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist (Spruchteil II). Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Fluchtgründe des Berufungswerbers, insbesondere auch seine Nähe zu Falun Gong, nicht glaubwürdig sind.

 

Dagegen richtet sich die am 18.04.2005 erhobene Berufung.

 

2. Am 08.10.2007 wurde eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Berufungswerber mit seiner Vertreterin teilnahm und zu der das Bundesasylamt keinen Vertreter entsandt hat. Auf Befragen durch die Richterin (VL) gab der Berufungswerber (BW) folgendes an:

 

VL: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage an der Verhandlung teilzunehmen?

 

BW: Ja.

 

VL: Ist Ihre dem bisherigen Verfahren zugrundegelegte Identität richtig? Auf § 119 Abs 2 FPG wird hingewiesen.

 

BW: Mein Name ist W.X., geb. 00.00.1971.

 

VL: Waren Ihre Aussagen im erstinstanzlichen Verfahren richtig und bleiben diese aufrecht?

 

BW: Ja. Es kann aber sein, dass ich heute etwas ausführlicher darüber sprechen werde.

 

VL: Haben Sie alle Beweismittel in Vorlage gebracht? Möchten Sie noch irgendwelche verfahrensrelevante Dokumente bzw. Beweismittel vorlegen?

 

BW: Nein, ich habe nichts vorzulegen.

 

VL: Wo in China haben Sie gelebt?

 

BW: In der Provinz Fujian.

 

VL: Mit wem haben Sie dort gewohnt?

 

BW: Zusammen mit meiner Frau und meinem Kind.

 

VL: Wie heißen Ihre Frau und Ihr Kind?

 

BW: Mein Sohn heißt W.T. und meine Frau heißt G.M.. Ich möchte korrigieren: Der Familienname meiner Ehefrau ist C..

 

VL: Was haben Sie in China gearbeitet?

 

BW: Ich war Bauarbeiter.

 

VL: Arbeiten Sie hier in Österreich?

 

BW: Ich lebe hauptsächlich von den Zuwendungen der Behörden. Es kann vorkommen dass ein Chinarestaurant bei mir anruft, wenn sie jemanden brauchen und dann helfe ich aus.

 

VL: Haben Sie Verwandte, Familienangehörige hier in Österreich?

 

BW: Nein.

 

VL: Haben Sie Verwandte in China?

 

BW: Eigentlich nur meine Eltern, die beide noch leben.

 

VL: Wo leben diese?

 

BW: Sie haben im selben Ort wie ich gewohnt.

 

VL: Haben Sie Geschwister?

 

BW: Einen Bruder habe ich.

 

VL: Wie lautet der Name Ihres Bruders?

 

BW: Mein Bruder heißt W.Z..

 

VL: Haben Sie noch weitere Geschwister?

 

BW: Nein.

 

VL: Sie haben beim Bundesasylamt noch eine weitere Schwester angegeben!

 

BW: Da muss ich mich geirrt haben, da war ich sehr aufgeregt.

 

VL: Wann haben Sie China verlassen?

 

BW: Das war am 17. Oktober 2002.

 

VL: Warum haben Sie China verlassen?

 

BW: Es hat mit Falungong zu tun gehabt. Ich bin damals relativ neu dabei gewesen. Ich hatte noch nicht viel Erfahrung. Es wäre zu viel gesagt, dass ich Falungong-Anhänger war, dazu war ich nicht lang genug dabei. Aber ich hatte schon ein bisschen hineingeschnuppert. Ich bin über Freunde dazugekommen. Es ist der Polizei bekannt geworden und ich bin dann vor der Polizei ins Ausland geflohen.

 

VL: Über welche Freunde sind Sie zu Falungong gekommen?

 

BW: Es waren Arbeitskollegen, die mich dorthin vermittelt haben.

 

VL: Wie waren die Namen Ihrer Kollegen?

 

BW: Ich kann einen Namen angeben, es ist ein Herr namens W.J..

 

VL: Wo sind Sie in Kontakt gekommen mit Falungong?

 

BW: Es gab einen Ort an dem wir uns getroffen haben. Der Ort war auf einem Feld in der freien Natur. Es war nur zum Kennenlernen. Besonders viel praktiziert habe ich das nicht in Bezug auf diese Bewegungsabläufe.

 

VL: Was haben Sie da gelernt über Falungong?

 

BW: Ich könnte nicht konkret sagen, was ich dort gelernt habe. Ich habe nur ein bisschen in Büchern geblättert und es hat Propagandabroschüren gegeben, die ich gelesen habe.

 

VL: Wenn Sie sich auf dem Feld getroffen haben, was haben Sie da gemacht?

 

BW: Da ist Propaganda gemacht worden.

 

VL: Welche Propaganda?

 

BW: Zum Beispiel sind da neue Interessenten gekommen, welche erst einmal vertraut gemacht werden mussten. Das habe ich mit Propaganda gemeint.

 

VL: Womit wurde man da vertraut gemacht. Was hat man ihnen dort erzählt oder gezeigt?

 

BW: Ich weiß allgemeine Dinge, ich kenne die drei Grundbegriffe dieser Bewegung, die heißen Wahrheit, Güte und Schönheit. Ich weiß auch, dass viele Leute der Meinung sind, dass man mit Falungong Krankheiten heilen kann. Man kann es auch dazu benützen körperlich widerstandsfähiger zu werden und es hat auch einen günstigen Einfluss auf das Temperament eines Menschen.

 

VL: Haben Sie auch etwas von den Übungen gelernt?

 

BW: Ja, ich habe sie schon etwas betrieben diese Übungen.

 

VL: Wie viele Übungen gibt es da?

 

BW: Bekannt sind mir ein oder zwei Grundübungen.

 

VL: Gibt es eine bestimmte Anzahl von Übungen, gibt es ein paar oder viele?

 

BW: Es gibt zwei.

 

VL: Wann sind Sie mit Falungong in Kontakt getreten?

 

BW: Das war im März 2002.

 

VL: Warum haben Sie sich dafür interessiert?

 

BW: Mein Interesse ist geweckt worden durch Bücher die von diesen Leuten damals verteilt wurden. Ich bin auch von Bekannten gefragt worden.

 

VL: Was war es, das Sie besonders an diesen Büchern interessiert hat?

 

BW: Das was mich am meisten interessiert hat war, dass man damit Krankheiten heilen kann und dass man körperlich widerstandsfähiger wird.

 

VL: Wie lange sind Sie zu diesen Treffen gegangen?

 

BW: Ungefähr einen Monat lang.

 

VL: Kennen Sie Namen dieser Übungen?

 

BW: Ja. Die eine Übung heißt "die 1000 Hände von Falun" und das andere ist eine Übungsart, die nach einem Baum benannt ist. Es ist eine spezielle Baumart. Ich weiß nicht genau ob ich den Baum richtig aufgeschrieben habe. (Anmerkung Dolmetscher: Im Wörterbuch ist dieses Schriftzeichen ein Laubbaum der gut riecht. Ausgesprochen heißt das Schriftzeichen "CHUN".

 

VL: Welche Bücher waren das, die Sie über Falungong gelesen haben?

 

BW: Die Bücher hatten den Titel "Falun Dafa" und "Zhuan Falun".

 

VL: Welche Probleme hatten Sie in China, dass Sie das Land verlassen haben?

 

BW: Die Schwierigkeiten hatten damit zu tun, dass wir mitbekommen hatten, dass in anderen Gegenden Leute von der Polizei verhaftet wurden und so sind wir dann unsererseits vor der Polizei geflüchtet.

 

VL: Hatten Sie selbst konkret Probleme mit der Polizei?

 

BW: Die Polizei hatte mich bereits zur Fahndung ausgeschrieben aber ich bin rechtzeitig geflüchtet. Ich weiß, dass ich auf einer Namensliste gestanden habe und wenn sie mich irgendwo angetroffen hätte, hätte es schlecht für mich ausgesehen.

 

VL: Wie wurde der Polizei Ihr Name bekannt?

 

BW: Es gab so eine Art Buch, in dem die Namen aller Personen standen, die sich für diese Treffen angemeldet haben. Und irgendwie ist die Polizei in Besitz dieses Buches gekommen.

 

VL: Wenn Falungong-Anhänger Probleme mit der Polizei hatten, warum wurden dann solche Bücher angelegt, in denen die Namen der Interessenten angeführt waren?

 

BW: Ich war der Meinung dass das alles streng geheim ist. Wir waren alle sehr überrascht.

 

VL: Wen meinen Sie mit "wir"?

 

BW: Es hat mehrere betroffen. Wir wussten aber die Namen untereinander nicht.

 

VL: Können Sie Namen von Falungong-Anhängern in Ihrem Dorf nennen?

 

BW: Ich weiß nur den Namen der Kontaktperson. Die anderen Namen haben wir untereinander nicht ausgetauscht. Der Name der Kontaktperson war W.J..

 

VL: Gab es auch irgendeine Stelle in der Gemeinde, wo man sich getroffen hat, beispielsweise eine Zentrale? Oder hat man sich irgendwo heimlich getroffen?

 

BW: Es gab schon Stützpunkte wo die Leute zusammengetroffen sind, das Einzugsgebiet war relativ groß. Das Einzugsgebiet hatte eine zentrale Örtlichkeit wo die neu angeworbenen Personen hingekommen sind und das war in unserer Landgemeinde L..

 

VL: Wie groß ist diese Landgemeinde?

 

BW: Wenn man die umliegenden Dörfer miteinbezieht, kommt man über 100.000 Einwohner.

 

VL: Wie ist der Name Ihres Dorfes?

 

BW: Ich habe in L. gewohnt, da gab es keine Dorfbezeichnung.

 

VL: Ist L. auch eine Stadt?

 

BW: Es ist eine Landgemeinde.

 

VL: Wissen Sie wie die Polizei in den Besitz dieses Buches gekommen ist?

 

BW: Es hat einmal eine Polizeiaktion gegeben, da ist es uns gelungen wegzulaufen. Der Verantwortliche ist geschnappt worden und das Buch wurde bei ihm gefunden.

 

VL: Wann war das?

 

BW: Das war im April 2002.

 

VL: Kennen Sie den Namen des Verantwortlichen der geschnappt wurde?

 

BW: Nein.

 

VL: Woher wissen Sie überhaupt von diesem Buch?

 

BW: Das habe ich gehört von diesem W.J.. Er hat mir gesagt, dass es diese Aufzeichnungen gibt.

 

VL: Wurde Sie irgendwann von der Polizei auch aufgesucht?

 

BW: Ich hatte keine persönliche Begegnung mit der Polizei.

 

VL: Können Sie mir etwas von dieser Polizeiaktion erzählen, die Sie vorher erwähnt hatten?

 

BW: Es war so, dass die Polizei, auf welcher Art auch immer, das weiß ich nicht, davon Wind bekommen hat, dass sich eine Gruppe immer wieder trifft. Sie ist dann direkt zum Versammlungsort gekommen um uns auszuheben, aber zu diesem Zeitpunkt waren wir alle zu Hause und es war nur der Verantwortliche dort. W.J. hat uns erzählt was los war und so waren wir gewarnt.

 

VL: Sie sagte vorhin, dass es Ihnen gelungen ist bei dieser Polizeiaktion wegzulaufen?

 

BW: Ja, es stimmt trotzdem. Wir waren nicht anwesend und sind danach weggelaufen. Herr W.J. hat uns darüber informiert und hat uns gesagt, dass es besser ist, wenn wir uns nicht mehr zu Hause aufhalten.

 

VL: Wohin sind Sie dann gegangen?

 

BW: In eine benachbarte Landgemeinde, namens H..

 

VL: Bei wem haben Sie sich da aufgehalten?

 

BW: Bei Verwandten.

 

VL: Welche Verwandte waren das?

 

BW: Bei meinem Onkel.

 

VL: Haben Sie noch andere Verwandte in China?

 

BW: Ja, die Frau des Onkels und der Sohn der beiden.

 

VL: Wie lange haben Sie sich bei diesen Verwandten aufgehalten?

 

BW: Zwei bis drei Monate ca.

 

VL: Hat die Polizei bei Ihnen zu Hause nach Ihnen gesucht?

 

BW: Ja.

 

VL: Wann war das?

 

BW: Das kann ich nicht sagen, ich war nicht da, ich habe nur im nachhinein erfahren, dass die Polizei da war. Ich vermute es war innerhalb des ersten Monates nachdem ich weggegangen war. Ich glaube sogar, dass das innerhalb der ersten paar Tage war, nachdem ich weggegangen bin.

 

VL: Leben Ihre Frau und Ihr Kind noch in L.?

 

BW: Ja.

 

VL: Arbeitet Ihre Frau?

 

BW: Nein, sie passt zu Hause auf das Kind auf.

 

VL: Wovon lebt Ihre Familie?

 

BW: Sie hat sich Geld ausgeliehen und manchmal gelingt es mir, ihr etwas Geld zu schicken.

 

VL an BWV: Haben Sie Fragen an den BW oder möchten Sie etwas vorbringen?

 

BWV: Welche Schulbildung haben Sie?

 

BW: Fünf Jahre Grundschule.

 

BWV: Haben Sie Schwierigkeiten Namen aufzuschreiben?

 

BW: Es bereitet mir schon Schwierigkeiten, aber einiges konnte ich ohnehin aufschreiben.

 

VL: Gibt es noch irgendetwas was Sie sagen wollen?

 

BW: Wenn ich nach China zurückgehen müsste, müsste ich, wenn ich Glück habe nur ein paar Jahre ins Gefängnis, und wenn ich Pech habe, etwas länger. Ich könnte Gefahr laufen misshandelt zu werden, wie andere auch. Ich habe hier in Österreich Glück gehabt von verschiedenen Stellen unterstützt worden zu sein. Ich habe ein Dach über dem Kopf, ich habe genug zu essen und bekomme auch Geld um Kleidung zu kaufen. Ich fühle mich auch sehr sicher in diesem Land und hoffe dass auch weiterhin in Bezug auf mich die Menschenrechte eingehalten werden.

 

VL: Arbeiten Ihre Eltern?

 

BW: Richtig arbeiten können sie nicht mehr. Sie pflanzen nur ein bisschen Gemüse an bei Bedarf und sind darauf angewiesen, dass ich ihnen Geld schicke.

 

VL: Sie haben im Jahr 2003 bei der BPD-Schwechat angegeben, dass Sie China aus wirtschaftlichen Gründen verlassen haben, können Sie etwas dazu sagen?

 

BW: Ich kann mich daran nicht erinnern.

 

VL: Es werden zur allgemeinen Lage in China nachfolgende Berichte in das Verfahren eingeführt und zum Gegenstand der heutigen Verhandlung erklärt:

 

Quellen:

 

-

Auswärtiges Amt, "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

 

Republik China", Stand Oktober 2006

 

-

UK Home Office, China Country Report, Dezember 2006

 

-

UK Home Office, Operational Guidance Note China, Juli 2007

 

-

US Department of State, China, Country Report on Human Rights Practices - 2006,

 

06.03.2007

 

-

ÖB, Länderbericht Volksrepublik China, August 2006

 

Vereinbart wird, dass die RV eine schriftliche Stellungnahme zu den Länderberichten innerhalb einer Frist von zwei Wochen einbringt.

 

Auf Befragen der VL, ob der BW alles verstanden und alles vorgebracht hat, gibt dieser an:

 

BW: Ich habe alles verstanden, alles vorgebracht und nichts mehr hinzuzufügen.

 

3. Am 24.10.2007 langte eine schriftliche Stellungnahme des Berufungswerbers zur Situation in China ein.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Es werden folgende Feststellungen getroffen:

 

1.1. Der Berufungswerber ist Staatsangehöriger der Volksrepublik China. Seine Identität wird entsprechend seinen Angaben in der Verhandlung festgestellt.

 

1.2. Es wird nicht festgestellt, dass der Berufungswerber in seinem Heimatland Verfolgung ausgesetzt war oder dass ihm Verfolgung droht.

 

1.3. Zur Lage in der Volksrepublik China werden aufgrund der in der Verhandlung zitierten Quellen nachfolgende Feststellungen getroffen:

 

China versteht sich als sozialistischer Staat mit alleinigem Herrschaftsanspruch der Kommunistischen Partei (KPCh). Seit November 2002 ist Hu Jintao Generalsekretär und seit März 2003 auch Staatspräsident. Hu Jintao setzt bislang die von Deng Xiaoping begründete und von Jiang Zemin energisch vorangetriebene Reformpolitik in Wirtschaft und Gesellschaft bei strikter Bewahrung des politischen Systems und Machtmonopols der KPCh fort. Er wird hierbei von Ministerpräsidenten Wen Jiabao unterstützt.

 

Das Handeln staatlicher Organe richtet sich am Rechts- und Herrschaftsverständnis der kommunistischen Gesellschaftsordnung aus, häufig verbunden mit Praktiken traditioneller chinesischer Machtausübung durch Zentralregierung und regionale Amtsträger. Gesetze werden deshalb in der Praxis mitunter als Instrumente zur Durchsetzung der jeweiligen politischen Ziele und Ausrichtungen, auch sog. "Kampagnen", eingesetzt oder ggfs. ignoriert. Personen, die ihre Opposition zur Regierung und herrschenden Ideologie öffentlich äußern, setzen sich der Gefahr von Repression durch staatliche Stellen aus. Verfolgt werden auch Aktivitäten, die sich aus Sicht der Regierung gegen die Kommunistische Partei, die Einheit des Staates (vor allem durch die Autonomiebestrebungen in Tibet und Xinjiang, Taiwan) oder das internationale Ansehen Chinas richten.

 

Andererseits haben sich die individuellen Freiräume der Bürger in Wirtschaft und Gesellschaft erheblich erweitert. Die Lebensqualität der städtischen Mittelschicht und großer Teile der Landbevölkerung ist seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik kontinuierlich gewachsen. Soweit das Machtmonopol der KP - und damit die Privilegierung einer Gruppe - nicht gefährdet wird, ist die Führung bereit, individuelle Freiheit einzuräumen. Die Regierung hat erkannt, dass es von Vorteil ist, das Regierungshandeln durch ein funktionierendes Rechtssystem zu untermauern, Verwaltungshandeln berechenbarer zu machen, Kompetenzen festzulegen, Abwehrrechte des einzelnen gegen Behördenwillkür zu stärken und die grassierende Korruption - auch von Regierungsmitgliedern - zu bekämpfen. Dem Einzelnen werden gewisse Schutzrechte gegen behördliche Willkür eingeräumt, allerdings immer im Rahmen des öffentlichen (parteipolitischen) Interesses.

 

Falungong:

 

Wer Falun Gong öffentlich oder auch in Gruppen Gleichgesinnter praktiziert, kann in der VR China festgenommen und sofern er sich nicht - aus Sicht der chinesischen Sicherheitsbehörden - glaubwürdig von der Bewegung distanziert, ohne Gerichtsverfahren in ein Umerziehungslager überstellt werden. Teilweise werden auch "lediglich praktizierende einfache Anhänger" diesen Maßnahmen unterworfen. Bisher kam es zu Festnahmen von über Tausend Falun Gong-Anhängern.

 

Falun Gong-Anhänger werden nicht von den chinesischen Behörden zu Hause aufgesucht. Für Personen, welche zu Hause privat Falun Gong praktizieren, besteht daher im Regelfall keine Verfolgungsgefahr durch die Behörden ("there will not normally be any risk sufficient to amount to "real risk" from the Chinese authorities for a person who practices Falun Gong in private and with discretion").

 

The UNHCR reported in January 2005 that there is no evidence to suggest that all Falun Gong members are being systematically targeted by the Chinese authorities (especially in view of the large numbers involved).

 

(UK Home Office, Operational Guidance Note China, Juli 2007, Pkt. 3.6)

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Der Lebensstandard der Bevölkerung steigt im Allgemeinen kontinuierlich an, wenn auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit.

 

Es war bisher nicht festzustellen, dass abgelehnte Personen politisch oder strafrechtlich verfolgt werden, weil sie einen Asylantrag gestellt haben. Ein Asylantrag allein ist nach chin. Recht kein Straftatbestand. Aus Sicht der chinesischen Regierung kommt es primär auf die Gefährlichkeit der einzelnen Person für Regierung und Partei an, formale Aspekte wie etwa Mitgliedschaft in einer bestimmten Organisation, Asylantragstellung, illegaler Grenzübertritt sind nicht zwangsläufig entscheidend. Im Fall von Jiang Renzheng wurde ein abgeschobener Asylbewerber in ein Umerziehungslager eingewiesen. Nach Auskunft der CHN Behörden, war der Grund seiner Inhaftierung, dass er weiter aktiv Falun Gong betreibe und diesen Ideen nicht abschwören wolle.

 

Personen, die China illegal, d.h. unter Verletzung der Grenzübertrittsbestimmungen verlassen haben, können bestraft werden. Es handelt sich aber um ein eher geringfügiges Vergehen, das - ohne Vorliegen eines davon unabhängigen besonderen Interesses an der Person - keine politisch begründeten, unmenschlichen oder erniedrigenden Repressalien auslöst. Kapitel 6 Abschnitt 3 des neuen StGB der Volksrepublik China stellt vor allem Handlungen von organisiertem Menschenschmuggel unter Strafe. Nach § 322 des chinesischen Strafgesetzbuches kann das heimliche Überschreiten der Grenze unter Verletzung der Gesetze bei Vorliegen ernster und schwerwiegender Tatumstände mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, Gewahrsam oder Überwachung und zusätzlich einer Geldstrafe bestraft werden. Es wird nach bisherigen Erkenntnissen in der Praxis aber nur gelegentlich, und dann mit Geldbuße geahndet.

 

2. Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

2.1. Die Fluchtgründe des Berufungswerbers müssen als unglaubhaft bezeichnet werden und werden der Beurteilung nicht zu Grunde gelegt.

 

Selbst unter dem Gesichtpunkt, dass der Berufungswerber nach eigenen Angaben erst begonnen haben will, sich mit Falun Gong auseinanderzusetzen, ist nicht nachvollziehbar, dass er nicht einmal über Basiswissen zu Falungong verfügt. Schon das Bundesasylamt hat deshalb in seiner Bescheidbegründung ein Naheverhältnis des Berufungswerbers zu Falun Gong als unglaubhaft eingestuft und wurde dieser Beweiswürdigung in der Berufungsschrift auch nicht entgegengetreten. Konkret war der Berufungswerber in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt nicht in der Lage, auf grundlegende Fragen zu Falun Gong zu antworten. Weder kannte er ein Hauptwerk zu Falun Gong, Zhuan Falun, noch die Übungen, dies obwohl er bei den Treffen, bei denen er in Falun Gong eingeführt worden sein soll, in Büchern geblättert und Broschüren gelesen haben will (siehe Verhandlungsschrift, S. 4). Dass er in der Verhandlung doch die Namen von Büchern nennen konnte, unter anderem Zhuan Falun, legt die Vermutung nahe, dass sich der Berufungswerber in der Zwischenzeit ein gewisses Wissen angeeignet hat, vermag jedoch den Befund der Unglaubwürdigkeit nicht entscheidend zu relativieren, zumal er auch in der Verhandlung weder die Grundbegriffe noch die Übungen richtig und vollständig angeben konnte. Auch müssen die Aussagen des Berufungswerbers in der Verhandlung zu den Treffen mit den Falun Gong Anhängern als wenig detailreich bezeichnet werden.

 

Weiters kommt hinzu, dass der Berufungswerber die Suche durch die Polizei in den erstinstanzlichen Einvernahmen und in der mündlichen Verhandlung in seiner Schilderung unterschiedlich darstellte. So erklärte er beim Bundesasylamt, dass die Polizei von seinen Kontakten zu Falun Gong Anhängern erfahren habe und ihn deshalb, wie er von Falun Gong Mitgliedern informiert wurde, suchen würde. In der Verhandlung führte er aus, dass er von Verhaftungen von Falun Gong Leuten in der Gegend gehört habe und deshalb geflüchtet sei. Außerdem sei die Polizei in Besitz einer Namensliste gelangt, auf welcher auch sein Name gestanden sei, und suche ihn daher. Es erscheint nicht einsichtig, warum der Berufungswerber nicht schon früher, im erstinstanzlichen Verfahren oder in der Berufungsschrift, diese Namensliste erwähnt hat.

 

Schließlich ist noch anzumerken, dass der Berufungswerber im Jahr 2003 bei der Bundespolizeidirektion Wien noch angab, aus wirtschaftlichen Gründen sein Heimatland verlassen zu haben, woran er sich in der Verhandlung auf Vorhalt nicht mehr zu erinnern vermochte (siehe Verhandlungsschrift, S. 7).

 

Gesamthaft betrachtet ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber nie mit Falun Gong zu tun hatte und seine Verfolgung durch die chinesischen Behörden nicht den Tatsachen entspricht.

 

2.2. Die Feststellungen über das Herkunftsland des Berufungswerbers ergeben sich aus den in der mündlichen Verhandlung zitierten und dem Parteiengehör unterworfenen Quellen. Zur Lage in China, auch zu Falun Gong, haben sich aus den aktuelleren Berichten des US State Departments vom März 2008 und des UK Home Office vom Dezember 2007 keine wesentlichen Änderungen ergeben. Der Berufungswerbervertreter ist den Länderberichten in der schriftlich erstatteten Stellungnahme nicht substantiiert entgegengetreten und sind die in der Stellungnahme ergänzend vorgelegten Länderberichte zudem älteren Datums. Der Asylgerichtshof verkennt dabei nicht, dass Falun Gong Anhängern Verfolgung in China drohen kann, und geht dies auch aus den der Entscheidung zu Grunde gelegten Feststellungen hervor, jedoch wurde im konkreten Fall dem Vorbringen des Berufungswerbers zu seiner angeblichen Nähe zu Falun Gong aus obigen Gründen die Glaubwürdigkeit versagt.

 

2.3. Es wurde auch festgestellt, dass Personen, die China illegal, d. h. unter Verletzung der Grenzübertrittsbestimmungen verlassen haben, bestraft werden können und dass nach bisherigen Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes das heimliche Überschreiten der Grenze in der Praxis aber nur gelegentlich, und dann mit Geldbuße, geahndet wird, außer es läge ein davon unabhängiges besonderes Interesses an der betreffenden Person vor.

 

Aus der Aktenlage geht hervor, dass der Berufungswerber sein Heimatland legal mit einem Visum für Russland verlassen hat, sodass die einschlägigen Bestimmungen im gegenständlichen Fall nicht zum Tragen kommen. Im Übrigen wurde das Fluchtvorbringen des Berufungswerbers als unglaubhaft gewertet, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt ein besonderes Interesse an seiner Person nicht als gegeben erachtet werden würde.

 

2.4. Überdies ist festzuhalten, dass, wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, der Berufungswerber allein auf Grund der Tatsache, dass er einen Asylantrag gestellt hat, keine Sanktionen in seinem Heimatland zu erwarten hat.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG idF BGBL. I Nr. 100/2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen; § 44 AsylG 1997 gilt. Gemäß § 44 Abs. 2 AsylG werden Asylanträge, die ab dem 1. Mai 2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBL. I Nr. 76/1997, in der jeweils geltenden Fassung geführt, weshalb auf den vorliegenden, nach diesem Datum gestellten Asylantrag, die Bestimmungen idF der Asylgesetz-Novelle 2003 anzuwenden sind.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor der nunmehr zuständigen Richterin stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.

 

3.2. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt des aus Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention übernommenen Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH vom 26.2.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH vom 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.4.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH E vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH E vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH E vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Daher muss die Verfolgungsgefahr (bzw. die wohlbegründete Furcht davor) im gesamten Gebiet des Heimatstaates des Asylwerbers bestanden haben.

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlings-Konvektion genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Der Berufungswerber hat keine Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht und war daher die Berufung gemäß § 7 AsylG abzuweisen.

 

3.3. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 Fremdengesetz 1997 idF BGBl. I 126/2002 (FrG) zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Zur Auslegung des § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBL I 2003/101 iVm § 50 FPG 2005 (Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1. Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verweisen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des Art. 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechenden Bestimmungen" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG) ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992 und § 57 Fremdengesetz, BGBl I Nr. 126/2002 BGBL, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Berufungswerber betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG idF BGBl I 2003/101 zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 13669/03).

 

Wie bereits oben ausgeführt, liegt keine Verfolgung im Sinne der GFK vor, daher bleibt zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, der Berufungswerber liefe Gefahr, in China einer Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG unterworfen zu werden.

 

Dass dem Berufungswerber im Falle der Rückkehr in die Volksrepublik China die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zahl:

2003/01/0059, zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK), hat der Berufungswerber nicht darlegen können und kann auch von Amts wegen nicht davon ausgegangen werden, lassen doch die Länderberichte keinesfalls den Schluss zu, dass Staatsangehörigen der Volksrepublik China generell in China die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Es ist nicht ersichtlich, warum dem Berufungswerber, der gemäß eigener Angaben, welche hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse auch nicht in Zweifel gezogen wurden, in China als Bauarbeiter gearbeitet hat, eine Existenzsicherung in seinem Heimatland nicht möglich und zumutbar sein sollte, wie es ihm auch vor seiner Ausreise möglich war. Zudem lebt seine Familie (Frau, Kind, Eltern, Bruder) in seinem Heimatland, sodass ein soziales Bezugsnetz für den Fall der Rückkehr besteht.

 

Auch sind im Verfahren keine "außergewöhnlichen Umstände" hervorgekommen, die dem Berufungswerber im Falle seiner Rückkehr drohen könnten und die ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnten wie etwa Hungertod, eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens.

 

Somit war die Berufung auch hinsichtlich § 8 Abs. 1 AsylG abzuweisen.

 

3.4. Ist ein Asylantrag abzuweisen und wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden (§ 8 Abs. 2 AsylG). Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u.a.). Bei einer Ausweisungsentscheidung nach § 8 Abs. 2 AsylG ist auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH vom 15.10.2004, Zl. G 237/03, VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u.a.). Gemäß Artikel 8 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.4.1. Der Berufungswerber verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunke, seine gesamte Familie (auch Ehefrau und Kind) lebt in China.

 

3.4.2. Auszuführen ist ferner, dass selbst bei Bejahung eines Eingriffes in das Privatleben des Berufungswerbers, die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Asylgerichtshofes zu Lasten des Berufungswerbers ausfällt:

 

Insofern man im gegenständlichen Fall einen Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Privatleben bejaht, ist eine Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK durchzuführen.

 

Bei der Interessensabwägung sind unterschiedliche Kriterien zu beachten (vgl. jüngst VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07, VfGH vom 01.10.2007, Zl. G 179, 180/07 unter Bezugnahme auf Judikatur des EGMR): Dies sind etwa die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Fall Ghiban, Appl. 11.103/03, NVwZ 2005, 1046), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Fall Abdulaziz ua., Appl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Fall Al-Nashif, Appl. 50.963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.4.1997, Fall X, Y und Z, Appl. 21.830/93, ÖJZ 1998,

271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582;

09.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560;

16.06.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 11.4.2006, Fall Useinov, Appl. 61.292/00). Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 05.09.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).

 

Der VwGH hat im Erkenntnis vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 festgehalten, dass ein dreijähriger auf die Stellung eines Asylantrages gestützter Aufenthalt im Bundesgebiet (regelmäßig) keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat begründet.

 

Der EGMR hat sich jüngst in seinem Urteil vom 8. April 2008 (rk. 8. Juli 2008), NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 mit der Frage der Interessensabwägung zwischen einem während des Asylverfahrens begründeten Privatleben und dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Zuwanderungskontrolle und der damit verbundenen Abschiebung abgewiesener Asylwerber im Hinblick auf

Artikel 8 EMRK auseinandergesetzt.

 

Dazu führte er aus, dass das Bestehen eines Privatlebens für die Zulässigkeit der Abschiebung nicht von Bedeutung wäre, da die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt und außerdem jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

 

Es handle sich bei der ugandischen Beschwerdeführerin überdies um keine niedergelassene Zuwanderin, und sei ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt worden, sodass ihr Aufenthalt in der UK während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher gewesen sei.

 

Auch die behauptete Verzögerung der Behörden ändere nichts und mache die Abschiebung in Folge der Abweisung der Anträge nicht unverhältnismäßig.

 

Es ist somit nach oben dargelegter jüngster EGMR Judikatur in der Regel nicht erforderlich, eine nähere Prüfung des Privatlebens des Berufungswerbers iS von Artikel 8 EMRK vorzunehmen, da das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher zu bewerten ist und die Ausweisung keinen unverhältnismäßigen Eingriff begründen kann.

 

Selbst bei Prüfung des Privatlebens im Sinne der bisherigen Judikatur der österreichischen Höchstgerichte würde nach Ansicht des Asylgerichtshofes die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung im vorliegenden Fall zu Lasten des Berufungswerbers ausfallen. Der Berufungswerber hält sich zwar zum Entscheidungszeitpunkt seit beinahe 5 Jahren in Österreich auf, in dieser Zeit hatte er aber niemals einen anderen als einen vorübergehenden, asylrechtlichen Aufenthaltstitel. Allfällige freundschaftliche Beziehungen wurden zu einem Zeitpunkt eingegangen, an dem er sich seiner prekären aufenthaltsrechtlichen Position bewusst war. Der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich stellte somit unter Berücksichtigung der Unbegründetheit des Asylantrages aufgrund einer unrichtigen Verfolgungsbehauptung, der rechtswidrigen Einreise in das Bundesgebiet sowie der mangelnden Selbsterhaltungsfähigkeit keine derart schützenswerte Integration dar, dass allein aus diesem Grunde die Ausweisung für unzulässig zu erklären wäre.

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofs überwiegt daher das öffentliche Interesse an einer Effektuierung der vorliegenden negativen Entscheidung über den Asylantrag. Die Ausweisung stellt somit keinen unzulässigen Eingriff in eine gemäß der EMRK geschützte Rechtsposition dar.

 

Sohin war insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, non refoulement, soziale Verhältnisse
Zuletzt aktualisiert am
14.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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