S13 400.841-1/2008/2Z
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Kirschbaum als Einzelrichterin über die Beschwerde der T.T., geb. 00.00.1975, StA.:
Russische Föderation, vertreten durch: Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.07.2008, FZ. 08 01.153-EAST-WEST, beschlossen:
Der Beschwerde wird gemäß § 37 Absatz 1 AsylG 2005 idgF. BGBl. I Nr. 100/2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, vom 19.07.2008, Zahl: 08 01.153-EAST-WEST, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 30.01.2008 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gemäß Artikel 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung nach Polen zulässig sei.
2. Der nähere erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre rechtsfreundliche Vertreterin fristgerecht Beschwerde und beantragte u. a., dass der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt, der Beschwerde stattgegeben und das Verfahren zugelassen werde.
4. Die Beschwerdeführerin brachte im Wesentlichen vor, dass die Erstbehörde zu Unrecht davon ausgehe, dass ihr psychischer Zustand einer Überstellung nach Polen nicht entgegenstehe. Insbesondere habe die Erstbehörde nicht berücksichtigt, dass ihr im Jahr 2003 geborener Sohn elf Tage nach der Geburt an einer Nierenerkrankung plötzlich verstorben sei, und ihr im März 2008 in Österreich geborener Sohn M. an derselben Krankheit leide. Dies stelle eine große psychische Belastung für die Beschwerdeführerin dar, da sie Angst habe, ihrem Sohn könne bei einer Überstellung nach Polen nicht die notwendige, medizinische Versorgung gewährt werden.
5. Die Beschwerde langte am 04.08.2008 beim Asylgerichtshof ein.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Mit Datum 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005 idF BGBL. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden. Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz am 30.01.2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG 2005 idF BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 hat der Asylgerichtshof einer Beschwerde gegen eine mit einer zurückweisenden Entscheidung (§§ 4 und 5 AsylG 2005 oder § 68 Abs. 1 AVG) verbundenen Ausweisung, binnen sieben Tagen ab Beschwerdevorlage die aufschiebende Wirkung zuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 37 Abs. 2 AsylG 2005 ist bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung nach § 5 AsylG 2005 verbunden ist, die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, auch auf die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Art. 19 Abs. 2 und 20 Abs. 1 lit. e der Dublin II-VO und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts Bedacht zu nehmen.
2. Aus der dem Asylgerichtshof zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Aktenlage kann eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK garantierten Rechte bei Überstellung der Beschwerdeführerin nach Polen nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Es erscheint insbesondere notwendig, nähere Erwägungen zum Gesundheitszustand - in erster Linie in psychischer Hinsicht unter der Berücksichtigung der Auswirkungen der Erkrankung ihres Sohnes M. - der Beschwerdeführerin anzustellen.
2.1. Der Asylgerichtshof wird sodann, nach näheren Erhebungen, unter Berücksichtigung aller Verfahrensakte der Familie, gemeinsam über alle anhängigen Beschwerden der Kernfamilie der Beschwerdeführerin entscheiden.
Der Asylgerichtshof war im Ergebnis jedenfalls zwingend gehalten, gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 vorzugehen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 entfallen.