TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/08 D12 316813-1/2008

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Veröffentlicht am 08.08.2008
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Spruch

D12 316813-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Vorsitzenden und den Richter Dr. Dajani als Beisitzer über die Beschwerde des K.M., geb. 00.00.1980, StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.12.2007, FZ. 05 19.242-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Ukraine, reiste am 10.11.2005 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Daraufhin wurde er am 17.11.2005 und am 22.10.2007 vom Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache sowie am 22.12.2005, am 18.04.2007 und am 12.12.2007 im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die rumänische Sprache vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen.

 

Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 13.12.2007, FZ. 05 19.242-BAW, richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird.

 

Das Bundesasylamt hat den Antrag auf internationalen Schutz des Asylwerbers mit Bescheid vom 13.12.2007, FZ. 05 19.242-BAW, gemäß § 7 AsylG abgewiesen und dem Asylwerber den Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Weiters wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei. Gemäß § 8 Abs 2 AsylG wurde der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen.

 

Gegen diesen am 02.01.2008 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 03.01.2008 fristgerecht Berufung erhoben. In seiner Begründung wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen seine schon vor dem Bundesasylamt gemachten Angaben und führte darüber hinaus aus, er hätte den Verfahrensvorschriften entsprechend manuduziert und zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt entsprechend der in § 18 festgelegten Grundsätzen ausreichend befragt werden müssen. Bei seinen Einvernahmen habe er jedoch nicht genügend Gelegenheit gehabt, seine Fluchtgründe ausreichend darzulegen. So sei er verhalten worden, alles sehr kurz zu schildern, detaillierte Angaben zu machen sei ihm vom Referenten des Bundesasylamtes verweigert worden. Er sie auch unter psychischen Druck gesetzt worden und sei sein Rucksack trotz seines Widerspruches durchsucht worden. Darüber hinaus habe er Probleme mit dem Dolmetsch gehabt, da er nicht gut Russisch spreche. Der Dolmetsch für die Sprache Rumänisch habe sich jedoch pflichtwidrig verhalten, da er von sich aus Fragen gestellt habe und die Antworten des Beschwerdeführers nicht wahrheitsgetreu und detailliert wiedergegeben habe sondern sich auf kurze Antworten beschränkt habe.

 

An das genaue Datum des von ihm gestellten Antrages auf Vereinsgründung könne er nicht wiedergeben, das dies nun schon über drei Jahre her sei. Er habe jedoch bereits vor dem Bundesasylamt angegeben, dass dies im Oktober 2004 gewesen sei. Da er kein Jurist sei sonder Theologe, könne er auch keine genauen Angaben über das Vereinswesen in der Ukraine machen, da er einen Rechtsanwalt mit der Gründung des Vereins beauftragt habe. Er habe lediglich die notwendigen ersten Schritte, wie etwa das Sammeln von Unterschriften, getätigt.

 

Der Beschwerdeführer werde daher aus asylrechtlich relevanten Gründen, nämlich aufgrund seiner Zugehörigkeit zur rumänischen Minderheit in der Ukraine, verfolgt. Er sei wegen der Vereinsgründung unter fadenscheinigen Gründen von der ukrainischen Polizei vorgeladen und befragt worden, wobei er bei einer Vorladung geschlagen worden sei. Auch seine Eltern seien von der Polizei aufgesucht bzw. angerufen worden.

 

Die im Bescheid des Bundesasylamt angeführten Länderfeststellungen hätten nichts mit der Situation des Beschwerdeführers zu tun, es seien keine Feststellungen zu Übergriffen gegen Angehörige der rumänischen Minderheit getätigt worden. Der Beschwerdeführer beantragte hierzu die Einholung eines Gutachtens über die Lage der rumänischen Minderheit in der Ukraine.

 

Der Beschwerdeführer führte weiter aus, dass ihm im Falle einer Rückkehr in die Ukraine unmenschliche Behandlung, schwere Misshandlungen wenn nicht sogar der Tod drohen würden.

 

II. Der Asylgerichtshof hat dazu erwogen:

 

Mit 01.07.2008 hat der Gesetzgeber den Asylgerichtshof als unabhängige Kontrollinstanz in Asylsachen eingerichtet. Die maßgeblichen verfassungsmäßigen Bestimmungen bezüglich der Einrichtung des Asylgerichtshofes befinden sich in den Art. 129c ff. B-VG. Gemäß Art. 151 Abs. 39 Z. 1 B-VG wird mit 01.07.2008 der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof. Laut Z. 4 leg. cit. sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt."

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen abweisenden Bescheid. Daher ist das Verfahren des Beschwerdeführers von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshofes weiterzuführen.

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, da der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Bezüglich der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG (außerhalb des abgekürzten Berufungsverfahrens) hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zum Verfahren vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat, ausgeführt, dass der Spielraum dafür - im Vergleich zu sonstigen Berufungsverfahren nach dem AVG - bei einem unabhängigen Verwaltungssenat eher geringer und jedenfalls nicht größer sei. Eine generelle Unzulässigkeit der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG wurde damit nicht zum Ausdruck gebracht. Weiters wird darin ausgeführt, dass die Berufungsbehörde eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts, sondern nur dann treffen darf, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich erscheint". Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG siehe auch Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).

 

Bezüglich der Gesetzmäßigkeit der Ermessensausübung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG hat der VwGH ausgeführt, dass der Gesetzgeber in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet hat, wobei dem Unabhängigen Bundesasylsenat die Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" zukommt (Art. 129c Abs. 1 B-VG). In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln, und es ist gemäß § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzgebers, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre "umfassende" Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315; VwGH vom 12.12.2002, Zl. 2000/20/0236 sowie VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0020).

 

Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes - freilich immer unter ausreichender Bedachtnahme auf das Interesse der Partei an einer raschen Erledigung des Asylverfahrens - bei der Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch einzubeziehen. Unter dem Blickwinkel einer Kostenersparnis für die Partei ist dabei vor allem auch zu beachten, dass die Vernehmung vor dem Bundesasylamt dezentral durch die Außenstellen in den Bundesländern erfolgt, während der Unabhängige Bundesasylsenat - anders als bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern, für die vergleichbares auf Landesebene gilt - als zentrale Bundesbehörde in Wien eingerichtet ist (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).

 

Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zum Unabhängigen Bundesasylsenat und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. VwGH vom 16.04.2002, Zl. 99/20/0430). Die dem Unabhängigen Bundesasylsenat in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommenden Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" (Art. 129c Abs. 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem erstinstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen des Asylwerbers sachgerecht einzugehen (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0020).

 

Der Verfassungsgesetzgeber hat nunmehr den Unabhängigen Bundesasylsenat durch den Asylgerichtshof als nachprüfendes gerichtsförmiges Kontrollorgan mit umfassender Kontrollbefugnis ersetzt. Bereits aufgrund der genannten Bestimmungen des B-VG und der in ihnen erkennbar vom Verfassungsgesetzgeber vorgesehenen Kontinuität ergibt sich, dass der Asylgerichtshof die Funktion des Unabhängigen Bundesasylsenates vollständig übernimmt. Die oben genannten Kriterien, die der Verwaltungsgerichtshof für die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren aufgestellt hat, müssen sohin auch für das vor dem Asylgerichtshof zu führende Verfahren gelten, welcher als Nachfolger des Unabhängigen Bundesasylsenat über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen erkennt und somit eine überprüfende Funktion wahrnimmt. Auch für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof bleibt sohin festzuhalten, dass die Funktion des Asylgerichtshofes als Kontrollorgan ausgehöhlt würde und die Einrichtung des nunmehr vorgesehenen Verfahrenszuges an den Asylgerichtshof zur Formsache würde, wenn das notwendige Ermittlungsverfahren vollständig vor den Asylgerichthof verlagert würde, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen des Asylwerbers sachgerecht einzugehen.

 

Im konkreten Fall stellt sich die Lage nun so dar, dass es das Bundesasylamt unterlassen hat, ausreichende Ermittlungen zur Situation des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat - insbesondere zu seinem Vorbringen, er sei als Angehöriger der rumänischen Minderheit in der Ukraine Übergriffen ausgesetzt - anzustellen.

 

Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 17.11.2005 angegeben, sein Vater sei rumänischer Abstammung und habe sich in der Ukraine für die Rechte der rumänischen Minderheit eingesetzt. Die Familie sei daher telefonisch bedroht worden. In seiner Einvernahme vom 18.04.2007 fügte der Beschwerdeführer hinzu, er sei in einem Dorf zwei Mal - zuletzt im Jahr 2002 oder 2003 - geschlagen worden. In einer weiteren Einvernahme am 12.12.2007 gab der Beschwerdeführer an, er habe Angst vor der Polizei und der Situation in der Ukraine.

 

Aufliegend im Akt findet sich zudem ein Schreiben des Beschwerdeführers in rumänischer Sprache (vgl. AS 191-203, in Kopie), welches vom Bundesasylamt dem Akt beigelegt wurde, jedoch nicht übersetzt wurde. Im Akt findet sich jedoch keine Information dahingehend, um welche Informationen es sich dabei handelt bzw. ob das Schreiben dem Bundesasylamt vom Beschwerdeführer zur Untermauerung seines Vorbringens zu seinen Fluchtgründen vorgelegt wurde. Diesfalls wäre das Bundesasylamt gehalten gewesen, das Schreiben in die deutsche Sprache übersetzen zu lassen und ihren Erwägungen zugrunde zu legen. Es findet sich auch kein Hinweis, dass das Schreiben des Beschwerdeführers im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme übersetzt und dessen wesentliche Inhalte notiert worden wären.

 

Zudem hat es das Bundesasylamt unterlassen, hinreichende Ermittlungen zur Situation des Beschwerdeführers als Angehöriger der rumänischen Minderheit in der Ukraine zu treffen. Im Rahmen der Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers im Bescheid finden sich lediglich wenige Zeilen zur Situation der Minderheiten in der Ukraine, die sich auf die Feststellung beschränken, es habe Fortschritte bei der Behandlung von ethnischen Minderheiten gegeben, es seien jedoch bestehende Probleme festgestellt worden. Zudem garantiere die Verfassung die Rechte der ethnischen Minderheiten. Es ist aus diesen Feststellungen jedoch keinerlei Information über die konkrete Lage der Angehörigen von Minderheiten abzuleiten, noch lassen diese Rückschlüsse auf die Lage gerade der rumänischen Minderheit in der Ukraine zu, welcher der Beschwerdeführer angehört.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19.4.2001, Zl. 99/20/0301, ausgeführt, dass zur Abgrenzung einer konkreten, von einem Asylwerber vorgebrachten Fluchtgeschichte zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat eine - je nach Fall unterschiedlich detaillierte - Ermittlung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat notwendig sei. Darüber hinaus erweise sich die Ermittlung dieser Situation auch im Bereich der Feststellung nach § 8 AsylG 1997 iVm § 57 FrG 1997 als unentbehrlich, stelle sie doch den Hintergrund für die Beurteilung der Zulässigkeit einer der dort genannten Rückbringungsmaßnahmen dar.

 

Er wäre daher im gegenständlichen Fall geboten gewesen, durch konkrete Länderermittlungen die Sicherheitslage in der Ukraine für Angehörige der rumänischen Minderheit abzuklären.

 

Im fortgesetzten Verfahren wird das Bundesasylamt daher zum einen das Schreiben des Beschwerdeführers, sofern dieses von ihm zu seinem Fluchtvorbringen vorgelegt wurde, übersetzen zu lassen haben und bei ihren Erwägungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers zugrunde zu legen haben. Zudem wird das Bundesasylamt Feststellungen zur Situation von Angehörigen der rumänischen Minderheit in der Ukraine sowie zur Möglichkeit der Inanspruchnahme staatlichen Schutzes im Falle von Übergriffen durch Privatpersonen, zu treffen haben. Auf der Grundlage entsprechender Ermittlungsergebnisse wird das Bundesasylamt in der Folge auch die Frage zu behandeln haben, ob ein dem Beschwerdeführer allenfalls von staatlicher Seite zuteil werdender Schutz ausreicht, um auszuschließen, dass der der Beschwerdeführer im konkreten Fall den Eintritt eines asylrelevante Intensität erreichenden Nachteils mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat.

 

Anschließend sind diese Feststellungen dem Beschwerdeführer im Rahmen einer weiteren Einvernahme gemäß § 45 Abs. 3 AVG vorzuhalten und ihm die Möglichkeit zu geben, dazu Stellung zu nehmen.

 

Da im konkreten Fall sohin der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ermittelt wurde, dass eine weitere Vernehmung des Beschwerdeführers notwendig ist, im Rahmen derer das Ermittlungsergebnis - wie im obigen Absatz angeführt - vorzuhalten ist, war der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückzuverweisen. Wenn diese Sachverhaltsmängel nicht vom Bundesasylamt saniert werden, so würde das diesbezügliche Ermittlungsverfahren vor die Beschwerdeinstanz verlagert und somit der zweitinstanzliche Verfahrensgang unterlaufen werden. Mit der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG hat der Asylgerichtshof jedoch im gegenständlichen Fall die Möglichkeit, dem Abbau einer echten Zweitinstanzlichkeit des Verfahrens und der Aushöhlung seiner Funktion als Kontrollinstanz entgegenzuwirken (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084 sowie Zl. 2002/20/0315).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Minderheiten-Zugehörigkeit, Sicherheitslage
Zuletzt aktualisiert am
15.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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