TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/08 D12 317889-1/2008

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Veröffentlicht am 08.08.2008
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Spruch

D12 317889-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Vorsitzenden und den Richter Dr. Dajani als Beisitzer über die Beschwerde der G.A., geb. 00.00.1984, StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.02.2008, Zahl 06 11.633-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51 in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008, iVm § 61 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, und §§ 3, 8 AsylG 2005 zu Spruchpunkt I und II als unbegründet abgewiesen.

 

II. Spruchpunkt III wird gem. § 66 Abs 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Die Beschwerdeführerin gab an, Staatsangehörige der Ukraine zu sein, und am 03.09.2006 legal mit einem Touristenvisum, für die Dauer von einer Woche, nach Österreich eingereist zu sein. Sie stellte am 30.10.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie wurde hiezu am 30.10.2006 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 11.11.2006 sowie am 13.11.2006 und am 21.11.2007 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

 

Das Bundesasylamt hat den Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 13.02.2008, Zahl: 06 11.633-BAW, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und den Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt. Unter einem wurde festgestellt, dass auch der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG nicht zuerkannt werde. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen. Gegen diesen am 19.02.2008 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 19.02.2008 fristgerecht Berufung erhoben.

 

Begründet wird die Berufung im Wesentlichen mit dem schon vor dem Bundesasylamt gemachten Angaben. Die Beschwerdeführerin behauptet der sozialen Gruppe "Der Kinder von Journalisten welche bedroht werden" anzugehören und dass der Staat Ukraine weder schutzwillig noch schutzfähig ihr gegenüber sei. Weiters gibt sie an in Österreich schon gut integriert zu sein, da sie schon gut Deutsch spreche und mangels Arbeitserlaubnis von der Unterstützung ihrer Familie - welche Geld aus der Ukraine schickt - zu leben.

 

Als Asylgründe gibt die Beschwerdeführerin an, sie und ihre Mutter wären von Angehörigen der lokalen Mafia bedroht worden, nachdem die Mutter mehrere kritische Artikel als Journalistin geschrieben habe.

 

Der Eigentümer der Fabrik sei ein Hr. P., welcher für das Bürgermeisteramt kandidiert und verloren habe. Dieser verkehre mit der Mafia und habe vermutlich Schläger auf ihre Mutter angesetzt. 2006 sei ihre Mutter am Weg nach Hause von einem unbekannte Täter geschlagen worden und hätte einen Nasenbruch sowie eine Gehirnerschütterung davongetragen. Diesen Vorfall hätte sie auch bei der Polizei gemeldet und eine Anzeige bei der Polizei erstattet. Der Täter sei aber bis heute nicht ausgeforscht worden. Die Beschwerdeführerin geht davon aus, dass die Polizei korrupt ist und bestochen wurde und der Vorfall nie aufgeklärt werden wird. In weiterer Folge sei die Beschwerdeführerin von Unbekannten angerufen worden und es sei gedroht worden, falls die Mutter nicht aufhöre, weiterhin negative Artikel über die Zustände in der Firma bzw. über illegale Machenschaften bei der Privatisierung der Firma zu schreiben, würde die Beschwerdeführerin umgebracht werden.

 

Diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin jedoch keine Anzeige erstattet. Es erfolgten noch weitere Drohanrufe, welche auch teilweise von der Großmutter entgegengenommen wurden, es sei aber keine Anzeige gemacht worden, da die Mutter solche Drohanrufe gewöhnt sei und diese ignoriere.

 

Aus diesem Grunde hätte die Familie beschlossen, dass die Beschwerdeführerin aus der Ukraine ausreisen soll um ihr Leben zu schützen. Die Mutter sei jedoch in der Ukraine geblieben, da sie ihren Beruf nicht aufgeben wolle.

 

II. Der Asylgerichtshof hat dazu erwogen:

 

1. Aufgrund des Akteninhaltes steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest.

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Ukraine. Die Mutter der Beschwerdeführerin wohnt und arbeitet in der Ukraine.

 

Nicht festgestellt werden kann, unter Zugrundelegung des Vorbringens der Beschwerdeführerin, dass die staatlichen Behörden in seinem Heimatland nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in der Ukraine eine asylrelevante - oder sonstige - Verfolgung oder Strafe maßgeblicher Intensität oder die Todesstrafe droht oder der Beschwerdeführerin in der Ukraine bei einer Rückkehr die Existenzgrundlage völlig entzogen wäre.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellungen und der Beweiswürdigung wird grundsätzlich auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid verwiesen, zumal das Bundesasylamt ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zu Spruchteil I und II durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens sowie die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst hat (zur Zulässigkeit dieses Vorgehens vgl. VwGH 04.10.1995, Zahl 95/01/0045; VwGH 25.3.1999, Zahl 98/20/0559; VwGH 24.11.1999, Zahl 99/01/0280; VwGH 8.6.2000, Zahl 99/20/0366; VwGH 30.11.2000, Zahl 2000/20/0356; VwGH 22.2.2001, Zahl 2000/20/0557; VwGH 21.6.2001, Zahl 99/20/0460).

 

Die Angaben der Beschwerdeführerin wurden vom Asylgerichtshof aus folgenden Gründen als unglaubwürdig eingestuft:

 

Die Beschwerdeführerin stützt ihren Antrag auf internationalen Schutz auf die Tätigkeit der Mutter als Journalistin und den damit zusammenhängenden Schwierigkeiten mit dem Besitzer einer Fabrik und den daraus folgenden Straftaten.

 

In der Erstbefragung gibt die Beschwerdeführerin noch an ihre Mutter wäre telefonisch mit der Tötung ihrer Tochter bedroht worden. Vor dem BAA ändert sie die Aussage indem sie angibt, selbst telefonisch bedroht worden zu sein.

 

Nach der angeblichen telefonischen Morddrohung gegen sie begibt sich die Beschwerdeführerin in ein Reisebüro und bucht eine Reise nach Österreich, dies widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Personen die mit dem Tode bedroht werden reagieren entweder mit rascher Flucht, oder suchen Hilfe bei der Polizei. Die Beschwerdeführerin hat hingegen am nächsten Tag an dem sie angeblich die Todesdrohung erhalten hat eine neue Arbeit angetreten und diese Arbeit auch bis zur Ausreise nach Österreich, mittels Reisebusses und Visums beibehalten.

 

Die Beschwerdeführerin gibt an, die beigebrachten Zeitungsartikel seien nicht mit dem Namen der Mutter unterschrieben, da diese zum eigenen Schutz unter einem Pseudonym geschrieben wurden. Auf Seite 377 des erstinstanzlichen Aktes - in der Berufung - gibt die Beschwerdeführerin aber an, die Mutter hätte vor dem Überfall auf sie mit dem Fabriksbesitzer "P." persönlich gesprochen und ihn mitgeteilt, sie werde in ihrem nächsten Artikel Beweise gegen ihn veröffentlichen. Warum sollte die Mutter unter einem Pseudonym ihre Artikel schreiben, wenn sie persönlich mit dem Fabriksbesitzer gesprochen hat und diesem - ihrem vermeintlichen Gegner - dadurch persönlich bekannt ist, dies erschein unlogisch.

 

Die Beschwerdeführerin hat zwar mit ihrer Mutter Anzeige bei der Polizei bzgl. der Körperverletzung an der Mutter erstattet, jedoch nicht bzgl. der angeblichen Drohungen gegen sie selbst.

 

Die Beschwerdeführerin hat als Verfolgungsgründe die Bedrohung durch kriminelle Elemente behauptet. Dies in unglaubwürdiger Art und Weise, aber auch wenn man die Fiktion der Wahrheit dieser Behauptungen unterstellt, ist es nicht die primäre Aufgabe des Asylwesens Menschen vor kriminellen Handlungen in ihren Heimatländern zu schützen die nicht von Seiten des Staates ausgehen.

 

Verfolgung durch Dritte kann nur dann Asylrelevanz haben, wenn gleichzeitig feststeht, dass seitens des Staates keine Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit besteht.

 

Die Beschwerdeführerin will der Ukraine die Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit absprechen, indem sie behauptet, die Nichtaufklärung der Körperverletzung an ihrer Mutter spreche für diese These, weshalb sie es unterlassen habe, weitere Straftaten anzuzeigen.

 

Da die Beschwerdeführerin es aber nicht einmal der Mühe Wert gefunden hat bzgl. der angeblichen Morddrohung an ihr, bei der Polizei eine Anzeige zu erstatten, lag es in ihrer eigenen Verantwortung dem Staat überhaupt erst die Chance zu geben diese Straftat aufzuklären.

 

Es ist notorisch, dass auch in der Bundeshauptstadt Wien der Republik Österreich nur ca. 25 - 30 % aller angezeigten gerichtlich strafbaren Handlungen von der Polizei aufgeklärt und die Täter ausgeforscht werden. Aufgrund dieses Umstandes kann aber nicht davon gesprochen werden, dass der Staat Österreich gegenüber seinen Bürgern nicht mehr schutzwillig oder schutzfähig ist. Ebensolches muss auch dem Ukrainischen Staat zugebilligt werden. Ein lückenloser Schutz vor privater Verfolgung kann von staatlichen Organen naturgemäß nicht gewährleistet werden, weshalb dem Fehlen eines solchen auch keine Asylrelevanz zukommt (VwGH 31.8.1995, 94/19/1388; 26.03.1996, 95/19/0046; 4.5.2000, 99/20/0177).

 

Wie in der Länderfeststellung des Bundesasylamtes zur Ukraine, auf die in diesem Zusammenhang nochmals verwiesen wird, dargestellt wurde kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Ukrainische Staat gegenüber seinen Bürgern sowohl schutzwillig als auch schutzfähig ist. Insbesondere wird auf die im Abschnitt "Sicherheitsbehörden" dargelegten Fortschritte bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Bandenkriminalität verwiesen.

 

Als stärkstes Argument gegen die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin spricht jedoch der Umstand, dass die Mutter welche als Ursache der Verfolgungshandlungen dargestellt wurde und deren Verhaltensänderung die Personen der lokalen Mafia ja angeblich bezwecken, in der Ukraine verblieben ist, während die Tochter nach Österreich gereist ist. Wäre die Mutter wirklich in so großer Gefahr wie es die Beschwerdeführerin angibt, dann wäre diese ebenfalls geflohen.

 

Gegen die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin spricht auch der Umstand, dass diese nach dem Eintreffen in Österreich nicht sogleich einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht hat, sondern erst nachdem das Visum abgelaufen war. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung würde ein Mensch der Schutz vor Verfolgung sucht sogleich einen Antrag auf internationalen Schutz stellen und nicht 6 Wochen zuwarten.

 

Für den Asylgerichtshof ergibt sich die logische Konsequenz, dass die Beschwerdeführerin offensichtlich ihre Fluchtgeschichte erfunden hat und aus anderen Gründen nach Österreich gekommen ist.

 

Sonstige Gründe zum Verlassen des Herkunftsstaates, insbesondere irgendeine staatliche Repression, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet. Eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende Gefährdung im Sinn des Art. 3 EMRK kann demnach nicht erkannt werden.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Mit 1. Juli 2008 entscheidet der Asylgerichtshof gemäß Art. 129c Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, idgF, in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Aslygesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, in der geltenden Fassung in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 leg. cit. vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Durch Einzelrichter/Einzelrichterin entscheidet der Asylgerichtshof gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 ausnahmslos über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4 leg. cit.;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 leg. cit. sowie

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

 

Eine mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung fällt gemäß § 61 Abs. 3 Z 2 leg. cit. ebenfalls in die Kompetenz des/der zuständigen Einzelrichters/ Einzelrichterin.

 

Mit Datum 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005 idF BGBL. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf Internationalen Schutz am 13.08.2007 gestellt, weshalb § 5 AsylG 2005 idF BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt."

 

Zu Spruchpunkt I:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011).

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454, 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183, 18.02.1999, 98/20/0468).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Solche Umstände sind im gegenständlichen Asylverfahren nicht hervorgekommen, da die Angaben der Beschwerdeführerin zu den Fluchtgründen als unglaubwürdig beurteilt wurden.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

Zu Spruchteil II:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG) offen steht.

 

Im Vergleich zu § 8 Abs. 1 AsylG 1997, der auf § 57 FrG verwies, bezieht sicht § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nunmehr direkt auf die EMRK. Die Verbote des § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr § 50 FPG 2005) orientierten sich aber gleichfalls an Art. 3 EMRK (vgl. auch VwGH 21.9.2000, 98/20/0557) und erweitern ihn um die Todesstrafe, die per se noch keine unmenschliche oder erniedrigende Strafe iSd EMRK darstellt. Angesichts des somit im Wesentlichen identen Regelungsinhalts des bis 31.12.2005 in Kraft stehenden § 8 Abs. 1 AsylG 1997 im Verhältnis zum nunmehr in Geltung stehenden § 8 Abs. 1 AsylG 2005 - abgesehen vom im letzten Halbsatz des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nunmehr enthaltenen zusätzlichen Verweis auf eine eventuelle ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes als weitere mögliche Bedingung für eine Gewährung subsidiären Schutzes - lässt sich die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum § 8 AsylG 1997 iVm § 57 Abs. 1 auch auf die neue Rechtslage anwenden.

 

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.2.2004, Zl. 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Im Sinne der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.3.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095).

 

Weder aus den Angaben der Beschwerdeführerin zu den Gründen, die für ihre Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0443).

 

Im zitierten Erkenntnis des VwGH vom 21.8.2001 wird die maßgebliche Judikatur des EGMR dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kommt es unter dem hier interessierenden Aspekt darauf an, ob die Abschiebung die betreffende Person in eine "unmenschliche Lage" versetzen würde.

 

Solche Umstände sind im gegenständlichen Asylverfahren nicht hervorgekommen, da die Angaben der Beschwerdeführerin zu den Fluchtgründen als unglaubwürdig beurteilt wurden. Zur Versorgung und Unterkunft der Beschwerdeführerin nach Rückkehr in die Ukraine liegen folgende Umstände vor. Die Mutter der Beschwerdeführerin lebt in der Ukraine und wird bei einer Rückkehr diese unterstützen. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich überdies um eine gesunde Frau mit Universitätsabschluss, welche in der Lage sein wird selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Der erstinstanzliche Ausspruch in Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides war deshalb zu bestätigen.

 

Zu Spruchteil III:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

 

abgewiesen wird;

 

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes

 

Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerber liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist

 

gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist (§ 10 Abs. 3 AsylG). Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung

 

gemäß Abs. 1 Z1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat.

 

Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen (§ 10 Abs. 4 AsylG).

 

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erk. VfSlg.17.340/2004 ausführte, darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und

 

Familienlebens des Auszuweisenden verletzt würde. Diese Rechtsansicht entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

 

Der EGMR hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu

 

führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht: Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR

 

31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 =EuGRZ 2006, 562; 16.9.2004, FallGhiban, Appl. 11.103/03, NVwZ 2005, 1046), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR28.5.1985, Fall Abdulaziz ua., Appl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.6.2002, Fall Al-Nashif, Appl. 50.963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.4.1997, Fall X, Y und Z, Appl. 21.830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 2.8.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Gradder Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582;

9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560;

16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 11.4.2006, Fall Useinov, Appl. 61.292/00) für maßgeblich erachtet. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 5.9.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98;

31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562) (VfGH vom 29.9.2007, Zl. B1150/07).

 

Das Bundesasylamt stellte im bekämpften Bescheid hinsichtlich einer möglichen Verletzung des Art. 8 EMRK durch die Ausweisungsentscheidung lediglich fest, dass "kein Familienbezug (Kernfamilie)" der Berufungswerberin zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vorliege. Das Bundesasylamt hat somit aber nicht geprüft, ob das "Familienleben" der Berufungswerberin in Hinblick auf Art. 8 EMRK durch die Ausweisung beeinträchtigt wird.

 

Angesichts des Umstands, dass die Beschwerdeführerin angab, mit ihrem Lebensgefährten in einer gemeinsamen Wohnung zu leben und die Absicht hätte zu heiraten, wäre das Bundesasylamt gehalten gewesen, Nachforschungen zum Vorbringen der Beschwerdeführerin anzustellen. Die Heirat erfolgte tatsächlich am 00.00.2008, beim Standesamt Wien-Margareten Heiratsurkunde (lt. Anfrage im ZMR). Das Bundesasylamt hätte jedoch Ermittlungen dahingehend anstellen müssen, wer dieser Lebensgefährte ist und inwiefern im Fall der Berufungswerberin die oben angeführten Kriterien erfüllt sind, und das Ermittlungsergebnis in die anzustellende Interessensabwägung einfließen lassen müssen.

 

Dies wurde jedoch vom Bundesasylamt unterlassen.

 

Durch eine einfache Anfrage im zentralen Melderegister auf der Wohnadresse der Beschwerdeführerin hätte sich die Identität des Lebensgefährten leicht feststellen lassen.

 

Daher wird das Bundesasylamt nach Befragung der Eheleute nochmals eine Prüfung der in Art 8 EMRK aufgestellten Kriterien durchzuführen haben.

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung

 

unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug

 

untergeordnete Behörde zurückverweisen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet. In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln, und es ist gemäß § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen

 

würden aber unterlaufen, wenn ein Ermittlungsverfahren in erster Instanz unterbliebe und somit nahezu das gesamte Verfahren vor die Berufungsbehörde verlagert würde, sodass die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen zur bloßen Formsache würde. Das wäre etwa der Fall, wenn es das Bundesasylamt ablehnte, auf das Vorbringen des Asylwerbers sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen. Es liegt nicht im Sinne des Gesetzes, wenn es die Berufungsbehörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und beurteilt, sodass sie ihre umfassende Kontrollbefugnis nicht wahrnehmen kann. Dies spricht auch bei Bedachtnahme auf eine mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens dafür, nach § 66 Abs. 2 AVG vorzugehen (vgl. VwGH 21.11.2002, 2000/20/0084; VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315; ähnlich auch VwGH 12.12.2002, 2000/20/0236; VwGH 30.09.2004, 2001/20/0135).

 

Da es das Bundesasylamt letztlich unterlassen hat, insoweit brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsentscheidung ins Verfahren

 

einzuführen, erweist sich das erstinstanzliche Verfahren in diesem Punkt als so mangelhaft, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, wobei es für

 

die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG unerheblich ist, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine bloße Einvernahme erfolgt (VwGH 21.11.2002, 2000/20/0084 mwN; 21.11.2002, 2002/20/0315; VwGH 11.12.2003, 2003/07/0079). Im Rahmen einer solchen Verhandlung bzw. Einvernahme wäre zur vollständigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes die Erörterung der Ermittlungsergebnisse mit der Berufungswerberin notwendig, um dieser auch das in § 43 Abs. 4 AVG verbürgte Recht zur Stellungnahme zu gewährleisten.

 

Aufgrund der oben angestellten Erwägungen kann auch nicht gesagt werden, dass die unmittelbare Beweisaufnahme durch den Asylgerichtshof bei einer Gesamtbetrachtung zu einer Ersparnis an Zeit und Kosten führen.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte - trotz ausdrücklichem Antrages in der Berufung; vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.01.2003, Zl. 2002/20/0533 - abgesehen werden, da im Sinne des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde zu Spruchpunkt I und II geklärt erscheint und sich aus dem bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ehe, Familienverband, Glaubwürdigkeit, Interessensabwägung, Kassation, Lebensgrundlage, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Privatleben, soziale Gruppe, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
13.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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