TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/08 B12 316617-1/2008

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Veröffentlicht am 08.08.2008
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Spruch

B12 316.617-1/2008/4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Rohrböck als Einzelrichter über die Beschwerde von Frau H. P., geb. 2007, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. November 2007, Zl. 07 10.370-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 8. Mai 2008 zu Recht erkannt:

 

I. Der Beschwerde von Frau H. P. gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. November 2007, Zl. 07 10.370-BAL, wird gemäß § 34 Abs. 2 AsylG stattgegeben und Frau H. P. der Status einer Asylberechtigten zuerkannt.

 

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass Frau H. P. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensgang:

 

Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den am 7. November 2007 im Rahmen eines Familienverfahrens (§ 34 AsylG) gestellten Antrag auf internationalen Schutz der minderjährigen Beschwerdeführerin unter Hinweis auf § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und ihr den Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.); weiters wurde mit diesem Bescheid der Beschwerdeführerin der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 8 Absatz 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15. Juni 2011 erteilt (Spruchpunkt III).

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Die Beschwerdeführer ist die Tochter von Frau H. S., deren Beschwerde der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Juli 2008 Folge gegeben und Frau H. S. Asyl gewährt hat.

 

Dies ergibt sich aus den Asylakten der Beschwerdeführerin, ihrer Mutter sowie ihrer Geschwister.

 

2. Der Asylantrag der Beschwerdeführerin wurde im Rahmen eines Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG eingebracht.

 

3. Rechtlich ergibt sich folgendes:

 

3.1. Gemäß § 75 Abs 7 Z 1 AsylG 2005 sind Verfahren, welche am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig und einem Senatsmitglied dieser Behörde zugeteilt waren, welches als Richter des Asylgerichtshofes ernannt wurde, von diesem als Einzelrichter weiterzuführen, soweit eine mündliche Verhandlung bereits stattgefunden hat.

 

Gemäß §§ 73 Abs. 1 und 75 AsylG 2005 iVm § 1 AsylG 2005 ist das Asylgesetz 2005 auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 1. Jänner 2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Verfahren das neue Asylgesetz 2005 zur Anwendung gelangt.

 

§ 34 Abs. 1 AsylG lautet: "Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Abs. 1 Z 22) von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, es sei denn, dass 1. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist, oder 2. dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Gemäß Abs. 5 leg. cit. gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshof.

 

3.2. Familienangehörige sind gemäß § 2 Z 22 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familiengemeinschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmale sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK" und der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist.

 

Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil v. 13. 6. 1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).

 

Nach dem obzitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jener Kinder durch Art 8 MRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der MRK-Rechtssprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.

 

3.3. Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist die Beschwerdeführerin die minderjährige Tochter der H. S., welcher mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. Juli 2008 internationaler Schutz gewährt wurde. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich somit, wie in § 2 Z. 22 AsylG gefordert, um die Familienangehörige einer Asylberechtigten. Da überdies keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschwerdeführerin die Fortsetzung ihres Familienlebens mit dem asylberechtigten Angehörigen in einem anderen Staat möglich wäre, war der Beschwerdeführerin spruchgemäß Asyl zu gewähren.

 

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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