S13 400.845-1/2008/2Z
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Kirschbaum als Einzelrichterin über die Beschwerde des T.M., geb. 00.00.2008, StA.
Russische Föderation, vertreten durch T.T., diese vertreten durch:
Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.07.2008, FZ. 08 04.892-EAST-WEST, beschlossen:
Der Beschwerde wird gemäß § 37 Absatz 1 AsylG 2005 idgF. BGBl. I Nr. 100/2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, vom 19.07.2008, Zahl: 08 04.892-EAST-WEST, wurde der Antrag des minderjährigen Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.06.2008 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gemäß Artikel 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde der minderjährige Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung nach Polen zulässig sei.
2. Der nähere erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der minderjährige Beschwerdeführer durch seine gesetzliche Vertreterin fristgerecht Beschwerde und beantragte u.a., dass der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt, der Beschwerde stattgegeben und das Verfahren zugelassen werde.
4. In der Beschwerde wurde betreffend den minderjährigen Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, dass die erstinstanzliche Behörde nicht ausreichend berücksichtigt habe, dass dieser an einer Nierenerkrankung leide, wobei insbesondere anzuführen sei, dass sein Bruder im Jahr 2003 elf Tage nach dessen Geburt an derselben Krankheit verstorben sei. Bei einer Überstellung nach Polen bestünde die Gefahr, dass der minderjährige Beschwerdeführer dort nicht die notwendige, medizinische Versorgung erhalten würde.
5. Die Beschwerde langte am 04.08.2008 beim Asylgerichtshof ein.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Mit Datum 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005 idF BGBL. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden. Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz am 04.06.2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG 2005 idF BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 hat der Asylgerichtshof einer Beschwerde gegen eine mit einer zurückweisenden Entscheidung (§§ 4 und 5 AsylG 2005 oder § 68 Abs. 1 AVG) verbundenen Ausweisung, binnen sieben Tagen ab Beschwerdevorlage die aufschiebende Wirkung zuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 37 Abs. 2 AsylG 2005 ist bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung nach § 5 AsylG 2005 verbunden ist, die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, auch auf die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Art. 19 Abs. 2 und 20 Abs. 1 lit. e der Dublin II-VO und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts Bedacht zu nehmen.
2. Aus der dem Asylgerichtshof zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Aktenlage kann eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK garantierten Rechte bei Überstellung des minderjährigen Beschwerdeführers nach Polen nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Es erscheint insbesondere notwendig, nähere Erwägungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sowie zur Behandlungsmöglichkeit in Polen anzustellen.
2.1. Der Asylgerichtshof wird sodann, nach näheren Erhebungen, unter Berücksichtigung aller Verfahrensakte der Familie, gemeinsam über alle anhängigen Beschwerden der Kernfamilie des minderjährigen Beschwerdeführers entscheiden.
Der Asylgerichtshof war im Ergebnis jedenfalls zwingend gehalten, gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 vorzugehen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 entfallen.