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10/10 Datenschutz;Norm
AsylG 1997 §1 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Strohmayer, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des MKK in A, geboren am 7. April 1955, vertreten durch Wolfgang Fromherz, Rechtsanwalt in 4010 Linz, Graben 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 28. September 2000, Zl. 209.192/0-VI/18/99, betreffend § 7 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer reiste am 19. Jänner 1997 zusammen mit seiner Ehegattin und drei Kindern in das Bundesgebiet ein und beantragte am 20. Jänner 1997 Asyl.
Vor dem Bundesasylamt gab er am 21. Jänner 1997 an, er sei in Ararat, Armenien, geboren und aufgewachsen und von 1978 bis 1990 (oder 1991) in Leninakan, Armenien, als Koch berufstätig gewesen. 1990 (oder 1991) habe er zusammen mit seiner Familie Armenien verlassen, weil seine Ehegattin Aserbaidschanerin sei und ihr wegen des Konfliktes um Nagorni-Karabach die Abschiebung aus Armenien gedroht habe. Der Beschwerdeführer und seine Familie hätten bis zum 5. Jänner 1997 in Kiew, Ukraine, gelebt und die Ukraine verlassen, weil der armenische Präsident die ukrainische Regierung ersucht habe, die illegal aufhältigen Armenier zurückzuschicken. Bei einer Abschiebung hätte der Beschwerdeführer damit rechnen müssen, zum armenischen Militär eingezogen und nach Nagorni-Karabach geschickt zu werden. Seiner Ehegattin hätte neuerlich die Abschiebung nach Aserbaidschan gedroht. In der Ukraine sei der Beschwerdeführer illegal ohne Dokumente aufhältig gewesen. Er verfüge lediglich über seine Geburtsurkunde, in der aber kein Lichtbild enthalten sei.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23. Jänner 1997 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 3 AsylG 1991 abgewiesen.
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid machte der Beschwerdeführer in allgemein gehaltener Form, ohne Hinweis auf eigene Erlebnisse, die zur Zeit der behaupteten Flucht des Beschwerdeführers in die Ukraine von der armenischen Regierung systematisch geduldete Verfolgung u.a. gemischter (armenisch/aserbaidschanischer) Ehepaare geltend. Der mögliche Schutz in der Ukraine sei durch die nunmehr vorgenommenen Abschiebungen nach Armenien weggefallen, weshalb "neuerlich die Flüchtlingseigenschaft zu prüfen" sei.
Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Februar 1997 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen.
Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen, zur hg. Zl. 97/01/0374 protokollierten Beschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1997, Zl. AW 97/01/0305- 2, mit der Beifügung, dass dem Beschwerdeführer dadurch wieder die Rechtsstellung zukomme, die er als Asylwerber vor der Erlassung des Berufungsbescheides gehabt habe, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Am 31. März 1998 wurde der Beschwerdeführer unter dem Vorwurf des Ladendiebstahls festgenommen. Nach der Vollanzeige vom 2. April 1998, in der darauf hingewiesen wurde, dass sich der Beschwerdeführer als "Asylant o.B." seit dem 23. Jänner 1997 in der "Bundesbetreuung des Bundesasylamtes" befinde, lagen ihm und seiner Ehegattin der Verdacht eines vollendeten und eines versuchten Ladendiebstahls am 31. März 1998 (Gesamtwert der Waren: S 3.807,80) zur Last. Bei einer Nachschau in der Wohnung des Beschwerdeführers waren weitere Waren im Wert von etwa S 55.000,-- gefunden worden, von denen ebenfalls angenommen wurde, der Beschwerdeführer und seine Ehegattin hätten sie seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet durch Ladendiebstähle erbeutet.
Am 23. Dezember 1997 hatte der Beschwerdeführer in einem Verfahren zur Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung einen auf seinen Namen ausgestellten ukrainischen Führerschein vorgelegt, der sich als Nachahmungsprodukt erwies. Bei seiner Einvernahme dazu hatte der Beschwerdeführer am 9. März 1998 angegeben, er habe im Jahr 1987 (Ausstellungsjahr des Führerscheins) in der Ukraine zu arbeiten begonnen und die ukrainische Polizei habe seinen armenischen Führerschein gegen den ukrainischen ausgetauscht. Die Anzeige wegen des Verdachts der Fälschung besonders geschützter Urkunden wurde im Juni 1998 zur Einbeziehung in das bereits anhängige Strafverfahren wegen der Ladendiebstähle an die dafür zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet.
Mit Schreiben vom 15. April 1998 ersuchte die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit die Abteilung III/13 des Bundesministeriums für Inneres um Mitteilung, ob hinsichtlich des Beschwerdeführers "gegen die Einleitung eines Auslandsschriftverkehrs Einwände" bestünden. Diese Anfrage wurde dahingehend beantwortet, dass gegen die Einleitung einer Auslandskorrespondenz keine Einwände bestünden. Es werde bemerkt, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 27. Februar 1997 "rechtskräftig negativ abgeschlossen" worden und "dagegen eine Beschwerde ... beim Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung anhängig" sei, und ersucht, die armenischen Behörden vom "durchgeführten Asylverfahren nicht in Kenntnis zu setzen".
In einem daraufhin eingeleiteten Schriftverkehr zwischen Interpol Wien und Interpol Jerewan teilte die zuletzt genannte Dienststelle am 10. Juni 1998 mit, eine Person mit den Personaldaten des Beschwerdeführers sei an einer näher genannten Adresse in Vedi, Region Ararat, gemeldet.
Mit Schreiben vom 20. August 1998 wurde diese Mitteilung dahingehend ergänzt, dass die Person mit den Personaldaten des Beschwerdeführers, von der nun auch ein Foto übermittelt wurde, angebe, Armenien nie verlassen zu haben. Ein Vergleich mit dem von Interpol Wien übermittelten Foto ergebe, dass es sich nicht um dieselbe Person handle.
In der Hauptverhandlung am 11. September 1998 wurden der aus der Untersuchungshaft vorgeführte Beschwerdeführer und seine Ehegattin wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls schuldig gesprochen und zu (teils bedingten) Freiheitsstrafen verurteilt. In der schriftlichen Urteilsbegründung hieß es, "auf Grund der Auskunft der armenischen Behörden" handle es sich beim Beschwerdeführer und seiner Begleiterin "mit Sicherheit" nicht um die Personen, als die sie sich ausgäben. Ihre Identität habe nicht festgestellt werden können.
Am 17. Februar 1999 fasste der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Beschwerde gegen den Berufungsbescheid vom 27. Februar 1997 den in § 44 Abs. 3 des am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76, (in der Folge: AsylG) vorgesehenen Zurückweisungsbeschluss.
In einem Schreiben vom 20. April 1999, das vom Bundesasylamt an die belangte Behörde weitergeleitet wurde, teilte die Bundespolizeidirektion Wien dem Bundesasylamt mit, dass der im Asylwerberinformationssystem aufscheinende Beschwerdeführer u. a. am 9. März 1998 und am 31. März 1998 erkennungsdienstlich behandelt worden sei und auf Grund der "von ha. eingeleiteten Auslandskorrespondenz zur Personsfeststellung" von "IP Jerewan" mitgeteilt worden sei, es handle sich nicht um die Person, als die sich der Beschwerdeführer ausgebe. Es werde "um Befragung" des Beschwerdeführers bezüglich seiner "wahren Identität" und um "Bekanntgabe des Ergebnisses" ersucht. Diesem Schreiben war eine Kopie der Mitteilung von Interpol Jerewan vom 20. August 1998 angeschlossen.
In der ersten Verhandlungstagsatzung vor der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer am 9. Juli 1999 unter Beiziehung eines Dolmetschers für die russische Sprache gefragt, ob er "in den letzten Jahren in Österreich Probleme mit der Polizei" gehabt habe. Der Beschwerdeführer gab dazu an, er sei "einmal in einem Warenhaus von einem Warenhausdetektiv angehalten" worden. Man habe ihm vorgeworfen, dass er "ein Motoröl" entwendet hätte, was aber nicht zugetroffen habe. Den anschließenden Vorhalt der Auskünfte von "Interpol Armenien" beantwortete der Beschwerdeführer damit, dass er in seiner Heimat nicht in einem Spital gearbeitet habe und daher nicht wisse, wer wann auf die Welt gekommen sei, und dass die von ihm angegebene Identität richtig sei. Die Geburtsurkunde habe er immer gehabt. Zur Frage, ob er versucht habe, sich aus Armenien "andere Unterlagen und Dokumente zum Identitätsnachweis" schicken zu lassen, gab der Beschwerdeführer an, er habe keinerlei familiären Bezug mehr zu Armenien. Der Aufenthalt "ohne Dokumente" sei in der Ukraine kein Problem gewesen. Die Adresse des Lokals in Kiew, wo er seinen Angaben zufolge von 1990 bis 1997 gearbeitet hatte, und seine eigene letzte Wohnadresse in Kiew konnte der Beschwerdeführer nicht nennen. Er begründete dies damit, dass er immer mit dem Auto zur Arbeit gefahren sei und die Wohnadresse deshalb nicht angeben könne, weil er "auch niemals etwa Briefe geschrieben" habe. Die Verhandlung wurde vertagt, um für die - als Erstreckungswerberin beteiligte - Ehegattin des Beschwerdeführers einen Dolmetscher für die armenische Sprache beizuziehen.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 10. August 1999 nahm der Beschwerdeführer zur Beweiskraft der Auskünfte aus Jerewan Stellung. Darüber hinaus machte er geltend, die Anfrage an die Behörden seines Heimatstaates sei gemäß § 21 Abs. 2 dritter Halbsatz AsylG unzulässig gewesen und die Ergebnisse dürften daher "nicht in das Asylverfahren einfließen".
Mit Schreiben vom 19. August 1999 ersuchte die belangte Behörde die Bundespolizeidirektion Wien um Übermittlung der gesamten Auslandskorrespondenz zur Person des Beschwerdeführers und um Stellungnahme dazu, ob es in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit zu Falschauskünften seitens der armenischen Sicherheitsbehörden gekommen sei.
In der fortgesetzten Berufungsverhandlung am 2. September 1999 wurden die Ergebnisse dieser Anfrage - der Niederschrift nach allerdings nur teilweise - mit dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erörtert. Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin beschrieben nun einen im Herbst 1990 von ihnen erlittenen Überfall durch "jugendliche Anhänger der damals herrschenden politischen Gruppierung" in Armenien, bei dem der Beschwerdeführer und seine Familie misshandelt und zum Teil erheblich verletzt worden seien und der den Anlass zur Flucht in die Ukraine gegeben habe. Darüber hinaus gab der Beschwerdeführer - auf gezieltes Befragen - an, er habe einen 1987 in Kiew ausgestellten Führerschein gehabt, nach dem er im Asylverfahren bisher aber noch nie gefragt worden sei.
In einer dritten Verhandlungstagsatzung am 22. Mai 2000 wurde der Beschwerdeführer u.a. mit Inhalten des in der Zwischenzeit beigeschafften Strafaktes und mit Widersprüchen im Verhältnis zu seinen Angaben im Asylverfahren konfrontiert.
In einer abschließenden schriftlichen Äußerung vom 14. Juni 2000 beharrte der Beschwerdeführer darauf, dass er seine Identität richtig angegeben habe. Es gebe keinerlei Erfahrungswerte dafür, dass Auskünfte der Interpol eines Staates, in dem asylrelevante Verfolgungssituationen bestünden, den Tatsachen entsprechen müssten. Davon unabhängig habe das Beweisverfahren jedoch ergeben, dass der Beschwerdeführer Armenier und seine Gattin Aseri sei, woraus sich für den Beschwerdeführer selbst dann, wenn man seine Identität bezweifeln wolle, in Armenien eine nach wie vor aufrechte ethnisch motivierte Verfolgungssituation ergebe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab. In der Begründung dieser Entscheidung traf die belangte Behörde - im Anschluss an eine ausführliche Wiedergabe des Verfahrensganges, insbesondere der Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin im Berufungsverfahren - zunächst Feststellungen über die Lage in Armenien. Danach seien die ethnischen Aseri in Armenien nach wie vor Schikanen und Gewaltakten seitens der Bevölkerung ausgesetzt, wogegen die armenischen Behörden, wenn auch "nicht offiziell", keinen effektiven Schutz böten. Davon seien "insbesondere armenisch-aserische Ehepaare" sowie Kinder aus solchen Ehen betroffen. Seitens der lokalen Behörden, deren Macht im Vergleich zur Zentralregierung gestärkt worden sei, würden die Übergriffe begünstigt. Die Zahl der Übergriffe sei nur deshalb gering, weil fast alle Aseri das Land verlassen hätten. Aseri mit iranischer Staatsangehörigkeit, die in Armenien geschäftlich tätig seien, würden von den Armeniern als Iraner und nicht als Aseri betrachtet.
Zur Person des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, er habe im Rahmen des bei der belangten Behörde geführten Beweisverfahrens "einen zutiefst unglaubwürdigen Eindruck hinterlassen" und sich, gemessen am Inhalt einer Auskunft der Interpol Kiew zu seinem Führerschein und der Auskünfte der "Interpol Armenien" zu seiner Identität sowie an weiteren Inhalten des Strafaktes, in einer auf insgesamt sechs Seiten des angefochtenen Bescheides im Einzelnen dargestellten Weise in Widersprüche und Unglaubwürdigkeiten verstrickt. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass er die behauptete Identität trage und 1990 aus den von ihm angegebenen Gründen aus Armenien geflohen sei und Armenien sein Herkunftsstaat sei. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht mehr staatenlos oder Staatsangehöriger von Armenien sei, sondern in den Jahren vor seiner Einreise nach Österreich, wobei er diesen Zeitraum möglichst zu verschleiern versuche, die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates angenommen habe. Dass die armenischen Behörden durch bewusste Falschauskünfte eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Armenien herbeizuführen versuchten, um ihn und seine Familie sodann aus Armenien vertreiben zu können, erscheine der belangten Behörde als "reichlich konstruiertes Vorbringen". Der Beschwerdeführer habe vielmehr versucht, durch Täuschung der österreichischen Behörden hier den Asylstatus zu erlangen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer erachtet sich nicht nur in seinem Recht auf Asylgewährung, sondern auch im Recht auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Armenien verletzt (Seite 3 der Beschwerde) und führt an anderer Stelle - ohne nähere Begründung - aus, die belangte Behörde hätte "zumindest" die Unzulässigkeit dieser Maßnahmen feststellen müssen (Seite 6 der Beschwerde). Hiezu ist auf § 44 Abs. 1 letzter Satz AsylG zu verweisen, wonach die Berufungsbehörde in Fällen, in denen die erstinstanzliche Entscheidung vor dem 1. Jänner 1998 erging, nicht zur Vornahme einer non-refoulement-Prüfung verpflichtet ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 12. Mai 1999, Zl. 98/01/0365, vom 16. September 1999, Zl. 99/20/0412, und vom 24. November 1999, Zl. 99/01/0280). Die belangte Behörde hat auch nicht etwa ausgesprochen, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Armenien sei zulässig.
In Bezug auf die Abweisung des Asylantrages vom 20. Jänner 1997, die den einzigen Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildet, hält die Beschwerde diesem im Wesentlichen nur entgegen, die belangte Behörde hätte sich nicht der von Interpol Jerewan erteilten Auskünfte bedienen dürfen, und die Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, ob die Ehegattin des Beschwerdeführers aserbaidschanisch spreche, sei zu Unrecht unterblieben.
Zum ersten dieser Argumente wird in der Beschwerde näher ausgeführt, die mit einer Datenweitergabe verbundene Auskunftserwirkung habe gegen § 21 Abs. 2 AsylG verstoßen. Diese Bestimmung gelte nicht nur für die Asylbehörden, sondern auch für die Strafbehörden. Bei "richtiger Interpretation" sei aus ihr "auch ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich unzulässig erworbener Beweisergebnisse abzuleiten". Hätte die belangte Behörde dies beachtet, so hätte sie nach der in der Beschwerde vertretenen, wenngleich nicht näher begründeten Auffassung aber nicht zu dem Ergebnis kommen können, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht geklärt sei. § 21 Abs. 2 AsylG bezwecke "unter anderem", dem Asylwerber dadurch Schutz zu bieten, dass er auch "vor indirekten Verfolgungen durch Erteilung falscher Auskünfte der Behörden des ehemaligen Heimatstaates" bewahrt werden solle. Gerade durch eine Mitteilung des Heimatstaates, bei der Asyl suchenden Person handle es sich nicht um die Person, als die sie sich ausgebe, werde durch den Verfolgerstaat "am effektivsten eine Schutzgewährung verhindert".
Gemäß § 7 AsylG ist Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
"Herkunftsstaat" im Sinne dieser Bestimmung ist gemäß § 1 Z 4 AsylG "der Staat, dessen Staatsangehörigkeit Fremde besitzen, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat ihres früheren gewöhnlichen Aufenthaltes".
§ 21 Abs. 2 AsylG lautet:
(2) Ein Asylwerber darf nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden; die Übermittlung personenbezogener Daten eines Asylwerbers an den Herkunftsstaat, ist nicht zulässig; Daten, die erforderlich sind, um die zur Einreise notwendigen Bewilligungen zu beschaffen, dürfen jedoch übermittelt werden, wenn der Antrag - wenn auch nicht rechtskräftig - abgewiesen oder zurückgewiesen worden ist und das Ergebnis der non-refoulement-Prüfung dem nicht entgegensteht und die Identität des Asylwerbers nicht geklärt ist."
In der Regierungsvorlage zum AsylG wurde dazu u.a. Folgendes ausgeführt (686 BlgNR XX. GP 26):
"Die Übermittlung personenbezogener Daten von Asylwerbern an dessen (gemeint: deren) Herkunftsstaat ist generell unzulässig. Daten, die erforderlich sind, um die zur Einreise in den Herkunftsstaat notwendige Bewilligung zu beschaffen, dürfen übermittelt werden, wenn der Antrag - wenn auch nicht rechtskräftig - abgewiesen oder zurückgewiesen worden ist und nicht festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist."
Der letzte, in der Regierungsvorlage noch nicht vorgesehene Satzteil ("und die Identität des Asylwerbers nicht geklärt ist") wurde im Ausschussbericht wie folgt erläutert (755 BlgNR XX. GP 6):
"Die Möglichkeit, personenbezogene Daten an den Herkunftsstaat vor rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens zum Zwecke der Einholung eines Heimreisezertifikates zu übermitteln, soll auf jene Fälle beschränkt sein, in denen es sich um 'undokumentierte' Asylwerber handelt. Dies ist deshalb verhältnismäßig, weil einerseits solche Fremde ihre Identitätsdaten oft aus Missbrauchsgründen unterdrücken und andererseits in solchen Fällen die Erlangung von Heimreisezertifikaten besonders schwierig ist."
Im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführer auf Grund des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1997 über die aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde gegen den Berufungsbescheid vom 27. Februar 1997 schon vor dem Inkrafttreten des AsylG am 1. Jänner 1998 wieder als Asylwerber zu behandeln. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes - und damit auch des § 21 Abs. 2 dieses Gesetzes - trat der Berufungsbescheid vom 27. Februar 1997 gemäß § 44 Abs. 2 AsylG außer Kraft. Der Aufhebung des letzten Satzteils der zuletzt genannten Bestimmung ("sofern die Anfechtung vor Kundmachung dieses Bundesgesetzes erfolgte") durch den Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 13. Juni 1998, VfSlg 15.173, bedurfte es dazu nicht, weil die Anfechtung des Berufungsbescheides schon vor der Kundmachung des AsylG am 14. Juli 1997 erfolgt war. Der Beschwerdeführer war daher ab dem 1. Jänner 1998 Asylwerber im Sinne des AsylG und genoss aus diesem Grund (u.a.) den Schutz des § 21 Abs. 2 AsylG.
Eine Übermittlung der Personaldaten und eines Lichtbildes des Beschwerdeführers an dessen behaupteten Herkunftsstaat zum Zwecke der Identitätsfeststellung konnte bei Bedachtnahme auf § 21 Abs. 2 AsylG im April 1998 daher nur im Rahmen des letzten Satzteils dieser Bestimmung (also unter bestimmten Voraussetzungen zur Beschaffung eines Heimreisezertifikates) rechtmäßig sein. Ansonsten verstieß sie auch dann gegen das Gesetz, wenn die armenischen Behörden dabei von dem "durchgeführten" (in Wahrheit: anhängigen) Asylverfahren "nicht in Kenntnis" gesetzt wurden. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes wird dem Schutzzweck der erwähnten Bestimmung nämlich schon dann zuwidergehandelt, wenn die Behörden des behaupteten Herkunftsstaates durch die Datenübermittlung einen Hinweis auf den gegenwärtigen Aufenthaltsort des Betroffenen erhalten (vgl. zum gesetzlichen Schutz personenbezogener Daten von Asylwerbern im Übrigen schon das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2000, Zl. 99/20/0488, sowie - darauf verweisend - das Erkenntnis vom 8. Juni 2000, Zl. 99/20/0087; statt § 1 Abs. 1 und 2 DSG sind nun die entsprechenden Bestimmungen des DSG 2000 zu beachten). Dass die mit der Übermittlung der personenbezogenen Daten verbundene Kontaktaufnahme im vorliegenden Fall nicht im Rahmen des Asylverfahrens, sondern für Zwecke des Strafverfahrens stattfand, scheint angesichts der nicht nach solchen Gesichtspunkten differenzierenden Anordnung in § 21 Abs. 2 AsylG zu keinem anderen Ergebnis zu führen (vgl. auch die Bezeichnung einer solchen Datenübermittlung als "generell unzulässig" in den Materialien).
Ausgehend von dieser - vom Verwaltungsgerichtshof vorläufig geteilten, für die Entscheidung im vorliegenden Fall aber letztlich nicht ausschlaggebenden - Ansicht meint der Beschwerdeführer, die in Beantwortung der Anfrage der österreichischen Behörden übermittelten Auskünfte des von ihm angegebenen Herkunftsstaates hätten im später vor der belangten Behörde fortgesetzten Asylverfahren nicht verwendet werden dürfen. Dem ist im Ansatz noch insoweit zu folgen, als die Erhebung personenbezogener Daten im behaupteten Herkunftsstaat - um deren Ergebnis und nicht um die Übermittlung von Daten an den Herkunftsstaat als solche ginge es bei dem Beweisverwertungsverbot, das sich der Beschwerdeführer vorstellt - in der Regel (wie im vorliegenden Fall) mit einer vorhergehenden Übermittlung personenbezogener Daten an den behaupteten Herkunftsstaat verbunden sein wird und von einem Verbot einer solchen Übermittlung daher im Ergebnis mitumfasst zu sein scheint (vgl. zur datenschutzrechtlichen Problematik unter dem Gesichtspunkt der Datenerhebung im Herkunftsstaat aus der deutschen Literatur etwa Bäumler in GK-dAsylVfG, § 7 Rdn. 71 ff; Marx, Kommentar zum dAsylVfG, § 7 Rdn. 10 f; die Möglichkeit einer von der Zustimmung des Asylwerbers unabhängigen Datenerhebung im angegebenen Verfolgerstaat befürwortend zur deutschen Rechtslage etwa die im GK-dAsylVfG zu § 7 wiedergegebene Meinung der Ausschussmehrheit im Bundestag sowie Kanein/Renner, Ausländerrecht, Rdn. 8 zu § 7 dAsylVfG). Dem Verbot der Datenübermittlung an den Herkunftsstaat kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht der Zweck unterstellt werden, die Ermittlung von Daten aus diesem Staat zu unterbinden.
Liegen solche Ermittlungsergebnisse mit oder - wie im vorliegenden Fall - ohne Zutun der Asylbehörde schon vor, so ist daher nicht der Schluss zu ziehen, ihre das Verfahrensergebnis beeinflussende Verwendung im Verlauf des Asylverfahrens - etwa bei der Befragung des Asylwerbers - oder in der Begründung der Entscheidung müsse schon zu deren Aufhebung führen. Ein derartiges Beweisverwertungsverbot ist in den hier anzuwendenden Vorschriften nicht vorgesehen und auch sachlich nicht geboten, weil den in der Beschwerde artikulierten Bedenken gegenüber der Verwertung vom Heimatstaat stammender, bereits vorliegender Ermittlungsergebnisse mit einer auf ihre Herkunft ausreichend Bedacht nehmenden Beweiswürdigung Rechnung getragen werden kann (vgl. in diesem Zusammenhang die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 117 f zu § 46 AVG, wiedergegebene, auf das Erkenntnis vom 8. Oktober 1984, Slg. Nr. 11.540/A, zurückgehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach auch die Berücksichtigung "auf gesetzwidrige Weise" gewonnener Beweisergebnisse bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nur unzulässig sei, wenn das Gesetz dies anordne oder die Verwertung der Beweisergebnisse dem Zweck des durch ihre Gewinnung verletzten Verbotes widerspreche). Dabei besteht - je nach Art des Ermittlungsergebnisses, das im vorliegenden Fall etwa keinen inhaltlichen Bezug zur Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers aufweist, aber auch der behaupteten Verfolgung, die im vorliegenden Fall eine bloß mittelbar staatliche gewesen sein soll - ein Spielraum für eine den Denkgesetzen und dem menschlichen Erfahrungsgut entsprechende Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse unter Einschluss der vom behaupteten Herkunftsstaat herrührenden Auskünfte.
Ein Versuch, die Beweiswürdigung der belangten Behörde insgesamt zu erschüttern, wird in der Beschwerde - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift richtig darlegt - aber nicht unternommen. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann in Anbetracht der auf mehreren Seiten des angefochtenen Bescheides im Großen und Ganzen nachvollziehbar dargelegten Gründe, aus denen die belangte Behörde dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin nicht das Mindestmaß an Vertrauen schenkte, dessen es für Feststellungen im Sinne der von ihnen beschriebenen Ereignisse bedurft hätte, nicht finden, dass die belangte Behörde sich einseitig auf die Polizeiauskünfte aus dem behaupteten Herkunftsstaat des Beschwerdeführers gestützt hätte und einer im Übrigen - bei Berücksichtigung nicht zuletzt auch der Reaktion des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin auf die Vorhalte der belangte Behörde - glaubhaften Darstellung deshalb nicht gefolgt wäre. Soweit sich die Kritik des Beschwerdeführers nicht auf das Zustandekommen der Polizeiauskünfte, sondern auf die Verwendung dieses im Zuge des Strafverfahrens gewonnenen Ermittlungsergebnisses durch die belangte Behörde bezieht, ist ihr daher nicht zu folgen.
Zum zweiten, die Sprachkenntnisse der Ehegattin des Beschwerdeführers betreffenden Beschwerdeargument verweist die belangte Behörde mit Recht darauf, dass sie der Ehegattin des Beschwerdeführers die behaupteten Sprachkenntnisse nicht abgesprochen habe. Dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde aus diesem Grund nicht schlüssig sei, versucht der Beschwerdeführer auch in diesem Zusammenhang nicht darzulegen.
Über Fragen des Abschiebungsschutzes war, wie schon ausgeführt, im vorliegenden Verfahren nicht abzusprechen, weshalb nicht geprüft zu werden braucht, welche Schlüsse aus den Feststellungen der belangten Behörde - unabhängig von der Frage, ob der Beschwerdeführer armenischer Staatsangehöriger war oder ist - in Bezug auf die Zulässigkeit einer Abschiebung nach Armenien allenfalls zu ziehen wären.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. März 2001
Schlagworte
rechtswidrig gewonnener BeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000200458.X00Im RIS seit
20.06.2001