TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/08 B12 311412-1/2008

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Veröffentlicht am 08.08.2008
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Spruch

B12 311.412-1/2008/7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Rohrböck als Einzelrichter über die Beschwerde von Frau H.S., geb. 1979, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. März 2007, Zl. 06 07.141-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 8. Mai 2008 zu Recht erkannt:

 

I. Der Beschwerde von Frau H.S. gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. März 2007, Zl. 06 07.141-BAL, wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG stattgegeben und Frau H.S. der Status einer Asylberechtigten zuerkannt.

 

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass Frau H.S. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Ehemann der Antragstellerin (ASt.), H.B., ist am 15. November 2001 illegal nach Österreich eingereist und hat am selben Tag beim Bundesasylamt einen Antrag gemäß § 3 AsylG eingebracht. In der Folge entzog sich H.B. dem Asylverfahren und hielt sich in Holland und danach in England auf, von wo er am 4. Dezember 2003 nach Österreich rücküberstellt wurde.

 

Im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 9. Juni 2004 begründete H.B. seinen Asylantrag mit Verfolgung durch die Taliban und einen Parteiführer namens K.A.. Die Taliban seien zu seinem Heimatort gekommen und hätten von den Bewohnern die Zusammenarbeit gegen die Partei von K.A. verlangt. Dieser habe nämlich gegen die Taliban gekämpft. Auch K.A. habe von ihm verlangt, dass er gegen die Taliban kämpfen solle. In weiterer Folge seien er und andere Leute von unbekannten Personen überfallen worden. Daraufhin sei er von K.A. verdächtigt worden, mit dem Überfall zu tun zu haben. Weiters gab er an, er habe ständig in Kunar und Nangahar gelebt und Afghanistan Anfang Oktober 2001 von Kunar aus mit dem Flugzeug verlassen. Seine Ehefrau - die nunmehrige Beschwerdeführerin - und die gemeinsamen 4 Kinder sowie seine Mutter würden sich nach wie vor in Afghanistan aufhalten.

 

Der Asylantrag von H.B. wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. Juni 2004, Zahl 01 23.797-BAL gemäß § 7 AsylG idgF abgewiesen. Gemäß § 8 AsylG idgF wurde festgestellt, dass die Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung von H.B. nach Afghanistan nicht zulässig ist und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 15. Juni 2005 erteilt.

 

Gegen die Abweisung des Antrages brachte H.B. mit Schriftsatz vom 2. 7. 2004, eingelangt beim Bundesasylamt am 5. 7. 2004, Berufung ein.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Mai 2005, Zahl 01 23.797-BAL, wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung bis 15. Juni 2006 verlängert. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 9. Juni 2006, Zahl 01 23.797-BAL, wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung ein weiteres Mal bis 15. Juni 2011 verlängert.

 

Die Beschwerdeführerin hat daraufhin am 24. Mai 2006 bei der Österreichischen Botschaft in Islamabad, Pakistan, für sich und die 4 unmündigen minderjährigen Kinder einen Auslandsantrag gemäß § 35 AsylG 2005 gestellt, der am 6. Juli 2006 beim Bundesasylamt einlangte.

 

Im Antragsformular führte die Beschwerdeführerin an, zuletzt in Afghanistan in C., Kunar, wohnhaft gewesen zu sein. Derzeit wohne sie in Peshawar, Pakistan. Sie sei Pashtunin, Hausfrau und Analphabetin. Am 14. Februar 2006 sei sie über das Bundesland Kunar nach Pakistan gefahren. Als Grund für ihren Asylantrag führte sie an, dass ihr Mann sei Asylwerber in Österreich sei und sie bei ihm leben wolle. Da sie eine alleinstehende Frau in einem patriarchalischen Land wie Afghanistan gewesen sei, habe sie sehr viele Probleme gehabt und zum Schutz ihrer Ehre sei sie gezwungen gewesen, aus ihrem Dorf C. nach Peshawar zu ihrem Onkel und ihrer Tante zu flüchten, bei welchen sie derzeit wohne. Vor vier Monaten habe sie durch das Rote Kreuz erfahren, dass ihr Mann nach Österreich geflüchtet sei. Als die Leute von der islamischen Partei dies erfahren hätten, hätten sie sie misshandelt und mit dem Tode bedroht. Der Kommandant K.A. sei ihr Feind und wolle sie alle umbringen. Deshalb seien sie gezwungen gewesen, zu flüchten. Da ihr Mann durch die Kommandanten der islamischen Partei verfolgt worden und nun in Österreich sei, wolle sie in Österreich bei ihm sein.

 

Im Zuge des Interviews bei der Österreichischen Botschaft in Islamabad am 1. Juni 2006 gab die Beschwerdeführerin an, vor 3 Monaten von Afghanistan nach Pakistan gekommen zu sein. Sie sei nunmehr Hausfrau und habe vor 11 Jahren geheiratet sowie vier Kinder bekommen, drei Söhne und eine Tochter. Ihr Ehemann sei Student an der Universität gewesen und vor 5 Jahren nach Österreich gereist. Sie wisse den Grund nicht, warum er das Heimatland verlassen habe oder ob er Mitglied einer politischen Partei gewesen sei. Er sei einmal von islamischen Gruppen inhaftiert worden und danach habe sie keine Informationen mehr über ihn gehabt. Als er aus dem Gefängnis freigekommen und nach Österreich gereist sei, sei sie darüber nicht informiert gewesen und habe jahrelang keinen Kontakt zu ihm gehabt. Seit ihr Mann im Gefängnis gewesen sei, sei sie alleine gewesen und schließlich zu ihren Eltern gegangen. Ihre Brüder hätten für ihren Lebensunterhalt in Afghanistan bezahlt. Vor einigen Monaten habe ihr Ehemann einen Brief mit Dokumenten geschrieben, um sie über seine Adresse zu informieren. Sie habe noch nicht mit ihm telefoniert und bekomme keine finanzielle Hilfe von ihm. Nun sei sie nach Pakistan gekommen, um Asyl anzusuchen und zu ihrem Ehemann nach Österreich zu kommen.

 

In der Folge wurde der Beschwerdeführerin und ihren Kindern ein Einreisevisum nach Österreich erteilt. Am 28. Dezember 2006 reiste sie mit ihren vier Kindern mit dem Flugzeug legal von Pakistan kommend nach Österreich ein. Die Beschwerdeführerin und ihre vier Kinder haben daraufhin am 31. Dezember 2006 persönlich beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG eingebracht.

 

Bei der niederschriftlichen Befragung vor der Polizeiinspektion Traiskirchen - Erstaufnahmestelle Ost am 31. Dezember 2006 gab die Beschwerdeführerin an, dass sie, da ihr Mann seit ca. fünf Jahren in Österreich lebe, mit ihren Kindern nach Österreich gekommen sei, um mit ihm ein Familienleben zu führen. Als alleinstehende Frau mit vier Kindern habe sie in Afghanistan nicht mehr weiter leben können. Vor 9 Monaten habe ihr Schwager sie und die Kinder mit dem Auto von Afghanistan nach Pakistan gebracht. Am 28. Dezember 2006 seien sie mit dem Flugzeug von Peshawar nach Österreich gekommen. Ihre Kinder, die überdies keine eigenen Fluchtgründe hätten, seien seit der Geburt ununterbrochen bei ihr gewesen. Für die Dauer des Asylverfahrens in Österreich übernehme die Beschwerdeführerin die gesetzliche Vertretung für ihre Kinder.

 

Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Linz, am 15. Februar 2007 gab die Beschwerdeführerin im Beisein eines von der erkennenden Behörde bestellten und beeideten Dolmetschers der Sprache Pashtu vor einem Organwalter des Bundesasylamtes im Wesentlichen Folgendes an:

 

"(...)

 

Frage: Wer vertritt ihre minderjährigen unmündigen Kinder

 

. in deren Asylverfahren?

 

Antwort: Ich.

 

Frage: Erheben Sie Ihre eigenen Angaben auch zu den Angaben Ihrer Kinder?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Haben Sie außer Ihrem Reisepass noch weitere Identitätsdokumente aus Ihrem Heimatland?

 

Antwort: Ich habe auch noch eine Geburtsurkunde und eine Heiratsurkunde.

 

Aufforderung: Schreiben Sie Ihren Familiennamen, Vornamen, Ihr Geburtsdatum und Ihren Geburtsort samt Gemeinde und Bundesland in richtiger Schreibweise.

 

Antwort: Ich kann nicht schreiben. Ich bin Analphabetin. Mein Name ist S.. Der Name meines Vaters ist G.A.. Wie ich geheiratet habe, ich den Familiennamen meines Mannes, H. angenommen. Ich wurde im Jahr 1979 geboren, das genaue Datum weiß ich nicht. Ich bin 28 Jahre alt. Ich wurde im Dorf T. geboren. Das gehört zur Provinz Kunar.

 

Frage: Wann und von wem haben Sie Ihren Reisepass erhalten?

 

Antwort: Ich habe den Pass vor zirka 7 Monaten bekommen. Von wem weiß ich nicht.

 

Frage: Wie sind Sie zu dem Reisepass gekommen?

 

Antwort: Der Mann meiner Tante hat mir geholfen. Er hat das alles gemacht.

 

Frage: Wer ist der Mann Ihrer Tante?

 

Antwort: Er heißt A.H.. Er wohnt in Pakistan in Peshawar.

 

Frage: Mussten Sie für den Reisepass etwas bezahlen?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Wie viel mussten Sie bezahlen?

 

Antwort: ich weiß es nicht, er hat das bezahlt.

 

Frage: Was macht A.H. in Peshawar?

 

Antwort: Er hat ein kleines Geschäft in Peshawar.

 

Frage: Wo sind Sie aufgewachsen, wo haben Sie bis heute gelebt? Schildern Sie Ihren Lebensweg von der Geburt bis heute.

 

Antwort: Von meiner Geburt an habe ich in meinem Dorf bei meinen Eltern gewohnt. Ich habe keine Schule besucht. Später habe ich dann geheiratet.

 

Als ich geheiratet habe, bin ich in das Haus zu meinem Mann gezogen. Es ist im selben Dorf, wo ich aufgewachsen bin.

 

Mein Schwiegervater war schon tot, als ich geheiratet habe. Er war ein Kommunist.

 

Ich habe auch einen Schwager gehabt. Eines Tages kamen ein paar Leute zu unserem Haus. Sie haben meinen Schwager und meinen Mann mit Gewalt mitgenommen. Die beiden wollten nicht mitgehen, aber sie haben sie mit Gewalt mitgenommen. Mein Mann hat meinen kleinen Sohn im Arm gehabt. Sie haben den Kleinen von meinem Mann weg. Dann haben sie auf meinen Mann geschossen. Dabei wurde er verletzt. Aber sie haben trotzdem die beiden mitgenommen. Ein paar Tage später haben sie die Leiche meines Schwagers nach Hause gebracht. Mein Mann war zirka 5 Jahre lang verschwunden. Dann habe ich einen Brief von ihm erhalten, dass er lebt und in Europa ist.

 

Frage: Wie lange ist das her, dass Sie den Brief von Ihrem Mann bekommen haben?

 

Antwort: Es war zirka vor 11 Monaten.

 

Frage: Aus welchem Land hat Ihr Mann den Brief geschickt?

 

Antwort: Ich habe den Brief vom Roten Kreuz bekommen. Ich konnte den Brief nicht lesen.

 

Frage: Was ist in dem Brief gestanden?

 

Antwort: Man hat mir vorgelesen, dass es meinen Mann gut geht. Wir haben dann zurückgeschrieben.

 

Frage: An welche Adresse haben Sie den Brief bekommen?

 

Antwort: Das Rote Kreuz hat den Brief in unsere Moschee gebracht. Dort haben sie nach meinem Vater gefragt. Dann haben Sie meinem Vater den Brief gegeben.

 

Frage: Was macht das Rote Kreuz allgemein in Ihrem Heimatort?

 

Antwort: Ich weiß es nicht. Ich bin Hausfrau.

 

Frage: Wo haben Sie gewohnt, seitdem Ihr Mann verschwunden war?

 

Antwort: Ich habe wieder bei meinen Eltern gewohnt.

 

Frage: Bis wann haben Sie bei Ihren Eltern gewohnt?

 

Antwort: Nachdem ich den Brief von meinem Mann bekommen habe, habe ich noch einen Monat bei meinen Eltern gewohnt. Dann bin Ich mit den Kindern nach Pakistan gefahren.

 

Frage: Wann genau ist Ihr Mann damals verschwunden?

 

Antwort: Zirka vor 5 Jahren. Das genaue Datum weiß ich leider nicht.

 

Frage: Wann und wo haben Sie geheiratet?

 

Antwort: Wir haben zirka vor 13 Jahren geheiratet, und zwar dort in meinem Dorf.

 

Frage: Vor wem haben Sie die Ehe geschlossen?

 

Antwort: Unsere Ehe wurde vom Imam in unserem Dorf geschlossen.

 

Frage: Ist die Ehe amtlich registriert?

 

Antwort: Ja. Sie ist aber erst später in Peshawar registriert worden. Das hat auch der Mann meiner Tante gemacht. Die Heiratsurkunde habe ich schon bei meiner ersten Einvernahme vorgelegt.

 

Frage: Wovon haben Sie in Afghanistan den Lebensunterhalt bestritten?

 

Antwort: Ich habe bei meinen Eltern gewohnt. Meine Eltern haben mich unterstützt.

 

Frage. Wovon bestreiten Ihre Eltern den Lebensunterhalt?

 

Antwort: Sie haben ein Haus und eine Landwirtschaft.

 

Frage: Wie groß ist die Landwirtschaft?

 

Antwort: Meine Eltern haben genug Landwirtschaft. Sie haben alles mögliche, Getreide und Mais und Reis und alles. Sie haben auch einige Kühe. Mein Mann hat auch eine Landwirtschaft gehabt.

 

Frage: Wo wurden Ihre Kinder geboren?

 

Antwort: Sie wurden alle in unserem Dorf geboren.

 

Frage: Wovon haben Sie in Pakistan den Lebensunterhalt bestritten?

 

Antwort: Ich war bei meiner Tante. Sie haben mir geholfen. Ich war Gast dort. Mein Mann hat auch manchmal etwas Geld geschickt.

 

Frage: Haben Sie sich in Pakistan legal oder illegal aufgehalten?

 

Antwort: Illegal. Ich habe kein Visum gehabt.

 

Frage: Haben Sie in Pakistan um ein Visum angesucht?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Weshalb haben Sie in Pakistan nicht um ein Visum angesucht?

 

Antwort: In Pakistan leben alle Afghanen illegal. Dort verlangen sie kein Visum.

 

Frage: Wie groß ist Ihr Heimatdorf T.?

 

Antwort: Es hat zirka 40 Häuser.

 

Frage. Wer lebt in diesen Häusern?

 

Antwort: Es sind alle Pashtunen, Shinwari.

 

Frage: Wie heißen die Nachbarorte von T.?

 

Antwort: S., I., A..

 

Frage: Wer lebt in diesen Nachbarorten?

 

Antwort: Es sind alle Leute dort Pashtunen und Shinwar.

 

Frage: Gibt es in Ihrer Heimatregion eine Polizei?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wer sorgt in Ihrer Heimatregion für die Sicherheit und das Recht?

 

Antwort: Ich weiß es nicht. Ich glaube es sind Kommandanten. Aber ich habe keine Ahnung, wer die sind.

 

Frage: Hatten Sie jemals persönlich mit einem Kommandanten oder seinen Leuten zu tun?

 

Antwort: Mit einem Kommandanten, mit K.A.. Mit den Taliban habe ich auch Probleme gehabt.

 

Frage: Wann war das, wie Sie mit K.A. zu tun gehabt haben?

 

Antwort: Ich habe zirka vor 5 Jahren mit ihm Probleme gehabt und wie ich den Brief von meinem Mann erhalten habe, habe ich wieder mit ihm Probleme gehabt. Er hat gewusst, dass mein Mann noch am Leben ist. Er wollte m ich und meine Kinder entführen. Aber dann hat mein Vater mich und meine Kinder nach Pakistan geschickt.

 

Frage: Wann war das, wie Sie mit den Taliban zu tun gehabt haben?

 

Antwort: Das war auch vor 5 Jahren.

 

Frage: Was hat K.A. zu dieser Zeit gemacht, als Sie nach Pakistan gereist sind?

 

Antwort: Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass er noch immer dort ist und ein mächtiger Mann ist.

 

Aufforderung: Schildern Sie konkret die Probleme, die Sie mit K.A. gehabt haben und schildern Sie alle Vorfälle, was sich genau ereignet hat, unter Angabe der Zeiten, der Orte und der Personen, die daran beteiligt waren.

 

Antwort: Es war an einem Nachmittag, zirka vor 10 Monaten. Ein Monat nachdem ich den Brief erhalten habe. Es sind 6 Leute gekommen und wollten mich und meine Kinder mitnehmen. Ich habe geweint. Meine Kinder haben auch geweint. Mein Vater hat die Leute gebeten. Die Leute haben dann gesagt, sie müssen uns mitnehmen, weil sie wollen meinen Mann haben und uns als Geisel nehmen. Aber mein Vater hat gebeten, dass sie uns das nicht antun sollen. Dann hat mein Vater gesagt, sie sollen uns ein Monat Zeit geben, er wird meinen Mann finden. Dann sind die Personen wieder gegangen. Mein Vater hat mich dann nach Pakistan geschickt.

 

Frage: Wer waren die 6 Personen?

 

Antwort: Die Leute von K.A..

 

Frage: Woher wissen Sie, dass die Leute von K.A. waren?

 

Antwort: Die Leute sind bekannt in unserem Dorf. Alle Leute kennen die Leute.

 

Frage: Wie heißen die Leute?

 

Antwort: Es waren Pashtunen. Aber sonst weiß ich nichts genaues.

 

Aufforderung: Schildern Sie alle Gründe und Vorfälle, weswegen Ihr Mann Afghanistan verlassen hat.

 

Antwort: Er hat Probleme mit K.A. gehabt. Sie haben meinen Schwager getötet. Sie haben meinem Schwager und meinem Mann vorgeworfen, dass sie Kommunisten sind.

 

Frage: War Ihr Mann Kommunist?

 

Antwort: Nein. Mein Mann war damals noch nicht alt genug dazu, er war noch in der Schule. Mein Schwiegervater war Kommunist.

 

Aufforderung: Schildern Sie alle Vorfälle, weshalb Ihr Mann Afghanistan verlassen hat.

 

Antwort: Mein Mann hat Afghanistan verlassen, weil er mit K.A. und den Taliban Schwierigkeiten gehabt hat.

 

Aufforderung: Schildern Sie konkrete Vorfälle, was passiert ist, was sich ereignet hat.

 

Antwort: Sie haben uns vorgeworfen, dass mein Schwager mit den Kommunisten gearbeitet hat. Mein Mann und mein Schwager haben mit diesen Leuten Probleme gehabt. Mein Mann ist dann geflüchtet.

 

Frage. Waren Sie jemals bei einem Vorfall mit K.A. und seinen Leuten oder den Taliban dabei?

 

Antwort: Ich war damals dabei, als sie zu uns gekommen sind und meinen Schwager und meinen Mann mitgenommen haben.

 

Frage: Wer ist K.A. genau?

 

Antwort: Er ist ein Kommandant und er hat viele Leute und eine Truppe. Persönlich kenne ich ihn nicht aber man sagt, dass er ein sehr schlechter Mensch ist.

 

Frage: Wo wohnt K.A.?

 

Antwort: Er hat keine ständige Adresse. Ich weiß es nicht genau.

 

Aufforderung: Beschreiben Sie die 6 Leute, die vor zirka 10 Monaten zu Ihnen gekommen sind.

 

Antwort: Sie haben das afghanische Gewand angehabt, mit Turban. Sie waren alle mit Kalaschnikow bewaffnet.

 

Frage: Können Sie die Personen genauer beschreiben?

 

Antwort: Ich weiß es nicht.

 

Frage: Was haben die Leute genau gesagt und gemacht?

 

Antwort: Sie haben zu mir gesagt: "Komm, gehen wir". Als mein Vater gekommen ist, haben sie gesagt, ich soll mitkommen wegen meinem Mann. Sie haben dann mit meinem Vater gesprochen.

 

Frage: Ist Ihr jüngstes Kind zur Welt gekommen, bevor oder nachdem Ihr Mann verschwunden ist?

 

Antwort: Nachdem mein Mann verschwunden ist. Ich war damals schwanger.

 

Frage: Hag es noch weitere Vorfälle?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie alle Vorfälle geschildert?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Welche Angehörige und Verwandte besitzen Sie insgesamt und was machen die Leute?

 

Antwort: Ich habe noch meine Eltern und meine fünf Schwestern. Meine Eltern leben zu Hause. Meine Schwestern sind alle verheiratet.

 

Frage. Wo leben Ihre Schwestern?

 

Antwort: Eine Schwester ist in Kabul, sie lebt dort mit ihrem Mann. Eine lebt in Jalalabad, ihr Mann hat ein Geschäft. Zwei Schwestern sind in Peshawar in Pakistan. Die fünfte Schwester wohnt mit ihrem Mann in unserem Dorf.

 

Frage: Haben Sie noch weitere Verwandte?

 

Antwort: Ich habe noch meine Tante in Peshawar.

 

Frage: Welche Angehörigen und Verwandten hat Ihr Mann?

 

Antwort: Meine Schwiegermutter wohnt im Nachbardorf, in A.. Sie wohnt dort bei ihrem Bruder. Mein Mann hat auch noch zwei Schwestern. Sie sind beide verheiratet und wohnen mit ihren Männern in unserem Dorf.

 

Frage: Haben Sie Kontakt zu Ihren Eltern und Geschwistern?

 

Antwort: Jetzt nicht.

 

Frage: Entsprechen alle Angaben, welche Sie bis dato vor Behörden oder Dienststellen in Österreich oder einem Land, in dem Sie sich vor Ihrer Einreise in Österreich aufgehalten haben, gemacht haben, der Wahrheit?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Sind Ihre Angaben, die Sie bei Ihrer Erstbefragung vor der Polizei in der Erstaufnahmestelle Ost am 31.12.2006 gemacht haben, richtig und wahrheitsgetreu?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Sind Ihre Angaben, die Sie bei Ihrer Einvernahme am 31.12.2006 in der Erstaufnahmestelle Ost gemacht haben, richtig und wahrheitsgetreu?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Haben Sie noch weitere Gründe, weshalb Sie Ihr Heimatland verlassen haben?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Gab es noch weitere Vorfälle?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie sämtliche Gründe und Vorfälle, welche Sie zum Verlassen Ihres Heimatlandes veranlasst haben, angeführt?

 

Antwort: Ja.

 

Nach Rückübersetzung.

 

Frage: Hat der Dolmetsch alles, was Sie gesagt haben, richtig und vollständig rückübersetzt? Antwort: Ja.

 

Frage: Haben Ihre Kinder noch weitere, eigene Gründe für ihre Asylanträge?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern?

Antwort: Ja.

 

Frage: Wie lange vor der Geburt Ihres jüngsten Kindes ist Ihr Mann verschwunden?

 

Antwort: Das Kind wurde 6 Monate später geboren, nachdem mein Mann verschwunden ist.

 

Frage. Wann haben Sie danach das erste Mal wieder etwas von ihrem Mann gehört?

 

Antwort: Erst als ich den Brief vom Roten Kreuz bekommen habe. Bis dahin habe ich von meinem Mann gar nichts gehört. Den Brief habe ich vor zirka 11 Monaten bekommen.

 

Frage: Hatten Sie jemals persönlichen Kontakt zu Taliban?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Gab es in Ihrem Heimatort Kämpfe der Taliban?

 

Antwort: Sie kämpfen zusammen mit dem K.A..

 

Frage: Kämpfen die Taliban gegen oder gemeinsam mit K.A.?

 

Antwort: Die Taliban sind mit K.A. zusammen.

 

Frage: Woher wissen Sie das?

 

Antwort: Jeder weiß das.

 

Frage: Wer hat Ihren Mann entführt?

 

Antwort: Die Leute von K.A. haben meinen Mann und meinen Schwager mitgenommen.

 

Frage: Wer wollte Sie entführen?

 

Antwort: Es waren auch die Leute von K.A.. Vielleicht waren es Taliban, man kann das nicht wissen.

 

Frage: Wissen Sie nicht, wer Sie entführen wollte?

 

Antwort: Genau kann man das nicht sagen.

 

Frage: Gehören Sie einer bestimmten Volksgruppe an?

 

Antwort: Ich bin Pashtunin.

 

Frage: Welches Religionsbekenntnis besitzen Sie?

 

Antwort: Ich bin Sunnitin.

 

Frage: Haben Sie Angehörige oder sonstige Verwandte in Österreich?

 

Antwort: Ich habe hier nur meinen Mann. Sonst niemanden.

 

Frage: Haben Sie sonst im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie Ihr Heimatland vor der jetzigen Reise jemals verlassen?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Stellten Sie je zuvor in Österreich oder einem anderen Land einen Asylantrag?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie außer jetzt für Österreich jemals für ein Land der Europäischen Union ein Visum erhalten oder beantragt?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wann haben Sie erstmals gedanklich den Entschluss gefasst, Afghanistan zu verlassen?

 

Antwort: Vor 10 Monaten, als die Leute mich und meine Kinder mitnehmen wollten. Da habe ich mich entschlossen, Afghanistan zu verlassen.

 

Frage: Hat Ihr Mann in dem Brief geschrieben, wo er sich befindet?

 

Antwort: Er hat geschrieben, dass er in Österreich ist.

 

Frage: Hat Ihr Mann etwas geschrieben, was er weiter vor hat?

 

Antwort: Nein. Er hat nur geschrieben, dass er in Österreich ist und dass es ihm gut geht.

 

Frage: Wann verließen Sie tatsächlich Ihr Heimatland?

 

Antwort: Zirka vor 10 Monaten.

 

Frage: Verließen Sie Ihr Heimatland legal?

 

Antwort: Nein, illegal.

 

Frage: Wo verbrachten Sie die letzte Nacht vor Verlassen Ihres Heimatlandes?

 

Antwort: Zu Hause bei meinen Eltern.

 

Frage: Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihren Eltern und zu Ihren Geschwistern?

 

Antwort: Wir haben ein gutes Verhältnis.

 

Frage: Hatten Sie in Afghanistan auch eigene Probleme oder hatten Sie die Probleme nur wegen Ihrem Mann?

 

Antwort: Es ist alles nur wegen meinem Mann. Es ist nur seinetwegen. Ohne die Probleme meines Mannes hätten meine Kinder und ich keine Probleme.

 

Aufforderung: Schildern Sie die Reise ab dem Wohnsitz des Heimatlandes bis Österreich?

 

Antwort: Der Mann meiner Schwester hat mir geholfen. Wir sind mit einem öffentlichen Bus von unserem Dorf nach Peshawar gefahren. Mein Schwager hat uns zu meiner Tante gebracht. Dann haben wir bei meiner Tante gewohnt. Der Mann meiner Tante hat uns geholfen, dass wir den Reisepass bekommen. Dann bin ich selbst nach Islamabad zur österreichischen Botschaft gefahren um das Visum.

 

10 Tage später sind wir mit dem österreichischen Visum über Dubai nach Österreich geflogen.

 

Frage: Hatten Sie an der Grenze von Afghanistan nach Pakistan keine Kontrolle, wenn Sie mit einem öffentlichen Bus gefahren sind?

 

Antwort: Sie verlangen keinen Pass.

 

Frage: Woher hatten Sie das Geld für die Reise?

 

Antwort: Von meiner Tante und von meinem Mann.

 

Frage: Was verstehen Sie unter Asyl?

 

Antwort: Ich verstehe darunter, dass man Sicherheit hat. Die Leute von K.A. haben uns bedroht und wir wollten in Sicherheit leben.

 

Frage: Haben auch andere Einwohner Ihres Heimatortes die gleichen Probleme wie Ihr Mann?

 

Antwort: Ich weiß es nicht. Ich weiß aber nicht, ob die anderen auch Probleme hatten.

 

Frage: Wer waren die Freunde Ihres Mannes und Ihrer Familie in Ihrem Heimatort?

 

Antwort: Wir hatten viele Freunde, die meisten Leute aus unserem Dorf.

 

Frage: Was machen diese Leute jetzt?

 

Antwort: Sie wohnen dort.

 

Frage: Hat Ihr Mann an Kämpfen teilgenommen?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Hat Ihr Mann aktiv an bewaffneten Auseinandersetzungen teilgenommen?

 

Antwort: Soweit ich weiß, nein.

 

Frage: Gab es in Ihrem Heimatdorf Kämpfe?

 

Antwort: Ja, die Leute von K.A. und die Taliban haben schon gekämpft.

 

Frage: Wer hat dabei gegen wen gekämpft?

 

Antwort: Der K.A. hat gemeinsam mit den Taliban gegen seine Gegner gekämpft.

 

Frage. Wer sind die Gegner?

 

Antwort: Ich weiß es nicht.

 

Frage: Wo waren diese Kämpfe?

 

Antwort: In unserem Dorf.

 

Frage: Gegen wen haben K.A. und die Taliban in Ihrem Dorf gekämpft?

 

Antwort: Ich habe keine Ahnung.

 

Frage: Wann waren diese Kämpfe?

 

Antwort: Vor 5 Jahren.

 

Frage: Waren an den Kämpfen auch Bewohner Ihres Heimatdorfes beteiligt?

 

Antwort: Manche schon, aber ich kann nichts genaues sagen.

 

Frage: Haben Sie selbst Kampfhandlungen wahrgenommen?

 

Antwort: Gesehen habe ich keine Kämpfe.

 

Frage: Was erwartet Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Afghanistan?

 

Antwort: Ich habe Angst zu sterben. Die Leute von K.A. werden mich töten.

 

Frage: Was haben Sie nun vor?

 

Antwort: Ich möchte hier wohnen und die Sprache lernen. Mein Mann arbeitet schon. Ich möchte in Zukunft auch arbeiten.

 

Frage: Hätten Sie die Möglichkeit, in einem anderen Teil von Afghanistan, zum Beispiel in Kabul, zu leben?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Warum nicht?

 

Antwort: K.A. kann uns überall finden. Die Leute haben uns überall gesucht.

 

Frage: Wären Sie für den Fall der Notwendigkeit mit Erhebungen durch einen Vertrauensanwalt der Österreichischen Botschaft bezüglich Ihrer Person und den Geschehnissen einverstanden?

 

Antwort: Ja.

 

Nach Rückübersetzung.

 

Frage: Hat der Dolmetsch alles, was Sie gesagt haben, richtig und vollständig rückübersetzt? Antwort: Ja.

 

Vorhalt: Sie haben zwei Schwestern in Kabul. Sie hätten dort Anschluss und könnten auch in Kabul leben.

 

Antwort: Ich kann nicht in Kabul leben.

 

Frage: Warum könnten Sie nicht in Kabul leben?

 

Antwort: Dort könnten mich die Leute von K.A. töten.

 

Frage: In welchem Monat wurde Ihre Tochter T. geboren?

 

Antwort: Ich kenne mich nicht aus mit den Monaten und den Jahren. Wenn Sie es wissen wollen, müssen Sie in den Akten schauen.

 

Vorhalt: Sie werden doch wissen, ob die Geburt im Sommer oder im Winter war?

 

Antwort: Es war im Frühling.

 

Parteiengehör

 

Es wird Ihnen folgende Feststellung über die relevante Situation in Afghanistan zur Kenntnis gebracht:

 

Viele Frauen und Männer können die per Verfassung garantierte Bewegungsfreiheit auch in der Praxis ausüben. Afghanen siedeln vom ländlichen Bereich in größere Städte, um dort Arbeit und Wohnungen zu finden. In den meisten Städten besteht die Population aus einem Mix verschiedener ethnischer Gruppen.

 

(US Department of State, Country Reports 2005, 03.2006)

 

Einfachen Mitgliedern der DVPA (Demokratische Volkspartei Afghanistans) oder Anhängern des Nadjibullah-Regimes, die sich nicht in einer herausgehobenen Position befanden, drohen in Afghanistan allein auf Grund ihrer früheren Betätigung für Partei oder Regierung grundsätzlich keine Verfolgungsmaßnahmen seitens der Regierung oder Racheakte von dritter Seite.

 

Schweizerische Flüchtlingshilfe (erstellt von Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006) / BAMF - THB Afghanistan, vom November 2005, UK Home Office, Operational Guidance Note, 01.2006

 

Der Militär-, Polizei- und Justizapparat befindet sich im Aufbau. Kabul wird von der Regierung mit Hilfe der ISAF kontrolliert, und die Regierung in Kabul ist innerhalb ihres Einflussgebietes willens und - unter Berücksichtigung, dass die Forderung nach einem lückenlosen Schutz an einer wirklichkeitsnahen Einschätzung der Effizienz staatlicher Schutzmöglichkeiten vorbeiginge - grundsätzlich auch in der Lage, Schutz vor allfälligen Verfolgungshandlungen zu bieten. Dies betrifft weitgehend auch das Justizsystem.

 

(Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006, U.K. Home Office Country of Origin Information Service - Afghanistan, 04.2006; BAMF - THB Afghanistan, November 2005)

 

Frage: Sie können dazu Stellung nehmen. Möchten Sie gleich Stellung nehmen oder wünschen Sie eine Frist für eine schriftliche Stellungnahme? Antwort: Ich kann dazu nichts sagen. Ich bin Analphabetin und ich verstehe davon nichts.

 

Frage: Woher wissen Sie, dass es Leute von K.A. waren, die Sie entführen wollten?

 

Antwort: Sie haben gesagt, dass sie vom K.A. sind und dass sie Rache wegen meinem Mann nehmen wollen. Mein Vater hat die Leute erkannt.

 

Vorhalt: Es ist unglaubwürdig, dass Sie von den Leuten verfolgt sind. Sie haben 5 Jahre zu Hause gelebt, ohne dass sich irgendetwas ereignet hat. Plötzlich, als Sie den Brief von Ihrem Mann erhalten haben, sollen die Leute zu Ihnen gekommen sein.

 

Aufforderung: Sie werden aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen.

 

Antwort: Ich habe 5 Jahre bei meinen Eltern gewohnt. Ich war immer zu Hause. Mein Vater hat auch niemandem gesagt, dass ich dort wohne.

 

Frage: Kennen Sie die Ortschaft Kunar?

 

Antwort: Ja. Das gehört zu unserer Provinz.

 

Frage: Haben Sie oder Ihr Mann Verwandte in Kunar?

 

Antwort: Ich weiß es nicht.

 

Frage: Lebt eines Ihrer Geschwister in Kunar?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Lebt ein Geschwister Ihres Mannes in Kunar?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Kennen Sie Nangarhar?

 

Antwort: Ich habe es schon gehört. Der andere Name ist Jalalabad. Ich war aber noch nie dort.

 

Frage: Waren Sie schon jemals in Kunar?

 

Antwort: Nein, auch nicht.

 

(...)"

 

Mit Bescheid vom 5. März 2007, Zl. 06 07.141-BAL, hat das Bundesasylamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 31. Dezember 2006 gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 abgewiesen und ihr den Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I), ihr weiters gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II) und zudem Frau H.S. gemäß § 8 Absatz 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15. Juni 2011 erteilt (Spruchpunkt III). Diesen Bescheid hat das Bundesasylamt wie folgt begründet:

 

"Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens gelangt die Behörde nach unten angeführter Beweiswürdigung zu folgenden Feststellungen:

 

Zu den Antragstellern wird festgestellt

 

Die ASt. ist Angehörige der Kernfamilie von H.B., geboren 00.00.1976, Staatsbürger von Afghanistan, dem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.06.2004, Zahl 01 23.797-BAL, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 15.06.2011 erteilt wurde.

 

Der Asylantrag von H.B. wurde gemäß § 7 AsylG idgF abgewiesen, das Verfahren befindet sich im Stadium der Berufung beim Unabhängigen Bundesasylsenat.

 

Der Kernfamilie von H.B. gehören insgesamt an:

 

H. geborene G.S., geboren 00.00.1979, Zahl 06 07.141,

 

H.R., geboren 00.00.1996, Zahl 06 07.055,

 

H.E., geb. 00.00.1998, Zahl 06 07.056,

 

H.A., geb. 00.00.2000, Zahl 06 07.057 und

 

H.T., geb. 00.00.2002, Zahl 06 07 058.

 

Die Antragsteller sind Staatsbürger von Afghanistan und gehören der Volksgruppe der Pashtunen an.

 

Die Identitäten der Antragsteller stehen fest.

 

H.S. hat keine eigenen Gründe für ihren Antrag auf Internationalen Schutz und als Vertreterin für die Anträge ihrer Kinder geltend gemacht. Die Gründe resultieren ausschließlich aus den von H.B. behaupteten Gründen.

 

Festgestellt wird, dass H.S. gemeinsam mit den vier Kindern von 2001, nachdem ihr Ehemann Afghanistan verlassen hat, bis etwa März 2006 ständig bei ihren Eltern im selben Dorf, in dem sie zuvor mit ihrem Ehemann gelebt hat, wohnhaft war.

 

Die Eltern von H.S. betreiben im Heimatdorf eine Landwirtschaft. Eine Schwester lebt ebenfalls in dem Dorf, eine weitere Schwester lebt in Kabul und eine weitere Schwester in Jalalabad.

 

Zwei Schwestern von H.B. leben ebenfalls in diesem Dorf.

 

Die Mutter von H.B. lebt im Nachbardorf.

 

H.S. verließ Afghanistan mit den vier Kindern mit einem öffentlichen Bus nach Pakistan.

 

Es konnte nicht festgestellt werden, dass sich dabei irgendwelche Probleme ergeben haben.

 

H.S. hat erst im April 2006 von den afghanischen Behörden einen Reisepass für sich und die vier Kinder, eine Geburtsurkunde und eine Heiratsurkunde über die Ehe mit H.B. erhalten.

 

Es konnte nicht festgestellt werden, dass sich dabei irgendwelche Probleme ergeben haben.

 

Zur Situation in Afghanistan wird festgestellt

 

Die Taliban existieren als politisches System nicht mehr. Sie sind ab dem 10.12.2001 vollständig abgezogen. Am 5.12.2001 wurde von den Delegierten der Konferenz auf dem Petersberg das Afghanistan-Abkommen unterzeichnet. Damit wurde der international unterstützte Prozess des politischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Wiederaufbaus Afghanistans eingeleitet. Am 22.12.2001 wurde eine Interimsregierung unter der Führung von Hamid Karzai eingerichtet. Am 19.6.2002 vereidigte die Loya Jirga die Interimsregierung unter Karzai. An dieser Regierung sind die verschiedenen Fraktionen und Ethnien Afghanistans beteiligt.

 

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die afghanische Übergangsregierung unter Präsident Karzai ehemalige Kommunisten verfolgt. Eine Gefährdung - auch an Leib und Leben - hochrangiger früherer Repräsentanten der Demokratischen Volkspartei Afghanistans (DVPA, mit Parcham- wie Khalq-Flügel) bzw. herausragender Militärs und Polizeirepräsentanten sowie

 

des Geheimdienstes Khad der kommunistischen Zeit durch Teile der Bevölkerung kann allerdings als mögliche Reaktion auf frühere Menschenrechtsverletzungen nicht ausgeschlossen werden.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, 07.2006)

 

Einzelne Personen, die mit der People's Democratic Party of Afghanistan (PDPA) in Zusammenhang gebracht werden, können auch heute noch einer Gefährdung unterliegen. Das Gefährdungsrisiko hängt ab von den individuellen Umständen, dem familiären Hintergrund, dem beruflichen Profil, persönlichen Verbindungen und den Menschenrechtsverletzungen des kommunistischen Regimes zwischen 1979 und 1992.

 

Akzeptiert von Stammesangehörigen, kehrten vor den Wahlen zahlreiche Ex-Kommunisten zurück, die während der Sowjet-Besatzung hohe Posten in der Regierung oder den Sicherheitsdiensten innehatten. Viele frühere Mitglieder der PDPA genießen heute Schutz und haben Verbindungen zu heute starken Fraktionen oder Individuen.

 

Einfachen Mitgliedern der DVPA (Demokratische Volkspartei Afghanistans) oder Anhängern des Nadjibullah-Regimes, die sich nicht in einer herausgehobenen Position befanden, drohen in Afghanistan allein auf Grund ihrer früheren Betätigung für Partei oder Regierung grundsätzlich keine Verfolgungsmaßnahmen seitens der Regierung oder Racheakte von dritter Seite. Eine Gefahr besteht für hochrangige Kommunisten nur dann, wenn sie als Mitglieder des Zentralkomitees, von Stadt- oder Distriktkomitees der DVPA oder als Vorsitzende oder hochrangige Mitglieder von Organisationen der DVPA (z.B. Jugend-, Frauenorganisation) auf Landes-, Provinz-, Stadt- oder Distriktebene bekannt sind oder wenn sie mit Menschenrechtsverletzungen während des kommunistischen Regimes in Zusammenhang gebracht werden können. Das Gleiche gilt für Mitglieder der früheren Streitkräfte, der Polizei oder des Geheimdienstes.

 

Schweizerische Flüchtlingshilfe (erstellt von Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006) / BAMF - THB Afghanistan, vom November 2005, UK Home Office, Operational Guidance Note, 01.2006)

 

Der Militär-, Polizei- und Justizapparat befindet sich im Aufbau. Kabul wird von der Regierung mit Hilfe der ISAF kontrolliert, und die Regierung in Kabul ist innerhalb ihres Einflussgebietes willens und - unter Berücksichtigung, dass die Forderung nach einem lückenlosen Schutz an einer wirklichkeitsnahen Einschätzung der Effizienz staatlicher Schutzmöglichkeiten vorbeiginge - grundsätzlich auch in der Lage, Schutz vor allfälligen Verfolgungshandlungen zu bieten. Dies betrifft weitgehend auch das Justizsystem.

 

(Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006, U.K. Home Office Country of Origin Information Service - Afghanistan, 04.2006; BAMF - THB Afghanistan, November 2005)

 

Viele Frauen und Männer können die per Verfassung garantierte Bewegungsfreiheit auch in der Praxis ausüben. Afghanen siedeln vom ländlichen Bereich in größere Städte, um dort Arbeit und Wohnungen zu finden. In den meisten Städten besteht die Population aus einem Mix verschiedener ethnischer Gruppen.

 

(US Department of State, Country Reports 2005, 03.2006)

 

Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zur allgemeinen Lage in Afghanistan gründen sich auf die o.a. Quellen.

 

Die Behörde schenkt dem Amtswissen deshalb größere Glaubwürdigkeit weil dieses aus verlässlichen, aktuellen und unbedenklichen Quellen stammt, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei ist. Die ausgewogene Auswahl der Quellen zeigt in ihrem wesentlichen Inhalt übereinstimmend das geschilderte Bild über die aktuelle Lage in Afghanistan.

 

Bezüglich der von der ho. Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation in Afghanistan ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse -soweit dem ASt.. das ho. Amtswissen hierzu nicht vorgehalten wurde- als notorisch vorauszusetzen sind. Gemäß § 45 Abs 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (sog "notorische" Tatsachen; vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998-89) keines Beweises. "Offenkundig" ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder "allgemein bekannt" (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch "bei der Behörde notorisch" (amtsbekannt) geworden ist; "allgemein bekannt" sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen - ohne besondere Fachkenntnisse - hergeleitet werden können (VwGH 23.1.1986, 85/02/0210; vgl. auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853). Zu den notorischen Tatsachen zählen auch Tatsachen, die in einer Vielzahl von Massenmedien in einer der Allgemeinheit zugänglichen Form über Wochen hin im Wesentlichen gleichlautend und oftmals wiederholt auch für einen Durchschnittsmenschen leicht überprüfbar publiziert wurden, wobei sich die Allgemeinnotorietät nicht auf die bloße Verlautbarung beschränkt, sondern allgemein bekannt ist, dass die in den Massenmedien verbreiteten Tatsachen auch der Wahrheit entsprechen.

 

Soweit aus Quellen älteren Datums zitiert wurde, geben jüngere öffentlich zugängliche Quellen, seien sie von UNHCR, Menschrechtsorganisationen oder periodisch aktualisierte onliene-Quellen das gleiche Bild wieder bzw. dienen diese Quellen der Schilderung chronologischer Hergänge alsylrelevanter Ereignisse. Das Bundesasylamt konnte sich daher bei der Feststellung des Ermittlungsergebnisses auf die streckenweise wörtliche Zitierung dieser Quellen beschränken (vgl. zu dieser Vorgangsweise etwa Bescheid des UBAS vom 4.2.2005, Az.: 242.404/0-VII/22/03). Aufgrund der politisch kontinuierlichen Lage, sowie aufgrund der Ausführungen in den vorhergegangenen Sätzen sind daher sämtliche Quellen als aktuell anzusehen.

 

Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates über den berichtet wird zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung findet sich bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges (vgl. hierzu Feststellung des UBAS im Bescheid vom 4.2.2005, Az.:

242.404/0-VII/22/03 zum Verhältnis zwischen Berichten des Deutschen Auswärtigen Amtes und Menschenrechtsorganisationen).

 

Die im Bescheid getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen.

 

Hinsichtlich der behaupteten Herkunftsregion, Volkszugehörigkeit und Staatsangehörigkeit der Antragsteller wird den Angaben der ASt. deswegen Glauben geschenkt, weil sie über die erforderlichen Sprach- und Lokalkenntnisse verfügt.

 

Aufgrund der Vorlage unbedenklicher Personenstandsurkunden (Heiratsurkunde, Geburtsurkunde und Reisepass) steht die Identität der ASt. fest und hatte die Feststellung betreffend der Zugehörigkeit der ASt. zur Kernfamilie des H.B. zu erfolgen.

 

Anhand der Angaben der ASt. im Verfahren und zuletzt in ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Linz, am 15.02.2007 ergibt sich schlüssig, dass die ASt. keine eigenen Asylgründe vorgebracht und den Antrag auf internationalen Schutz nur de

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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