D13 267434-0/2008/10E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Dajani als Vorsitzenden und den Richter Mag. Auttrit als Beisitzer über die Beschwerde des A.S., geb. 00.00.1977, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.12.2005, FZ. 04 21.698-BAS, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und A.S. gemäß § 7 iVm § 10 Abs. 2 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 101/2003, Asyl gewährt. Gemäß § 12 AsylG wird festgestellt, dass A.S. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den am 23.10.2004 gestellten Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I) und festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Russland gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist (Spruchpunkt II). Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wurde der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Russland ausgewiesen (Spruchpunkt III).
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.
3. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der Volksgruppe der Tschetschenen. Der Beschwerdeführer ist der Vater des minderjährigen A.A., geb. 00.00.2006, und der minderjährigen A.E., geb. 00.00.2007, deren Asylanträgen das Bundesasylamt, Aussenstelle Traiskirchen, mit Bescheiden vom 07.11.2003; FZ. 06 08.735-BAT, bzw. vom 30.10.2007, FZ. 07 09.941-BAT, Folge gegeben und dem Sohn sowie der Tochter des Beschwerdeführers Asyl gewährt hat. Mit Schreiben vom 26.09.2007 ersuchte der Beschwerdeführer, ihm wie seiner Frau und seinem Sohn Asyl zu gewähren. Der Beschwerdeführer lebt mit seinen minderjährigen Kindern im selben Haushalt.
4. Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Asylakt des Beschwerdeführers, insbesondere der Geburtsurkunde des A.A., ausgestellt vom Standesamt Wien-Innere Stadt am 00.00.2007, sowie der Geburtsurkunde der A.E., ausgestellt vom Standesamt Wien-Innere Stadt am 00.00.2007, (vgl. OZ 7).
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Da dem minderjährigen Sohn sowie der minderjährigen Tochter des Beschwerdeführers Asyl gewährt wurde, ist zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer gemäß §§ 10 Abs. 2 AsylG Asyl zu gewähren ist.
2. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.
Das gegenständliche Verfahren ist somit nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat zu führen.
3. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG stellen Familienangehörige (§ 1 Z 6) eines 1. Asylberechtigten; 2. subsidiär Schutzberechtigten (§§ 8 iVm 15) oder 3. Asylwerbers einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Für Ehegatten gilt dies überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den ersten Asylantrag eingebracht hat.
(2) Die Behörde hat aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Asylberechtigten mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
(3) Die Behörde hat aufgrund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid den gleichen Schutzumfang zu gewähren, es sei denn, dem Antragsteller ist gemäß § 3 Asyl zu gewähren. Abs. 2 gilt.
(4) Befindet sich der Familienangehörige eines subsidiär Schutzberechtigten im Ausland, kann der Antrag auf Gewährung desselben Schutzes gemäß § 16 drei Jahre nach Schutzgewährung gestellt werden.
(5) Die Behörde hat Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Dies ist entweder die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz, wobei die Gewährung von Asyl vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Antragsteller erhält einen gesonderten Bescheid.
Familienangehörige sind gemäß § 1 Z 6 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes, minderjähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.
Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmale sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 MRK" und der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist.
Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 MRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil vom 13.06.1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).
Nach dem obzitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jener Kinder durch Art. 8 EMRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der MRK-Rechtsprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.
Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt.
4. Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist der Beschwerdeführer der Vater des minderjährigen A.A. und der minderjährigen A.E.. Diesen wurde mit Bescheiden des Bundesasylamtes, Aussenstelle Traiskirchen, vom 07.11.2003, FZ. 06 08.735-BAT, sowie vom 30.10.2007, FZ. 07 09.941-BAT Asyl gewährt. Da im gegenständlichen Fall dem minderjährigen Sohn und der minderjährigen Tochter des Beschwerdeführers Asyl gewährt wurde und überdies keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Beschwerdeführer ein Familienleben mit den asylberechtigten Angehörigen in einem anderen Staat möglich wäre, war dem Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 2 AsylG Asyl zu gewähren.
Gemäß § 12 AsylG ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen oder auf Grund Asylantrages Asyl gewährt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof konnte gemäß § 41 Abs. 7 iVm § 67d AVG unterbleiben, da der maßgebende Sachverhalt durch die Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen war, und sich in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergab, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer nochmals zu erörtern.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.