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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des PO in Graz, geboren am 25. September 1962, vertreten durch Dr. Klaus Kocher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sackstraße 36, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Jänner 2001, Zl. 216.583/0-XII/05/00, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Asylangelegenheit (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde in Verbindung mit dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, vom 30. März 2000 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 AsylG 1997 für zulässig erklärt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer "laut dem im Verwaltungsakt einliegenden Rückschein" nach zwei (erfolglosen) Zustellversuchen durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt am 4. April 2000 zugestellt.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die am 20. April 2000 (per Telefax) eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers mit der Begründung als verspätet zurückgewiesen, die Berufungsfrist von zwei Wochen habe bereits am 18. April 2000 geendet. In der im Rahmen des Berufungsverfahrens eingeräumten Stellungnahme zur verspäteten Einbringung der Berufung habe der Beschwerdeführer unter anderem ausgeführt:
"Der Bescheid des Bundesasylamtes Graz wurde am 4. April 2000 durch Hinterlegung zugestellt, daher endete die Frist für eine etwaige, begründete Berufung am 18. April 2000. Ich war jedoch nicht in der Lage, diese Frist von 14 Tagen einzuhalten, da mir die Benachrichtigung des Postamtes ... erst am 17. April 2000 in den Abendstunden ausgehändigt wurde. Ich eilte daraufhin zum besagten Postamt, jedoch war diese(s) schon geschlossen. Daher war ich gezwungen, den Bescheid am Morgen des Dienstag, 18. Mai 2000 (gemeint wohl: 18. April 2000), an diesem Postamt entgegenzunehmen. Dadurch erhielt ich den Bescheid erst am letzten Tag der eingeräumten Frist. Die Berufung wurde daraufhin nach eingehendem Gespräch mit Hilfe des Verein ... am nächsten Beratungstag eingebracht, dem 20. April 2000.
Dem Bescheid war eine in englischer Sprache verfasste Kurzinformation beigefügt, die mich darüber aufklärte, dass ich ab Zustellung des Bescheides für Rechtsmittel eine Frist von zwei Wochen einzuhalten hätte. Unerfreulich dabei ist, dass ich diese Zustellung mit 17. April 2000 annahm, von der Hinterlegung leider nichts wusste.
Die Verspätung um zwei Tage gründet sich auf eine schlimme Kette von Mißverständnissen, die ihren Ausgang offensichtlich darin gefunden hat, dass mir die Benachrichtigung erst am 17. April 2000 von Herrn ......., dem Leiter des ... ausgehändigt wurde. Dies ist Usus, d.h. alle Postsendungen, Benachrichtigungen oder behördliche Schreiben werden von der Pensionsleitung entgegengenommen und daraufhin der betreffenden Person ausgehändigt. Da dies so geschieht, hatte ich nicht das Gefühl, eine Frist zu versäumen. Anscheinend ist irgendwo ein Fehler passiert, der aber meiner Meinung nach außerhalb meiner Sphäre lag."
Dazu führte die belangte Behörde aus, weder aus dem vorliegenden Verwaltungsakt noch aus dieser Stellungnahme lasse sich entnehmen, der Beschwerdeführer wäre am Tag der Hinterlegung (sohin am 4. April 2000) von der Abgabestelle (orts)abwesend gewesen, weshalb von der rechtmäßigen Zustellung des verfahrensgegenständlichen Bescheides mit diesem Tag auszugehen sei. Die am 20. April 2000 eingebrachte Berufung sei somit verspätet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer vertritt unter Wiedergabe seiner Stellungnahme im Berufungsverfahren die Auffassung, dieses Vorbringen einer rechtsunkundigen, unvertretenen und ausländischen Partei hätte als Geltendmachung der Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung (Hinterlegung) des bekämpften Bescheides und damit als Behauptung der Rechtzeitigkeit der Einbringung des Rechtsmittels oder als Antrag auf Wiedereinsetzung gedeutet werden können. Die Behörde hätte klären müssen, ob die eine oder die andere Deutung des Vorbringens vorzunehmen sei.
Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass - entgegen diesem Beschwerdevorbringen - nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestand, die Zustellung wäre wegen Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers (zunächst) nicht rechtswirksam gewesen oder die gemäß § 17 Abs. 1 ZustG vorgenommene Hinterlegung beim zuständigen Postamt hätte mangels regelmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers an der Abgabestelle nicht durchgeführt werden dürfen. Das lässt sich dem - von der belangten Behörde zu beurteilenden - Vorbringen im Berufungsverfahren in keiner Weise entnehmen. Auch die Beschwerde zeigt nicht auf, welche Anhaltspunkte für die belangte Behörde bestanden hätten, die Zweifel an der Rechtswirksamkeit des Zustellvorganges erwecken hätten können, sondern es wird nur ganz allgemein ausgeführt, "dem Postzusteller wird ob der Vielzahl der zuzustellenden Poststücke an der damaligen Wohnadresse des Beschwerdeführers (Europahaus, Dörflach 69, 8623 Aflenz-Land) bekannt gewesen sein, dass die Empfänger der Poststücke oftmals vorübergehend eine gewisse Zeit abwesend sein werden". Die belangte Behörde ist daher zutreffend von einer rechtswirksamen Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides ausgegangen und hat somit den Beginn der Berufungsfrist zu Recht gemäß § 17 Abs. 3 dritter Satz ZustG mit dem Zeitpunkt der Hinterlegung der Sendung beim zuständigen Postamt (Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde) angenommen. Entgegen der Meinung in der Beschwerde hat die belangte Behörde insoweit ihre (amtswegige) Ermittlungspflicht - die Beschwerde moniert in diesem Zusammenhang die Vernehmung des "Postzustellers" - nicht verletzt, weil diese nur bei (konkreten) Hinweisen, welche den Zustellvorgang in Frage stellen, besteht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 13. Februar 1998, Zl. 96/19/1080, und vom 28. Februar 1997, Zl. 95/19/0891) .
Wenn die Beschwerde weiters die Auffassung vertritt, "Vermieter oder Hausbesorger (Portier)" würden grundsätzlich "als Ersatzempfänger ausscheiden", so wird übersehen, dass im vorliegenden Fall keine Ersatzzustellung (§ 16 ZustG), sondern eine Hinterlegung beim zuständigen Postamt (§ 17 ZustG) vorgenommen wurde. Es entspricht aber ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass durch die Zurücklassung zustellrechtlicher Urkunden (wie etwa der Hinterlegungsanzeige nach § 17 Abs. 2 ZustG) bei der Heimleitung die für das Zustandekommen einer rechtswirksamen Zustellung durch Hinterlegung gesetzlich festgelegten Voraussetzungen erfüllt wurden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1994, Zl. 94/19/0394, und vom 17. Juni 1992, Zl. 92/01/0317, sowie das die Zurücklassung der Hinterlegungsanzeige bei der "Pensionsinhabung" betreffende Erkenntnis vom 24. Jänner 1995, Zl. 94/20/0610).
Der Beschwerdeführer macht - offenbar mit Beziehung auf die Ausführungen zu einer möglichen Deutung seiner Stellungnahme im Berufungsverfahren als Wiedereinsetzungsantrag - schließlich noch geltend, er habe in dieser Stellungnahme die unnötige Verzögerung der Weitergabe der Hinterlegungsanzeige durch den Pensionsleiter bemängelt, dessen verschuldetes Verhalten nicht dem Beschwerdeführer "zu Schaden gereichen" dürfe. Bei Wahrnehmung ihrer Ermittlungs- und Anleitungspflicht wäre die belangte Behörde zur Ansicht gekommen, dass der Beschwerdeführer damit ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis behaupte bzw. glaubhaft mache und somit einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt habe.
Damit zeigt der Beschwerdeführer deswegen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil die belangte Behörde selbst bei Vorliegen eines fristgerechten Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist rechtlich nicht daran gehindert war, die Berufung als verspätet zurückzuweisen (vgl. das (in einem Verfahren mit dem Beschwerdeführervertreter ergangene) hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1999, Zl. 99/20/0539, mit dem Hinweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1986, Slg. Nr. 12.275/A). Bei dieser Entscheidung kam es aber lediglich auf die terminliche Einhaltung der gesetzlichen Berufungsfrist und nicht auf etwaige Hinderungsgründe für die rechtzeitige Erhebung einer Berufung an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1997, Zl. 97/09/0023). Mangels Relevanz der vorgetragenen Gründe für die verspätete Einbringung der Berufung für die angefochtene Entscheidung liegt - entgegen dem Beschwerdestandpunkt - auch insoweit keine Verletzung der Ermittlungspflicht durch die belangten Behörde vor.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 29. März 2001
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001200109.X00Im RIS seit
20.06.2001