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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde der Stadtgemeinde T, vertreten durch Dr. R und Dr. Z, Rechtsanwälte in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 9. Oktober 2000, GZ. 03- 12.10 T 69-00/17, betreffend die Aufhebung einer Berufungsentscheidung in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: I G in T, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.
Begründung
Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem hg. Erkenntnis vom 5. Dezember 2000, Zl. 99/06/0139, zu entnehmen. Es ging dabei im Wesentlichen um die Frage, ob der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde (kurz: Gemeinde) hinsichtlich einer am 26. Februar 1998 eingebrachten Bauanzeige der mitbeteiligten Partei (in der Folge kurz: Bauwerberin) rechtzeitig im Sinne des § 33 Abs. 5 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59, das Baubewilligungsverfahren eingeleitet hatte. Die Baubehörden der Gemeinde hatten dies bejaht, die belangte Behörde hatte dies in ihrem aufhebenden Vorstellungsbescheid vom 26. Juni 1999 verneint. Dieser Bescheid wurde mit dem eingangs genannten hg. Erkenntnis vom 5. Dezember 2000 (das Anfang Jänner 2001 zugestellt wurde) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit der vorliegendenfalls wesentlichen Begründung aufgehoben, das Baubewilligungsverfahren sei entgegen der belangten Behörde rechtzeitig eingeleitet worden.
Zwischenzeitig hatte die Berufungsbehörde mit Bescheid vom 6. März 2000 das (infolge der kassatorischen Vorstellungsentscheidung vom 26. Juli 2000 abermals "offene") Berufungsverfahren gemäß § 38 AVG "bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Vorfrage der Eigentumsverhältnisse" hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Grundstückes ausgesetzt. Begründend heißt es insbesondere, das gegenständliche Bauvorhaben (Errichtung eines Zaunes) sei an der Grenze des verfahrensgegenständlichen Grundstückes zum öffentlichen Gut geplant. Der Verlauf der Grenze und damit die Eigentumsverhältnisse im unmittelbaren Bereich des geplanten Bauvorhabens seien jedoch strittig (wurde näher begründet).
Dagegen erhob die Bauwerberin Vorstellung.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. Oktober 2000 hat die belangte Behörde den Bescheid vom 6. März 2000 wegen Verletzung von Rechten der Bauwerberin behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. Begründet wird dies damit, dass tragenden Gründen eines aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheides Bindungswirkung zukomme. Die Gemeinde habe zwar den aufhebenden Vorstellungsbescheid vom 26. Juli 1999 mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft, jedoch nicht die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde beantragt. Eine Entscheidung über diese Beschwerde (Anmerkung: Zl. 99/06/0139) sei bislang nicht erfolgt. Der tragende Aufhebungsgrund im aufsichtsbehördlichen Bescheid vom 26. Juli 1999 sei die Auffassung gewesen, dass eine rechtswirksame Zustellung der Verständigung über die Einleitung eines Baubewilligungsverfahrens im Sinne des § 33 Abs. 5 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 nicht erfolgt sei. Dies habe rechtlich zur Folge, dass das angezeigte Bauvorhaben im Sinne des § 33 Abs. 6 leg. cit. als genehmigt gelte. Damit sei die mit dem bekämpften Bescheid vom 6. März 2000 verfügte Aussetzung des Berufungsverfahrens schon begrifflich ausgeschlossen. Durch die Nichtbeachtung der Bindungswirkung des aufsichtsbehördlichen Bescheides vom 26. Juli 1999 seien somit Rechte der Bauwerberin verletzt worden.
Dagegen richtet sich die vorliegende (am 28. November 2000 eingelangte) Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift (vom 9. Februar 2001) die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Bauwerberin hat eine Gegenschrift (vom 29. Dezember 2000) mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt. Tragender Aufhebungsgrund des nun angefochtenen Bescheides ist die Auffassung der belangten Behörde, dass der Bescheid der Berufungsbehörde vom 6. März 2000 (Aussetzung des Berufungsverfahrens gemäß § 38 AVG) gegen die Bindungswirkung der tragenden Aufhebungsgründe im kassatorischen Vorstellungsbescheid vom 26. Juli 1999 verstoße. Infolge der zwischenzeitig erfolgten Aufhebung dieses letztgenannten Bescheides vom 26. Juli 1999 ist aber dieser Begründung des nun angefochtenen Bescheides die Grundlage entzogen (siehe § 42 Abs. 3 VwGG), weshalb sie sich als rechtswidrig darstellt. Im Hinblick auf die rechtliche Bedeutung, die den tragenden Gründen eines aufhebenden Vorstellungsbescheides zukommt (und auf die die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Übrigen zutreffend verwiesen hat), ist entgegen der Tendenz der Gegenschrift der belangten Behörde nicht zu prüfen, ob die Aufhebung des Bescheides der Berufungsbehörde vom 6. März 2000 etwa aus anderen, im angefochtenen Bescheid nicht herangezogenen Gründen gerechtfertigt gewesen wäre (zu der diesbezüglichen Argumentation der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift siehe im Übrigen das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/06/0196).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der beschwerdeführenden Gemeinde war nur der Ersatz des Schriftsatzaufwandes zuzuerkennen, weil sie als Gebietskörperschaft die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG nicht zu entrichten hat. Das entsprechende Kostenmehrbegehren war daher abzuweisen.
Wien, am 29. März 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000060197.X00Im RIS seit
02.07.2001