TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/11 A12 258664-0/2008

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Veröffentlicht am 11.08.2008
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Spruch

A12 258.664-0/2008/8E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde der B. E., geb. 00.00.1968, StA. von Ghana, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.02.2005, Zahl: 04 16.672-BAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.03.2008 zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde von B. E. wird stattgegeben und B. E. gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg.cit. wird festgestellt, dass B. E. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Die am 00.00.1968 geborene Antragsstellerin, eine Staatsangehörige von Ghana, beantragte am 19.08.2004 vor der Erstbehörde die Asylgewährung. Die Antragstellerin bezog sich vor der Erstbehörde im Wesentlichen darauf, Verfolgung von Seiten privater Personen zu befürchten, wobei ihr keinerlei Schutz von Seiten staatlicher Behörden zuteil würde.

 

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.02.2005, Zl. 04 16.672-BAG, wurde der Antrag gemäß § 7 AsylG BGBl I 101/2003 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gleichzeitig festgestellt, dass gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Kamerun zulässig ist (Spruchpunkt II.). Unter einem wurde die Antragstellerin gem. § 8 Abs. 2 leg.cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt III).

 

3. Gegen diese Entscheidung erhob die Genannte fristgerecht und zulässig Beschwerde.

 

II. Am 07.03.2008 fand vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat - als vormals zuständiger Rechtsmittelinstanz - eine öffentliche mündliche Verhandlungen statt, im Zuge welcher der Antragsstellerin Gelegenheit geboten war, neuerlich ihr Fluchtvorbringen im Einzelnen darzulegen bzw. auf die näheren Hintergründe betreffend die behauptete Gefährdungssituation einzugehen.

 

Des Weiteren wurde auf den seitens des nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreters der Antragstellerin eingebrachten vorbereitenden Schriftsatz Bezug genommen.

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in das erstinstanzliche Aktenkonvolut, unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Antragstellerin vor der Erstbehörde, den bekämpften Bescheid sowie den Berufungsschriftsatz; weiters durch niederschriftliche Einvernahme der Antragstellerin im Rahmen der abgeführten Berufungsverhandlung vom 07.03.2008, den ergänzenden Berufungsschriftsatz vom 04.04.2008 inklusive medizinischer Unterlagen.

 

III. Zur Person der Berufungswerberin wird folgendes festgestellt:

 

Die Antragstellerin ist Staatsangehörige von Ghana und hat ihren Herkunftsstaat aufgrund der erfolgten Übertretung traditioneller Normen und der sich daraus für sie ergebenden Konsequenzen verlassen. Das, seitens der Antragstellerin im Verfahren vorgetragene Vorbringen, wird zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben.

 

IV. Zur politischen und menschenrechtlichen Lage in Ghana werden folgende

 

Feststellungen getroffen:

 

Aktuelle politische Situation

 

Staatsaufbau

 

Ghana ist in zehn Regionen gegliedert, die wiederum in 110 Distrikte untergliedert sind. Die

 

Regionen und die an ihrer Spitze stehenden Regionalminister sind Institutionen des

 

Zentralstaats. Ghana bemüht sich um die Dezentralisierung der Staatsgewalt.

 

Die drei Gewalten sind von einander getrennt; die Regierung ist dem Parlament

 

verantwortlich. Die richterliche Gewalt ist laut Verfassung unabhängig; Justizminister und

 

Generalstaatsanwalt (Attorney General) sind in einem Amt verbunden.

 

Der Präsident der Republik Ghana, John Agyekum Kufuor, ist zugleich Staatsoberhaupt und

 

Regierungschef. Er wurde in direkter Wahl für vier Jahre wiedergewählt und trat sein Amt am

 

07.01.2005 an. Außenminister ist seit April 2003 Nana Akufo-Addo.

 

Am 7. Dezember 2004 fanden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt.

 

Das Parlament hat 230 Sitze. Die Regierungskoalition besteht aus der New Patriotic Party

 

(NPP, 128 Sitze), der Convention People's Party (CPP, 3 Sitze) und der People's National

 

Convention (PNC, 4 Sitze). Die Opposition wird vom National Democratic Congress gebildet

 

(NDC, 94 Sitze). Ein Abgeordneter ist parteilos. Die nächsten allgemeinen Wahlen finden im

 

Dezember 2008 statt. Gemeinde- und Distriktswahlen fanden am 26.09.2006 statt. Die

 

Wahlbeteiligung betrug nur 39,5%.

 

Die Innenpolitik der ghanaischen Regierung ist vor allem auf die Bekämpfung der Armut und

 

den weiteren Ausbau der Demokratie gerichtet (Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2005:

 

ca. 505 US-Dollar). Zu diesem Zweck setzt die Reformpolitik von Präsident Kufuor folgende

 

drei Prioritäten:

 

??Steigerung der privatwirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit (vor allem im Agrarsektor)

 

??Fortschritte in der menschlichen und sozialen Entwicklung

 

??weitere Verbesserung guter Regierungsführung

 

(Auswärtiges Amt, Länderinformation, Ghana, Innenpolitik, Stand März 2007,

 

 

http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Ghana/Innenpolitik.html,

 

Zugriff am 09.05.2007))

 

Menschenrechte

 

Allgemein

 

Die Grundfreiheiten und Menschenrechte sind in der Verfassung definiert und garantiert. Im

 

Jahr 2006 ergriff die Regierung weitere bedeutsame Maßnahmen, um den Schutz von

 

Menschenrechten zu verbessern. In Art. 21 sind die politischen Grundrechte der

 

Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit sowie der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit

 

niedergelegt. Die verfassungsmäßig garantierten Rechte werden von der Regierung auch in

 

der Praxis respektiert. Kritik an der Regierung kann frei geäußert werden.

 

Die in der Verfassung verankerten CHRAJ (Commission for Human Rights and

 

Administrative Justice) hat die Überwachung der Menschenrechtslage als Aufgabe. Kritische

 

Stellungnahmen der CHRAJ, so etwa zu Korruption, Enteignungsfällen und den Zuständen

 

in den Gefängnissen, werden veröffentlicht. In einigen Fällen ist es aufgrund der

 

Untersuchungsergebnisse zu Rücktritten oder Amtsenthebungen der betroffenen Personen

 

gekommen. Behindert wird die Arbeit der CHRAJ jedoch durch unzureichende Finanzierung,

 

das die Abwanderung qualifizierten Personals in die freie Wirtschaft (Anwaltskanzleien)

 

unterstützt.

 

Eine nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten

 

sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminierende Strafverfolgungs- oder

 

Strafzumessungspraxis lässt sich in Ghana nicht feststellen. Die Strafzumessungspraxis für

 

geringfügige Vergehen (Diebstahl, kleinere Betrugsfälle, "petty crime") erscheint teilweise

 

unverhältnismäßig hart. Die Haftbedingungen in ghanaischen Gefängnissen sind für alle

 

Inhaftierten sehr schlecht und entsprechen nicht westeuropäischen Standards.

 

(AUSWÄRTIGES AMT Berlin, den 22. Januar 2007, Bericht über die asylund

 

abschiebungsrelevante Lage in der Republik Ghana (Stand: Dezember 2006))

 

Regierung, Justiz und Parlament in Ghana fördern das Menschenrechtsbewusstsein und die

 

Menschenrechte. Die Verfassung von 1992 garantiert die Freiheit der Medien. Seit 1992 sind

 

private Medien wieder zugelassen, die zum Teil äußerst kritisch die Entwicklung Ghanas

 

begleiten. Der erreichte Stand der Pressefreiheit ist für Afrika hoch.

 

Bemerkenswert sind neben der in den Medien praktizierten Meinungsfreiheit auch die

 

religiöse Toleranz der Regierung und der Religionsgemeinschaften, die

 

Versammlungsfreiheit und die starke Position und Unabhängigkeit der in der Verfassung

 

verankerten staatlichen Menschenrechtskommission CHRAJ.

 

(Auswärtiges Amt, Länderinformation, Ghana, Innenpolitik, Stand März 2007,

 

 

http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Ghana/Innenpolitik.html,

 

(Zugriff am 09.05.2007))

 

(US Department of State (US DOS), Ghana, Country Reports on Human Rights Practices,

 

Released by the Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor

 

March 6, 2007http://www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2006/78737.htm, Zugriff am 10.05.2007))

 

Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation - FGM)

 

Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation - FGM) wird nach Art. 69A des

 

ghanaischen Strafgesetzbuches mit einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Jahren bestraft. Seit

 

1994 haben zwölf Strafverfahren stattgefunden, fünf Beschuldigte sind zu je mehrjährigen

 

Freiheitsstrafen verurteilt worden (zuletzt wurde eine Frau zu fünf Jahren Freiheitsstrafe

 

wegen der Vornahme von FGM an mindestens sieben Mädchen verurteilt).

 

Die CHRAJ, Nichtregierungsorganisationen wie auch die Polizei (Women and Juvenile Unit)

 

drängen darauf, die gesetzlichen Vorschriften dahingehend zu erweitern, dass auch die

 

Mitwirkung bei einer Genitalverstümmelung (Festhalten des Opfers durch Bekannte oder

 

Familienangehörige) unter Strafe gestellt wird. Genitalverstümmelung wird vor allem in den

 

nördlichen Landesteilen praktiziert.

 

Die strafrechtliche Verfolgung in Ghana hat dazu geführt, dass die Praxis zum Teil in die

 

Illegalität abgedrängt wurde. Zur Durchführung der Genitalverstümmelung wird zunehmend

 

auch über die Grenzen nach Burkina Faso und Togo ausgewichen. Während viele

 

afrikanische Stämme die Genitalverstümmelung im Kleinkindalter durchführen (in der Upper

 

West Region üblicherweise bereits im Alter von zwei Wochen), findet sie bei einigen

 

Stämmen in Ghana bei Erreichen des heiratsfähigen Alters (ca. 15 Jahre), vor der

 

Eheschließung oder sogar noch während der Geburt des ersten Kindes statt.

 

Veranlasst werden die Genitalverstümmelungen jeweils von der Familie, gegen deren

 

erklärten Willen es hierzu nicht kommt. Der soziale Druck auf die Opfer wie auch deren

 

Familien, eine Genitalverstümmelung vornehmen zu lassen, ist im Norden Ghanas erheblich.

 

Man kann nicht davon ausgehen, dass sich Opfer in jedem Fall der Genitalverstümmelung

 

entziehen können. Genitalverstümmelung wird in Einzelfällen auch gewaltsam, gegen den

 

Willen der Opfer vorgenommen. Migration der Opfer in den Süden des Landes bietet relative,

 

aber nicht völlige Sicherheit, da es angesichts der sehr engen und breit gefächerten

 

Familienbeziehungen in Ghana schwierig ist, völlig unterzutauchen, zumal auch in den

 

großen Städten im Süden bereits größere Migranten-Communities aus dem Norden

 

ansässig sind.

 

Das Risiko zum Opfer zu werden, differiert stark nach Region, Stammeszugehörigkeit, Alter

 

und Aufenthaltsort. Da Genitalverstümmelung tief in den Traditionen der praktizierenden

 

Stämme verankert ist, kommen relativ wenige Mädchen und junge Frauen auf den

 

Gedanken, sich ihr zu entziehen. Durch staatliche Maßnahmen (Seminare,

 

Aufklärungskampagnen, etc.) wird versucht, einen Bewusstseinswandel bei den

 

praktizierenden Personengruppen herbeizuführen. Nach Angaben einer

 

Nichtregierungsorganisation im Norden Ghanas wurde die Zahl der Mädchen, an denen

 

Genitalverstümmelung praktiziert wird, teilweise von 8% im Jahr 2002 auf etwa 3% in 2004

 

reduziert. Die Praxis wird öffentlich geächtet.

 

(AUSWÄRTIGES AMT Berlin, den 22. Januar 2007, Bericht über die asylund

 

abschiebungsrelevante Lage in der Republik Ghana (Stand: Dezember 2007))

 

Trokosi-Kult

 

Durch die Bemühungen seitens der Regierung, der Menschenrechtskommission CHRAJ,

 

und Menschenrechtsorganisationen konnten Stammesbräuche, wie der vornehmlich in der

 

Volta-Region praktizierte Trokosi-Kult (Hingabe von Mädchen oder jungen Frauen in

 

sklavenähnliche Abhängigkeit an lokale Priester zur Abgeltung von Verfehlungen aus dem

 

Kreis ihrer Großfamilie) zwar weiter eingeschränkt, jedoch noch nicht völlig unterbunden

 

werden.

 

(AUSWÄRTIGES AMT Berlin, den 22. Januar 2007, Bericht über die asylund

 

abschiebungsrelevante Lage in der Republik Ghana (Stand: Dezember 2006))

 

(US Department of State (US DOS), Ghana, Country Reports on Human Rights Practices,

 

Released by the Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor

 

March 6, 2007http://www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2006/78737.htm, Zugriff am 10.05.2007))

 

Menschenrechtsorganisationen

 

Annähernd sechzig nichtstaatliche, national wie international tätige

 

Menschenrechtsorganisationen sind bei der Kommission für Menschenrechte und

 

Justizverwaltung (CHRAJ) registriert. Darüber hinaus sind eine Reihe weiterer, zum Teil nur

 

lokal tätiger nichtstaatlicher Organisationen in Ghana aktiv. Die Registrierung bei der CHRAJ

 

ist nicht konstituierend. Auch die nicht registrierten NROen können sich in Ghana frei

 

betätigen.

 

Viele der nationalen und internationalen NROen sind im Bereich Frauenrechte tätig, so z. B.

 

die "African Women Lawyers Association" - AWLA, "International Federation of Women

 

Lawyers" - FIDA, das "Forum for African Women Educationalists/Ghana", die "Women's

 

Initiative for Self-Empowerment" oder das "Women's Awareness Centre". Einige befassen

 

sich speziell mit Menschenrechtsverletzung gegen Frauen aufgrund von traditionellen Riten

 

(Trokosi-Kult und Genitalverstümmelung, so z. B. das "International Needs" oder "Women in

 

the Lord's Vineyard".

 

Daneben sind "Amnesty International", das "Centre for Democratic Development" und die

 

"Ghana Society for the Physically Disabled" zu erwähnen. Im Bereich der

 

Demokratieförderung/politische Bildung arbeitet die "National Commission for Civil

 

Education" (NCCE).

 

(AUSWÄRTIGES AMT Berlin, den 22. Januar 2007, Bericht über die asylund

 

abschiebungsrelevante Lage in der Republik Ghana (Stand: Dezember 2007))

 

Ethnische Konflikte

 

Im Februar 1994 eskalierte im Nordosten Ghanas ein seit langer Zeit schwelender Konflikt

 

zwischen den Konkomba und den hier bodenständigen Nanumba. Die Konkomba, die ihre

 

Ursprünge im früheren Gebiet von Togo haben, hatten für sich den Status einer traditionellen

 

Ethnie eingefordert, der sie allerdings auch zu den Eigentümern des von ihn bewohnten

 

Landes gemacht hätte. Dies stieß bei den bisherigen Eignern des Landes auf Widerstand.

 

Die Regierung entsandte umgehend Truppen in die Nordregionen und verhängte für sieben

 

Distrikte den Ausnahmezustand. Etwa 5.000 Konkomba flüchteten in diesen Tagen über die

 

Grenze nach Togo. Der Konflikt weitete sich auf verschiedene Ethnien der Nordgebiete aus,

 

besonders nachdem Ende März in den Nord-Regionen ohne Ausnahmezustand Wahlen für

 

das Distriktparlament stattgefunden hatten.

 

1994 waren im Zuge dieses Konfliktes ungefähr 441 Dörfer zerstört, etwa 2.000 Menschen

 

getötet und etwa 178.000 Menschen vertrieben worden. Anfang Juni 1997 einigten sich dann

 

die in den Konflikt verwickelten Ethnien auf eine Friedensvereinbarung. Dennoch kam der

 

Konflikt nicht zum Stillstand, da sich die Nordterritorien-Frage immer mehr zu einem Konflikt

 

zwischen der Regierung und der Opposition entwickelte, der auch nach den

 

Präsidentschaftswahlen vom Dezember 1996 weiter anhielt.

 

(Department of International Development, University of Oxford, The Overwhelming Minority:

 

Traditional Leadership and Ethnic Conflict in Ghana's Northern Region, Julia Jönsson,

 

CRISE WORKING PAPER No. 30, February 2007,

 

http://www.crise.ox.ac.uk/pubs/workingpaper30.pdf, (Zugriff am 09.05.2007))

 

Die Regierung ist bestrebt, ethnische und religiöse Differenzen im Land abzuschwächen.

 

Während der vorangegangenen Regierung gelegentlich vorgeworfen wurde, von der

 

ethnischen Gruppe der Ewe aus dem Osten des Landes, der auch Ex-Präsident Rawlings

 

angehört, dominiert zu sein, beklagt sich die jetzige Opposition, dass die neue Regierung die

 

Volksgruppe des Präsidenten Kufuor, die Ashantis, favorisiere. Zwar hat Präsident Kufuor zu

 

Beginn seiner Amtszeit darauf geachtet, möglichst viele ethnische Gruppen bei der

 

Kabinettsbildung zu berücksichtigen, allerdings hat er mittlerweile einige wichtige

 

Verwaltungsposten außerhalb des Kabinetts mit ihm vertrauten Angehörigen seiner eigenen

 

Volksgruppe besetzt.

 

Bislang wurden die bestehenden sozio-ethnischen Spannungen nicht ernsthaft politisiert und

 

stellten keine Gefahr für die demokratischen Strukturen und die Stabilität des Landes dar.

 

Innenpolitische Konsequenzen gab es jedoch nach dem Ausbruch von Gewalttätigkeiten in

 

der Stadt Yendi in der Northern Region Ende März 2002, bei denen der König der Dagomba

 

getötet wurde.

 

Infolge dieser Vorgänge traten der Innenminister, der zuständige Regionalminister sowie der

 

nationale Sicherheitsberater von ihren Posten zurück. Durch die Arbeit einer vom

 

Präsidenten ernannten Untersuchungskommission, die sich aus traditionellen Führern sowie

 

Vertretern verschiedener lokaler Nichtregierungsorganisationen zusammensetzte, konnten

 

erste Schritte zur Beilegung des Konflikts unternommen werden. Es kam jedoch im August

 

2006 erneut zu Auseinandersetzungen, bei denen drei Todesopfer durch Gewalttätigkeit

 

zwischen den beteiligten ethnischen Gruppen zu beklagen waren.

 

(AUSWÄRTIGES AMT Berlin, den 22. Januar 2007, Bericht über die asylund

 

abschiebungsrelevante Lage in der Republik Ghana (Stand: Dezember 2006))

 

(U.K. Home Office, Ghana OGN v6.0 Issued 8 December 2006,

 

http://www.ecoi.net/file_upload/432_1166021031_ghanaogn.pdf, (Zugriff am 10.05.2007))

 

Versorgungslage

 

Situation für Rückkehrer

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist in Ghana, trotz weit

 

verbreiteter Armut, gewährleistet, wobei jedoch zurzeit nur ca. 56% der Bevölkerung

 

tatsächlich Zugang zu qualifizierter medizinischer Versorgung haben (im Norden nur 30%).

 

Die Versorgung mit Medikamenten ist vor allem durch Importe gewährleistet. Medikamente

 

können bei ghanaischen Apotheken bestellt und durch diese eingeführt werden.

 

Sowohl in staatlichen als auch in privaten Kliniken in der Hauptstadt Accra und, mit

 

Abstrichen, auch in den Krankenhäusern der Regionalhauptstädte, können größere Eingriffe

 

vorgenommen werden. Die beste intensivmedizinische Versorgung bietet das staatliche

 

Universitätskrankenhaus Korle Bu in Accra, welches bisher als einziges ghanaisches

 

Krankenhaus auch über Dialyseeinrichtungen für die Hämodialyse mit sechs gut gewarteten

 

deutschen Geräten und weiteren Hämodialysegeräten in der Nierenabteilung sowie

 

ausreichend geschultem Personal verfügt.

 

Das Korle Bu Krankenhaus verfügt zudem über ein Herz-Thorax-Zentrum, in dem auch

 

kleinere Herzoperationen durchgeführt werden.

Nierentransplantationen sind in Ghana nicht

 

möglich. In Folge der massiven Abwanderungen von Ärzten und Krankenschwestern (Brain

 

Drain) herrscht in Ghana jedoch große Fachpersonalknappheit. Die Lage ist in den

 

ländlichen Gebieten als schlecht und insbesondere in den nördlichen Gebieten als sehr

 

schlecht zu bewerten.

 

Im Rahmen der medizinischen Versorgung bestimmt in Ghana weiterhin ganz überwiegend

 

das so genannte "cash and carry system" die Realität. Das bedeutet, dass Patienten in aller

 

Regel nur dann behandelt werden, wenn sie die medizinischen Leistungen - im Regelfall im

 

Voraus - bezahlen. Nur psychiatrische Behandlungen in staatlichen Einrichtungen sind

 

kostenfrei. Der weitläufige, gute Familienzusammenhalt gewährt in der Regel finanzielle und

 

soziale Absicherung im Falle von Krankheit oder Notlagen. Aids-Ausbreitung wie auch das

 

Auseinanderbrechen der Großfamilien in den Metropolen hebeln dieses traditionelle

 

Sicherungssystem allerdings zunehmend aus. Den Regionen stehen zusätzlich Mittel zur

 

Verfügung, um die Kosten in sozialen Notfällen übernehmen zu können. Vereinzelt gibt es

 

auf Gemeindeebene ein öffentlich-rechtliches Krankenversicherungssystem. Die

 

Krankenhäuser und einige Spezialabteilungen verfügen über Spendengelder, die sie für die

 

Behandlung mittelloser Kranker verwenden.

 

Derzeit wird landesweit ein öffentliches Krankenversicherungssystem eingeführt. Dafür wird

 

eine zusätzliche Umsatzsteuer in Höhe von 2,5 % erhoben. Die Umsetzung des

 

Krankenversicherungssystems in der Praxis verläuft bislang allerdings wenig viel

 

versprechend. Zum einen erweist sich die Registrierung der Haushalte aufgrund der

 

Wohnbedingungen als höchst problematisch, zum anderen ist angesichts der vielen

 

beitragsfrei Versicherten die Finanzierungsgrundlage völlig unzureichend.

 

(AUSWÄRTIGES AMT Berlin, den 22. Januar 2007, Bericht über die asylund

 

abschiebungsrelevante Lage in der Republik Ghana (Stand: Dezember 2007))

 

Bewegungsfreiheit

 

Die per Verfassung garantierte Bewegungsfreiheit wird von der Regierung auch in der Praxis

 

respektiert. Gambische Staatsbürger können jederzeit in jede Region von Gambia

 

zurückkehren. Die Stellung eines Asylantrags im Ausland führt bei der Rückkehr nach Ghana

 

nicht zu staatlichen Repressionen. Auch die Rückführung aus Deutschland wegen illegalen

 

Aufenthalts führt zu keiner strafrechtlichen Behandlung. Für unbegleitete minderjährige

 

Rückkehrer bestehen Aufnahmemöglichkeiten über das Department of Social Welfare und

 

ein privates Kinderheim.

 

(AUSWÄRTIGES AMT Berlin, den 22. Januar 2007, Bericht über die asylund

 

abschiebungsrelevante Lage in der Republik Ghana (Stand: Dezember 2007))

 

(U.K. Home Office, Ghana OGN v6.0 Issued 8 December 2006,

 

http://www.ecoi.net/file_upload/432_1166021031_ghanaogn.pdf, (Zugriff am 10.05.2007))

 

V. Beweiswürdigend wird ausgeführt:

 

Die Asylgewährung setzt grundsätzlich ein glaubhaftes Sachsubstrat zu den Fluchtgründen des Antragstellers bzw. die positive Bewertung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Antragstellers überhaupt voraus. So muss das Vorbringen des Antragstellers um als glaubhaft zu gelten, gleich bleibend und schlüssig sein; so darf sich der Antragsteller insbesondere nicht in wesentlichen Angaben zu seiner Person, seinem Werdegang, seinem familiären Umfeld und letztlich auch zum Hergang jener Ereignisse, welche zur Ausreise geführt haben, widersprechen.

 

Hervorgehoben sei, dass im gegenständlichen Verfahren zweifelsfrei die persönliche Aussage des Antragstellers vor den Asylbehörden die zentrale Erkenntnisquelle - neben anderen Sachbeweisen - zur Sachverhaltsfeststellung darstellt.

 

Der Antragstellerin war es im durchgeführten Ermittlungsverfahren einerseits möglich, ein weitgehend homogenes bzw. gleich bleibendes Vorbringen zu erstatten bzw. sah sie sich andererseits auch in der Lage, die von ihr vorgetragenen Fluchtgründe bzw. -umstände in nachvollziehbarer und detaillierter Art und Weise vorzutragen.

 

Insbesondere im Rahmen des abgeführten Berufungsrechtsgespräches vom 07.03.2008 hinterließ die Antragstellerin im Zuge der Einvernahme hinsichtlich ihrer Angaben einen sicheren und glaubwürdigen Eindruck bzw. zeigte sie sich bemüht, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken und beantwortete sie die an sie gestellten Fragen spontan und klar ohne Zögern. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme war es verzichtbar, die Antragstellerin zu detaillierten Angaben zu verhalten; vielmehr sah sie sich aus eigenem gehalten, der erkennenden Behörde ein möglichst umfassendes Bild ihrer Probleme bzw. des Ganges der Ereignisse, welche sie höchstpersönlich betroffen haben, zu bieten.

 

Die Zusammenschau der Angaben der Beschwerdeführerin vor beiden Instanzen des Verfahrens lieferte ein in wesentlichen Punkten übereinstimmendes Bild unter gleichzeitiger Anreicherung detaillierter Einzelsachverhaltsmomente, weshalb das Vorbringen der Beschwerdeführerin als gesicherter Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde zu legen war.

 

Das Vorbringen der Antragstellerin war überdies inhaltlich in die seitens der Behörde erhobenen Fakten hinsichtlich der politischen Lage und der Menschenrechtssituation in Ghana einzubetten und daher als glaubhaft und nachvollziehbar zu erkennen.

 

Die im Berufungsverfahren seitens der erkennenden Behörde beigeschafften Länderdokumentationsunterlagen bilden ein umfassendes und weitgehend widerspruchsfreies Bild der Menschenrechtssituation in Ghana, weshalb wie obig festzustellen war.

 

VI . Rechtliche Beurteilung:

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 75 Abs. 7 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

1.

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

2.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

3.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Gem. § 75 Abs. 1 erster Satz, AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 101/2003 werden Asylanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetztes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Nach § 44 Abs.3 AsylG sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 5 und 6,36,40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf solche Verfahren anzuwenden.

 

Gem. § 124 Abs. 2 des ebenfalls mit 1.1.2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt des aus Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention übernommenen Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. Zurechnungssubjekt der Verfolgungsgefahr ist der Heimatstaat bzw. bei Staatenlosen der Staat des vorherigen gewöhnlichen Aufenthaltes. Daher muss die Verfolgungsgefahr (bzw. die wohlbegründete Furcht davor) im gesamten Gebiet des Heimatstaates des Asylwerbers bestanden haben (VwGH 9.3.1999, 98/01/0370; VwGH 14.10.1998, 98/01/262).

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich für die anzustellende Prognose in casu, dass die Antragstellerin bei Rückkehr nach Ghana jedenfalls mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit sich gegen sie richtenden Verfolgungsmaßnahmen von erheblicher Eingriffsintensität zu rechnen hat. Die in Rede stehende Verfolgungssituation gründet sich in ethnisch-sozialen sowie einhergend politischen Motiven.

 

Aufgrund der spezifisch vorliegenden Fakten ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den obzitierten Gründen keinerlei hinreichend effizienten staatlichen Schutz in Anspruch nehmen kann.

 

Der Antragstellerin ist sohin zusammenfassend aufgrund der Sachlage sowie insbesondere aufgrund bereits erlittener massiver Verfolgungshandlungen jedenfalls wohlbegründete Furcht vor asylrechtlich relevanter Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zuzubilligen.

 

Da keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

VII. Gegen dieses Erkenntnis ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Es ergeht der Hinweis, dass gegen dieses Erkenntnis innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden kann. Diese muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Bei Einbringung einer solchen Beschwerde ist eine Gebühr von EUR 220 zu entrichten.

Schlagworte
ethnische Verfolgung, Intensität, Sicherheitslage, Verfolgungsgefahr
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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