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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §45 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. E R in G, vertreten durch Dr. F u.a. Rechtsanwälte in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 13. Dezember 1999, GZ. 03- 12.05 G 138-99/6, betreffend eine Zwangsstrafe in einer Bausache, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 21. Jänner 1998 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 38 Abs. 8 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), die Benützung eines näher bezeichneten Einfamilienhauses in der F-Straße untersagt. Dies wurde damit begründet, dass diese bauliche Anlage ohne behördliche Bewilligung in Benützung genommen worden sei. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 14. April 1998 als unbegründet abgewiesen.
Für das nunmehrige Beschwerdeverfahren ist wesentlich, dass mit Erledigung der erstinstanzlichen Vollstreckungsbehörde vom 14. Juni 1999
I. (bescheidmäßig) über den Beschwerdeführer wegen Nichterfüllung der bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung, womit ihm die Benützung dieses Wohnhauses untersagt worden war, eine Zwangsstrafe von S 4.000,-- verhängt wurde und II. Unter Setzung einer dreiwöchigen Frist eine weitere Zwangsstrafe von S 5.000,-- für den Fall des weiteren Zuwiderhandelns angedroht wurde.
Mit (behördeninternem) Schreiben vom 15. Juli 1999 ersuchte die Vollstreckungsbehörde eine bestimmte Magistratsabteilung um Äußerung, ob "im gegenständlichen Fall die bescheidmäßig aufgetragenen Arbeiten nunmehr zur Gänze durchgeführt worden" seien (es handelt sich um ein behördeninternes Formular); hierauf ist in einem Amtsvermerk vom 16. Juli 1999 festgehalten, dass "lt. EDV-Abfrage" der Beschwerdeführer nach wie vor an der Anschrift F-Straße wohnhaft sei (Anschrift dieses Einfamilienwohnhauses). Daraufhin wurden die Akten der Vollstreckungsbehörde mit der Mitteilung rückgemittelt, "dass die Bescheidauflagen noch nicht erfüllt" worden seien.
Hierauf wurde, soweit hier erheblich, mit der erstinstanzlichen Erledigung vom 21. Juli 1999 I. (bescheidmäßig) unter Hinweis auf die erfolgte Untersagung der Benützung dieses Einfamilienhauses über den Beschwerdeführer wegen Nichterfüllung dieser Verpflichtung eine Zwangsstrafe von S 5.000,-- verhängt; im Punkt II. dieser Erledigung wurde eine weitere Zwangsstrafe angedroht. Die Verhängung der Geldstrafe wurde (lediglich) damit begründet, dass die Verhängung der Zwangsstrafe gesetzlich vorgesehen sei, wenn einer Partei die Erfüllung einer Verpflichtung bescheidmäßig aufgetragen worden sei und sie dieser Verpflichtung trotz erfolgter Androhung einer Geldstrafe nicht nachkomme.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 13. August 1999 Berufung. Er habe die ihm auferlegte Verpflichtung, dieses Einfamilienwohnhaus nicht zu benützen, erfüllt. Er wohne derzeit an einer näher bezeichneten anderen Anschrift in der R-Gasse.
Die belangte Behörde ersuchte mit Erledigung vom 25. August 1999 die erstinstanzliche Behörde Stellung zu den Berufungsausführungen zu nehmen, wonach das Wohnhaus derzeit nicht mehr benützt und der Beschwerdeführer an jener anderen Anschrift (in der R-Gasse) wohne. Das Baupolizeiamt holte hiezu eine Meldeauskunft des Inhaltes ein, der Beschwerdeführer sei an der Anschrift F-Straße (Anschrift des besagten Einfamilienwohnhauses) als Hauptwohnsitz gemeldet, eine weitere Meldung scheine nicht auf. Mit Erledigung vom 19. November 1999 ersuchte die Berufungsbehörde das örtlich zuständige Zustellpostamt um Mitteilung, ob Zustellungen an den Beschwerdeführer unter jener Anschrift in der F-Straße vorgenommen würden, diese Zustellungen vom Beschwerdeführer oder von Haushaltsangehörigen entgegengenommen würden und darüberhinaus Grund zur Annahme bestehe, dass der Beschwerdeführer bzw. seine Haushaltsangehörigen sich nicht regelmäßig in jenem Wohnhaus aufhielten. In der Antwortnote vom 30. November 1999 heißt es, dass laut Aussage des Zustellers hinsichtlich des Beschwerdeführers eine ordnungsgemäße Zustellung erfolge und die Post an der Abgabestelle abgegeben werde. Ein Nachsendungsauftrag bestehe nicht. Ob der Beschwerdeführer auch an der Abgabestelle wohne, sei nicht bekannt.
Hierauf hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges und nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen (§ 5 bzw. § 10 Abs. 2 VVG) heißt es begründend, der Beschwerdeführer mache mit seinem Vorbringen, dass er derzeit in der R-Gasse wohne, die Unzulässigkeit der Vollstreckung geltend, weil dem baupolizeilichen Auftrag bereits entsprochen worden sei. Auf Grund dessen habe die belangte Behörde ein ergänzendes Ermittlungsverfahren veranlasst. Dabei sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer laut aktueller Meldeauskunft seit 11. Dezember 1991 an der Anschrift F-Straße gemeldet sei. Weitere Wohnsitze hätten nicht festgestellt werden können. Eine Anfrage an das zuständige Postamt habe überdies ergeben, dass laut Aussage des Zustellers dem Beschwerdeführer ordnungsgemäß unter der Adresse in der F-Straße zugestellt werde und kein Nachsendeauftrag bestehe. Es sei daher auch auf Grund dieser Auskunft des zuständigen Postamtes davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer regelmäßig im Objekt F-Straße aufhalte. Für die belangte Behörde ergebe sich somit, dass er das Wohnhaus in der F-Straße auch weiterhin benütze.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Aktenlage zufolge hat die erstinstanzliche Behörde ihre Beurteilung, der Beschwerdeführer habe (weiterhin) dem Untersagungsbescheid zuwidergehandelt, auf die Ergebnisse einer "EDV-Abfrage" gestützt, aus welcher sich ergeben soll, dass er nach wie vor in der F-Straße wohnhaft sei. Diese Beurteilung ist nicht nachvollziehbar, weil nicht ersichtlich ist, was Gegenstand dieser "EDV-Abfrage" war und welche Daten sich daraus ergeben haben. Die Behörde zweiter Instanz hat sich im angefochtenen Bescheid auf eine Meldeauskunft sowie auf eine Auskunft des Postamtes gestützt und daraus abgeleitet, dass der Beschwerdeführer entgegen dem Vorbringen in der Berufung weiterhin das Wohnhaus in der F-Straße benütze. Der hiezu nicht gehörte Beschwerdeführer bringt diesbezüglich in der Beschwerde vor, es sei zwar richtig, dass er sich an der Anschrift in der F-Straße nicht abgemeldet habe, dies aber deshalb, weil das baubehördliche Bewilligungsverfahren hinsichtlich dieses Gebäudes "laufe" und mit einer baldigen Erteilung der Bewilligung zu rechnen sei. Es sei auch richtig, dass er seine Post dort abhole. Daraus ergebe sich aber nicht, dass er dieses Objekt auch tatsächlich benütze bzw. dort wohne.
Die Beschwerde ist berechtigt. Auch wenn gemäß § 10 Abs. 1 VVG § 45 AVG im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nicht unmittelbar anwendbar ist, handelt es sich beim Parteiengehör doch um einen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der auch im Vollstreckungsverfahren Anwendung zu finden hat. Dieses Parteiengehör wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt, er hat in der Beschwerde auch die Relevanz dieses Verfahrensmangels dargetan. Die belangte Behörde hat nämlich die Frage, ob der Beschwerdeführer das Haus entgegen dem Unterlassungsauftrag "benützt", im Rahmen ihrer Beweiswürdigung beantwortet. Sie hat es aber unterlassen, die für diese Beweiswürdigung erforderliche Sachverhaltsgrundlage ausreichend zu ermitteln. Dazu hätte es nämlich auf Grundlage des Berufungsvorbringens einer Befragung des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Wohnverhältnisse bedurft. Diese Unterlassung belastet daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. März 2001
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete VVG Verfahrensgrundsätze außerhalb des Anwendungsbereiches des AVG VwRallg10/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000060019.X00Im RIS seit
11.07.2001