GZ: A2 313.122-1/2008/5E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerde des D.G., geb. 00.00.1977, StA. Kosovo, vormals Serbien, Provinz Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.06.2007, Zl. 06 04.379-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.10.2007 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 22.04.2006 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner diesbezüglichen Erstbefragung am selben Tag durch die Polizeiinspektion Traiskirchen gab er als Fluchtgrund an, dass sein Bruder 2003 Herrn K. unabsichtlich getötet hätte, seitdem hätte die Familie K. Rache geschworen. Zwei Wochen vor seiner Ankunft in Österreich hätte jemand im Dunkeln in die Richtung des nunmehrigen Beschwerdeführers geschossen.
Am 03.05.2006 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesasylamt Erstaufnahmestelle Ost zu seinen Fluchtgründen näher befragt. Nach Zulassung des Verfahrens erfolgte eine weitere Einvernahme in der Außenstelle Traiskirchen des Bundesasylamtes am 08.09.2006. Dabei legte der nunmehrige Beschwerdeführer auch ein Gerichtsurteil in albanischer Sprache vor (siehe Aktenseiten 97 bis 147 BAA). Die Erstbehörde veranlasste eine Übersetzung (Aktenseiten 185 bis 225 BAA).
Am 27.11.2006 richtete die Erstbehörde eine Anfrage an den Verbindungsbeamten des Bundesministerium für Inneres bei der österreichischen Botschaft in Pristina zu der Verfolgungsbehauptung des nunmehrigen Beschwerdeführers, die mit Schreiben vom 13.04.2007 beantwortet wurde (Aktenseiten 277 bis 291 BAA). Daraus geht hervor, dass es 2003 zu einer Auseinandersetzung zwischen den Brüdern der geschiedenen Frau des Beschwerdeführers, den männlichen Mitgliedern der Familie D. und Bekannten gekommen sei. In der Folge sind diesbezüglich Gerichtsurteile ergangen. Der Beschwerdeführer sei mit der Schwester von G.N. verheiratet gewesen und hätte sich von ihr getrennt. Im Zusammenhang mit einem Vorfall vom 00.00.2004 scheine der Beschwerdeführer als weiterer Verdächtiger bei einem Streit auf. Zusammenfassend wurde ausgeführt, dass es tatsächlich eine Auseinandersetzung zwischen den Familien D. und G. gegeben habe, wobei eine Person getötet worden sei. Beim ordnungsgemäßen Gerichtsverfahren wäre der Bruder des Asylwerbers M. zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Ob zwischen den beiden Familien Blutrache bestehe, könnte nicht verifiziert werden. Der andere Sohn der Familie D. lebe weiterhin im Kosovo. Das Gerichtsurteil gegen den Bruder des Beschwerdeführers beweise eine funktionierende Justiz und Exekutive.
Einen totalen Schutz für Fälle von Blutrache gäbe es nicht. Der Beschwerdeführer habe den Vorfall 2003 offensichtlich nicht vollständig geschildert, seitdem aber ohne Probleme gelebt und benutze diesen Vorfall als Asylgrund.
Am 29.05.2007 wurde der Beschwerdeführer in der Außenstelle Traiskirchen des Bundesasylamtes einer neuerlichen Einvernahme unterzogen (Aktenseiten 307 bis 317 BAA). Dabei wurde dem Beschwerdeführer unter anderem die Auskunft des Verbindungsbeamten zur Kenntnis gebracht. Er führte aus, es gäbe keine Sicherheit. Dem Beschwerdeführer wurden auch die Feststellungen der Erstbehörde zur politischen Lage im Kosovo und zur Blutrache vorgehalten.
2. Das Bundesasylamt hat den Asylantrag mit angefochtenem Bescheid vom 18.06.2007, Zl. 06 04.379-BAT, abgewiesen und unter einem festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien, Provinz Kosovo, zulässig sei. Gleichzeitig wurde der Antragsteller aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien, Provinz Kosovo, ausgewiesen.
Das Bundesasylamt traf darin Feststellungen zur damals aktuellen politischen Situation im Kosovo, ferner zur Sicherheitslage zur Blutrache und basierend auf der Anfragebeantwortung des Verbindungsbeamten im Kosovo zum Familienhintergrund des Beschwerdeführers sowie zu den von ihm geschilderten sicherheitsrelevanten Vorfälle.
Die Angaben des Antragstellers hinsichtlich der befürchteten Blutrache wurden in Folge näher dargestellter Widersprüchlichkeit und mangelnder Plausibilität (siehe Seite 27 des Erstbescheides) für unwahr erachtet. Rechtlich wurde bemerkt, dass von mangelnder Schutzwilligkeit oder Schutzfähigkeit der staatlichen Behörden bei hypothetischer Wahrunterstellung der Angaben des Beschwerdeführers nicht ausgegangen werden könne. Letztendlich sei auch der Verbleib der Familie im Kosovo und insbesondere jener des jüngeren Bruders des Beschwerdeführers ein Argument gegen die Ernsthaftigkeit von dessen Verfolgungsbehauptungen.
Zu Spruchpunkt II. wurde eine Gefährdung der notwendigen Lebensgrundlage bei einer Rückkehr verneint und wiederum auf den Verbleib des jüngeren Bruders sowie der Familie des Antragstellers im P. verwiesen.
Zu Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass in Österreich keine Verwandten des Antragstellers lebten und auch eine sonstige Bindung an Österreich nicht erkannt werden hätte können.
3. Gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes, richtet sich die fristgerecht am 02.07.2007 beim Bundesasylamt eingebrachte Berufung (gilt nunmehr als Beschwerde), in welcher das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers bekräftigt wird. Neben allgemeiner Kritik am westlichen Engagement im Kosovo finden sich darin individuell folgende Ausführungen: Dem Beschwerdeführer sei passiert, was Tausenden Männern passiere. Seine Frau habe ihn mit ihrem Liebhaber betrogen und habe er sie dabei erwischt. Er habe sie einfach zu ihren Eltern zurückgeschickt und sich scheiden lassen. Diese Verhaltensweise sei sowohl verständlich gewesen als auch den uralten Traditionen entsprechend.
Am 00.00. abends sei er mit seinen Geschwistern zu einem Lokal in P. gegangen. Beim Verlassen des Lokals sei er vom Bruder seiner Ex-Frau mit der Faust ins Gesicht geschlagen worden. Es sei zu einer Schlägerei gekommen. Beim Verlassen des Lokals habe der Beschwerdeführer zwei Schüsse gehört. Nach acht oder neun Monaten sei es zur Gerichtsverhandlung gekommen. Sein Bruder habe K.S. erschossen und sei diesbezüglich auch geständig gewesen. Der Beschwerdeführer selbst sei zu vier Monaten Haft verurteilt worden. Diese Strafe habe er aber nicht zur Gänze absitzen müssen, da ihm die vorverbüßte Haftstrafe angerechnet worden war. G.N., der ihn geschlagen hatte, sei zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Vermittler hätten ihm ausgerichtet, dass die Familie G. die Trennung nicht akzeptieren würde, er müsse dafür büßen. Sollte er die Frau nicht mehr in die Ehe aufnehmen, würde er geschlagen und umgebracht werden.
Ab Ende Jänner 2003 bis zur Flucht aus dem Kosovo hätte seine Mutter immer wieder Personen aus dem Verwandtenkreis der Familie G. in der Nähe des Hauses gesehen. Sie hätte ihn inständig davor gewarnt das Haus zu verlassen, da er sonst getötet würde. Eine weitere Anzeige bei der Polizei erschien ihm schon deshalb sinnlos, weil man der Polizei im Kosovo nicht trauen könne.
Der Bericht des Verbindungsbeamten sei mit Vorurteilen behaftet und nicht nachvollziehbar. Die Einschätzungen des Verbindungsbeamten über die Sicherheitssituation im Kosovo seien nicht objektiv. Die behördliche Beweiswürdigung sei unrichtig.
4. Auf Grund dieser Beschwerde wurde eine mündliche Verhandlung am 08.10.2007 vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat anberaumt, an der der Beschwerdeführer teilnahm. Das Bundesasylamt hatte seine Nicht-Teilnahme entschuldigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch ergänzende Parteienvernehmung des Beschwerdeführers (BW) und Erörterung der in das Verfahren eingeführten Länderberichte.
Die Verhandlung nahm folgenden Verlauf:
"(...)
Die berufende Partei gibt an, dass sie den Dolmetscher gut versteht; Einwände gegen seine Person bestehen nicht.
Der VL bezeichnet den Gegenstand der Verhandlung und fasst den bisherigen Gang des Verfahrens zusammen, der Bericht des VB des BMI bei der ÖB Prishtina vom 13.04.2007 wird verlesen.
Der VL gibt den Parteien Gelegenheit, sich zum Gegenstand der Verhandlung zu äußern. Keine Äußerung.
Die Beweisaufnahme wird eröffnet.
BW gibt nach Wahrheitserinnerung (unrichtige Angaben werden im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt) und Belehrung gem. § 49 iVm § 51 AVG sowie nach Belehrung über die Geltendmachung von Kosten als Beteiligter (§ 51a, d AVG) vernommen an:
VL: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage an der Verhandlung teilzunehmen?
BW: Ja, ich fühle mich gut.
VL: Ist Ihre dem bisherigen Verfahren zugrundegelegte Identität richtig? Auf § 119 Abs 2 FPG wird hingewiesen.
BW: Meine bisherigen Angaben zur Identität sind richtig.
VL: Waren Ihre Aussagen im erstinstanzlichen Verfahren richtig und bleiben diese aufrecht?
BW: Ich habe immer die Wahrheit gesagt. Es gab auch keine Probleme bei den Einvernahmen.
VL: Haben Sie alle Beweismittel in Vorlage gebracht? Möchten Sie noch irgendwelche verfahrensrelevante Dokumente bzw. Beweismittel vorlegen?
BW: Ich habe schon alles vor dem BAA vorgelegt.
VL: Welche Verwandten von Ihnen leben derzeit unter welchen Bedingungen im Kosovo? Wo lebt Ihre Tochter?
BW: Meine Mutter erhält Sozialhilfe. Mein Vater ist, wie gesagt, schon längere Zeit verstorben. Mein Bruder M. ist weiterhin in D. im Kosovo in Haft, mein jüngerer Bruder A. ist zu Hause. Meine ältere Schwester V. war verheiratet und ist jetzt wieder geschieden. Meine Schwester M. ist verheiratet. Meine jüngere Schwester F. geht noch zur Schule. Alle drei Schwestern leben im Kosovo. Ich habe 2 Tanten im Kosovo, deren Ehegatten für ausländische Firmen arbeiten und die meine Familie im Kosovo unterstützen. Meine Tochter lebt bei meiner geschiedenen Gattin. Meine Mutter hat sie über Vermittlung einer Fürsorgeinstitution gesehen, sonst niemand aus meiner Familie. Ich traue mich auch nicht meine Tochter zu kontaktieren.
VL: Was ist aus Ihrer geschiedenen Gattin geworden?
BW: So viel ich weiß, lebt meine geschiedene Gattin bei ihren Eltern in der Stadt P.. Sie hat nicht wieder geheiratet meines Wissens. Wie gesagt lebt meine am 00.00.2000 geborene Tochter bei ihr, sie geht jetzt auch in die Schule. Ich habe mit meiner Tochter aber seit Jahren nicht mehr gesprochen. Meine Mutter ruft manchmal an und erzählt mir von ihr. Meine Tochter ist, glaube ich, etwas deprimiert. Ich traue mich aber, wie gesagt, nicht telefonisch mit ihr zu sprechen, das macht meine Mutter.
BW zeigt ein Kinderfoto, das seinen Angaben nach in der Mitte seine Tochter zeigt. Nach Augenschein werden dieses Foto und eine Fotografie des im Gefängnis befindlichen Bruders rückerstattet.
VL: Wollen Sie Ihr bisheriges Vorbringen zu Ihrer Gefährdungssituation in irgendeiner Weise ergänzen?
BW: Ich habe nichts zu ergänzen.
VL: Sie gaben an, von 2003 wegen der Gefahr der Blutrache zu Hause versteckt gewesen zu sein. Können Sie dieses "Versteckt Sein" näher beschreiben?
BW: Ich habe mein Haus nie verlassen. In der Nacht war ich meistens wach, aus Angst dass jemand kommt. Tagsüber habe ich geschlafen. Das Problem ist, dass diese Leute persönlich nach mir gesucht haben.
VL: Wie oft haben Sie das Haus verlassen?
BW: Ich habe nur ein einziges Mal in der ganzen Zeit das Haus verlassen, als ich heimlich über Nebenstraßen zu meiner schwer kranken Tante gegangen bin.
VL: Wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt verdient?
BW: Unsere Familie erhält etwas Sozialhilfe, aber hauptsächlich bin ich durch die Unterstützung meiner Tante und meines Onkels finanziell über die Runden gekommen.
VL: Wenn Sie sich jahrelang aus Lebensgefahr versteckt halten mussten, warum haben Sie nicht schon früher den Kosovo verlassen?
BW: Ich habe immer geglaubt, dass es vielleicht zu einer Lösung der beiden Familien, zu einem Verständnis kommt. Doch gab es da keine Chance.
VL: Wie konnte es in dieser Situation zu dem Streit im September 2004 mit Z.K. kommen?
BW: Es war ein reiner Zufall. Das war das eine geschilderte Mal, als ich meine schwer kranke Tante aufgesucht habe. Er war auf dem Fahrrad unterwegs und habe ich ihn zufällig getroffen. Es handelt sich dabei um den Mann, mit dem ich meine ehemalige Frau seinerzeit beim Geschlechtsverkehr erwischt hatte.
VL: Warum haben Sie beim BAA einen Zusammenhang dieses Streits mit Ihren sonstigen Problemen verneint?
BW: Es stimmt schon. Dieser jetzt genannte Streit hatte nur mit meiner Gattin zu tun, nichts mit den sonstigen Vorfällen.
VL: Was passierte eigentlich an diesem Tag, als Sie den Liebhaber Ihrer ehemaligen Frau trafen?
BW: Es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung. Ich hatte eigentlich Angst vor ihm, aber ich glaube auch, er vor mir. Die Polizei kam dann, aber es ist nichts weiter passiert. Es war auch eigentlich nicht so viel los.
VL: Gab es später, bis zu Ihrer Ausreise, noch Probleme mit der Polizei?
BW: Nein, ich habe nie mehr mit der Polizei zu tun gehabt. Meine Verfolger haben mich natürlich gesucht in dieser Zeit.
VL: Weswegen waren Sie 2005 wieder in Haft?
BW: Es war alles wegen desselben Delikts. Zuerst war ich 2003 in Untersuchungshaft. Nach Ende des Gerichtsverfahrens war ich dann noch 2 Monte in Haft, insgesamt waren es 4 Monate.
VL: Als Sie im Herbst 2005 in Haft waren, haben Sie gefürchtet dort von Ihren Verfolgern getötet zu werden?
BW: Ich hatte Angst, weil es sich um weit verzweigte Familien handelt, die mich verfolgen. Aber im Gefängnis war die Situation doch anders, sicherer als heraußen. Es gibt sicher auch Mitglieder der mich verfolgenden Familien, die bei der Polizei sind, oder Wächter in den Justizanstalten, nehme ich an; es sind weit verzweigte Familien.
VL: Von den Sie verfolgenden Familien, sind da auch Mitglieder in Österreich, die wissen, dass Sie hier sind?
BW: Ich weiß nicht, ob jemand von ihnen weiß, dass ich hier in Österreich bin. Vielleicht ist auch jemand von ihnen in Österreich, aber hier fühle ich mich dennoch sicher. Denn wenn ich Österreich etwas passiert, kommt es zu einem Gerichtsverfahren und zu einem Urteil. Im Kosovo ist das anders, bei uns kommt es zu vielen ungeahndeten Straftaten.
VL: Schildern Sie bitte genau den fluchtauslösenden Moment!
BW: Es war keine Dauerlösung, dass ich dauernd zu Hause versteckt war. Ich sah nur 2 Möglichkeiten, entweder Selbstmord oder Flucht.
VL: Sind die Verfolger in den Jahren direkt zu Ihrem Haus gekommen?
BW: Ja, sie fuhren oft in Autos vor. Meine Mutter und auch ich, sowie Freunde und Bekannte haben sie gesehen. Die Freunde haben die Leute auf der Straße gesehen und es meiner Mutter erzählt.
VL: Was haben die Verfolger gemacht? Über all die Jahre erscheint es ziemlich unwahrscheinlich, dass sie immer unverrichteter Dinge wieder abgezogen sind, ohne z.B. versucht zu haben in das Haus einzudringen!?
BW: Sie haben sich nicht getraut, in das Haus einzudringen. Sie haben immer geglaubt, ich sei nicht da. Sie haben mit niemandem sonst gesprochen; das ist ja gerade auch das Problem, sie wollen mit niemanden sprechen, wir hingegen versuchen eine Lösung mit ihnen zu finden. Drei Jahre hat diese Situation eben schon gedauert; wenn ich morgen in den Kosovo zurückkehre, werde ich getötet werden. Es handelt sich einfach um sehr problematische Personen.
VL: Was meinen Sie mit "problematische Personen"?
BW: Sie sind sehr bekannt in der Gegend, sie machen Probleme, es kommt zu Schießereien. Es gibt immer wieder Schwierigkeiten aus diesem Grund mit der Polizei.
VL: Sind diese Verfolger in Raubüberfälle oder derartige Delikte verwickelt?
BW: Das weiß ich nicht, ich will nicht lügen. Aber, wie gesagt, es handelt sich um problematische Personen. Die von mir vor dem BAA genannten Familienangehörigen sind die gefährlichsten.
VL: Warum sind Sie Ihrer Meinung nach Ziel der Blutrache?
BW: Tatsächlich ist es so, dass die ganze Gefährdung ja durch mich ausgelöst worden ist, indem ich mich von meiner ehemaligen Gattin abgewandt habe. Die eigene Frau mit einem anderen zu erwischen, ist überall schlimm, auch hier in Österreich, aber im Kosovo ist es eine noch schwierigere Sache. Auch bei dem Vorfall, bei dem mein Bruder dann den Mord begangen hat, ging es eigentlich um mich. Mein Bruder war nur irgendwie dabei. Ja, er hat dann diesen Mord begangen, er hat dann aber auch die Gefängnisstrafe bekommen. Ich bin hingegen immer noch wegen meiner Tat Ziel der Angriffe der Verfolger, damit meine ich, weil ich mich von meiner Gattin getrennt habe.
VL: Warum ist Ihren Angaben vor dem BAA entsprechend auch Ihr jüngerer Bruder gefährdet?
BW: Er ist nicht gefährdet, weil er unmittelbar in die Vorfälle verwickelt gewesen wäre, aber er gehört zu uns. Wir waren ja 3 Brüder. Der eine Bruder ist im Gefängnis, ich bin in Österreich, daher ist nur auch er gefährdet. Die Familien die mich verfolgen wohnen im Kosovo ganz in der Nähe. Das Haus meiner ehemaligen Gattin sehe ich sogar von zu Hause.
VL: Wer ist sonst gefährdet? Werden nun gegen Ihren jüngeren Bruder irgendwelche Verfolgungshandlungen gesetzt?
BW: Meine Familie sagt, dass die Verfolger weiterhin vor dem Haus meiner Familie erscheinen. Ob sie jetzt mich oder meinen Bruder verfolgen, wissen sie jetzt natürlich auch nicht.
VL: Was würde geschehen, wenn Sie jetzt in Ihr Heimatland zurückkehren müssten?
BW: Sie würden mich 100%ig töten. Schon 5 Monate nach der Scheidung von meiner Frau haben sie mich geschlagen. Auch in 10 Jahren werden sie noch eine Rechnung mit mir offen haben.
VL: Warum glauben Sie wurde die Verfolgung Ihrer Person immer intensiver über die Jahre?
BW: Sie wollten mich ja eigentlich ohnehin gleich umbringen, aber es gelang damals noch nicht.
VL: Gibt es besondere Gründe (zB Familienbezug in Österreich), die ihre Ausweisung aus Österreich als unzulässig erscheinen lassen?
BW: Ich habe in Österreich keine Verwandten, Lebensgefährtin oder sonstige enge Bezugspersonen. Ich erhalte hier aber Unterstützung. Ich fühle mich hier auch sicher. Ich bedanke mich dafür auch beim österreichischen Staat.
VL: Haben Sie noch andere Probleme im Kosovo, die Sie noch nicht erzählt haben?
BW: Nein, das geschilderte Problem ist das einzige und überlebenswichtig.
VL erklärt die erstinstanzlichen Feststellungen zur Lage im Kosovo, insbesondere auch jene zur Blutrache, zum Gegenstand dieses Bescheides: Aufgrund der nachfolgenden im Akt zur Einsicht befindlichen Erkenntnisquellen, die der VL erörtert, werden bezüglich Ihres Verfahrens noch folgende aktuelle entscheidungsrelevante Feststellungen getroffen:
Quellen:
(Dt.) Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (Kosovo) vom 15.02.2007 (AA).
UK Home Office, Operational Guidance Note Republic of Serbia (including Kosovo) vom 12.02.2007 (UKHO), im Internet öffentlich zugänglich
US State Department, Serbia, Country Report on Human Rights Practices 2006, Abschnitt Kosovo, 06.03.2007 (USDOS), im Internet öffentlich zugänglich.
Kosovo, Bericht des Verbindungsbeamten des BMI, Pichler, vom 31.03.2007 (VB).
Auskunft des VB zu "AKSH" vom 21.02.2007
Auskunft des VB zu Blutrache vom 07.12.2006, 09.05.2007
UNHCR Position zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo Juni 2006 (UNHCR), im Internet öffentlich zugänglich.
Folgerungen:
Im Kosovo haben sich unter der UNMIK-Verwaltung demokratische Strukturen entwickelt; es gibt ein Parlament und eine demokratisch legitimierte provisorische Regierung. Die Entscheidung über den zukünftigen Status der Provinz fällt voraussichtlich 2007 (AA 5).
Die Sicherheitslage hat sich seit den Unruhen im März 2004 weitgehend beruhigt; sie ist jedoch bei hohem Gewaltpotential angespannt (AA, 5). Menschenrechte werden im Kosovo im Allgemeinen beachtet. Es kam aber zu einigen Fällen politisch oder ethnisch motivierter Tötungen und Gewalt bzw Ablehnung gegenüber Minderheiten (USDOS, Einleitung). Grundsätzlich gewährleisten KPS, UNMIK, KFOR und KPC für den überwiegenden Teil der Bevölkerung einen ausreichenden Sicherheitsstandard und kann insbesondere KPS als gut funktionierend angesehen werden (VB, 6ff, UKHO 3.8.6. ua). Es besteht ein effizienter Beschwerdemechanismus gegen Fehlverhalten von KPS (VB, 11). Delikte gegen Leib und Leben sind im Jahr 2006 gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, Eigentumsdelikte leicht gestiegen (VB 12f). Das Phänomen der Blutrache kann nicht immer verhindert werden, im Allgemeinen gehen diese Vorfälle aber zurück
(VB).
Die Effizienz der gerichtlichen Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist oft zu gering (AA 8f). Repressionen gegenüber Minderheiten haben seit 2004 ständig abgenommen, gewalttätige Auseinandersetzungen erfolgen zumeist innerhalb der einzelnen Ethnien (AA, 5). Die UCK ist formell aufgelöst, die AKSh (Albanische Nationale Armee) stellt keine Bedrohung der allgemeinen Sicherheitslage dar, fallweise werden kriminelle Aktivitäten in ihrem Namen begangen (AA 9), zwangsweise "Rekrutierungen" sind nicht bekannt (VB 14f; VB vom 21.02.2007).
Die Wirtschaftslage bleibt weiterhin schlecht (hohe Arbeitslosigkeit), als positives Zeichen ist das Wachstum der legalen Privatwirtschaft zu nennen (AA 5, VB 27f). Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet; im Jahr 2006 erhielten ca. 175.000 Personen Sozialhilfe, deren Erlangung im Verwaltungsweg durchsetzbar ist (AA 5, VB 25f). Auch im Jahr 2006 gab es zahlreiche freiwillige und zwangsweise Rückkehrer in den Kosovo (AA 17).
Die medizinische Grundversorgung, einschließlich psychischer Erkrankungen und posttraumatischer Belastungsstörungen (ausgenommen schwere Fälle oder solche, die längeren stationären Aufenthalt erfordern) ist gegeben (AA 18ff). Allgemein sind spezielle bzw sehr seltene Krankheitsfälle jedoch nur schwierig zu behandeln (VB 28).
Stellungnahme BW: Im Kosovo ist es sogar so, dass die Polizei selber Leute umbringt. 2005 kam es zu einem solchen Vorfall. Der Bruder eines gewissen K.B. hat den Bruder eines Polizisten ermordet und hat dann der Polizist den K.B. nach dem Gerichtsverfahren von zu Hause entführt und in der Polizeistation erschossen. Der Polizist wurde dann in Haft genommen. Das wurde damals in der Zeitung berichtet. Persönlich fühle ich mich von der Polizei im Kosovo einfach nicht geschützt.
VL: Hatten Sie jemals Kontakte zur Polizei im Kosovo im Zusammenhang mit den von Ihnen angegebenen Problemen wegen Blutrache?
BW: Nein. Während des Gerichtsverfahrens im Kosovo habe ich auch ausdrücklich gesagt, dass wir Schutz von der Polizei benötigen, nachher nicht mehr.
VL: Gibt es noch etwas, dass Sie angeben möchten, damit ich mir ein vollständiges Bild von Ihrer Person und Ihren Lebensumständen machen kann?
BW: Ich glaube, ich habe alles gesagt.
Auf Befragen des VL, ob der BW alles verstanden und alles vorgebracht hat, gibt dieser an:
BW: Ich habe alles verstanden, alles vorgebracht und nichts mehr hinzuzufügen.
Ende der Vernehmung.
Weitere Beweisanträge oder sonstige Stellungnahmen: keine.
Das Beweisverfahren wird gemäß § 39 Abs 3 AVG geschlossen.
(...)".
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter; ebenso entscheidet der Asylgerichtshof gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 durch Einzelrichter, wenn im vor dem 1.7.2008 anhängigen Verfahren bereits vor diesem Zeitpunkt eine Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat stattgefunden hatte; dies ist im vorliegenden Verfahren der Fall, sodass der erkennende Richter als Einzelrichter zur Entscheidung zuständig war.
2. Feststellungen
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist ethnischer Albaner, moslemischer Religion aus dem Kosovo und stammt aus der Stadt P.. Zwischen der Familie des Beschwerdeführers und der Familie G. besteht ein ernster Streit. In diesem Zusammenhang hat der Bruder des Beschwerdeführers M. am 00.00.2003 ein Mitglied der Familie G. ermordet. In diesem Zusammenhang wurde auch der Beschwerdeführer zu vier Monaten Haft verurteilt. Dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner Scheidung von seiner früheren Gattin, die der Familie G. angehörte, aber nun von dieser Familie individuelle wegen Blutrache lebensgefährlich bedroht ist, kann nicht festgestellt werden. Die Mutter des Beschwerdeführers, seine zwei Brüder (einer davon in Haft) und drei Schwestern leben weiterhin im Kosovo.
2.2. Zur Lage im Kosovo werden aufgrund der in der Verhandlung vom 08.10.2007 erörterten Quellen die dort getroffenen Feststellungen zum Gegenstand des vorliegenden Erkenntnisses erhoben.
3. Beweiswürdigung:
3.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, und seinen Familienangehörigen ergeben sich aus den Einvernahmen vor dem Bundesasylamt und den Ausführungen in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat im Einklang mit dem Akteninhalt.
3.2. Der Asylgerichtshof geht aus folgenden Gründen nicht davon aus, dass der Beschwerdeführer einer aktuellen asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt ist:
3.2.1. Zunächst konnte die grundsätzliche Einschätzung der Erstbehörde (vergleiche Seite 27 des Erstbescheides) auch im Beschwerdeverfahren nicht widerlegt werden, dass es kaum nachvollziehbar erscheint, dass gegen den Beschwerdeführer Blutrache bestehen solle, die Verfolger aber seit 2003 keine konkreten individuellen und hinreichend intensiven Gefährdungshandlungen gegen den Beschwerdeführer gesetzt hätten. Es erscheint auch nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer sich in dieser Zeit nicht an die Polizei um Schutz gewandt hätte. Nicht glaubwürdig ist auch, dass der Beschwerdeführer seit 2003 letztlich die ganze Zeit zu Hause gewesen wäre, aber gerade das eine Mal, als er das Haus verlassen haben will, um seine schwerkranke Tante zu besuchen, er sofort wieder in einen polizeibekannten Streit verwickelt worden wäre.
3.2.2. Nicht glaubwürdig machen konnte der Beschwerdeführer insbesondere weiters jedenfalls, dass die unbestrittenen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Familien primär durch die Scheidung mit seiner ehemaligen Frau begründet gewesen sein sollen. So ist in dem vorgelegten Gerichtsurteil eine zentrale Rolle dieses Geschehnisses für die Ereignisse am 00.00.2003 nicht ableitbar. Der Bruder des Beschwerdeführers hat in der Gerichtsverhandlung im Kosovo offenbar angegeben, dass die Ehe wegen des Wunsches der ehemaligen Gattin des Beschwerdeführers geschieden worden sei (siehe Aktenseite 197 BAA). Auch aus dem Ermittlungsergebnis des Verbindungsbeamten kann nicht belegt werden, dass der Streit primär in der Scheidung begründet liege. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass das Gericht im Kosovo die Schilderung des Beschwerdeführers über die Ereignisse am 00.00.2003 ausdrücklich - dies wegen widersprechender Zeugenaussagen - nicht für glaubwürdig erachtet hat (siehe Aktenseite 213 BAA, erster Absatz, oben).
3.2.3. Festzuhalten ist auch, dass der Beschwerdeführer bei der Befragung in der Verhandlung am 08.10.2007 zu den Bedrohungssituationen ab 2003 letztlich nur allgemein gehaltene und vage Angaben getätigt hat (siehe insbesondere die Angaben Seiten 4f der Verhandlungsschrift vom 08.10.2007). Auch die Ausführungen des Beschwerdeführers zu den Verfolgern erwiesen sich als unbestimmt (siehe Seite 5 der Verhandlungsschrift vom 08.10.2007).
3.2.4. Auf die Kritik des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Beschwerde am Verbindungsbeamten (in der Berufungsverhandlung selbst vom Beschwerdeführer nicht wiederholt) war mangels Entscheidungsrelevanz nicht näher einzugehen, als die vom Verbindungsbeamten relevierten Fakten über die Geschehnisse im Kosovo jedenfalls als unbestritten zu gelten haben und ihnen auch vom Beschwerdeführer in Wahrung des Parteiengehörs nicht substantiiert entgegengetreten worden ist. Sofern Kritik an einer Ausführung des Verbindungsbeamten hinsichtlich der Möglichkeit weiterer Auseinandersetzungen "aufgrund der vorherrschenden Mentalität" geübt wurde, gibt diese Aussage offensichtlich nur die Meinung der dort befragten Personen wieder und kann insgesamt jedenfalls in diesem konkreten Fall kein ernsthaftes Bedenken an der notwendigen Objektivität des (bereits in verschiedenen Verfahren durch BAA und UBAS verwendeten) Verbindungsbeamten erkannt werden.
In der Heranziehung von Verbindungsbeamten liegt nach Ansicht der erkennenden Behörde vor allem deswegen ein adäquates Ermittlungsinstrument, da diese sich vor Ort befinden und somit über das entsprechende Wissen verfügen, wie in der betreffenden Region bei Erhebungen bestmöglich, insbesondere auch im Hinblick auf die Vermeidung neuer Gefährdungspotentiale für den Asylwerber, vorzugehen ist. In notorischer Weise wurden durch den Verbindungsbeamten in bereits zahlreichen Fällen für die früheren beiden Asylbehörden Anfragebeantwortungen durchgeführt, sodass davon ausgegangen werden kann, dass der Verbindungsbeamte in besonderer Weise mit den rechtlichen und praktischen Anforderungen der ihm aufgetragenen Tätigkeit vertraut ist.
Zusammengefasst steht für den Asylgerichtshof somit mit hinreichender Sicherheit fest, dass der Beschwerdeführer zwar einer Familie angehört, die mit einer anderen Familie im Kosovo in einem gewalttätigen Streit verwickelt ist, eine individuelle Verfolgung die einer Blutrache gleich kommt und die existenzbedrohend ist, kann aber nicht festgestellt werden.
3.3. Die getroffenen Feststellungen zu Kosovo ergeben sich aus den angeführten in der Verhandlung vorgehaltenen Erkenntnisquellen. Hierbei wurden neben der aktuellen Einschätzung von UNHCR allgemein anerkannte Berichte verschiedener staatlicher Spezialbehörden (Deutschland, Vereinigte Staaten, Vereinigtes Königreich) herangezogen und besonderes Gewicht auf den Bericht des vor Ort tätig gewesenen Verbindungsbeamten des BMI, Obstlt. Pichler gelegt (sodass eine besondere Vertrautheit mit den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort anzunehmen ist und jedenfalls keine "abstrakte Ferndiagnose" vorliegt). Die grundsätzliche Verbesserung der Sicherheitslage bestätigt ausdrücklich auch die aktuelle Lageeinschätzung von UNHCR. Der Bericht des Verbindungsbeamten zeigt, dass insbesondere für ethnische Albaner mit Ausnahme von Nord-Mitrovica die Sicherheitslage im Kosovo stabil ist. Jedenfalls für die albanische Bevölkerungsmehrheit sind auch seit der Berufungsverhandlung keine entscheidenden Lageänderungen notorisch.
3.3.1. Im Zusammenhang mit der Blutrache sprechen alle Quellen davon, dass dieses Phänomen zurückgegangen ist. Im Zusammenhalt mit den sonstigen Erkenntnissen über das grundsätzlich funktionstüchtige Sicherheitswesen im Kosovo ist sohin davon auszugehen, dass die Sicherheitsorgane im Kosovo auch in solchen Fällen in der Regel schutzfähig und schutzwillig sind. Wie aus den Quellen ebenso hervorgeht, werden derzeit auch Fälle, die nicht dem klassischen Verständnisses der Blutrache entsprechen, unter diesem Begriff subsumiert. Letztlich handelt es sich hier in der Substanz, worauf schon die erste Instanz hingewiesen hat, um private Auseinandersetzungen.
Wie schon oben ausgeführt ist es jedenfalls nicht glaubwürdig, dass der allfällige Konflikt zwischen den beiden Familien primär durch die Scheidung des Beschwerdeführers ausgelöst worden ist. Sofern man also zugunsten des Beschwerdeführers tatsächlich annähme, dass die Familie des Ermordeten nun tatsächlich gegen die Familie des Beschwerdeführers vorginge, bleibt jedenfalls nicht glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer primäres Ziel von allfälligen Vergeltungsmaßnahmen der Familie G. ist. Dies vorausgesetzt ist es aber tatsächlich entscheidend, dass etwa der jüngere Brüder des Beschwerdeführers weiterhin im Kosovo lebt und dass auch sonst die Familienmitglieder gegenüber dem Verbindungsbeamten keine akuten Bedrohungen vorgebracht haben. Somit kann von einer existenzbedrohenden akuten Verfolgungsabsicht der Familie G. gegen die Familie K. und insbesondere gegen den Beschwerdeführer nicht ausgegangen werden.
Es kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Verfolgungsintensität so groß wäre, dass dagegen die Polizei oder die sonstigen Sicherheitsorgane ausnahmsweise keinen Schutz zu gewähren in der Lage sind. Der Beschwerdeführer konnte diesen im Ergebnis ihm bereits in der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebrachten Erwägungen nicht Substantiiertes entgegensetzen, als er nur allgemein auf die fehlende Sicherheit im Kosovo verwies. Sofern er auf einen Vorfall im Jahre 2006 Bezug genommen hatte, als ein Verdächtiger in Polizeigewahrsam erschossen worden ist, kann aus einem derartigen Einzellfall kein allgemeiner Schluss auf das Versagen der Sicherheitskräfte im Kosovo zum jetzigen Zeitpunkt gezogen werden. Zu bemerken ist schließlich auch, dass der Beschwerdeführer aus einer Stadt stammt und dass nach der Quellenlage in der Regel davon ausgegangen werden muss, dass in städtischen Strukturen Fälle der Blutrache seltener vorkommen und auch die Präsenz der Sicherheitsorgane stärker ist als in entlegenen ländlichen Regionen des Kosovo.
3.3.2. Der festgestellte Schluss, im Kosovo sei es möglich, vor eventueller privater Bedrohung effektiven Schutz durch die drei Sicherheitskörper UNMIK, KPS und KFOR zu erhalten, gilt somit auch für den Beschwerdeführer. Ganz klar ergibt sich ein Rückgang von Gewalttaten gegen Leib und Leben in letzter Zeit; dass Straftaten durch die Sicherheitsorgane jedenfalls zum Teil aufgeklärt werden, zeigt etwa die Aufzählung sicherheitsrelevanter Ereignisse im Bericht des US State Department. Auch die aktuelle Position von UNHCR und die einschlägigen aktuellen Berichte des Verbindungsbeamten bestätigen die allgemeine Verbesserung der Sicherheitslage. Richtig ist, dass ethnischen Albanern, deren qualifizierte Kollaboration mit dem früheren serbischen Regime jetzt bekannt wurde, laut UNHCR weiterhin ernste Gefahr drohen kann; ein solcher Zusammenhang lässt sich aber aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers für seine Person auch nicht schlüssig ableiten. Wie aus der Berichtslage hervorgeht, ist nicht zu bestreiten, dass im Kosovo kriminelle Taten begangen werden; diese geschehen danach in der Regel aber im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität oder gegen in irgendeiner Weise hervorgehobene Persönlichkeiten (etwa Angehörige der serbischen Minderheit; oder etwa Tahir Zemaj als früherer Anführer der FARK), der bloße Umstand, dass solche Taten auch in relativer geographischer Nähe zum Wohnort des Beschwerdeführers geschehen mögen, vermag noch keinen Konnex zu dessen Person herzustellen; dies alles unter dem Aspekt der allgemeinen Verbesserung der Sicherheitslage im Vergleich zur "Nachkriegszeit" 2000/2001, beziehungsweise wieder im Vergleich zu den Unruhen des März 2004. Der Beschwerdeführer war somit nicht in der Lage seine Befürchtungen zur Schutzunfähigkeit der Sicherheitskräfte mit Fakten substantiiert zu untermauern. Sowohl dem Bericht des Verbindungsbeamten als auch dem Bericht des UK Home Office ist zu entnehmen, dass die drei Sicherheitskörper (UNMIK - United Nations Mission in Kosovo, KPS - Kosovo Police Service, KFOR - Kosovo Force) gemeinsam für ein sicheres Umfeld sorgen und der Sicherheitsstandard als hoch zu bewerten ist. Alleine die massive Präsenz der internationalen Polizei im Kosovo in Verbindung mit KPS stellt sicher, dass die Polizei ihren Aufgaben nachkommt. Der Asylgerichtshof geht also im Sinne einer Eventualbegründung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass, sollten die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich der Drohungen und Verfolgungen gegen seine Familie stimmen, gegen diese Drohungen die Sicherheitsorgane bei Bekannt werden effektiv vorgehen würden; eine besondere massive Gefährdungssituation, gegen die - im Sinne der Position des UNHCR - ausnahmsweise nicht mit hinreichender Sicherheit effektiv vorgegangen werden könnte, ist nicht erkennbar.
3.3.3. Auch die am 17.02.2008 erklärte Unabhängigkeit des Kosovo (Anerkennung durch die Republik Österreich am 28.02.2008) lässt jedenfalls im vorliegenden Fall (Angehöriger der albanischen Bevölkerungsmehrheit) keine für das Verfahrensergebnis notorische Lageänderung erwarten. Es kann zudem als notorisch angesehen werden, dass die EULEX-Mission der EU in Zukunft Funktionen der bisherigen UN-Verwaltung übernehmen wird, weshalb auch die Einschätzungen über die (fortdauernde) Effektivität der internationalen Kräfte im Kosovo (insbesondere in Bezug auf die Sicherheitslage) der Substanz nach weitergelten. Widerstreitende substantiierte Berichte sind dem Asylgerichtshof bis zur Erlassung des gegenständlichen Erkenntnisses nicht bekannt geworden.
4. Rechtliche Würdigung
4.1. Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes
4.1.1. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden behauptet, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.
4.1.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichthofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben.
Erachtet nämlich die Behörde - wie im gegenständlichen Fall - im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers bezüglich der behaupteten individuellen Verfolgung grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 09.05.1996, Zl.95/20/0380).
4.1.3. Des Weiteren fehlte es gegebenenfalls, wenn man entgegen der Ansicht des Asylgerichtshofes doch von einer hinreichend intensiven Bedrohung des Beschwerdeführers ausginge, jedenfalls an einer asylrelevanten Motivation der behaupteten Verfolgung, die letztlich ausschließlich in einem privaten Streit zwischen einigen Mitgliedern der jeweiligen Familien (deswegen kann auch nicht von einer Verfolgung bloß aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe der Familie gesprochen werden) begründet liegt. Hinzu kommt schließlich, dass einer daraus resultierenden Gefahr gegen den Beschwerdeführer durch die Sicherheitsorgane, wie oben ausgeführt hinreichend begegnet werden könnte.
4.2. Spruchpunkt II des Bescheides des Bundesasylamtes:
4.2.1. Zum Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers ist Folgendes auszuführen:
Zur Auslegung des § 8 AsylG iVm § 50 FPG 2005 ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992 und § 57 Fremdengesetz, BGBl I Nr. 126/2002 BGBL, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
4.2.2. Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 13669/03).
4.2.3. Wie bereits oben unter II.3. ausgeführt, gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine Verfolgung im Sinne der GFK darzutun, daher bleibt zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, der Beschwerdeführer liefe Gefahr, im Kosovo, einer Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG unterworfen zu werden. Wenn man die geschilderte Verfolgung als Akte reiner krimineller Gewalt wertet, ist auf die oben dargelegte Unglaubwürdigkeit dieser Behauptungen in Bezug auf deren Qualifikation als zielgerichtete existenzbedrohende Verfolgungshandlungen gegen den Beschwerdeführer selbst zu verweisen; in eventu wäre im Einklang mit den in das Verfahren eingeführten Quellen von Schutzfähigkeit der Sicherheitsorgane auszugehen.
4.2.4. Unter Berücksichtigung der unter II.3. getroffenen Würdigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein könnte, sodass die Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK bedeuten würde.
Als arbeitsfähigem und volljährigem Mann ist nicht ersichtlich, warum ihm eine Existenzsicherung in seinem Heimatland nicht zumutbar sein sollte, wie es auch vor der Ausreise möglich war. Ihm wäre daher jedenfalls auch zuzumuten sich an jenen Orten des Kosovo aufzuhalten, in denen ethnische Albaner die Mehrheitsbevölkerung darstellen. Durch seine im Kosovo lebenden Verwandten und Freunde wäre ferner ein soziales Bezugsnetz vorhanden.
Der Asylgerichtshof verkennt auch nicht, dass die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat wahrscheinlich schlechter sein wird, als in Österreich, aus den getroffenen Ausführungen ergibt sich aber eindeutig, dass der Schutzbereich des Art. 3 EMRK nicht tangiert ist.
Der Beschwerdeführer hat schließlich auch weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnte.
Davon, dass praktisch jedem, der in den Kosovo abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig erschiene, kann aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht die Rede sein.
Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.
4.3. Spruchpunkt III des Bescheides des Bundesasylamtes
Ist ein Asylantrag abzuweisen und wurde gemäß § 8 Abs 1 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden (§ 8 Abs. 2 AsylG). Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u.a.). Bei einer Ausweisungsentscheidung nach § 8 Abs. 2 AsylG ist auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH vom 15.10.2004, Zl. G 237/03, VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u.a.). Gemäß Artikel 8 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung uns seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
4.3.1. Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
4.3.2. Das Bundesasylamt hat im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt, dass angesichts der öffentlichen, fremdenrechtlichen Interessen an einer Ausweisung keine Verletzung des Privat- oder Familienlebens im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegt, die einer Ausweisung entgegenstehen könnte; dies im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer über keine Angehörigen in Österreich verfügt.
4.3.3. Auszuführen ist ferner, dass selbst bei Bejahung eines Eingriffes in das Privatleben (infolge beginnender Integration des Beschwerdeführers in Österreich, Besuch eines Deutschkurses, Teilnahme an Bibelkurses der Zeugen Jehovas) des Beschwerdeführers, die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Asylgerichtshofes zu Lasten des Beschwerdeführers ausfällt:
Insofern man im gegenständlichen Fall einen Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Privatleben bejaht, ist eine Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK durchzuführen.
Bei der Interessensabwägung sind unterschiedliche Kriterien zu beachten (vgl. jüngst VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07, VfGH vom 01.10.2007, Zl. G 179, 180/07 unter Bezugnahme auf Judikatur des EGMR): Dies sind etwa die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Fall Ghiban, Appl. 11.103/03, NVwZ 2005, 1046), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Fall Abdulaziz ua., Appl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Fall Al-Nashif, Appl. 50.963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.4.1997, Fall X, Y und Z, Appl. 21.830/93, ÖJZ 1998,
271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582;
09.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560;
16.06.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 11.4.2006, Fall Useinov, Appl. 61.292/00). Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 05.09.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).
Der VwGH hat im Erkenntnis vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 festgehalten, dass ein dreijähriger auf die Stellung eines Asylantrages ge