TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/14 C1 234716-0/2008

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Veröffentlicht am 14.08.2008
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Spruch

C1 234716-0/2008/7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Fischer-Szilagyi als Einzelrichterin über die Beschwerde des S. G., geb. 1979, StA. Indien, vom 30.01.2003 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.01.2003, FZ. 02 11.984-BAW, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idgF (AsylG), abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Mit angefochtenem Bescheid wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 7.5.2002 gemäß § 7 AsylG abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt.

 

Die Erstbehörde wertete die Angaben des Asylwerbers als unglaubwürdig.

 

Hiegegen wurde das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten.

 

In der mündlichen Berufungsverhandlung am 19.2.2008, zu welcher die Erstbehörde keinen Vertreter entsandte, gab der Beschwerdeführer Folgendes zu Protokoll:

 

"VL: Wie geht es Ihnen?

 

BW: Gut.

 

VL: Können Sie mir bitte Ihren Namen, Ihr Geburtsdatum sowie Ihren Geburtsort angeben.

 

BW: Ich heiße P. G. S., geb. 1979, in P. M..

 

VL: Wo waren Sie in Ihrem Heimatland aufhältig?

 

BW: Ich war in meinem Dorf P. M. aufhältig.

 

VL: Wann haben Sie Ihr Dorf verlassen?

 

BW: Am 15.4.2002 habe ich mein Heimatdorf verlassen und reiste nach Delhi.

 

VL: Wann haben Sie Delhi verlassen?

 

BW: Ich habe mich 4 Tage in Delhi aufgehalten und bin dann nach Moskau geflogen.

 

VL: Haben Sie noch Familie in Indien?

 

BW: Ja, meine Eltern. Ein Bruder von mir wurde 2002 getötet. Ich habe auch 3 Schwestern, diese wohnen bei ihren Männern.

 

VL: Haben Sie Kontakt mit Ihrer Familie?

 

BW: Ja, wir telefonieren.

 

VL: Wie geht es Ihrer Familie?

 

BW: Ok.

 

VL: Sie haben sich in Wien einen Reisepass ausstellen lassen, gab es dabei irgendwelche Probleme?

 

BW: Ja, es hat ein Jahr lang gedauert, bis ich endlich meinen Reisepass bekam.

 

VL: Wieso hat es so lange gedauert?

 

BW: Es gab Erhebungen durch die Botschaft.

 

VL: Sie haben sich den Reisepass ausstellen lassen wg. beabsichtigter Eheschließung, haben Sie hier geheiratet?

 

BW: Ich habe einen Standesamt-Termin ausgemacht, aber die Eheschließung fand dann doch nicht statt, da meine damalige Freundin Drogen nahm, das fand ich erst später heraus, aber noch vor der Eheschließung.

 

VL: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen?

 

BW: Wie gesagt, mein Bruder wurde getötet. Er fuhr einen Traktor und wurde von einem LKW gerammt. Ca. 2 bis 4 Wochen nach diesem Vorfall wurde auch versucht, meinen Vater und mich zu töten. Wir fuhren in einem Auto und wurden ebenfalls von einem LKW gerammt. Wir beide erlitten Verletzungen. Der Grund dafür war, meine Familie und ich sind Angehörige der Shiromani Akali Dal- Partei und diese Leute, die uns töten wollten bzw. meinen Bruder getötet haben, waren Anhänger der Kongress Partei. Kurze Zeit nach dem Unfall wurde ich auf den Feldern geschlagen und wurde dabei ohnmächtig. Ich musste 4 Tage stationär in einem Spital behandelt werden. Meine Eltern bekamen Angst um mein Leben, da sie bereits einen Sohn verloren hatten. Deswegen organisierten sie meine Ausreise mit Hilfe eines Schleppers. Wir haben auch versucht, eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten, aber es wurde nichts unternommen. Mein Vater war auch der Dorfvorsteher als Kandidat der Akali Dal-Partei. Auch deswegen hat er viele Feinde unter den Kongress Partei-Anhängern. Diese Leute haben uns oft Probleme bereitet. Ich hatte Angst vor unseren zahlreichen Feinden. Das sind meine Fluchtgründe.

 

VL: Wieso glauben Sie, dass Ihr Bruder aus politischen Motiven diesen Verkehrsunfall hatte und dass jemand aus der Kongresspartei ihn getötet hat?

 

BW: Ich bin zu dieser Annahme gekommen, weil alle 3 Überfälle auf unsere Familie innerhalb kürzester Zeit verübt wurden. Außer diesen Leuten hatten wir keine Feinde. Alle diese Vorfälle hatten politischen Hintergrund. Auch unser Grundstück wurde illegal angeeignet und es gibt auch gerichtliche Verfahren in diesem Fall. Die Leute, die sich unser Land illegal angeeignet haben, sind Anhänger der Kongress Partei und haben dadurch mehr Unterstützung.

 

VL: Wieso kann es sich nicht um einen ganz normalen Autounfall Ihres Bruders gehandelt haben?

 

BW: Nein, das war kein normaler Verkehrsunfall. Die Polizei hat in dieser Sache nichts unternommen bzw. gab es Festnahmen, aber diese Leute wurden wieder entlassen.

 

VL: Wer wurde festgenommen?

 

BW: Der Fahrer des LKWs und noch 2 Begleiter.

 

VL: Woher wissen Sie das?

 

BW: Ich habe Kontakt mit meiner Familie, sie haben mir das telefonisch mitgeteilt.

 

VL: D.h. diese Männer wurden festgenommen und freigelassen zu einem Zeitpunkt, als Sie nicht mehr in Indien waren?

 

BW: Ja.

 

VL: Was für Gerichtsverfahren bezüglich der Grundstücke sind das? Erzählen Sie näheres darüber.

 

BW: Insgesamt gibt es 4 Verfahren, 2 wegen Grundstücksstreitigkeiten. Eines ist wegen der Bewässerungsleitung, diese wurde mutwillig beschädigt. Und ein Verfahren haben die Kongresspartei-Anhänger gegen meinen Vater wegen Amtsmissbrauch und Korruption eingebracht, obwohl diese Vorwürfe überhaupt nicht stimmen und nur politisch motiviert sind.

 

VL: Können Sie sagen, seit wann diese 4 Verfahren anhängig sind?

 

BW: Die 2 Verfahren bezüglich der Grundstücke wurden 2001 anhängig, das wegen der Wasserleitung seit 2002, das Verfahren gegen meinen Vater wurde während seiner Amtszeit eingebracht. Ich kann Ihnen gerne die Unterlagen aus Indien schicken lassen, daran sehen Sie die genauen Daten.

 

VL: Sind diese Verfahren noch immer anhängig oder schon abgeschlossen?

 

BW: Das Verfahren gegen meinen Vater ist beendet. Er wurde freigesprochen. Die anderen 3 sind noch anhängig. Diese Verfahren sind in verschiedenen Gerichten anhängig.

 

VL: Warum haben Sie diese Gerichtsverfahren während des erstinstanzlichen Verfahrens noch nicht erwähnt, sondern erst heute?

 

BW: Sie haben mich danach nicht gefragt. Man wollte nur über die Akali Dal wissen.

 

VL: Ich habe Sie auch nicht gefragt, Sie haben es frei erzählt.

 

BW: Ich habe alles über die Überfälle erzählt, mehr wollten sie nicht wissen.

 

VL: Es ist nicht ganz nachvollziehbar, dass gerade Feb. 2002 die Übergriffe durch Anhänger der CP so intensiv gegen Ihre Familie geworden sind, gab es dafür einen konkreten Anlass?

 

BW: Das stimmt nicht, die Probleme gab es früher schon. Wie ich erwähnt habe, gab es das Verfahren gegen meinen Vater sowie die Grundstücksschwierigkeiten. Mein Bruder wurde aber Feb. 2002 getötet.

 

VL: Warum haben Mitglieder der CP so ein großes Verlangen danach, Ihren Bruder zu töten und auch Ihnen Probleme zu bereiten?

 

BW: Das sind politisch motivierte Übergriffe aufgrund unserer Zugehörigkeit zur Akali Dal. Die CP hat im Zuge der Operation Blue Star viele Akali Dal-Mitglieder und Anhänger getötet. Sie haben unser höchstes Heiligtum, den Goldenen Tempel in Amritsar gestürmt und viele Sikhs getötet. Auch während der 80er und 90er Jahre wurden viele Sikhs getötet. Es sind auch Kongressminister in diese Tötungen verwickelt und es sind noch viele Gerichtsverfahren gegen diese offen. Selbst Leute, die festgenommen worden sind, wurden wieder entlassen.

 

VL: Haben Sie den Vorfall mit dem Auto und den Vorfall, wo Sie geprügelt wurden, der Polizei gemeldet?

 

BW: Ja.

 

VL: Was hat die Polizei gemacht?

 

BW: Wir haben kein Recht bekommen und es wurde niemand festgenommen.

 

VL: Haben Sie gesehen, wer das gemacht hat?

 

BW: Nein. Bei dem Unfall ging alles sehr plötzlich und bei dem Überfall waren alle maskiert.

 

VL: Wen hätte die Polizei dann festnehmen sollen?

 

BW: Wir haben ihnen gesagt, dass diese Leute Kongress-Leute sind, aber die Polizei hat keinerlei Erhebungen gemacht. Im Fall meines Bruders haben wir sehr wohl die Namen der Leute bekannt gegeben.

 

VL: Woher kannten Sie diese Namen?

 

BW: Es gab Unfallzeugen, welche die Nummerntafel des LKWs notiert haben, auf diese Weise wurden diese Leute ausfindig gemacht bzw. für kurze Zeit festgenommen.

 

VL: Wissen Sie, wurde ein Gerichtsverfahren gegen diese Leute eingeleitet?

 

BW: Nein, es gab kein Gerichtsverfahren gegen diese Leute, die Polizei hat das alles unterdrückt.

 

VL: Woher wissen Sie, dass es kein Gerichtsverfahren gegeben hat?

 

BW: Ich bin in telefonischem Kontakt mit meinen Eltern. Falls ein Verfahren gegeben hätte, würden sie das wissen.

 

VL: Haben Sie versucht, bei Ihrer Partei Hilfe zu bekommen?

 

BW: Ja, wir haben auch Hilfe erhalten. Sie waren bei der Anzeigenerstattung bezüglich meines Bruders und auch wegen meines Vorfalls dabei. Aber sie können uns ja nicht 24 Stunden am Tag schützen. Ein höheres Mitglied der Akali Dal- Partei A. S. ist damals mitgegangen.

 

VL: Was befürchten Sie, wenn Sie nun nach Indien zurückkehren müssten?

 

BW: Ich habe Angst um mein Leben. Sie haben bereits meinen Bruder getötet, sie werden mich auch töten.

 

VL: Warum sollten Anhänger der CP Sie auch heute noch umbringen wollten?

 

BW: Die Feindschaft mit den CP-Anhängern ist nicht beendet. Unsere Zentralregierung ist auch von der CP. Ich habe Angst um mein Leben. Meine Familie besitzt viele Felder und ich bin der einzige Sohn, wenn ich nicht Angst um mein Leben hätte, würde ich meinem Vater bei der Bestellung dieser Felder helfen, auch um Geld zu verdienen. Hier im Ausland kann ich nicht so viel Geld verdienen, um ein schönes Leben zu führen, aber nur aufgrund der Angst um mein Leben bin ich hier. Ich falle hier der Regierung auch nicht zur Last und habe nie Unterstützung von der Caritas bekommen und bezahle meine Sozialversicherung selbst.

 

VL: Ihr Vater hat doch auch nie Probleme bekommen, seit Sie Indien verlassen haben.

 

BW: Doch, es gab einen Überfall auf meinen Vater. Er war auf seinem Roller unterwegs und wurde von einem Auto gerammt. Sein Bein war gebrochen. Als ich damals von diesen Leuten geschlagen wurde, erlitt ich innere Verletzungen, die tun mir immer noch weh.

 

VL: Warum konnten Sie sich nicht außerhalb Ihres Heimatgebietes eine neue Existenz aufbauen, z.B. in Delhi?

 

BW: Diese Leute können einen in Indien finden.

 

VL: Warum sollte man Sie suchen?

 

BW: Sie wollen mich töten, deshalb hat man auch die Übergriffe verübt.

 

VL wiederholt Frage.

 

BW: Aufgrund der Feindschaft der CP und Akali Dal.

 

VL: D.h. überall in Indien bringt ein Anhänger der CP einen Anhänger der Akali Dal um, lediglich aus politischen Motiven?

 

BW: Selbst unser Führer ist jetzt im Gefängnis, Simranjit Singh Mann. Jeder, der für die Rechte der Akali Dal kämpft, wird schikaniert und festgenommen.

 

VL: Nur weil Sie einer anderen Partei angehören, befürchten Sie in ganz Indien gesucht und wegen Ihrer Parteizugehörigkeit umgebracht zu werden?

 

BW: Ja, das ist richtig, aufgrund der politischen Feindschaften und auch, weil mein Vater ein Vorsteher des Dorfes von der Akali Dal war. 2006 hat man ihm ein Bein gebrochen.

 

VL: Wollen Sie noch irgendetwas angeben?

 

BW: Ich möchte 2 Schreiben vorlegen und möchte, dass Sie in meinem Fall Erhebungen anstellen. Falls Sie weitere Beweise brauchen, kann ich diese beschaffen. Ich bitte Sie, diese Leute anzurufen und sie zu befragen.

 

BW legt vor ein Schreiben des Hospital, handschriftlich datiert von 2008, sowie ein Schreiben der Shiromani Akali Dal Amritsar von 2008.

 

Vorgehalten wird zu dem Schreiben der Akali Dal vom 00.00.2008:

 

VL: In dem Schreiben steht, dass, wenn Sie nach Indien zurückkehren, Sie vom Staat verhaftet werden. Auf was hinauf sollte das geschehen?

 

BW: Viele Akali Dal-Mitglieder wurden in falsche Verbrechen verwickelt und verhaftet. Das befürchte ich auch.

 

VL: Warum sollte man das bei Ihnen machen? Bei Ihrem Vater macht man das auch nicht nach seiner aktiven Zeit?

 

BW: Es gibt bereits 3 Gerichtsverfahren aufgrund der Anzeigen gegen mich, obwohl wir die Geschädigten sind. Auch mein Vater wurde fälschlicherweise beschuldigt.

 

VL: Während seiner aktiven Zeit, danach nicht mehr.

 

BW: Die CP-Anhänger fragen im Dorf nach mir. Ich habe Angst, dass sie etwas vorhaben, vielleicht wollen sie mich töten. Sie müssen auch berücksichtigen, dass sie meinen Bruder getötet haben. Können Sie garantieren, dass mein Leben in Indien nicht in Gefahr ist?

 

VL: Was heißt, es gäbe 3 Gerichtsverfahren gegen Sie?

 

BW: Diese habe ich schon vorgebracht.

 

VL: Sie sagten, diese Verfahren wären wegen Grundstücksstreitigkeiten und einer beschädigten Pipeline. Warum wurden Sie in diesen Verfahren angezeigt?

 

BW: Obwohl wir die Geschädigten sind, wurde behauptet, dass wir Gewalttäter sind. Das ist nur aufgrund der Tatsache, dass ich an Veranstaltungen teilgenommen und unseren Führer, der im Gefängnis ist, unterstützt habe.

 

VL: Schildern Sie die Verfahren wegen der Grundstücksstreitigkeiten, in denen Sie als Beschuldigter aufscheinen.

 

BW: Diese 2 Grundstücke gehören mir, ich bin als Eigentümer eingetragen. Sie haben mir nicht erlaubt, meine Felder zu bestellen es gab handgreiflichen Streit. In diesen Fällen wurden Anzeigen registriert.

 

VL: Also nicht wegen den Grundstücken, sondern wegen Rauferei?

 

BW: Das gehört zusammen, weil im Zuge der Grundstücksstreitigkeiten erlaubten sie mir nicht, diese zu bestellen, weil sie sich diese auf illegale Art angeeignet haben.

 

VL: Wer sind "sie"?

 

BW: Dorfbewohner. Ich kann diesbezüglich das Gerichtsprotokoll vorlegen. Der Hauptgrund ist, dass wir Anhänger der Akali Dal sind.

 

VL: Sie sind seit 6 Jahren in Österreich und haben bis jetzt diese Unterlagen nicht vorgelegt.

 

BW: Es gibt Probleme, diese Unterlagen vom Gericht zu bekommen, man muss viel Geld bezahlen. Aber wenn Sie diese möchten, lasse ich sie mir schicken.

 

VL: D.h. in Indien sind Gerichtsverfahren, in welchen Sie als Beschuldigter aufscheinen, anhängig?

 

BW: Ja.

 

VL: Trotzdem stellt Ihnen die ind. Botschaft in Wien, ohne Probleme, allerdings mit Wartezeit, einen Reisepass aus?

 

BW: Ja. Es gab Erhebungen, aber keinen Haftbefehl gegen mich.

 

VL: Wenn es Gerichtsverfahren gibt, in welchen Sie als Beschuldigter aufscheinen, ist das recht unglaubwürdig.

 

BW: Mein Vater erscheint jedes Mal vor Gericht, er ist mit angeklagt. Außerdem haben wir auch Anzeigen gegen die anderen vorgebracht, aufgrund der Überfälle.

 

VL: Auffällig ist, dass Sie diese Gerichtsverfahren bis dato noch nicht erwähnt haben und darüber hinaus die Bestätigung Ihrer Partei sehr allgemein gehalten ist, ohne Hinweise auf konkrete Vorkommnisse bezüglich Ihre Familie, sondern ausschließlich der Hinweis auf die Möglichkeit, dass Sie ev. fälschlich in einen Kriminalfall verwickelt werden könnten.

 

BW: Bezüglich der Gerichtsverfahren habe ich damals nur erwähnt, was sie gefragt haben. Wegen des Schreibens: die Leute haben selbst Angst, da unser Führer samt 18 Anhängern inhaftiert wurde. Deshalb wollen sie kein Schreiben mit Details ausstellen. Dafür müssen Sie Erhebungen machen.

 

Vorgehalten werden die im Akt aufliegenden Länderberichte.

 

BW dazu: Es gibt 2 Fraktionen in der Akali Dal, die Akali Dal Badal und die Akali Dal Mann. Die Mann-Partei ist viel kleiner und schwächer als die Badal-Partei und Mitglieder dieser Partei werden sehr wohl schikaniert, sowohl von der CP als auch der Badal-Partei. Darum sitzt auch unser Führer mit Anhängern im Gefängnis.

 

VL: Sie gehören zu Mann-Partei?

 

BW: Ja.

 

VL: Wollen Sie noch irgendetwas angeben?

 

BW: Ich habe Ihnen alle Probleme wahrheitsgemäß dargestellt. Ich habe Angst um mein Leben und möchte, dass Sie mir Asyl gewähren."

 

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist indischer Staatsangehöriger. Er hat Indien verlassen, ist in Österreich illegal eingereist und hat am 7.5.2002 gegenständlichen Asylantrag gestellt.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedlersee vom 6.5.2002 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt, aus welcher er am 13.6.2002 entlassen wurde.

 

In Indien befinden sich die Eltern des Beschwerdeführers, welche eine Landwirtschaft betreiben, sowie drei verheiratete Schwestern.

 

Diese Feststellungen ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers und aus dem Akteninhalt.

 

Die Identität des Beschwerdeführers kann mangels Vorliegen geeigneter Dokumente nicht festgestellt werden.

 

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland einer asylrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt war bzw. ist. Nicht festgestellt wird weiters, dass dem Beschwerdeführer in Indien landesweit eine an asylrechtlich relevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht.

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er aufgrund seiner Mitgliedschaft der Partei Akali Dal, für die er Demonstrationen organisiert habe, Übergriffen durch Angehörige der Kongresspartei ausgesetzt sei, ist vor dem Hintergrund der internationalen Länderberichte zu Indien nicht glaubwürdig und nachvollziehbar. Zudem haben sich im nunmehrigen Berufungsverfahren in den Angaben des Beschwerdeführers auch Ungereimtheiten und Widersprüche ergeben.

 

In seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 21.11.2002 brachte der Beschwerdeführer vor, er sei seit fünf Jahren Angehöriger der Partei Akali Dal gewesen und habe an Demonstrationen teilgenommen und diese mitorganisiert. Im April 2002 sei er während der Arbeit auf dem elterlichen Feld von sechs bis sieben unbekannten und maskierten Männern niedergeschlagen worden, sodass er vier Tage im Spital verbringen musste. Er sei sich sicher, dass es sich dabei um Anhänger der Kongresspartei gehandelt habe. Sein Vater sei Bürgermeister gewesen, seit dessen Abwahl würden Anhänger der Kongresspartei die Familie fertig machen wollen.

 

Auch in der Berufung sowie in der mündlichen Verhandlung vom 19.2.2008 wiederholte der Beschwerdeführer sein Vorbringen, dass er sicher sei, es habe sich bei den Angreifern um Mitglieder der Kongresspartei gehandelt, ohne diese Annahme jedoch näher begründen zu können oder sonstige Hinweise auf die Identität der Täter liefern zu können.

 

Der Beschwerdeführer brachte weiter vor, sein Bruder sei im Februar 2002 umgebracht worden, indem er bei einer Fahrt mit dem Traktor von einem LKW der Kongresspartei gerammt worden sei. Die Polizei habe auf eine Anzeige hin den Chauffeur auch festgenommen, ihn jedoch wieder freigelassen. In der Berufungsverhandlung führte er dazu aus, dass es sich nicht um einen normalen Autounfall gehandelt habe. Die Polizei habe in dieser Sache nichts unternommen, bzw. habe es Festnahmen gegeben, diese Leute seien aber wieder freigelassen worden.

 

In der Einvernahme am 21.11.2002 führte der Beschwerdeführer aus, es habe einen weiteren Vorfall gegeben, bei dem er im März 2002 gemeinsam mit seinem Vater im Auto unterwegs gewesen sei und von einem PKW abgedrängt worden sei und nur mit Glück einen Unfall vermeiden habe können. Auch hierzu gab der Beschwerdeführer an, es habe sich um Mitglieder der Kongresspartei gehandelt, die ihn umbringen wollten. In der mündlichen Berufungsverhandlung führte der Beschwerdeführer zu diesem Vorfall hingegen aus, das Auto des Beschwerdeführers und seines Vaters sei von einem LKW gerammt worden.

 

Neben der Tatsache, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu dem Unfall, den er mit seinem Vater hatte, widersprüchlich ist, ist auffallend, dass der Beschwerdeführer bei beiden Unfällen lediglich vermuten konnte, dass es sich um Mordanschläge gehandelt habe und dass diese von Mitgliedern der Kongresspartei verübt worden seien, was er auf eine alte Feindschaft zwischen den Anhängern der Kongresspartei und der Akali Dal zurückführte. Der Beschwerdeführer konnte diese Vermutung jedoch weder konkret untermauern noch erläutern, aufgrund welcher Hinweise er zu der Ansicht gelangt ist, dass die Unfälle von Anhängern der Kongresspartei fingiert worden seien.

 

Auch zu dem erstgenannten Vorfall, bei dem der Beschwerdeführer überfallen worden sei, konnte er keine näheren Hinweise auf die Identität der Angreifer geben. Es ist in einem derartigen Fall den Polizeibehörden auch nicht vorzuwerfen, dass sie keine weiteren Anstrengungen gemacht hat, um "die Mitglieder der Kongresspartei" zu verfolgen, zumal der Beschwerdeführer angegeben hat, dass die Angreifer maskiert gewesen seien und keine näheren Angaben machen konnte, um welche konkreten Personen es sich gehandelt haben könnte, sodass von den Polizeibehörden nicht erwartet werden kann, dass sie willkürlich Ermittlungen gegen nicht näher benannte Mitglieder einer Partei anstellt.

 

In der Berufungsverhandlung steigerte der Beschwerdeführer sein Vorbringen letztlich dahingehend, dass aufgrund der Feindschaft zwischen Anhängern der Kongresspartei und der Akali Dal gegen den Beschwerdeführer und seinen Vater drei Gerichtsverfahren anhängig gemacht worden seien, bei denen es um zwei Grundstückstreitigkeiten bzw. um die Beschädigung einer Bewässerungsleitung gehe. In einem weiteren Verfahren sei sein Vater vom Vorwurf des Amtsmissbrauches freigesprochen worden. Im Zusammenhang mit den Grundstücksstreitigkeiten habe es handgreiflichen Streit gegeben, da sich andere Dorfbewohner die Grundstücke des Beschwerdeführers angeeignet und ihm nicht erlaubt hätten, diese zu bestellen. Daher sei er angezeigt worden und seien Gerichtsverfahren anhängig, in denen er als Beschuldigter aufscheine. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren diese Gerichtsverfahren gegen ihn nicht erwähnt hat, obwohl ihm vom Bundesasylamt hinreichend Gelegenheit gegeben wurde, sich zu seinen Fluchtgründen zu äußern und zusätzliche Angaben zu machen.

 

Gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens, wonach gegen den Beschwerdeführer mehrere Verfahren in Indien anhängig seien, spricht auch, dass dem Beschwerdeführer am 14.6.2004 von der indischen Botschaft in Wien ein Reisepass ausgestellt wurde. Selbst wenn der Beschwerdeführer lange auf die Ausstellung des Reisepasses warten musste, ist seine Rechtfertigung, es habe keinen Haftbefehl gegen ihn gegeben und würde sein Vater, der mitangeklagt sei, an den Verhandlungen teilnehmen, nicht nachvollziehbar.

 

Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer keinerlei Dokumente betreffend die angeführten Gerichtsverfahren, die bereits seit 2001 anhängig seien, vorlegen konnte. Das Vorbringen, diese Dokumente seien schwer zu beschaffen und müsse man für sie viel Geld bezahlen, kann jedoch für offizielle Mitteilungen des Gerichts im Rahmen eines Verfahrens, etwa für Ladungen zu den Gerichtsverhandlungen, die nach den Angaben des Beschwerdeführers stattgefunden hätten, nicht gelten. Wenn der Beschwerdeführer nach seinen Angaben in regelmäßigem Kontakt mit seinen Eltern steht, ist nicht nachvollziehbar, dass er sich solche Beweismittel bis zur mündlichen Verhandlung nicht übersenden lassen konnte. Auch der in der Berufungsverhandlung vorgelegten Bestätigung der Shiromani Akali Dal, wonach der Beschwerdeführer fälschlicherweise in einen Kriminalfall verwickelt werden oder unrechtmäßigerweise verhaftet werden könnte, ist weder ein konkreter Hinweis, dass es betreffend den Beschwerdeführer und seine Familie bereits zu Vorfällen gekommen wäre, noch sonstige Anhaltspunkte für eine individuelle Verfolgung des Beschwerdeführers zu entnehmen, sodass dieses Schreiben nicht geeignet ist, das Vorbringen des Beschwerdeführers zu stützen.

 

Zu der Lage in Indien wird Folgendes festgehalten:

 

Indien ist ein demokratischer Rechtsstaat mit einem Mehrparteiensystem, der mit Einschränkungen gut funktioniert. Die Parteienlandschaft ist vielfältig. Die Presse ist im Wesentlichen frei.

 

Verfassungs- und Rechtsordnung garantieren die grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten. Die Justiz ist unabhängig. Die Verfahrensdauer ist allerdings häufig extrem lang; Korruption im Einzelfall kann nicht ausgeschlossen werden. Es gibt menschenrechtsverletzende Übergriffe von Polizei- und Sicherheitskräften, eine Systematik ist dabei nicht erkennbar. Zu Menschenrechtsverletzungen kommt es im besonderen Maße in den Unruhegebieten. Besonders gefährdet sind sozial niedrige Schichten und auch Frauen. Berichte über politische Gefangene gibt es nicht.

 

Im Mai 2004 wurde die von der hindunationalen BJP geführte NDA ("National Democratic Alliance") Koalitonsregierung durch eine Koalition der UPA ("United Progressive Alliance") unter Führung der Kongress-Partei abgelöst. Ein wichtiges Ziel der neuen Regierung ist die Stärkung des Säkularismus und der Harmonie zwischen den Religionsgruppen. Sie zeigt sich auch an der Verbesserung der Menschenrechtslage interessiert. So wurde im September 2004 das umstrittene Terrorbekämpfungsgesetz POTA außer Kraft gesetzt.

 

Was die Provinz Punjab anbelangt, so ist, nachdem der Terrorismus im Punjab, der sich die Unabhängigkeit von "Khalistan" auf die Fahnen geschrieben hatte, in den 1980er Jahren niedergeschlagen wurde, die terroristische Gewalt im Punjab seit 2000 nahezu vollständig zum Erliegen gekommen, die Situation hat sich normalisiert. Ein Anschlag auf ein Kino in Neu Delhi im Mai 2005, der der Babbar Khalsa zugeschrieben wird, hat zu keiner weiteren Gewalt geführt. Die Sikhs, 60 % der Bevölkerung des Punjabs, stellen im Punjab einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen offen. Die Angehörigen der verschiedenen militanten Gruppen haben Punjab verlassen und operieren aus anderen Bundesstaaten oder Pakistan. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland.

 

Im Februar 2007 fanden im Bundesstaat Punjab Wahlen statt. Bei diesen errang die Sikh-Partei Shiromani Akali Dal die Mehrheit, deren Vorsitzender Prakash Singh Badal seit 2. März 2007 Chief Minister des Bundesstaates Punjab ist.

 

Laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen ist es im Zuge der Bekämpfung der Militanz zwischen 1984 und 1994 zu ungesetzlichen Maßnahmen und Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei gekommen, der in der Vergangenheit vor allem extralegale Tötung, willkürliche Verhaftung, Inhaftierung ohne richterliche Kontrolle, Folter und Verschwindenlassen vorgeworfen wurde.

 

Die NHRC untersuchte im Jahr 2005 weiterhin 2.097 Fälle von illegalen Tötungen sowie Verbrennungen zur Vertuschung während der zehnjährigen Unruhen, bislang ohne nennenswerte Ergebnisse. Menschenrechtsgruppen schätzen die Zahl der Personen, die seit Mitte 1995 in Befragungszentren von Militärs und Paramilitärs in den Unruhegebieten langfristig ohne offizielles Verfahren inhaftiert sind, auf mehrere hundert. Die derzeitige indische Regierung unter Premierminister Singh setzt sich verstärkt gegen Menschenrechtsverletzungen in der Region ein und forderte u. a. eine Überprüfung sämtlicher Inhaftierungsfälle.

 

Grundsätzlich gibt es im Punjab keine Sicherheitsprobleme mehr.

 

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern. Volle Bewegungsfreiheit ist gewährleistet. Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem für indische Bürger. Die Bürger besitzen in der Mehrzahl keine Ausweise. Wer sich verfolgt fühlt, kann sich demnach in einem anderen Landesteil niederlassen.

 

Die indische Verfassung garantiert indischen Staatsangehörigen das Recht auf Bewegungsfreiheit im Staatsgebiet sowie das Recht auf Niederlassung und Aufenthalt in jedem Teil des Landes. Diese Rechte unterliegen gewissen Einschränkungen im öffentlichen Interesse. Es gibt keine Überprüfungen von Personen, die neu aus einem Teil von Indien in einen anderen Teil von Indien ankommen, auch wenn es sich um einen Sikh aus dem Punjab handelt. Die lokalen Polizeidienststellen haben weder die Ressourcen noch die sprachlichen Fähigkeiten, um Hintergrundüberprüfungen über Personen, die aus anderen Teilen von Indien eintreffen, durchzuführen. Es gibt kein allgemeines Meldewesen und häufig haben die Menschen auch keine Identitätsausweise.

 

Auch bei strafrechtlicher Verfolgung ist in der Regel ein unbehelligtes Leben in ländlichen Gebieten in anderen Teilen Indiens möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss. In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. In Neu Delhi wurden Separatisten aus dem Punjab nach mehreren Jahren friedlichen Aufenthaltes aufgespürt und verhaftet.

 

Allerdings besteht die Gefahr, von staatlichen Behörden (strafrechtlich) verfolgt zu werden, in der Regel für hochrangige Führungspersonen separatistischer Bewegungen oder militanter Organisationen ("high profile activists") oder ihre Familienangehörige und weniger für "low profile activists".

 

Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts hat das Stellen eines Asylantrags allein keine nachteiligen Konsequenzen für abgeschobene indische Staatsangehörige. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme von Seiten des indischen Staates zu befürchten. Gesuchte Personen werden allerdings den Sicherheitsbehörden übergeben.

 

In Indien besteht ein freier, kostenloser Zugang zu medizinischer Versorgung. Medizinische Behandlungen durch private Institutionen, welche zumeist ein größeres Spektrum abdecken, und Medikamente werden - vergleichsweise zum United Kingdom - zu sehr günstigen Preisen angeboten. In den größeren Städten befinden sich Spitäler mit einem breit gefächerten Angebot von medizinischer Versorgung in vielen speziellen Bereichen. Grundsätzlich ist im städtischen Bereich eine bessere medizinische Versorgung verfügbar als in den ländlichen Bereichen, jedoch ist sie in Form von Spitälern in den meisten Distrikten gegeben. Fast alle gängigen Medikamente sind in Indien auf dem Markt erhältlich. Die Einfuhr von Medikamenten, auch aus Deutschland, ist möglich.

 

In Indien lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung unter dem veranschlagten Existenzminimum der Vereinten Nationen. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine das Überleben sichernde Nahrungsversorgung auch der untersten Schichten der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe gibt es nicht, die Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder Privater angewiesen.

 

Indien galt lange Zeit als armes Land, das Entwicklungshilfe bezog. Der Wandel in der Wirtschaft hat aber ungeheure Potenziale freigesetzt. Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass Indien und China führende Wirtschaftsmächte des 21. Jahrhunderts sein werden. Die indische Regierung fördert Hilfe für Landlose indirekt durch Nichtregierungsorganisationen in den Bereichen der ökonomischen Verbesserung, Bildung und Gesundheitsfürsorge. Gezielte Hilfe durch supranationale Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und die indische Regierung brachte vor allem in der Landwirtschaft Fortschritte.

 

Diese Ausführungen gründen sich auf folgende Berichte, die in das Verfahren eingeführt wurden:

 

Auswärtiges Amt, "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien", 19.11.2006

 

UK Home Office, India Country Report, April 2005

 

UK Home Office, Bericht zur allgemeinen, politischen und menschenrechtlichen Situation (Operational Guidance Note India), März 2006

 

UK Home Office, Country of Origin Information Report India, 31.1.2008

 

Human Rights Watch, Country Summary India, January 2006

 

US Department of State, India, Country Report on Human Rights Practices - 2007, 11.3.2008

 

Mag. C. B., Gutachten Indien, Oktober 2003

 

BAA Staatendokumentation, Länderfeststellungen zu Indien, März 2006

 

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Indien - vom Reisfeld zur Boomtown - Binnenmigration und wirtschaftlicher Aufstieg, Juli 2007

 

BAA, Anfragebeantwortung zur Behandlungsmöglichkeit von Diabetes in Indien, 5.10.2006.

 

Rechtlich ist auszuführen:

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und sich nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obige Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 6.10.1999. Zl.99/01/0279, mwN).

 

Wie bereits festgestellt ist das Vorbringen des Beschwerdeführers von mehreren Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten geprägt und sohin als unglaubwürdig zu werten.

 

Darüber hinaus war dem Begehren des Beschwerdeführers auf Asylgewährung auch deshalb kein Erfolg beschieden, da sich selbst für den Fall, dass er mit asylrechtlich relevanter Verfolgung in seinem Heimatgebiet zu rechnen hätte, sich diese Verfolgungsgefahr auf das gesamte Staatsgebiet des Herkunftsstaates beziehen müsste. Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen die Inanspruchnahme des Schutzes ihres Herkunftsstaates auch zumutbar ist, bedürfen sie nicht des Schutzes durch die beantragte Gewährung von Asyl. Den Feststellungen zur Lage in Indien und den Angaben des Beschwerdeführers kann nicht entnommen werden, dass der Beschwerdeführer in anderen Landesteilen Indiens außerhalb seines engeren Herkunftsgebietes keinerlei behördlichen Schutz vor rechtswidrigen Übergriffen erlangen würde. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer das reale Risiko trägt, in ganz Indien einer - rechtswidrigen - Verfolgung durch Angehörige der Kongresspartei ausgesetzt zu sein bzw. in ganz Indien keinerlei Schutz durch indische Behörden vor allfälligen rechtswidrigen Übergriffen zu erlangen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht geeignet, diese Feststellungen zu entkräften. Im gesamten Verfahren haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage wäre, sich in einem anderen Landesteil Indiens eine neue Existenz aufzubauen. Der Beschwerdeführer gab auf die Frage, weshalb er sich nicht in anderen Landesteilen eine Existenz aufbauen konnte, lediglich an, man könne ihn überall finden. Wenn er jedoch nicht einmal angeben konnte, wer die Übergriffe auf ihn verübt hat, so ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer landesweit von rivalisierenden Parteianhängern aus seinem Heimatort gesucht werden sollte.

 

Überdies ist darauf hinzuweisen, dass sich die Eltern des Beschwerdeführers weiterhin im Heimatort befinden, wo der Vater eine Landwirtschaft betreibt, sodass davon auszugehen ist, dass die Familie den Beschwerdeführer bei dem Aufbau einer Existenz in einem anderen Teil des Landes unterstützen könnte und nicht davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine Notlage geraten würde. Eine Übersiedlung in einen anderen Landesteil ist ihm sohin auch zumutbar.

 

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Berufung auf verschiedene Berichte, insbesondere von Amnesty International sowie des Auswärtigen Amtes verweist, ist ihm zu entgegnen, dass diese Berichte zwar ausführlich willkürliche Polizeiübergriffe in Indien behandeln, dass darin jedoch keine konkreten Ausführungen zur Fragen der Verfolgung durch Privatpersonen und den dagegen erreichbaren staatlichen Schutz enthalten sind. So geht es in den zitierten Ausschnitten im Wesentlichen um Übergriffe des Polizeiapparates gegenüber Angehörigen der Sikh-Religion in Zusammenhang mit terroristischen Übergriffen. Der Beschwerdeführer hat jedoch Verfolgungshandlungen durch Privatpersonen geltend gemacht, sodass diesen Berichten keine Informationen zu entnehmen sind, die die konkrete Situation des Berufungswerbers betreffen und sein Vorbringen stützen könnten. Die vom Beschwerdeführer angeführten Berichte stammen im Wesentlichen aus den Jahren 1999 - 2001 und sind sohin im Hinblick auf den Entscheidungszeitpunkt als nicht mehr relevant einzustufen. Den aktuellen Länderberichten, die in der mündlichen Verhandlung erörtert wurden, ist der Beschwerdeführer auch nicht substantiiert entgegengetreten und hat er sich zu der Rivalität zwischen Angehörigen der Kongresspartei und der Akali Dal auch lediglich auf politisch motivierte Übergriffe der 80er und 90er Jahre bezogen sowie auf die Zerstörung des Goldenen Tempels von Amritsar verwiesen, die im Jahr 1984 stattgefunden hat. Diese Hinweise vermögen letztlich die Feststellungen zur Situation in Indien, die zudem auf aktuellen und glaubwürdigen Quellen beruhen, nicht zu entkräften.

 

Hierzu ist schließlich anzumerken, dass im Bundesstaat Punjab nunmehr wiederum die Akali Dal an der Macht ist und den Chief Minister stellt, wenn es sich dabei auch um eine andere Fraktion handeln mag als jene, der der Beschwerdeführer angehört. Aus den internationalen Berichten ergeben sich keine Hinweise noch hat der Beschwerdeführer im Verfahren konkrete Angaben gemacht, dass es zwischen den Anhängern unterschiedlicher Parteien oder Parteifraktionen zu asylrechtlich relevanten Übergriffen kommen würde.

 

Ist ein Asylantrag abzuweisen, hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 Fremdengesetz 1997; nunmehr § 50 FPG 2005).

 

Nach den gesetzlichen Bestimmungen des Fremdenrechts ist eine Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Gemäß § 50 Abs. 2 und 4 FPG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung, oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33 Z 1 Genfer Flüchtlingskonvention).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291; vom 17.07.1997, Zl. 97/18/0336 und vom 05.04.1995, Zl. 93/18/0289 ua). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (vgl. VwGH vom 30.09.1993, Zl. 93/18/0214). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen. Die bloße Möglichkeit einer die in Artikel 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenen Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH vom 27.02.2001, Zl. 98/21/0427 sowie VwGH vom 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).

 

Dem Beschwerdeführer gelang es nicht, eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darzutun. Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Indien dort die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikels 3 EMRK überschritten wäre.

 

Im Heimatland befinden sich noch die Eltern des Beschwerdeführers, die dort eine Landwirtschaft betreiben. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland die Unterstützung seiner Familie in Anspruch nehmen könnte, zumal er auch bis zu seiner Ausreise in der elterlichen Landwirtschaft gearbeitet hat.

 

Weiters ist festzuhalten, dass bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers in sein Heimatland die Tatsache der Asylantragstellung keine Verfolgung zur Folge hat.

 

Zumal sich im gesamten Vorbringen des Beschwerdeführers sohin auch keine Anhaltspunkte für ein Vorliegen einer der Tatbestandsvoraussetzungen des § 50 FPG ergeben haben und - wie oben bereits festgestellt - der Berufungswerber aufgrund der Tatsache, dass er einen Asylantrag gestellt hat, keine Sanktionen zu erwarten hat, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Das Verfahren war gemäß der Bestimmung des § 75 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005, des § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 und der Bestimmung des § 23 Asylgerichtshofgesetz, BGBl I Nr. 4/2008, zu führen.

Schlagworte
Familienverband, gesteigertes Vorbringen, Glaubwürdigkeit, inländische Schutzalternative, Lebensgrundlage, non refoulement, politische Gesinnung, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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