TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/14 B4 227720-0/2008

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Veröffentlicht am 14.08.2008
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Spruch

B4 227.720-0/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Vorsitzender und die Richterin Mag. Karin WINTER als Beisitzerin über die Beschwerde des K.A., geboren am 00.00.1982, kosovarischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.3.2002, Zl. 01 29.315-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BG BGBl. I 126/2002 und § 8 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Wortfolge "in die Bundesrepublik Jugoslawien, autonome Provinz Kosovo" in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides durch "in die Republik Kosovo" ersetzt wird.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo, gehört der albanischen Volksgruppe an und ist muslimischen Glaubens. Er wurde in Prizren geboren, lebte im Kosovo zuletzt in B., Gemeindegebiet Suhareke, und reiste nach seinen Angaben am 1.11.2001 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein.

 

2. Am 12.12.2001 stellte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter beim Bundesasylamt einen schriftlichen Asylantrag.

Darin wird - zusammengefasst - Folgendes ausgeführt: 70% der Bewohner des Nachbarortes M. gehörten der serbischen Volksgruppe an. Der Beschwerdeführer selbst sei Mitglied der UCK gewesen und habe während der Kriegswirren als "ein führendes Mitglied in einer Kampftruppe" aktiv gegen die serbische Besatzung gekämpft. Die serbische Bevölkerung räche sich nun für die seinerzeitigen Angriffe durch die UCK; immer häufiger fänden schwere Übergriffe statt. Er selbst scheine "ganz oben auf einer Liste der Personen zu stehen, die den Serben besonders unliebsam" seien. In den letzten Wochen sei er "mehrfach telefonisch und persönlich" mit dem Umbringen bedroht worden. Aufgrund der Heftigkeit der Drohungen liege eine begründete Furcht vor, tatsächlich ermordet zu werden. An die "staatliche Macht" könne er sich aber nicht wenden, da von offizieller Seite derartige Übergriffe "negiert" würden.

 

3. Am 1.2.2002 beim Bundesasylamt vernommen, brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, sein Vater sei während des Krieges der Kommandant einer Beobachtungseinheit der UCK gewesen. Er selbst sei der Leibwächter seines Vaters gewesen und auch seine Onkel und Cousins hätten sich für die UCK betätigt. Man habe den Nachbarort M. immer durchqueren müssen, um zum Heimatdorf des Beschwerdeführers zu gelangen. Die dort lebenden Serben hätten dadurch mitbekommen, dass er als Leibwächter seines Vaters eingesetzt werde. Sie hätten drei Mal erfolglos versucht, den Vater zu töten. Er habe diesen beschützt, dabei aber nie seine Waffe benutzen müssen. Die serbischen Bewohner von M. seien schließlich während des Krieges in Enklaven umgesiedelt worden; ihre Häuser sein niedergebrannt worden. Dafür würden sie nun den Vater des Beschwerdeführers verantwortlich machen. Man habe dieses Dorf aber weder angegriffen noch ihnen sonst etwas angetan. Etwa vor einem Jahr hätten die ersten Drohanrufe begonnen, der Beschwerdeführer habe derartige Anrufe etwa einmal monatlich erhalten. Ihm sei dabei mitgeteilt worden, dass die Anrufer aus M. stammen würden; er nehme an, dass man sich aufgrund der Tätigkeiten der Familie für die UCK an ihm rächen wolle. Auch sein Vater habe derartige Anrufe erhalten, namentlich bedroht sei allerdings nur er, der Beschwerdeführer, worden. Dem Vater sei gesagt worden, der Beschwerdeführer solle das Land verlassen oder man würde diesen töten. Auf Frage, warum man gerade an ihm speziell Interesse gehabt habe und nicht auch an den übrigen Familienmitgliedern, antwortete der Beschwerdeführer, dass er dies nicht wisse; vielleicht habe man ihn als Leibwächter "entfernen" wollen, um den Vater anschließend "leichter" töten zu können. Nach der Relokationsmöglichkeit an einem anderen Ort im Kosovo befragt, gab er an, dass seine Familie nicht in einen anderen Ort habe übersiedeln wollen (da "das dort unser Land ist") und sie dort ihr Haus wiederaufgebaut habe. Bei der Einvernahme legte der Beschwerdeführer zum Nachweis seiner Identität einen von der UNMIK am 20.2.2001 ausgestellten Personalausweis vor.

 

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. 82/2001, ab (Spruchpunkt I.) ab und stellte zugleich gemäß § 8 leg. cit. fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "in die Bundesrepublik Jugoslawien, autonome Provinz Kosovo" zulässig sei (Spruchpunkt II.). Begründend führte das Bundesasylamt zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen aus, dass die vorgebrachte Verfolgung nicht glaubwürdig sei, da der Beschwerdeführer keinen nachvollziehbaren Grund habe nennen können, weshalb man gerade an ihm ein derartiges Interesse haben sollte, während sein Vater weiterhin im Kosovo leben könne. Weiters sei es nicht glaubhaft, dass - hätten die Verfolger tatsächlich Interesse am Beschwerdeführer - man ihn über einen längeren Zeitraum hindurch bedrohe, ohne konkrete Verfolgungshandlungen zu setzen. Gehe man aber davon aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers den Tatsachen entspreche, hätte er sich der Verfolgung dadurch entziehen können, dass er sich in einem anderen Gebiet des Kosovo ansiedelt. Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in den Kosovo einer unmenschlichen Behandlung, Strafe oder Todesstrafe unterworfen werde.

 

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte, nun als Beschwerde (vgl. dazu weiter unten) zu behandelnde (und daher in der Folge so bezeichnete) Berufung. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass das Argument des Bundesasylamtes, es sei nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer, nicht aber sein Vater verfolgt werde, "sachlich nicht gerechtfertigt" sei, da es im Asylverfahren um den Beschwerdeführer und nicht um seinen Vater gehe, der sich "ganz offensichtlich anders zu schützen weiß". Eine Begründung, warum gerade er bedroht worden sei, könne er auch nicht angeben, es sei aber so gewesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen an, die das Bundesasylamt zum Sachverhalt getroffen hat. Denn das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Auch ist die Beweiswürdigung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ein neuer Sachverhalt wird in der Beschwerde nicht vorgebracht und die Argumentation des Bundesasylamtes nicht substantiiert gerügt: Sofern in der Beschwerde ausgeführt wird, der Vater des Beschwerdeführers wisse sich "ganz offensichtlich anders zu schützen", ist dies - nicht zuletzt mangels näherer Ausführungen - nicht geeignet, die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes zu entkräften. Es bleibt nicht nur im Dunklen, durch welche konkreten Vorkehrungen sich der Vater schützen könne, sondern auch, weshalb er einen derartigen Schutz nicht auch seinem Sohn zukommen lassen könne. Zusätzlich ist das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen überdies auch widersprüchlich: Hatte er in seinem schriftlichen Asylantrag noch ausgeführt, er sei "ein führendes Mitglied in einer Kampftruppe" gewesen und deshalb verfolgt worden, ist seinen Angaben bei der Einvernahme vor dem Bundesasylamt zu entnehmen, dass er während des Krieges Leibwächter seines Vaters gewesen sei und sich das Interesse der Verfolger an seiner Person allenfalls mit diesem Umstand erklären könne. Gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens spricht überdies, dass der Beschwerdeführer nicht versucht habe, behördlichen Schutz gegen die Übergriffe gegen Angehörige einer ethnischen Minderheit zu erhalten.

 

Der Asylgerichtshof geht davon aus, dass der Beschwerdeführer nunmehr Staatsangehöriger der Republik Kosovo ist, und zwar aufgrund folgender Erwägungen: Der Beschwerdeführer besitzt einen UNMIK-Personalausweis und somit ein Personaldokument, das von der UNMIK nur dann ausgestellt worden ist, wenn der/die Betreffende als "habitual resident" im Zivilregister eingetragen ist; gemäß Art. 28 des kosovarischen Staatsbürgerschaftsgesetzes wird jede Person, die als "habitual resident" im Zivilregister registriert ist, als Staatsbürger der Republik Kosovo betrachtet (vgl. dazu etwa das Papier des [schweizerischen] Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom Mai 2008, Kosovo Länderreport, Band 1, 17f).

 

2. Rechtlich folgt:

 

2.1.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG 1997. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1. Juli 2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieses Gericht gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG 1997 nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. dazu das Erkenntnis des AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2.1.2. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen, jedoch mit der Maßgabe, dass einzeln aufgezählte Bestimmungen - darunter § 8 AsylG - in der Fassung der Novelle anzuwenden sind.

 

Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag vor dem 1.5.2004 gestellt; das Verfahren ist daher nach dem AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 - mit der genannten Maßgabe - zu führen.

 

2.1.3. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

2.1.4.1. Gemäß § 7 AsylG - die beiden zuvor genannten Fassungen weisen hier keinen Unterscheid auf - hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.9.2000, 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.4.2001, 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; VwGH 9.3.1999 98/01/0318).

 

2.1.4.2. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I. Nr. 101/2003 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

§ 8 Abs. 1 AsylG verweist auf § 57 Fremdengesetz; BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der der Todesstrafe verletzt würde.

 

Überdies ist gemäß § 57 Abs. 2 FrG die Zurückweisung oder die Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 78/1974).

 

Der Prüfungsrahmen des § 57 FrG ist jedoch durch § 8 Abs. 1 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das jeweilige andere Bundesgesetz nunmehr auf die entsprechenden Bestimmungen des FPG verweist. Demnach wäre die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, di. § 50 FPG. Ob dies wirklich der Absicht des Gesetzgebers entspricht - da doch Asylverfahren, die am 31.12.2005 bereits anhängig waren, nach dem AsylG 1997 weiterzuführen sind - braucht nicht weiter untersucht zu werden, da sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre und da sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen ließe. Angemerkt sei jedoch, dass ein Verweis des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 50 FPG nicht etwa jene Rechtslage herstellte, die dem Asylgesetz 2005 entspricht; § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (der inhaltlich dem § 8 Abs. 1 AsylG entspricht) verweist nämlich nicht auf § 50 FPG, sondern regelt den subsidiären Rechtsschutz etwas anders als § 8 Abs. 1 AsylG, er zählt auch die maßgeblichen Bedrohungen selbst auf, und zwar in einer Weise, die nicht wörtlich dem § 50 FPG entspricht (vgl. dazu den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.2.2006, Zl. 252.076/0-X/47/04).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214). Bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefährdung im Sinn des § 57 Abs. 1 und 2 FrG ist die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob etwa allenfalls gehäufte Verstöße der in § 57 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind (vgl. VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011).

 

2.2.1. Zur Abweisung des Asylantrages des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass es ihm nicht gelungen ist, eine seinem Herkunftsstaat zurechenbare Verfolgung aus Gründen der GFK glaubhaft zu machen. Selbst unter hypothetischer Zugrundelegung des Vorbringens ist die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohungssituation nicht als asylrelevante Verfolgung zu qualifizieren: Denn diesfalls muss angenommen werden, dass sich der Beschwerdeführer der räumlich begrenzten Verfolgung durch aus dem Nachbardorf stammenden Privatpersonen serbischer Volksgruppenzugehörigkeit dadurch entziehen könnte, dass er sich in einen anderen Teil des Kosovo, etwa in die Hauptstadt Prishtina, begibt. Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer im Gegensatz zu seinen Verfolgern jener Volksgruppe angehört, die im Kosovo weitaus die Mehrheit stellt, sowie in Anbetracht des Umstandes, dass er beim Bundesasylamt zu einer Relokationsmöglichkeit befragt nur angab, dass sich seine Familie nicht woanders hinbegeben habe wollen, da sie im Heimatdorf des Beschwerdeführers ihr Land habe und ihr Haus wiederaufgebaut habe, und überdies auch in der Beschwerdeschrift den Ausführungen des Bundesasylamtes zum Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht entgegengetreten wird, kann weder angenommen werden, dass der Beschwerdeführer auch nach einer Neuansiedlung in einem anderen Teil des Kosovo Übergriffe seiner Verfolger zu befürchten hätte, noch dass ihm eine solche Relokation nicht zumutbar wäre (vgl. dazu auch den Bericht des (dt.) Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien [Kosovo] vom 29.11.2007, 14); denn auch unabhängig von der im Kosovo gewährleisteten Grundversorgung (vgl. dazu etwa (dt.) Auswärtiges Amt aaO, 17f.) kann im Fall des Beschwerdeführers nicht gesagt werden, dass dieser, der seinen eigenen Angaben zufolge im Kosovo ein Geschäft betrieben und (wenn auch nicht mit Abschluss) studiert hatte, im Kosovo in seiner Lebensgrundlage gefährdet wäre, zumal er - wie sich ebenfalls aus seinen Angaben ergibt - im Kosovo über zahlreiche Familienangehörigen verfügt.

 

2.2.2. Da es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, eine asylrechtlich relevante Gefahr im Sinne der GFK darzutun, scheidet auch die Anwendbarkeit des § 57 Abs. 2 FrG von vornherein aus.

 

Weiters sind derart exzeptionelle Umstände, die eine Rückführung im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen könnten - insbesondere unter Berücksichtigung des oben zur Frage der Lebensgrundlage des Beschwerdeführers im Kosovo Ausgeführten - nicht ersichtlich (vgl. zu Art. 3 EMRK z.B. VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443).

 

Somit liegen aber auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG vor.

 

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte abgesehen werden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, inländische Schutzalternative, Lebensgrundlage, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, non refoulement, soziale Verhältnisse, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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