A2 317.978-1/2008/5E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Filzwieser als Einzelrichter über die Beschwerde des N. S., geb. 1985, StA. Russland, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.02.2008, Zl. 07 12.182-BAE, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.04.2008 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und N. S. gemäß § 3 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass N. S. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Verfahrensgang vor dem Bundesasylamt ergibt sich aus der Aktenlage.
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt, vom 26.02.2008 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des (nunmehrigen) Beschwerdeführers abgewiesen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zuerkannt und die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation angeordnet. Die Identität und Nationalität des Antragstellers, als Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe aus Tschetschenien, wurde festgestellt. Den Angaben des Beschwerdeführers zur geschilderten Bedrohungssituation würde die Glaubwürdigkeit abgesprochen (Unglaubwürdigkeit der behaupteten Verfolgung durch Kadyrovzi aufgrund pauschaler unplausibler Angaben, Steigerung des Vorbringens in der Einvernahme vor der Außenstelle Eisenstadt - Seite 19-22 des Bescheides). Es ergebe sich gegenwärtig kein Abschiebungshindernis aufgrund einer landesweiten allgemeinen extremen Gefährdungslage. Es würde keine persönliche und familiäre Situation vorliegen, die bei einer Ausweisung des Beschwerdeführers einen Eingriff in Art. 8 EMRK darstellen würde.
3. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Berufung (nunmehr als Beschwerde anzusehen) erhoben, in welcher das bisherige Vorbringen bekräftigt und ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Erlebnisse in Tschetschenien an psychischen Problemen (Angstzuständen) leide.
4. Der (seinerzeit zuständige) Unabhängige Bundesasylsenat führte am 24.04.2008 eine mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer teilnahm. Das Bundesasylamt hatte seine Nicht-Teilnahme entschuldigt und den Antrag gestellt, die Beschwerde abzuweisen.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer ist russischer Staatsangehöriger und gehört der tschetschenischen Volksgruppe an. Er lebte und arbeitete in U..
Ein Onkel des Beschwerdeführers kämpfte im 1. Tschetschenienkrieg für Dudaev gegen die Russen. Die Familie des Beschwerdeführers floh 1999 gemeinsam mit dem Onkel nach Inguschetien. Der Onkel reiste dann ohne den Beschwerdeführer weiter und hat dieser seither keine Kenntnis über den genauen Aufenthalt des Onkels. Der Beschwerdeführer und seine sonstigen Familienangehörigen kehrten im Jahr 2002 nach U. zurück. Der Beschwerdeführer unterstützte in den Kriegszeiten weder die Rebellen, noch kämpfte er selbst. Der Beschwerdeführer war bemüht sich in die politischen Geschehnisse nicht einzumischen.
2007 wurde das Haus der Familie des Beschwerdeführers von mehreren maskierten Männern einer Kadyrov-Gruppe aufgesucht und der Beschwerdeführer mitgenommen. Er wurde in einem Kellerraum festgehalten und zunächst zum Verbleib seines Onkels befragt. Der Beschwerdeführer wurde anlässlich der Verhöre massiv eingeschüchtert, bedroht und geschlagen. Er wurde Zeuge der Ermordung eines weiteren Gefangenen. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer unter Druck gesetzt mit seinen Verfolgern zusammenzuarbeiten (als Informant hinsichtlich der in den Bergen befindlichen Rebellen). Um seine Chancen freizukommen zu erhöhen, musste der Beschwerdeführer sich mit einer Zusammenarbeit einverstanden zeigen. Der Beschwerdeführer hatte jedoch niemals die Absicht tatsächlich mit den Kadyrov-Leuten zusammen zu arbeiten. Er wurde zwei Tagen nach seiner Festnahme aufgrund einer Geldzahlung durch seine Verwandten freigelassen. Der Beschwerdeführer verließ nach diesem Vorfall die Russische Föderation. Er reiste am 21.12.2007 mit einem Zug von Wien nach Deutschland. Dabei wurde er im Bereich des Bahnhofes Passau durch die deutsche Bundespolizei festgenommen und an die österreichischen Behörden zurückgeschoben. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer in Österreich einen Asylantrag.
Die Familienangehörigen des Beschwerdeführers leben ohne erkennbare individuelle Probleme in U., Tschetschenien. Der Beschwerdeführer steht über einen in Österreich lebenden Cousin in Kontakt mit ihnen. Die russische Miliz erschien bei den Verwandten des Beschwerdeführers in U. mit einem Strafbefehl des Amtgerichtes Passau vom 30.01.2008 (aufgrund unerlaubter Einreise und unerlaubtem Aufenthalt des Beschwerdeführers in Deutschland).
1.2. Zur Lage in der Russischen Föderation werden aufgrund der in der Folge genannten in der Verhandlung vom 24.04.2008 erörterten Quellen nachfolgende Feststellungen getroffen:
UK Home Office, Operational Guidance Note, Russian Federation, 14.11.2006, UKHO, dem Internet entnehmbar.
Dt. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, einschließlich Tschetschenien vom 13.01.2008, AA.
US State Department, Russia, Country Reports on Human Rights Practices 2007 vom 11.03.2008, USDOS, dem Internet entnehmbar.
Centre for Eastern Studies, Chechnya, between a Caucasian "Jihad" and "hidden" separatism (Macej Falkovski), Jänner 2007, CES 1, dem Internet entnehmbar
BFM, Russische Kläger beim EGMR in Strassburg, 13.12.2007, BFM
NZZ, "Beschwerliche Rückkehr zur Normalität in Grozny", 06.01.2007, NZZ 1.
NZZ: "Russland ist mittlerweile das zweitgrößte Immigrationsland der Welt", 03.02.2007, NZZ 2.
Berichte von reliefweb über humanitäre Situation im Nordkaukasus, RELIEFWEB, dem Internet entnehmbar
Auskunft des Vertrauensanwaltes der ÖB Moskau vom 16.11.2006, Fragen 8-11. ÖB1
Auskunft der ÖB Moskau vom 20.07.2006, ÖB 2
UBAS, Bericht Dr. Filzwieser über EURASIL Workshop Russland, Dezember 2007, EURASIL
Centre for Eastern Studies, Demographic Situation in Russia (Leszek Szerepka), Juli 2006, CES 2, dem Internet entnehmbar
ACCORD, Auskunft vom 13.09.2005 zur Situation von Tschetschenen außerhalb des Nordkaukasus, ACCORD
Schweizer Flüchtlingshilfe, Nordkaukasus, Klaus Ammann, Jänner 2007,
SFH
Folgerungen:
Im Jahr 2007 kam es in Russland zu einer Reihe von, auch schwerwiegenden, Menschenrechtsproblemen, die auch staatliche (Sicherheits-)organe betrafen. Die demokratische Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Volk wurde weiter schwächer. Medien- und Meinungsfreiheit wurden in einigen Bereichen beschränkt. An positiven Entwicklungen waren Reformen der Strafgerichtsbarkeit und die verstärkte staatliche Verfolgung von rassischen und ethnischen Diskriminierungen zu verzeichnen (USDOS)
In Tschetschenien kam es weiterhin zu einigen straflosen Menschenrechtsverletzungen durch russische Organe und tschetschenische Regierungskräfte, wobei sich die allgemeine Sicherheitslage insbesondere in Städten und anderen Talregionen stabilisiert hat (USDOS, SFH, NZZ 1). Staatliche Sicherheitsaufgaben wurden zunehmend an die "pro-russischen" Kräfte um den nunmehrigen Präsidenten Ramzan Kadyrov übergeben, die mit zum Teil rechtswidrigen Methoden gegen (vermeintliche) Gegner vorgehen. Die Zahl der Morde und Verschleppungen ist nach Zählung der Menschenrechtsorganisation "Memorial" aber erheblich zurückgegangen, was auf einen Befehl von Präsident Kadyrov zurückgehen soll. Die "Kadyrovzi" sind nun eine mehrere Tausend Mann starke Truppe, die zum großen Teil aus ehemaligen Widerstandskämpfern besteht. Rebellen wurden von Kadyrov mit Geld oder durch Entführung von Angehörigen zum Überlaufen gebracht. Offene Kämpfe gibt es derzeit weniger. "Tschetschenische Rebellen", obwohl stark geschwächt, begingen weiterhin einige (schwere) Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien, die auch zivile Opfer forderten. Es gibt auch staatliche Institutionen zur Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen, diese sind aber oft noch zu schwach ausgeprägt. (CES1, SFH, USDOS, AA, EURASIL, NZZ 1).
Die meisten Binnenvertriebenen Tschetschenen sind nach Tschetschenien zurückgekehrt, einige leben aber weiterhin in Nachbarrepubliken und anderen Teilen Russlands (z.B. 200.000 in Moskau, 50.000 in der Wolgaregion). Die tschetschenische Volksgruppe ist insgesamt in vielen Teilen der Russischen Föderation vertreten. Es existieren dort vielfach auch Netzwerke der Tschetschenen, beziehungsweise Hilfsorganisationen, die sich für ihre Rechte einsetzen (ACCORD, CES 2).
Ob eine Ansiedlung in anderen Teilen der Russischen Föderation möglich ist, ist bei Fehlen staatlicher Verfolgung im Einzelfall zu prüfen, dabei spielen angesichts von möglichen Schwierigkeiten bei der Registrierung ein Netzwerk von Verwandten und Bekannten und die Möglichkeit der Kontaktierung von NGOs eine Rolle. Nichtregistrierte Tschetschenen können gegebenenfalls in der tschetschenischen Diaspora innerhalb Russlands überleben, wobei wiederum Faktoren wie Geld, Familienanschluss, Ausbildung und russische Sprachkenntnisse relevant sein können. Für arbeitsfähige Menschen hat sich die Möglichkeit der Teilnahme am Arbeitsmarkt in anderen Teilen Russlands jedoch erhöht. Das Risiko zum Opfer von Diskriminierungen und Menschenrechtsverletzungen zu werden, kann bei Tschetschenen höher als bei anderen Ethnien sein. Die Schwere solcher Risken ist im Einzelfall zu prüfen. Die Registrierung ist in Südrussland leichter, die Sicherheitslage in den benachbarten Kaukasusrepubliken, insbesondere Dagestan und Inguschetien, ist aber kritisch und muss im Einzelfall geprüft werden. Direkte staatliche Repression nur in Folge einer Asylantragstellung konnte bei Tschetschenen bisher nicht nachgewiesen werden (AA, ACCORD, CES 2, USDOS, UKHO, ÖB 1, NZZ 2).
Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln und eine medizinische Grundversorgung sind in Russland, einschließlich der Kaukasus-Region im allgemeinen gegeben, die Bevölkerung Tschetscheniens lebt trotz erster Erfolge von entsprechenden Förderungs- und Unterstützungsmaßnahmen und einer grundsätzlich positiven Tendenz oft aber schwierig (AA, RELIEFWEB). Die Wirtschaftslage im Nordkaukasus und Tschetschenien hat sich auch durch das weiter bestehende Engagement von Hilfsorganisationen verbessert. (AA, CES 1, NZZ 1, RELIEFWEB, SFH).
Gefälschte Dokumente oder unwahre Zeitungsmeldungen, mit denen staatliche Repressionsmaßnahmen dokumentiert werden sollen, werden regelmäßig bei Asylsuchenden aus der Russischen Föderation im allgemeinen und der Kaukasusregion im besonderen festgestellt. Von staatlichen Behörden ausgestellte Dokumente sind nicht selten mit unrichtigem Inhalt ausgestellt oder gefälscht;
Personenstandsurkunden und andere Dokumente (z.B. Haftbefehle) können gekauft werden. Häufig werden falsche Namen und Adressen in Asylverfahren angegeben. Aussagekräftig sind insbesondere echte Inlandspässe (AA).
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es durch Bestechung möglich ist, echte Auslandspässe zu erhalten und russische Kontrollen, z.B. beim Verlassen der Kaukasus-Region zu passieren, obwohl eine Suche durch föderale russische Organe erfolgt. Bei der Ausreise nach Weißrussland gibt es in der Regel keine Kontrollen (ÖB 2).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der Beschwerdeführer erweckte in der mündlichen Verhandlung vor dem nunmehr zuständigen Richter des Asylgerichtshofes einen persönlich glaubhaften Eindruck. Der Beschwerdeführer erstattete detaillierte, schlüssige und insgesamt glaubwürdig erscheinende Angaben, allfällige Implausibilitäten, respektive Ungereimtheiten konnten in der Verhandlung aufgeklärt werden.
2.2. Die vom Bundesasylamt angenommene Beweiswürdigung erwies sich für sich genommen als nicht überzeugend. Das Bundesasylamt sprach der geschilderten Verfolgung durch die Kadyrov-Leute im wesentlichen deswegen die Glaubwürdigkeit ab, da der Beschwerdeführer nach Ansicht des Bundesasylamtes seine Festnahme oberflächlich und allgemein gehalten geschildert habe und die behaupteten Verfolgungshandlungen noch dazu unplausibel seien (aufgrund des Umstandes, dass der gesuchte Onkel bereits seit 1999 Tschetschenien verlassen habe und bis November 2007 keine Maßnahmen von den Kadyrov-Leuten gesetzt worden seien, den Aufenthaltsort dieses Onkels zu eruieren). Diesbezüglich ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich der Asylgerichtshof in der stattgefundenen Verhandlung davon überzeugen konnte, dass der Beschwerdeführer in der Lage war seine Fluchtgründe detailliert und schlüssig zu schildern. Der Eindruck des Vortrages einer lediglich eingelernten vagen Rahmengeschichte entstand jedenfalls nicht. Darüber hinaus ist dem Bundesasylamt entgegenzuhalten, dass vor dem Hintergrund der festgestellten aktuellen Verhältnisse, nicht unplausibel erscheint, dass die "Kadyrovzi" tatsächlich unter dem Vorwand der Bekanntheit des Beschwerdeführers mit einem, in der öffentlichen Wahrnehmung exponierten, früheren Rebellen diesen durch Entführung zur Zahlung von Geldbeträgen oder Erbringung sonstiger Leistungen (Zusammenarbeit) zu nötigen suchten. Der Beschwerdeführer brachte in der Verhandlung glaubwürdig zum Ausdruck, dass es den Verfolgern vorrangig darum ging, seine totale Einschüchterung und Kooperation zu bewirken. Inwieweit die angebliche Suche nach dem Onkel des Beschwerdeführers tatsächlich ein ausschlaggebendes Motiv für die Entführung des Beschwerdeführers darstellte kann dahingestellt werden. Aufgrund der Feststellungen zum derzeitigen Vorgehen der Kadyrovzi ist nämlich vielmehr plausibel, dass der im Krieg gekämpft habende Onkel den Kadyrovzi lediglich als Vorwand diente, den Beschwerdeführer unter Druck zu setzen; dies letztlich um ihn zur Zusammenarbeit zu bewegen; respektive ihm die Unterstützung herrschender politischer Strukturen in Tschetschenien abzunötigen.. Der Argumentation des Bundesasylamtes, wonach die Verfolgung maßgeblich aufgrund von Unplausibilitäten nicht glaubhaft sei, kann somit nicht gefolgt werden und reicht diese gewiss nicht aus, um dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Des Weiteren führte das Bundesasylamt aus, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen vor der Außenstelle Eisenstadt gesteigert habe, indem er erstmals und erst zu Ende dieser Einvernahme behauptete, sich vor seiner Freilassung dazu verpflichtet zu haben, für die Kadyrov-Leute zu arbeiten. Diesbezüglich ist anzumerken, dass es dem Beschwerdeführer hinsichtlich des Ablaufs der Einvernahme in Eisenstadt nicht angelastet werden kann, dass er die diesbezüglichen Äußerungen erst gegen Ende der Einvernahme tätigte. Er schilderte diesen Sachverhalt nämlich im schlüssigen Zusammenhang mit seinen Rückkehrbefürchtungen bezüglich der Kadyrov-Leute (Im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers erwarte er Verfolgungshandlungen, da seine Flucht von den Kadyrovzi als Verweigerung der zugesagten Zusammenarbeit angesehen werde). Da die Schilderungen des Beschwerdeführers auch mit den festgestellten aktuellen Verhältnissen in Einklang stehen, erfüllt die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes somit nicht die Anforderungen, um von der Unglaubwürdigkeit des Antragstellers ausgehen zu können
Angesichts des im Asylverfahren gültigen Maßstabs für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit, vgl nur EGMR 10.07.2007, Rs 34081/05 ACHMADOV, Natalia BAGUROVA : "The Court acknowledges that, due to the special situation in which asylum seekers often find themselves, it is frequently necessary to give them the benefit of the doubt when it comes to assessing the credibility of their statements and the documents submitted in support thereof. However, when information is presented which gives strong reasons to question the veracity of an asylum seeker's submissions, the individual must provide a satisfactory explanation for the alleged inaccuracies in those submissions (see, among others, Collins and Akasiebie v. Sweden (dec.), application no. 23944/05, 8 March 2007 and Matsiukhina and Matsiukhin v. Sweden (dec.), no. 31260/04, 21 June 2005)" ist zusammenfassend festzuhalten, dass Informationen, welche die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers massiv in Zweifel ziehen könnten, nicht aufgetreten sind.
Das Bundesasylamt verkennt auch die festgestellte aktuelle komplexe Lage in der russischen Kaukasus-Region, in welcher sich Verfolgungsmuster weniger als direkte, zielgerichtete Verfolgung durch ein Verfolgersubjekt darstellen, sondern als eine diffuse Situation, in welcher missliebige, "verdächtige" Personen wie der Beschwerdeführer jederzeit damit rechnen müssen, von verschiedenen Verfolgern in willkürlicher und unvorsehbarer Weise, quasi zufällig, belangt zu werden, während sich die Lage für andere nicht so eingeschätzte Personen, jedenfalls in Tschetschenien, nunmehr eindeutig verbessert hat.
2.3. Die Feststellungen zur Lage in Russland (Tschetschenien) ergeben sich aus einer Gesamtschau der zitierten angeführten aktuellen Quellen. Für den Asylgerichtshof zeichnet sich ein differenziertes Bild, welches sich jeder Verallgemeinerung, etwa hinsichtlich der Notwendigkeit einer Schutzgewährung für alle Tschetschenen oder einer pauschalen Verbesserung der Lage für alle entzieht. Wiewohl sich die Lage in Tschetschenien im Allgemeinen als besser darstellt als vor einigen Jahren (dem Bundesasylamt ist zuzustimmen, dass eine Grundversorgung in den tschetschenischen Städten nun in der Regel besteht), gibt es noch immer rechtsfreie Räume und asylrelevante Übergriffe verschiedener Akteure. Eine innerstaatliche Schutzalternative kann zweifellos in vielen Fällen abhängig von verschiedenen Faktoren bestehen, jedoch nicht im vorliegenden Fall, in welchem eine Form der Verfolgung durch dem russischen (Gesamt-)Staat zurechenbare Organe in Tschetschenien vorliegt und bei Aufgriff des Beschwerdeführers durch diese Organe - vor allem angesichts der ihm zuletzt widerfahrenen Geschehnisse - nicht mit hinreichender Sicherheit von einem rechtsstaatlichen Verfahren ausgegangen werden kann. Eine Zusammenarbeit, respektive ein Informationsaustausch, zwischen verfolgenden lokalen (Kadyrov-)Kräften und föderalen russischen Staatsorganen kann nämlich auf Basis der vorhandenen Erkenntnisquellen pro futuro weiterhin nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, weshalb sich auch die Frage einer innerstaatlichen Schutzalternative nicht stellt; dies im konkreten Fall insbesondere auch im Hinblick darauf, dass aufgrund der versuchten Zustellung des Strafbefehls des Amtsgerichtes Passau an den Beschwerdeführer durch die russische Miliz, der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Russischen Föderation jedenfalls ins Blickfeld der russischen Organe im Zusammenhang mit seinem Auslandsaufenthalt geraten würde und sich daraus wieder ein Konnex zu den primären Verfolgern ergehen könnte. Darüber hinaus fehlt es aber auch an eindeutigen individuellen Anknüpfungspunkten in anderen Landesteilen der Russischen Föderation (die für eine Bejahung einer innerstaatlichen Schutzalternative im Sinne der Anforderungen der höchstgerichtlichen Judikatur notwendig wären) im vorliegenden Fall.
3. Rechtliche Würdigung:
Mit Datum 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG idF BGBL. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.
Da der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz nach diesem Datum gestellt hat, kommt im gegenständlichen Verfahren das Asylgesetz 2005 zur Anwendung.
Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 weiterzuführen.
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 haben Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz idF BGBL. I Nr. 100/2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).
Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose.
Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, ua.).
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Aktenlage entgegen der Ansicht des Bundesasylamtes, bei Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers, das Vorliegen einer aktuellen politischen Verfolgungsgefahr verbunden mit ethnischen Motiven wegen unterstellter staatsfeindlicher Gesinnung, dies unter Berücksichtigung aller zu II.2. getroffenen Ausführungen. Es liegt genau ein Fall vor, in welchem wegen individueller Verfolgung gezielte Menschenrechtsverletzungen (pro-) russischer Organe im weiteren Sinn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit drohen können. Die hinreichende Schwere dieser möglichen Menschenrechtsverletzungen ist durch die vergangenen Übergriffe eindeutig indiziert. Bei dieser Sachlage liegt Entscheidungsreife vor. Hinweise auf das Vorliegen von Asylausschlussgründen sind vom Bundesasylamt nicht dargelegt worden und auch in der Verhandlung am 24.04.2008 nicht hervorgekommen.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.