S2 400.952-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka als Einzelrichterin über die Beschwerde des S.A., geb. 00.00.2001, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.07.2008, Zahl: 08 04.323-EAST Ost, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer - vertreten durch die Mutter S.K. - brachte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Begleitung (ua) seiner Mutter am 15.05.2008 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.
Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass die Mutter des Beschwerdeführers am 27.09.2006 bzw. 26.06.2007 in Polen erkennungsdienstlich behandelt worden war bzw. einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte (AS 9 des Aktes der Mutter AIS: 08 04.322).
Das Bundesasylamt richtete am 26.02.2008 ein Wiederaufnahmeersuchen an Polen, mit Schreiben vom 28.02.2008, eingelangt am 04.03.2008, stimmte Polen dem Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO ausdrücklich zu (AS 23).
2. Mit dem hier angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Polen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-VO zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist, sowie II. der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdevorlage langte laut Eingangsstempel des Asylgerichtshofes am 11.08.2008 bei diesem Gerichtshof ein.
3. Ebenso wurde erstinstanzlich über den die Mutter des Beschwerdeführers betreffenden Antrag auf internationalen Schutz vom 15.05.2008 in einem gleichgelagerten Verfahren entschieden (Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.07.2008, Zahl: 08 04.322-EAST Ost).
Mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, GZ S2 400.951-1/2008/2E, wurde der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde der Mutter des Beschwerdeführers gemäß § 41 Abs. 3 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Mit 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag im Mai 2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG idF BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.
2. Der Beschwerdeführer ist im Zeitpunkt seiner Asylantragstellung das unverheiratete minderjährige Kind (ua) von S.K., deren Asylverfahren zugelassen ist.
3. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.2.2003 zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe der § 10 Abs. 3 und Abs. 4 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden.
Gemäß § 41 Abs. 3 erster Satz AsylG ist in einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamts im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 zweiter Satz AsylG zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist gemäß § 41 Abs. 3 letzter Satz AsylG auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG gilt der Antrag des Familienangehörigen eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 4 AsylG Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.
Der Beschwerdeführer ist als minderjähriges unverheiratetes Kind Familienangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG (ua) seiner Mutter, die betreffenden Verfahren stellen sich daher als Familienverfahren (im Inland) gemäß § 34 AsylG dar. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur - insoweit vergleichbaren - Vorgängerbestimmung (§ 10 Abs. 5 AsylG 1997) bedeutet dies jedoch, dass dann, wenn das Verfahren auch nur eines Familienangehörigen zuzulassen ist, dies auch für die Verfahren aller anderen gilt (VwGH 18.10.2005, Zl. 2005/01/0402).
Aufgrund der Zulassung des Verfahrens der Mutter ist nach dem oben Gesagten auch jenes des Beschwerdeführers zuzulassen, der Beschwerde daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben.