GZ. D2 238462-0/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Feßl als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stracker als Beisitzer über die Beschwerde der B. S., geb. 00.00.1967, StA. Turkmenistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.06.2003, FZ. 03 15.707-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin ist nach eigenen Angaben schlepperunterstützt am 01.06.2003 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist und stellte noch am selben Tag einen Antrag auf die Gewährung von Asyl. Dabei wurde sie durch einen Organwalter des Bundesasylamtes, Außenstelle Traiskirchen, zu ihren Fluchtgründen niederschriftlich befragt. Kurz zusammengefasst gab sie an, dass sie von der Polizei bzw. Miliz wegen des homosexuellen Verhältnisses zu ihrer Freundin T. I. verfolgt worden sei. Zum ersten Mal sei es vor etwa zwei Jahren zu einem Zusammenstoß mit der Miliz gekommen, als ihre Freundin und sie grundlos verhaftet, abgeführt und für zwei Tag angehalten worden seien. Dabei sei sie auch geschlagen worden. In der Folge habe es noch mehrere Vorfälle gegeben; einmal sei sie auf offener Straße überfallen und bis zur Bewusstlosigkeit geprügelt worden. Insgesamt sei sie dreimal festgenommen worden. An die Sicherheitsbehörden habe sie sich nicht gewandt, weil diese "alle zusammenhängen würden".
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 61 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge: AsylG) entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 (in der Folge: AsylG 1997) zu Ende zu führen, wobei die Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 i.d.F. BGBl. I Nr.101/2003 gilt. Danach werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.04.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 i.d.F. des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 126/2002 geführt. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a i. d.F. BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 2 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 101/2003, werden Asylanträge, die ab dem 01.05.2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der jeweils geltenden Fassung geführt.
Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG sind am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des Unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, "wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist."
Auch die zweite Instanz in Asylsachen ist zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG berechtigt (vgl. dazu VwGH 21.09.2004, Zl. 2001/01/0348; VwGH 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315; VwGH 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084). Eine kassatorische Entscheidung darf von der Berufungsbehörde nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann getroffen werden, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich erscheint". Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa VwGH 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG siehe VwGH 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).
Im gegenständlichen Fall ist der angefochtene Bescheid des Bundesasylamtes und das diesem zugrunde liegende Verfahren aus folgenden Gründen mangelhaft:
Die erstinstanzliche Behörde führt im Rahmen ihrer Beweiswürdigung als eines der tragenden Argumente für die nicht gelungene Glaubhaftmachung einer asylrelevanten Verfolgung durch die Beschwerdeführerin an, dass die von ihr zu Protokoll gegebenen Verfolgungshandlungen allesamt über eineinhalb Jahre zurückliegen würden. Aufgrund des bis zum Zeitpunkt der Ausreise verstrichenen verfolgungsfreien Zeitraumes mangle es somit an einer aktuellen Bedrohungssituation (AS 35). Dabei übersieht die Behörde jedoch anscheinend, dass die Beschwerdeführerin auch angab, dass ihre Partnerin und sie von den Vorkommnissen im Herbst/Winter 2001 an bis zum Zeitpunkt ihrer Ausreise gezwungen gewesen seien, sich zu verstecken bzw. unter russischsprachiger Bevölkerung zu leben (AS 27), da sie in einem anderen Landesteil gewaltsame Übergriffe bzw. den Tod zu befürchten gehabt hätten. Aus dieser Aussage könnte man allerdings wiederum schließen, dass sich die Beschwerdeführerin allein durch ihr Verstecken weiterer Verfolgung entzogen hätte, was jedoch vom Bundesasylamt nicht näher hinterfragt wurde und somit auch nicht thematisiert werden konnte.
Nicht nachvollziehbar ist es in diesem Zusammenhang auch, wie sich die belangte Behörde überhaupt über die Glaubwürdigkeit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Fluchtgeschichte ein Bild machen konnte, wenn dem bekämpften Bescheid nur eine einzige Einvernahme mit dieser zugrunde liegt, welche im übrigen nur knapp über eine Stunde gedauert hat. Erst im Rahmen einer eingehenden und detaillierten Befragung vor dem Hintergrund einschlägiger Länderberichte zur aktuellen Situation (bezüglich gleichgeschlechtlicher Partnerschaften) in Turkmenistan hätte das Bundesasylamt im vorliegenden Fall zu einer Entscheidung gelangen können, ob das Vorbringen der Beschwerdeführerin für wahr erachtet und der Entscheidung zugrunde gelegt werden kann.
Wie das Bundesasylamt sohin zur Ansicht gelangen konnte, dass sich "auch aus der allgemeinen Lage [im] Herkunftsstaat [...] keine Schlüsse auf eine solche Bedrohung ziehen lassen [können]" (AS 39), wenn im erstinstanzlichen Bescheid überhaupt keine Länderfeststellungen getroffen wurden, bleibt fraglich. Dieser schwere Mangel ist aber nicht nur im Hinblick auf die Frage der Asylgewährung, sondern insbesondere auch in Bezug auf die Refoulemententscheidung von entscheidender Bedeutung.
Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in der Vergangenheit bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass von den Asylbehörden eine Einbeziehung des realen Hintergrundes der von einem Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in das Ermittlungsverfahren zu erwarten ist und dessen Behauptungen auch am Verhältnis zu der aktuellen Berichtslage über dessen Herkunftsstaat zu messen sind. Hinzuzufügen ist, dass diese Aufgabe "primär dem Bundesasylamt zukäme". Es kann nämlich nicht der "obersten Berufungsbehörde" (Art. 129c Abs. 1 B-VG) allein überlassen bleiben, über die Befragung des Asylwerbers hinaus auch geeignetes Berichtsmaterial in das Verfahren einzuführen (VwGH 30.09.2004, Zl. 2001/20/0135, m.w.N.).
Weiters ist anzumerken, dass dem erstinstanzlichen Bescheid auch hinsichtlich der Frage der Beurteilung der Asylrelevanz der im vorliegenden Fall geltend gemachten Verfolgungshandlungen - also des Zusammenhanges mit einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) genannten Gründe, nämlich Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - keinerlei Erwägungen entnommen werden können.
So wäre es aufgrund nachfolgender Überlegungen durchaus naheliegend gewesen, die sexuelle Ausrichtung der Beschwerdeführerin als entsprechendes Merkmal im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten "sozialen Gruppe" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK zu untersuchen.
<< Bei der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten "Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe" handelt es sich um einen Auffangtatbestand, der sich in weiten Bereichen mit den Gründen "Rasse, Religion und Nationalität" überschneidet, jedoch weiter gefasst ist als diese. >> (Grahl-Madsen, The Status of Refugees in International Law, Vol. I, 1966, S. 219; Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, 1990, S. 95; Köfner/Nicolaus, Grundlagen das Asylrechts in der Bundesrepublik Deutschland, Band 2, 1986, S. 455; Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, 1999, RZ 406). << Der Begriff der "Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe" wurde in die Flüchtlingsdefinition der GFK bereits mit der Intention aufgenommen, dass er als Auffangtatbestand für all jene Gründe dienen soll, die sich nicht unter die anderen vier Gründe des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK subsumieren lassen. >> (Amann, Die Rechte des Flüchtlings, 1994, S. 76).
Kälin versteht unter Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer "bestimmten sozialen Gruppe" << eine - sachlich nicht gerechtfertigte - Repression, die nur Personen trifft, die sich durch ein gemeinsames soziales Merkmal auszeichnen, die also nicht verfolgt würden, wenn sie dieses Merkmal nicht hätten. >> (Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, 1990, S. 96f).
<< Im "Gemeinsamen Standpunkt" des Rates der Europäischen Union vom 4. März 1996 betreffend die harmonisierte Anwendung der Definition des Begriffs "Flüchtling" in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK wird zum Begriff der "sozialen Gruppe" ausgeführt: "Eine bestimmte soziale Gruppe umfasst in der Regel Personen mit ähnlichem Hintergrund, ähnlichen Gewohnheiten oder ähnlichem sozialen Status." >>(Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, 1999, RZ 407).
<< Verfolgung aufgrund der sexuellen Ausrichtung (Homosexualität) ist schon nach den eindeutigen ErläutRV zum AsylG 1991 unter den Tatbestand der Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe zu subsumieren. >> (Putzer/Rohrböck, Leitfaden Asylrecht (2007) [Rz 85] unter Verweis auf 270 BlgNR 18. GP 11).
<< Als soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Ausrichtung gründet. >> ... << Als Beispiel sei etwa die Homosexualität gennannt, zweifellos unter die soziale Gruppe zu subsumieren, [...]. >> (Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 2005, 3. Auflage - Stand 01.02.2006, S. 58, K43 bzw. S. 59, K45).
Zur Frage einer möglichen Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe ist schließlich auch noch auszuführen, dass es im Sinne entsprechender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu das VwGH-Erkenntnis vom 21.03.2007, Zl. 2006/19/0083; aber auch schon vor Erlassung des angefochtenen Bescheides: VwGH 20.10.1999, Zl. 99/01/0197) in jedem Fall einer differenzierten Auseinandersetzung mit der individuellen Situation des Asylwerbers bedarf, welche das Bundesasylamt im gegenständlichen Fall jedoch keineswegs vorgenommen hat.
Von der durch § 66 Abs. 3 AVG der Berufungsbehörde eingeräumten Möglichkeit, die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme selbst durchzuführen, wenn "hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist", war im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen nicht Gebrauch zu machen, wobei anzunehmen ist, dass sich durch die Umwandlung des Unabhängigen Bundesasylsenates in einen Asylgerichtshof per 1. Juli 2008 keine inhaltlichen Änderungen zu nachfolgender höchstgerichtlicher Judikatur ergeben haben:
Zur Sicherung der Qualität des Asylverfahrens hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zum Unabhängigen Bundesasylsenat und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt. Die dem Unabhängigen Bundesasylsenat in dieser Funktion zukommende Rolle wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf im Verfahren auftretende Ermittlungsnotwendigkeiten sachgerecht einzugehen. Diese über die Unvollständigkeit der Einvernahme hinaus gehenden Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sprechen auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst beim Unabhängigen Bundesasylsenat beginnen und zugleich [...] bei derselben Behörde enden soll, für eine Abstandnahme von der durch § 66 Abs. 3 AVG der Berufungsbehörde eingeräumten Möglichkeit (vgl. VwGH 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084, VwGH 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315).
Im Übrigen würde das Unterbleiben einer auf § 66 Abs. 2 AVG gestützten Entscheidung schon deshalb keine "Ersparnis an Zeit und Kosten" bedeuten, weil das Verfahren vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat - anders als das erstinstanzliche Asylverfahren - sich als Mehrparteienverfahren darstellt (vgl. § 67b Z 1 AVG), sodass schon aufgrund der dadurch bedingten Erhöhung des administrativ-manipulativen Aufwandes bei Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung, dies unter Berücksichtigung der §§ 51a bis d AVG und der Notwendigkeit der Ladung mehrerer Parteien, keine Kostenersparnis zu erzielen wäre. Hinzu kommt, dass die Vernehmung vor dem Bundesasylamt dezentral durch die Außenstellen in den Bundesländern erfolgt, während der Unabhängige Bundesasylsenat als zentrale Bundesbehörde in Wien (mit einer Außenstelle in Linz) eingerichtet ist, sodass auch diesbezüglich eine Kostenersparnis nicht ersichtlich ist. Im Übrigen liegt eine rechtswidrige Ausübung des Ermessens durch eine auf § 66 Abs. 2 AVG gestützte Entscheidung schon dann nicht vor, wenn die beteiligten Behörden ihren Sitz am selben Ort haben (VwGH 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084, unter Verweis auf VwGH 29.01.1987, Zl. 86/08/0243).
Im konkreten Fall wäre aufgrund der dargestellten Mängel im Zuge des weiteren Verfahrens daher jedenfalls eine neuerliche Vernehmung anzuberaumen und mit der Beschwerdeführerin die oben erwähnten, offen gebliebenen bzw. mangelhaft erhobenen Sachverhaltselemente abzuklären.
Auch die Zielsetzungen der Asylgesetznovelle 2003 lassen eine kassatorische Entscheidung geboten erscheinen. Im allgemeinen Teil der Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Asylgesetznovelle 2003 wird Folgendes ausgeführt: "Die vorgeschlagene Novelle sieht eine Konzentration der Tatsachenermittlung beim Bundesasylamt vor. Eine vollständige Tatsachenermittlung erfordert einerseits eine umfassende Befragung, Rechtsberatung und Information des Asylwerbers und andererseits auch dessen umfassende Mitwirkung am Verfahren..."
Im besonderen Teil der Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Asylgesetznovelle 2003 wird zur vorgeschlagenen Neufassung des § 32 ausgeführt: "Die vorgeschlagene Neufassung des § 32 trägt dem Konzept Rechnung, dass die Kompetenzen des Bundesasylamtes als Tatsacheninstanz erweitert werden. ..."
Wenn im vorliegenden Fall auch die durch die Asylgesetznovelle 2003 eingeführten Bestimmungen nicht anzuwenden sind, so bewirken sie doch nach dem Willen des Gesetzgebers eine Festlegung der Grundausrichtung der Tätigkeit des Bundesasylamtes als auch im vorliegenden Fall zuständiger Behörde erster Instanz. Diesen normativen Anliegen des Gesetzgebers kann nur durch die vollständige Ermittlung und Feststellung des Sachverhaltes durch das Bundesasylamt auch im vorliegenden Fall Rechnung getragen werden, weshalb die Behebung des angefochtenen Bescheides und Verweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zu erfolgen hat.
Das besondere Gewicht des Bundesasylamtes als Tatsacheninstanz ist letztlich auch vom Gesetzgeber des Asylgesetzes 2005 durch die in § 75 Abs. 1, 3. Satz, getroffene Regelung weiter betont worden, wonach in am 31.12.2005 anhängigen Verfahren § 60 AsylG 2005, worin die Führung einer Staatendokumentation durch das Bundesasylamt vorgesehen wurde, anzuwenden ist. Im vorliegenden Fall wäre zweckmäßiger Weise zur Beurteilung der oben dargestellten Fragen auf die in der Staatendokumentation gesammelten und in wissenschaftlicher Form aufbereiteten Tatsachen gemäß § 60 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 zurückzugreifen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.